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Das wohlfeilste Panorama des Universums. Nr. 14. Prag, 1836.

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Panorama des Universums.
[Beginn Spaltensatz]
Neufchatel ( Neuenburg ) in der Schweiz.

Jn dem Canton Neufchatel, der zwischen der
Franche = Comte und dem Neuenburger See gelegen
ist, findet man einen jener Widersprüche, die sich so
oft in menschlichen Einrichtungen offenbaren. Unge-
achtet er eine republikanische Verfassung hat, so ist
gleichwohl der König von Preußen sein Gebieter.

Der Canton Neufchatel hat an den Kriegen der
Schweizer um ihre Unabhängigkeit wenig Theil ge-
nommen; das Land, größten Theils fremden Herren
unterthänig, ging wie eine käufliche Sache von
Hand zu Hand, man hat es verkauft, verschenkt,
oder sich darüber gestritten, und seine Geschichte findet
sich in den Jahrbüchern derer, die es besessen. Ehe-
mals waren es einheimische Grafen, die, um sich die
Einwohner geneigt zu machen, ihnen den vollen Ge-
nuß aller bürgerlichen Rechte bewilligten, den sich
die Neufchateler auch unter allen ihren verschiedenen
Beherrschern zu sichern wußten.

Jm Jahre 1814 kehrte Neufchatel unter seinen
alten Herrn zurück, und im Jahre 1815 wurde es
in die eidsgenössische Verbindung aufgenommen. Die
neue Constitution hat das repräsentative System mehr
beschränkt, und die sich widersprechenden Privilegien
nach dem Sinne der bürgerlichen Rechte abgeändert.
Ein Gouverneur und ein Staatsrath, die vom König
ernannt werden, bilden das gesetzgebende Corps.

Das kleine Städtchen Neufchatel hat eine
reizende Lage mitten zwischen Weingärten längs den
Ufern des Neuenburger Sees. Nie wird man des
herrlichen Eindrucks vergessen, der sich darbietet,
wenn man aus dem Dunkel der Tannen bei Val
Travers
heraustritt, und jenen Haufen gemalter
Häuser, jene mit weißem Bleche eingefaßten Thürm-
chen, und jene Dorfkirchen, die aus dem lebhaften
Grün der Hügel emporstehen, und endlich die weite
Wasserfläche erblickt, aus deren blauem Spiegel die
verschiedenen Gebäude wiederstrahlen. Die Stadt
liegt auf zwei Hügeln, welche durch den Seyon,
einen Gebirgsbach des Val de Ruz, getheilt sind.
Dieses Wasser hat am Ufer des Sees durch seine
Anspühlungen so viel Erdreich angeschwemmt, daß
heut zu Tage darauf mehrere Gebäude stehen können.
Das alte Schloß der ehemaligen Grafen von Neuf-
chatel
und eine gothische Kirche beherrschen die
Stadt. Jn dem Schlosse ist gegenwärtig der Sitz
des Gouvernements und des Rathes. Von dem Platze
vor der Kirche genießt man die schönste Aussicht
über Neufchatel und seinen See.

Jn der untern Stadt sieht man keine andern
vorzüglichen Gebäude, als das Gemeindehaus, das
Hospital, von Pourtales, einem Neuenburger
Handelsmann, gegründet, der eben so sehr Wohl-
thäter seiner Vaterstadt wurde, wie der in Lissa-
bon
verstorbene Banquier Pury, welcher der Stadt
ein Vermächtniß von einigen Millionen hinterlassen
hat. Ungeachtet Neufchatel durch sein Aeußeres
wenig reiche Einwohner ankündigt, so nähren sie
sich doch anständig durch die Frucht ihrer Jndustrie
und ihres kleinen Handels.

Die steilen Ufer des Neufchateler Sees um-
gürten denselben in einer Länge von 9 Meilen, da-
gegen ist er nur eine und eine halbe Meile breit.
Seine klaren Gewässer beherbergen eine Menge der
verschiedenartigsten Fischarten. Jn den schönsten
[Spaltenumbruch] Sommertagen verursacht der Joran oder der Nord-
wind Ungewitter, und kühlt die Luft so plötzlich ab,
daß er schwächlichen Personen schädlich werden kann.

    S.



Außereuropäische Zeitschriften.

Die Zeitschriften vermehren sich in allen Theilen
der Welt mit reißender Schnelligkeit. Es ist son-
derbar genug, jetzt zwei Zeitschriften in Algier und
Konstantinopel entstehen, eine von Franzosen,
die andere unter Autorität des Groß=Sultans selbst
herausgeben zu sehen. -- Die Neger in Libyen haben
auch ihre Zeitschriften, und die neuesten Nachrichten,
die man vom Schwanen = Flusse erhalten, sagen,
daß die geschriebene Zeitschrift, welche die einzige
literarische Nahrung dieser Colonie war, durch ein
gedrucktes Journal verdrängt worden ist, das dort
regelmäßig erscheint. Auch bei den Eingeborenen Hin-
dostans ist die Journal = Wuth ausgebrochen. Nicht
zufrieden mit den Journalen Jan Jahan Nama ( das
Huri Hur Duttu herausgibt ) dem Sudhakur, dem
Pruhbakur und Hurkuru und verschiedenen ande-
ren, 9 an der Zahl, welche sämmtlich von Eingebo-
renen redigirt werden, ist nun auch das zehnte, halb
in persischer, halb in bengalischer Sprache abgefaßt,
erschienen. Noch eine Zeitschrift unter dem Namen
India Gazette, wird in persischer, bengalischer und
orissischer Sprache zu Cuttach erscheinen. -- Jn
Australien sind neuerdings auch zwei Zeitschriften,
der Sidney Herald und Life in Sidney, unternom-
men worden. -- Jn der Stadt Cincinati in den
vereinigten Staaten, welche etwa 28,000 Seelen
zählt, kommen 17 Zeitungen heraus, darunter 3 täg-
lich, 2 zweimal und 7 einmal die Woche, 5 aber
zweimal im Monate.



Die Diebe in London.

Die Diebstähle sind sehr häufig, trotz der Strenge
der Strafgesetze. Colquhoun, dem man vorwirft,
die runden Zahlen zu sehr zu lieben, behauptet, man
stehle in London jährlich bis auf den Werth von
700,000 Pfund Sterling; es sey kein Haus davon
ausgenommen, und es gebe zu London 3,000 Hehler
von gestohlenem Gute, und 30,000 liederliche Leute,
von welchen neun Zehntel vor der Zeit im Elende
stürben, nachdem sie die doppelte Zahl von jungen
Männern verderbt hätten. Obschon dieser Schrift-
steller an allen Orten übertreibt, bezeuget doch ein
Polizei = Bericht vom Jahre 1818, daß in einem
Viertel von London, welches ungefähr 10,000
Häuser und 60,000 Einwohner hat, zu jener Zeit
360 verdächtige Häuser und 2000 anerkannte lieder-
liche Menschen gezählt wurden.

Der Geist zur Vergesellschaftung hat leider auch
dem Laster Unterstützung geboten. London hat be-
trächtliche Gesellschaften von Betrügern und Dieben,
welche schmählicher Weise auf die Treuherzigkeit
und das Vertrauen des Volkes sündigen; falsche
Bank = Billets und Münzen verbreiten, ungetreuen
Dienstboten entgegen kommen, die Unerfahrenheit
der Jugend und der Landleute mißbrauchen, und sich
in die Niederlagen, Gewölbe, Kirchen und Belusti-
gungsorte, ja selbst in die großen Privatgesellschaften
einschleichen. Die Trunkenheit, die in England nur
zu gewöhnlich ist, und Unsittlichkeit, die natürliche
[Ende Spaltensatz]

Panorama des Universums.
[Beginn Spaltensatz]
Neufchatel ( Neuenburg ) in der Schweiz.

Jn dem Canton Neufchatel, der zwischen der
Franche = Comté und dem Neuenburger See gelegen
ist, findet man einen jener Widersprüche, die sich so
oft in menschlichen Einrichtungen offenbaren. Unge-
achtet er eine republikanische Verfassung hat, so ist
gleichwohl der König von Preußen sein Gebieter.

Der Canton Neufchatel hat an den Kriegen der
Schweizer um ihre Unabhängigkeit wenig Theil ge-
nommen; das Land, größten Theils fremden Herren
unterthänig, ging wie eine käufliche Sache von
Hand zu Hand, man hat es verkauft, verschenkt,
oder sich darüber gestritten, und seine Geschichte findet
sich in den Jahrbüchern derer, die es besessen. Ehe-
mals waren es einheimische Grafen, die, um sich die
Einwohner geneigt zu machen, ihnen den vollen Ge-
nuß aller bürgerlichen Rechte bewilligten, den sich
die Neufchateler auch unter allen ihren verschiedenen
Beherrschern zu sichern wußten.

Jm Jahre 1814 kehrte Neufchatel unter seinen
alten Herrn zurück, und im Jahre 1815 wurde es
in die eidsgenössische Verbindung aufgenommen. Die
neue Constitution hat das repräsentative System mehr
beschränkt, und die sich widersprechenden Privilegien
nach dem Sinne der bürgerlichen Rechte abgeändert.
Ein Gouverneur und ein Staatsrath, die vom König
ernannt werden, bilden das gesetzgebende Corps.

Das kleine Städtchen Neufchatel hat eine
reizende Lage mitten zwischen Weingärten längs den
Ufern des Neuenburger Sees. Nie wird man des
herrlichen Eindrucks vergessen, der sich darbietet,
wenn man aus dem Dunkel der Tannen bei Val
Travers
heraustritt, und jenen Haufen gemalter
Häuser, jene mit weißem Bleche eingefaßten Thürm-
chen, und jene Dorfkirchen, die aus dem lebhaften
Grün der Hügel emporstehen, und endlich die weite
Wasserfläche erblickt, aus deren blauem Spiegel die
verschiedenen Gebäude wiederstrahlen. Die Stadt
liegt auf zwei Hügeln, welche durch den Seyon,
einen Gebirgsbach des Val de Ruz, getheilt sind.
Dieses Wasser hat am Ufer des Sees durch seine
Anspühlungen so viel Erdreich angeschwemmt, daß
heut zu Tage darauf mehrere Gebäude stehen können.
Das alte Schloß der ehemaligen Grafen von Neuf-
chatel
und eine gothische Kirche beherrschen die
Stadt. Jn dem Schlosse ist gegenwärtig der Sitz
des Gouvernements und des Rathes. Von dem Platze
vor der Kirche genießt man die schönste Aussicht
über Neufchatel und seinen See.

Jn der untern Stadt sieht man keine andern
vorzüglichen Gebäude, als das Gemeindehaus, das
Hospital, von Pourtalés, einem Neuenburger
Handelsmann, gegründet, der eben so sehr Wohl-
thäter seiner Vaterstadt wurde, wie der in Lissa-
bon
verstorbene Banquier Pury, welcher der Stadt
ein Vermächtniß von einigen Millionen hinterlassen
hat. Ungeachtet Neufchatel durch sein Aeußeres
wenig reiche Einwohner ankündigt, so nähren sie
sich doch anständig durch die Frucht ihrer Jndustrie
und ihres kleinen Handels.

Die steilen Ufer des Neufchateler Sees um-
gürten denselben in einer Länge von 9 Meilen, da-
gegen ist er nur eine und eine halbe Meile breit.
Seine klaren Gewässer beherbergen eine Menge der
verschiedenartigsten Fischarten. Jn den schönsten
[Spaltenumbruch] Sommertagen verursacht der Joran oder der Nord-
wind Ungewitter, und kühlt die Luft so plötzlich ab,
daß er schwächlichen Personen schädlich werden kann.

    S.



Außereuropäische Zeitschriften.

Die Zeitschriften vermehren sich in allen Theilen
der Welt mit reißender Schnelligkeit. Es ist son-
derbar genug, jetzt zwei Zeitschriften in Algier und
Konstantinopel entstehen, eine von Franzosen,
die andere unter Autorität des Groß=Sultans selbst
herausgeben zu sehen. — Die Neger in Libyen haben
auch ihre Zeitschriften, und die neuesten Nachrichten,
die man vom Schwanen = Flusse erhalten, sagen,
daß die geschriebene Zeitschrift, welche die einzige
literarische Nahrung dieser Colonie war, durch ein
gedrucktes Journal verdrängt worden ist, das dort
regelmäßig erscheint. Auch bei den Eingeborenen Hin-
dostans ist die Journal = Wuth ausgebrochen. Nicht
zufrieden mit den Journalen Jan Jahan Nama ( das
Huri Hur Duttu herausgibt ) dem Sudhakur, dem
Pruhbakur und Hurkuru und verschiedenen ande-
ren, 9 an der Zahl, welche sämmtlich von Eingebo-
renen redigirt werden, ist nun auch das zehnte, halb
in persischer, halb in bengalischer Sprache abgefaßt,
erschienen. Noch eine Zeitschrift unter dem Namen
India Gazette, wird in persischer, bengalischer und
orissischer Sprache zu Cuttach erscheinen. — Jn
Australien sind neuerdings auch zwei Zeitschriften,
der Sidney Herald und Life in Sidney, unternom-
men worden. — Jn der Stadt Cincinati in den
vereinigten Staaten, welche etwa 28,000 Seelen
zählt, kommen 17 Zeitungen heraus, darunter 3 täg-
lich, 2 zweimal und 7 einmal die Woche, 5 aber
zweimal im Monate.



Die Diebe in London.

Die Diebstähle sind sehr häufig, trotz der Strenge
der Strafgesetze. Colquhoun, dem man vorwirft,
die runden Zahlen zu sehr zu lieben, behauptet, man
stehle in London jährlich bis auf den Werth von
700,000 Pfund Sterling; es sey kein Haus davon
ausgenommen, und es gebe zu London 3,000 Hehler
von gestohlenem Gute, und 30,000 liederliche Leute,
von welchen neun Zehntel vor der Zeit im Elende
stürben, nachdem sie die doppelte Zahl von jungen
Männern verderbt hätten. Obschon dieser Schrift-
steller an allen Orten übertreibt, bezeuget doch ein
Polizei = Bericht vom Jahre 1818, daß in einem
Viertel von London, welches ungefähr 10,000
Häuser und 60,000 Einwohner hat, zu jener Zeit
360 verdächtige Häuser und 2000 anerkannte lieder-
liche Menschen gezählt wurden.

Der Geist zur Vergesellschaftung hat leider auch
dem Laster Unterstützung geboten. London hat be-
trächtliche Gesellschaften von Betrügern und Dieben,
welche schmählicher Weise auf die Treuherzigkeit
und das Vertrauen des Volkes sündigen; falsche
Bank = Billets und Münzen verbreiten, ungetreuen
Dienstboten entgegen kommen, die Unerfahrenheit
der Jugend und der Landleute mißbrauchen, und sich
in die Niederlagen, Gewölbe, Kirchen und Belusti-
gungsorte, ja selbst in die großen Privatgesellschaften
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zu gewöhnlich ist, und Unsittlichkeit, die natürliche
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Jm Jahre 1814 kehrte Neufchatel unter seinen alten Herrn zurück, und im Jahre 1815 wurde es in die eidsgenössische Verbindung aufgenommen. Die neue Constitution hat das repräsentative System mehr beschränkt, und die sich widersprechenden Privilegien nach dem Sinne der bürgerlichen Rechte abgeändert. Ein Gouverneur und ein Staatsrath, die vom König ernannt werden, bilden das gesetzgebende Corps. Das kleine Städtchen Neufchatel hat eine reizende Lage mitten zwischen Weingärten längs den Ufern des Neuenburger Sees. Nie wird man des herrlichen Eindrucks vergessen, der sich darbietet, wenn man aus dem Dunkel der Tannen bei Val Travers heraustritt, und jenen Haufen gemalter Häuser, jene mit weißem Bleche eingefaßten Thürm- chen, und jene Dorfkirchen, die aus dem lebhaften Grün der Hügel emporstehen, und endlich die weite Wasserfläche erblickt, aus deren blauem Spiegel die verschiedenen Gebäude wiederstrahlen. Die Stadt liegt auf zwei Hügeln, welche durch den Seyon, einen Gebirgsbach des Val de Ruz, getheilt sind. Dieses Wasser hat am Ufer des Sees durch seine Anspühlungen so viel Erdreich angeschwemmt, daß heut zu Tage darauf mehrere Gebäude stehen können. Das alte Schloß der ehemaligen Grafen von Neuf- chatel und eine gothische Kirche beherrschen die Stadt. Jn dem Schlosse ist gegenwärtig der Sitz des Gouvernements und des Rathes. Von dem Platze vor der Kirche genießt man die schönste Aussicht über Neufchatel und seinen See. Jn der untern Stadt sieht man keine andern vorzüglichen Gebäude, als das Gemeindehaus, das Hospital, von Pourtalés, einem Neuenburger Handelsmann, gegründet, der eben so sehr Wohl- thäter seiner Vaterstadt wurde, wie der in Lissa- bon verstorbene Banquier Pury, welcher der Stadt ein Vermächtniß von einigen Millionen hinterlassen hat. 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Es ist son- derbar genug, jetzt zwei Zeitschriften in Algier und Konstantinopel entstehen, eine von Franzosen, die andere unter Autorität des Groß=Sultans selbst herausgeben zu sehen. — Die Neger in Libyen haben auch ihre Zeitschriften, und die neuesten Nachrichten, die man vom Schwanen = Flusse erhalten, sagen, daß die geschriebene Zeitschrift, welche die einzige literarische Nahrung dieser Colonie war, durch ein gedrucktes Journal verdrängt worden ist, das dort regelmäßig erscheint. Auch bei den Eingeborenen Hin- dostans ist die Journal = Wuth ausgebrochen. Nicht zufrieden mit den Journalen Jan Jahan Nama ( das Huri Hur Duttu herausgibt ) dem Sudhakur, dem Pruhbakur und Hurkuru und verschiedenen ande- ren, 9 an der Zahl, welche sämmtlich von Eingebo- renen redigirt werden, ist nun auch das zehnte, halb in persischer, halb in bengalischer Sprache abgefaßt, erschienen. Noch eine Zeitschrift unter dem Namen India Gazette, wird in persischer, bengalischer und orissischer Sprache zu Cuttach erscheinen. — Jn Australien sind neuerdings auch zwei Zeitschriften, der Sidney Herald und Life in Sidney, unternom- men worden. — Jn der Stadt Cincinati in den vereinigten Staaten, welche etwa 28,000 Seelen zählt, kommen 17 Zeitungen heraus, darunter 3 täg- lich, 2 zweimal und 7 einmal die Woche, 5 aber zweimal im Monate. Die Diebe in London. Die Diebstähle sind sehr häufig, trotz der Strenge der Strafgesetze. Colquhoun, dem man vorwirft, die runden Zahlen zu sehr zu lieben, behauptet, man stehle in London jährlich bis auf den Werth von 700,000 Pfund Sterling; es sey kein Haus davon ausgenommen, und es gebe zu London 3,000 Hehler von gestohlenem Gute, und 30,000 liederliche Leute, von welchen neun Zehntel vor der Zeit im Elende stürben, nachdem sie die doppelte Zahl von jungen Männern verderbt hätten. Obschon dieser Schrift- steller an allen Orten übertreibt, bezeuget doch ein Polizei = Bericht vom Jahre 1818, daß in einem Viertel von London, welches ungefähr 10,000 Häuser und 60,000 Einwohner hat, zu jener Zeit 360 verdächtige Häuser und 2000 anerkannte lieder- liche Menschen gezählt wurden. Der Geist zur Vergesellschaftung hat leider auch dem Laster Unterstützung geboten. London hat be- trächtliche Gesellschaften von Betrügern und Dieben, welche schmählicher Weise auf die Treuherzigkeit und das Vertrauen des Volkes sündigen; falsche Bank = Billets und Münzen verbreiten, ungetreuen Dienstboten entgegen kommen, die Unerfahrenheit der Jugend und der Landleute mißbrauchen, und sich in die Niederlagen, Gewölbe, Kirchen und Belusti- gungsorte, ja selbst in die großen Privatgesellschaften einschleichen. Die Trunkenheit, die in England nur zu gewöhnlich ist, und Unsittlichkeit, die natürliche

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Zitationshilfe: Das wohlfeilste Panorama des Universums. Nr. 14. Prag, 1836, S. 106. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_panorama14_1836/2>, abgerufen am 01.06.2024.