Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Das wohlfeilste Panorama des Universums. Nr. 23. Prag, 1836.

Bild:
<< vorherige Seite

Panorama des Universums.
[Beginn Spaltensatz] ständiges Gebälke mit darüber gesetzter Attika bil-
den. Ueber dem Bogen und an dem Fries des Ge-
bälkes findet man die Abbildung der Thaten in
Stein gehauen, welche das Denkmal veranlaßten.
Außerdem sieht man alte Triumphbogen zu Bene-
vent, Fano, Ancona, Rimini, Pola, Ve-
rona, Suza
und zu Aix in Savoyen.



Der chinesische Tusch.

Dieses bekannte Farbmaterial, in viereckigen
Tafeln, mit chinesischen Charakteren bedruckt, hat
das Eigenthümliche, daß es sich mit Wasser äußerst
leicht abreiben läßt und alle Schattirungen von dem
schwächsten Grau bis zur vollkommensten Schwärze
gibt, daher es von den Zeichnern so allgemein ge-
braucht wird. Die Art der Zubereitung ist den Eu-
ropäern lange unbekannt gewesen, obschon man aus
dem üblen Geruche eines längere Zeit gestandenen
Aufgusses auf Tusche und aus der Anlockung der
Fliegen wohl geschlossen, daß ein thierischer Leim
den schwarzen Farbestoff verbinde. Es ist sehr
wahrscheinlich, daß der Ruß von verbrannten fei-
nen Pflanzenölen, besonders von dem Sesamöl, den
Hauptbestandtheil des Tusches ausmache. Welcher
thierische Leim aber dazu genommen werde, ist nicht
ganz ausgemacht. Um den Geruch des Letztern zu
unterdrücken, setzt man wahrscheinlich etwas Moschus
und andere wohlriechende Sachen hinzu. Die euro-
päischen Nachahmungen können nicht gelingen, weil
es uns an den feinen Pflanzenölen fehlt, deren Ruß
der Grundstoff des Tusches ist, und weil wir die
Natur des thierischen Leims, als des Verbindungs-
mittels, nicht kennen.



Das Verbrennen der Todten und der
Wittwen.

Die uralte Sitte, die Leichname zu verbrennen
ist nach Böttiger eine Ausartung des Sonnen-
dienstes durch die symbolischen Religionsgebräuche
der Phönizier. Jhr Malcart oder Sonnengott
wurde höchst wahrscheinlich als sich selbst verbren-
nend bei ihnen vorgestellt, wodurch sie das stets
wiederkehrende Sonnenjahr symbolisirten. Nach 12
Arbeiten kommt seine Apotheose auf dem Scheiter-
haufen, d. h. nachdem er die 12 Zeichen des Thier-
kreises durchlaufen, kommt dies Sonnenjahr zu den
Göttern. Aus dieser symbolischen Herkules-Apo-
theose schuf die Fabel der Griechen den Herkules
auf Oeta. Die Phönizier, die Lebende ihrem Mal-
cart
opferten, legten auch die Leichen auf den hei-
ligen Scheiterhaufen. So entstand jene Sitte des
Todten = Verbrennens, welche zugleich dem Handel
Vortheil brachte, weil man Specereien, Leinwand,
Teppiche ( Hauptartikel des phönizischen Handels ) mit
den Todten verbrannte. Darum beförderten sie die
Sitte in ihren griechischen Faktoreien und an allen
Küsten des Mittelmeeres. Die Römer und Griechen,
die ihre Todten verbrannten, stellten eben deßwegen
den Tod durch die verlöschende umgekehrte Fackel,
oder durch einen Genius des Schlafes, der mit die-
ser gesenkten Fackel vor dem Eingange des Grab-
males steht, symbolisch dar. Das Selbstverbrennen
der Wittwen bei den 4 Kasten der Hindus dauerte
unter der brittischen Regierung bis 1829 fort. Diese
Wittwen hießen Suttis, und in der Präsidentschaft
Bengalen wurden 575 Suttis im Jahre 1823, und
[Spaltenumbruch] in der Präsidentschaft Bombay 1824 verbrannt. Erst
Lord W. Bentinck verbot es 1829 durch ein Edict,
ohne daß die Braminen dagegen murrten; einige
billigten es vielmehr.



Wird die Erde kälter?

Diese Frage scheint der verflossene Winter zu
bejahen, denn der Winter war vielleicht noch nie
so weit südlich vorgedrungen, als im Jahre 1835
-- 1836. Jn Konstantinopel hat es über das
gewöhnliche Normale so gefroren, daß Menschen,
Vieh und Bäume erfroren sind. Jn Smyrna des-
gleichen, und selbst auf den griechischen Jnseln wie
Chios u. a. haben die Fröste die Pomeranzenbäume
vernichtet. Aber noch erstaunlicher war es zu verneh-
men, daß der Missisippi=Fluß in Louisiana am Mexi-
kanischen Meerbusen gefroren war, so daß er die
Schifffahrt gehemmt hat. Jn Odessa war der Win-
ter blos 4 bis 6 Grade vor 40 Jahren, und jetzt steigt
die Kälte auf 24 Grade. Dagegen milderte sich die
Kälte in Deutschland, und es hat den Anschein, als
ob unsere Erde eine andere, wenn auch uns unbedeu-
tend scheinende veränderte Stellung gegen die Sonne
angenommen, oder in der Sonne selbst eine Verände-
rung vorgegangen sey. Die Gewißheit darüber ist
uns zu hoch, und so müssen wir Alles, was da
kommt, so hinnehmen, wie es kommt, ohne zu wissen
wienach und warum?     J. J. P.



Die Schildkröte. ( Testudo ) .

Jn der Klasse der Amphibien nimmt das Ge-
schlecht der Schildkröten unmittelbar nach den Vö-
geln den ersten Platz ein. Man rechnet sie zu den
sogenannten vierfüßigen oder kriechenden Amphibien,
weil sie sich mittelst ihrer 4 Beine fortbewegen.
Der Name Schildkröte ist sehr leicht aus dem Baue
des Körpers, der krötenähnlich ist, und aus dem
harten Schilde, der ihn deckt, herzuleiten. Diese
merkwürdigen Geschöpfe sind die einzigen unter den
Thieren, welchen die Natur gleich von ihrer Geburt
an eine natürliche Bedeckung schenkte, die ihnen
nicht nur eine dauerhafte, nicht leicht verletzbare
Wohnung, sondern auch eine Schutzwehr ist, unter
der sie ruhig die Angriffe ihrer Feinde abwarten
können. Der Geschlechtscharakter dieser Amphibien
wird so bestimmt: sie haben 4 Beine, einen kurz-
geschwänzten Körper mit einem kleinen geschilderten
Kopfe, einen zahnlosen Mund, eine kurze dicke Zunge
und einen harten knochenähnlichen Rücken = und
Bauchschild. Der erstere ist mehr oder weniger ge-
wölbt und größer vom Umfange, als der platte
Brustschild; beide aber sind so mit einander ver-
bunden, daß sie einen Harnisch bilden, der alle
Theile des Körpers bis auf den Kopf, die Beine und
Schwanz bedeckt diese streckt das Thier durch zwei Oeff-
nungen aus dem Harnische hervor, um sie zu den gehö-
rigen Verrichtungen zu gebrauchen. Die meisten Schild-
kröten sind überdieß so gebildet, daß sie die genannten
Theile unter der harten Bedeckung zurückziehen können.
Da die Löcher, wodurch sie hervorgestreckt werden, klein
sind, so haben die Schildkröten nicht leicht weder von
den Klauen der Raubvögel, noch von den Zähnen
der Räuber aus der Klasse der Säugethiere und
Fische etwas zu fürchten. Da die harnischähnliche
Bedeckung der Schildkröten mit ihrem Körper ver-
wachsen, oder vielmehr ein Theil desselben ist, so
[Ende Spaltensatz]

Panorama des Universums.
[Beginn Spaltensatz] ständiges Gebälke mit darüber gesetzter Attika bil-
den. Ueber dem Bogen und an dem Fries des Ge-
bälkes findet man die Abbildung der Thaten in
Stein gehauen, welche das Denkmal veranlaßten.
Außerdem sieht man alte Triumphbogen zu Bene-
vent, Fano, Ancona, Rimini, Pola, Ve-
rona, Suza
und zu Aix in Savoyen.



Der chinesische Tusch.

Dieses bekannte Farbmaterial, in viereckigen
Tafeln, mit chinesischen Charakteren bedruckt, hat
das Eigenthümliche, daß es sich mit Wasser äußerst
leicht abreiben läßt und alle Schattirungen von dem
schwächsten Grau bis zur vollkommensten Schwärze
gibt, daher es von den Zeichnern so allgemein ge-
braucht wird. Die Art der Zubereitung ist den Eu-
ropäern lange unbekannt gewesen, obschon man aus
dem üblen Geruche eines längere Zeit gestandenen
Aufgusses auf Tusche und aus der Anlockung der
Fliegen wohl geschlossen, daß ein thierischer Leim
den schwarzen Farbestoff verbinde. Es ist sehr
wahrscheinlich, daß der Ruß von verbrannten fei-
nen Pflanzenölen, besonders von dem Sesamöl, den
Hauptbestandtheil des Tusches ausmache. Welcher
thierische Leim aber dazu genommen werde, ist nicht
ganz ausgemacht. Um den Geruch des Letztern zu
unterdrücken, setzt man wahrscheinlich etwas Moschus
und andere wohlriechende Sachen hinzu. Die euro-
päischen Nachahmungen können nicht gelingen, weil
es uns an den feinen Pflanzenölen fehlt, deren Ruß
der Grundstoff des Tusches ist, und weil wir die
Natur des thierischen Leims, als des Verbindungs-
mittels, nicht kennen.



Das Verbrennen der Todten und der
Wittwen.

Die uralte Sitte, die Leichname zu verbrennen
ist nach Böttiger eine Ausartung des Sonnen-
dienstes durch die symbolischen Religionsgebräuche
der Phönizier. Jhr Malcart oder Sonnengott
wurde höchst wahrscheinlich als sich selbst verbren-
nend bei ihnen vorgestellt, wodurch sie das stets
wiederkehrende Sonnenjahr symbolisirten. Nach 12
Arbeiten kommt seine Apotheose auf dem Scheiter-
haufen, d. h. nachdem er die 12 Zeichen des Thier-
kreises durchlaufen, kommt dies Sonnenjahr zu den
Göttern. Aus dieser symbolischen Herkules-Apo-
theose schuf die Fabel der Griechen den Herkules
auf Oeta. Die Phönizier, die Lebende ihrem Mal-
cart
opferten, legten auch die Leichen auf den hei-
ligen Scheiterhaufen. So entstand jene Sitte des
Todten = Verbrennens, welche zugleich dem Handel
Vortheil brachte, weil man Specereien, Leinwand,
Teppiche ( Hauptartikel des phönizischen Handels ) mit
den Todten verbrannte. Darum beförderten sie die
Sitte in ihren griechischen Faktoreien und an allen
Küsten des Mittelmeeres. Die Römer und Griechen,
die ihre Todten verbrannten, stellten eben deßwegen
den Tod durch die verlöschende umgekehrte Fackel,
oder durch einen Genius des Schlafes, der mit die-
ser gesenkten Fackel vor dem Eingange des Grab-
males steht, symbolisch dar. Das Selbstverbrennen
der Wittwen bei den 4 Kasten der Hindus dauerte
unter der brittischen Regierung bis 1829 fort. Diese
Wittwen hießen Suttis, und in der Präsidentschaft
Bengalen wurden 575 Suttis im Jahre 1823, und
[Spaltenumbruch] in der Präsidentschaft Bombay 1824 verbrannt. Erst
Lord W. Bentinck verbot es 1829 durch ein Edict,
ohne daß die Braminen dagegen murrten; einige
billigten es vielmehr.



Wird die Erde kälter?

Diese Frage scheint der verflossene Winter zu
bejahen, denn der Winter war vielleicht noch nie
so weit südlich vorgedrungen, als im Jahre 1835
— 1836. Jn Konstantinopel hat es über das
gewöhnliche Normale so gefroren, daß Menschen,
Vieh und Bäume erfroren sind. Jn Smyrna des-
gleichen, und selbst auf den griechischen Jnseln wie
Chios u. a. haben die Fröste die Pomeranzenbäume
vernichtet. Aber noch erstaunlicher war es zu verneh-
men, daß der Missisippi=Fluß in Louisiana am Mexi-
kanischen Meerbusen gefroren war, so daß er die
Schifffahrt gehemmt hat. Jn Odessa war der Win-
ter blos 4 bis 6 Grade vor 40 Jahren, und jetzt steigt
die Kälte auf 24 Grade. Dagegen milderte sich die
Kälte in Deutschland, und es hat den Anschein, als
ob unsere Erde eine andere, wenn auch uns unbedeu-
tend scheinende veränderte Stellung gegen die Sonne
angenommen, oder in der Sonne selbst eine Verände-
rung vorgegangen sey. Die Gewißheit darüber ist
uns zu hoch, und so müssen wir Alles, was da
kommt, so hinnehmen, wie es kommt, ohne zu wissen
wienach und warum?     J. J. P.



Die Schildkröte. ( Testudo ) .

Jn der Klasse der Amphibien nimmt das Ge-
schlecht der Schildkröten unmittelbar nach den Vö-
geln den ersten Platz ein. Man rechnet sie zu den
sogenannten vierfüßigen oder kriechenden Amphibien,
weil sie sich mittelst ihrer 4 Beine fortbewegen.
Der Name Schildkröte ist sehr leicht aus dem Baue
des Körpers, der krötenähnlich ist, und aus dem
harten Schilde, der ihn deckt, herzuleiten. Diese
merkwürdigen Geschöpfe sind die einzigen unter den
Thieren, welchen die Natur gleich von ihrer Geburt
an eine natürliche Bedeckung schenkte, die ihnen
nicht nur eine dauerhafte, nicht leicht verletzbare
Wohnung, sondern auch eine Schutzwehr ist, unter
der sie ruhig die Angriffe ihrer Feinde abwarten
können. Der Geschlechtscharakter dieser Amphibien
wird so bestimmt: sie haben 4 Beine, einen kurz-
geschwänzten Körper mit einem kleinen geschilderten
Kopfe, einen zahnlosen Mund, eine kurze dicke Zunge
und einen harten knochenähnlichen Rücken = und
Bauchschild. Der erstere ist mehr oder weniger ge-
wölbt und größer vom Umfange, als der platte
Brustschild; beide aber sind so mit einander ver-
bunden, daß sie einen Harnisch bilden, der alle
Theile des Körpers bis auf den Kopf, die Beine und
Schwanz bedeckt diese streckt das Thier durch zwei Oeff-
nungen aus dem Harnische hervor, um sie zu den gehö-
rigen Verrichtungen zu gebrauchen. Die meisten Schild-
kröten sind überdieß so gebildet, daß sie die genannten
Theile unter der harten Bedeckung zurückziehen können.
Da die Löcher, wodurch sie hervorgestreckt werden, klein
sind, so haben die Schildkröten nicht leicht weder von
den Klauen der Raubvögel, noch von den Zähnen
der Räuber aus der Klasse der Säugethiere und
Fische etwas zu fürchten. Da die harnischähnliche
Bedeckung der Schildkröten mit ihrem Körper ver-
wachsen, oder vielmehr ein Theil desselben ist, so
[Ende Spaltensatz]

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div type="jArticle" n="1">
        <p><pb facs="#f0007" n="183"/><fw type="header" place="top"><hi rendition="#g">Panorama des Universums.</hi></fw><cb type="start"/>
ständiges Gebälke mit darüber gesetzter Attika bil-<lb/>
den. Ueber dem Bogen und an dem Fries des Ge-<lb/>
bälkes findet man die Abbildung der Thaten in<lb/>
Stein gehauen, welche das Denkmal veranlaßten.<lb/>
Außerdem sieht man alte Triumphbogen zu <hi rendition="#g">Bene-<lb/>
vent, Fano, Ancona, Rimini, Pola, Ve-<lb/>
rona, Suza</hi> und zu <hi rendition="#g">Aix</hi> in Savoyen.</p>
      </div><lb/>
      <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
      <div type="jArticle" n="1">
        <head> <hi rendition="#fr">Der chinesische Tusch.</hi> </head><lb/>
        <p>Dieses bekannte Farbmaterial, in viereckigen<lb/>
Tafeln, mit chinesischen Charakteren bedruckt, hat<lb/>
das Eigenthümliche, daß es sich mit Wasser äußerst<lb/>
leicht abreiben läßt und alle Schattirungen von dem<lb/>
schwächsten Grau bis zur vollkommensten Schwärze<lb/>
gibt, daher es von den Zeichnern so allgemein ge-<lb/>
braucht wird. Die Art der Zubereitung ist den Eu-<lb/>
ropäern lange unbekannt gewesen, obschon man aus<lb/>
dem üblen Geruche eines längere Zeit gestandenen<lb/>
Aufgusses auf Tusche und aus der Anlockung der<lb/>
Fliegen wohl geschlossen, daß ein thierischer Leim<lb/>
den schwarzen Farbestoff verbinde. Es ist sehr<lb/>
wahrscheinlich, daß der Ruß von verbrannten fei-<lb/>
nen Pflanzenölen, besonders von dem Sesamöl, den<lb/>
Hauptbestandtheil des Tusches ausmache. Welcher<lb/>
thierische Leim aber dazu genommen werde, ist nicht<lb/>
ganz ausgemacht. Um den Geruch des Letztern zu<lb/>
unterdrücken, setzt man wahrscheinlich etwas Moschus<lb/>
und andere wohlriechende Sachen hinzu. Die euro-<lb/>
päischen Nachahmungen können nicht gelingen, weil<lb/>
es uns an den feinen Pflanzenölen fehlt, deren Ruß<lb/>
der Grundstoff des Tusches ist, und weil wir die<lb/>
Natur des thierischen Leims, als des Verbindungs-<lb/>
mittels, nicht kennen.</p>
      </div><lb/>
      <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
      <div type="jArticle" n="1">
        <head><hi rendition="#fr">Das Verbrennen der Todten und der</hi><lb/>
Wittwen.</head><lb/>
        <p>Die uralte Sitte, die Leichname zu verbrennen<lb/>
ist nach <hi rendition="#g">Böttiger</hi> eine Ausartung des Sonnen-<lb/>
dienstes durch die symbolischen Religionsgebräuche<lb/>
der Phönizier. Jhr <hi rendition="#g">Malcart</hi> oder Sonnengott<lb/>
wurde höchst wahrscheinlich als sich selbst verbren-<lb/>
nend bei ihnen vorgestellt, wodurch sie das stets<lb/>
wiederkehrende Sonnenjahr symbolisirten. Nach 12<lb/>
Arbeiten kommt seine Apotheose auf dem Scheiter-<lb/>
haufen, d. h. nachdem er die 12 Zeichen des Thier-<lb/>
kreises durchlaufen, kommt dies Sonnenjahr zu den<lb/>
Göttern. Aus dieser symbolischen <hi rendition="#g">Herkules-</hi>Apo-<lb/>
theose schuf die Fabel der Griechen den <hi rendition="#g">Herkules</hi><lb/>
auf <hi rendition="#g">Oeta.</hi> Die Phönizier, die Lebende ihrem <hi rendition="#g">Mal-<lb/>
cart</hi> opferten, legten auch die Leichen auf den hei-<lb/>
ligen Scheiterhaufen. So entstand jene Sitte des<lb/>
Todten = Verbrennens, welche zugleich dem Handel<lb/>
Vortheil brachte, weil man Specereien, Leinwand,<lb/>
Teppiche ( Hauptartikel des phönizischen Handels ) mit<lb/>
den Todten verbrannte. Darum beförderten sie die<lb/>
Sitte in ihren griechischen Faktoreien und an allen<lb/>
Küsten des Mittelmeeres. Die Römer und Griechen,<lb/>
die ihre Todten verbrannten, stellten eben deßwegen<lb/>
den Tod durch die verlöschende umgekehrte Fackel,<lb/>
oder durch einen Genius des Schlafes, der mit die-<lb/>
ser gesenkten Fackel vor dem Eingange des Grab-<lb/>
males steht, symbolisch dar. Das Selbstverbrennen<lb/>
der Wittwen bei den 4 Kasten der Hindus dauerte<lb/>
unter der brittischen Regierung bis 1829 fort. Diese<lb/>
Wittwen hießen <hi rendition="#g">Suttis,</hi> und in der Präsidentschaft<lb/>
Bengalen wurden 575 Suttis im Jahre 1823, und<lb/><cb n="2"/>
in der Präsidentschaft Bombay 1824 verbrannt. Erst<lb/>
Lord W. <hi rendition="#g">Bentinck</hi> verbot es 1829 durch ein Edict,<lb/>
ohne daß die Braminen dagegen murrten; einige<lb/>
billigten es vielmehr.</p>
      </div><lb/>
      <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
      <div type="jArticle" n="1">
        <head> <hi rendition="#fr">Wird die Erde kälter?</hi> </head><lb/>
        <p>Diese Frage scheint der verflossene Winter zu<lb/>
bejahen, denn der Winter war vielleicht noch nie<lb/>
so weit südlich vorgedrungen, als im Jahre 1835<lb/>
&#x2014; 1836. Jn <hi rendition="#g">Konstantinopel</hi> hat es über das<lb/>
gewöhnliche Normale so gefroren, daß Menschen,<lb/>
Vieh und Bäume erfroren sind. Jn <hi rendition="#g">Smyrna</hi> des-<lb/>
gleichen, und selbst auf den griechischen Jnseln wie<lb/>
Chios u. a. haben die Fröste die Pomeranzenbäume<lb/>
vernichtet. Aber noch erstaunlicher war es zu verneh-<lb/>
men, daß der Missisippi=Fluß in Louisiana am Mexi-<lb/>
kanischen Meerbusen gefroren war, so daß er die<lb/>
Schifffahrt gehemmt hat. Jn <hi rendition="#g">Odessa</hi> war der Win-<lb/>
ter blos 4 bis 6 Grade vor 40 Jahren, und jetzt steigt<lb/>
die Kälte auf 24 Grade. Dagegen milderte sich die<lb/>
Kälte in Deutschland, und es hat den Anschein, als<lb/>
ob unsere Erde eine andere, wenn auch uns unbedeu-<lb/>
tend scheinende veränderte Stellung gegen die Sonne<lb/>
angenommen, oder in der Sonne selbst eine Verände-<lb/>
rung vorgegangen sey. Die Gewißheit darüber ist<lb/>
uns zu <hi rendition="#g">hoch,</hi> und so müssen wir Alles, was da<lb/>
kommt, so hinnehmen, wie es kommt, ohne zu wissen<lb/>
wienach und warum?  <space dim="horizontal"/>  J. J. P.</p>
      </div><lb/>
      <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
      <div type="jArticle" n="1">
        <head><hi rendition="#fr">Die Schildkröte</hi>. ( <hi rendition="#aq">Testudo ) .</hi></head><lb/>
        <p>Jn der Klasse der Amphibien nimmt das Ge-<lb/>
schlecht der Schildkröten unmittelbar nach den Vö-<lb/>
geln den ersten Platz ein. Man rechnet sie zu den<lb/>
sogenannten vierfüßigen oder kriechenden Amphibien,<lb/>
weil sie sich mittelst ihrer 4 Beine fortbewegen.<lb/>
Der Name Schildkröte ist sehr leicht aus dem Baue<lb/>
des Körpers, der krötenähnlich ist, und aus dem<lb/>
harten Schilde, der ihn deckt, herzuleiten. Diese<lb/>
merkwürdigen Geschöpfe sind die einzigen unter den<lb/>
Thieren, welchen die Natur gleich von ihrer Geburt<lb/>
an eine natürliche Bedeckung schenkte, die ihnen<lb/>
nicht nur eine dauerhafte, nicht leicht verletzbare<lb/>
Wohnung, sondern auch eine Schutzwehr ist, unter<lb/>
der sie ruhig die Angriffe ihrer Feinde abwarten<lb/>
können. Der Geschlechtscharakter dieser Amphibien<lb/>
wird so bestimmt: sie haben 4 Beine, einen kurz-<lb/>
geschwänzten Körper mit einem kleinen geschilderten<lb/>
Kopfe, einen zahnlosen Mund, eine kurze dicke Zunge<lb/>
und einen harten knochenähnlichen Rücken = und<lb/>
Bauchschild. Der erstere ist mehr oder weniger ge-<lb/>
wölbt und größer vom Umfange, als der platte<lb/>
Brustschild; beide aber sind so mit einander ver-<lb/>
bunden, daß sie einen Harnisch bilden, der alle<lb/>
Theile des Körpers bis auf den Kopf, die Beine und<lb/>
Schwanz bedeckt diese streckt das Thier durch zwei Oeff-<lb/>
nungen aus dem Harnische hervor, um sie zu den gehö-<lb/>
rigen Verrichtungen zu gebrauchen. Die meisten Schild-<lb/>
kröten sind überdieß so gebildet, daß sie die genannten<lb/>
Theile unter der harten Bedeckung zurückziehen können.<lb/>
Da die Löcher, wodurch sie hervorgestreckt werden, klein<lb/>
sind, so haben die Schildkröten nicht leicht weder von<lb/>
den Klauen der Raubvögel, noch von den Zähnen<lb/>
der Räuber aus der Klasse der Säugethiere und<lb/>
Fische etwas zu fürchten. Da die harnischähnliche<lb/>
Bedeckung der Schildkröten mit ihrem Körper ver-<lb/>
wachsen, oder vielmehr ein Theil desselben ist, so<lb/><cb type="end"/>
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[183/0007] Panorama des Universums. ständiges Gebälke mit darüber gesetzter Attika bil- den. Ueber dem Bogen und an dem Fries des Ge- bälkes findet man die Abbildung der Thaten in Stein gehauen, welche das Denkmal veranlaßten. Außerdem sieht man alte Triumphbogen zu Bene- vent, Fano, Ancona, Rimini, Pola, Ve- rona, Suza und zu Aix in Savoyen. Der chinesische Tusch. Dieses bekannte Farbmaterial, in viereckigen Tafeln, mit chinesischen Charakteren bedruckt, hat das Eigenthümliche, daß es sich mit Wasser äußerst leicht abreiben läßt und alle Schattirungen von dem schwächsten Grau bis zur vollkommensten Schwärze gibt, daher es von den Zeichnern so allgemein ge- braucht wird. Die Art der Zubereitung ist den Eu- ropäern lange unbekannt gewesen, obschon man aus dem üblen Geruche eines längere Zeit gestandenen Aufgusses auf Tusche und aus der Anlockung der Fliegen wohl geschlossen, daß ein thierischer Leim den schwarzen Farbestoff verbinde. Es ist sehr wahrscheinlich, daß der Ruß von verbrannten fei- nen Pflanzenölen, besonders von dem Sesamöl, den Hauptbestandtheil des Tusches ausmache. Welcher thierische Leim aber dazu genommen werde, ist nicht ganz ausgemacht. Um den Geruch des Letztern zu unterdrücken, setzt man wahrscheinlich etwas Moschus und andere wohlriechende Sachen hinzu. Die euro- päischen Nachahmungen können nicht gelingen, weil es uns an den feinen Pflanzenölen fehlt, deren Ruß der Grundstoff des Tusches ist, und weil wir die Natur des thierischen Leims, als des Verbindungs- mittels, nicht kennen. Das Verbrennen der Todten und der Wittwen. Die uralte Sitte, die Leichname zu verbrennen ist nach Böttiger eine Ausartung des Sonnen- dienstes durch die symbolischen Religionsgebräuche der Phönizier. Jhr Malcart oder Sonnengott wurde höchst wahrscheinlich als sich selbst verbren- nend bei ihnen vorgestellt, wodurch sie das stets wiederkehrende Sonnenjahr symbolisirten. Nach 12 Arbeiten kommt seine Apotheose auf dem Scheiter- haufen, d. h. nachdem er die 12 Zeichen des Thier- kreises durchlaufen, kommt dies Sonnenjahr zu den Göttern. Aus dieser symbolischen Herkules-Apo- theose schuf die Fabel der Griechen den Herkules auf Oeta. Die Phönizier, die Lebende ihrem Mal- cart opferten, legten auch die Leichen auf den hei- ligen Scheiterhaufen. So entstand jene Sitte des Todten = Verbrennens, welche zugleich dem Handel Vortheil brachte, weil man Specereien, Leinwand, Teppiche ( Hauptartikel des phönizischen Handels ) mit den Todten verbrannte. Darum beförderten sie die Sitte in ihren griechischen Faktoreien und an allen Küsten des Mittelmeeres. Die Römer und Griechen, die ihre Todten verbrannten, stellten eben deßwegen den Tod durch die verlöschende umgekehrte Fackel, oder durch einen Genius des Schlafes, der mit die- ser gesenkten Fackel vor dem Eingange des Grab- males steht, symbolisch dar. Das Selbstverbrennen der Wittwen bei den 4 Kasten der Hindus dauerte unter der brittischen Regierung bis 1829 fort. Diese Wittwen hießen Suttis, und in der Präsidentschaft Bengalen wurden 575 Suttis im Jahre 1823, und in der Präsidentschaft Bombay 1824 verbrannt. Erst Lord W. Bentinck verbot es 1829 durch ein Edict, ohne daß die Braminen dagegen murrten; einige billigten es vielmehr. Wird die Erde kälter? Diese Frage scheint der verflossene Winter zu bejahen, denn der Winter war vielleicht noch nie so weit südlich vorgedrungen, als im Jahre 1835 — 1836. Jn Konstantinopel hat es über das gewöhnliche Normale so gefroren, daß Menschen, Vieh und Bäume erfroren sind. Jn Smyrna des- gleichen, und selbst auf den griechischen Jnseln wie Chios u. a. haben die Fröste die Pomeranzenbäume vernichtet. Aber noch erstaunlicher war es zu verneh- men, daß der Missisippi=Fluß in Louisiana am Mexi- kanischen Meerbusen gefroren war, so daß er die Schifffahrt gehemmt hat. Jn Odessa war der Win- ter blos 4 bis 6 Grade vor 40 Jahren, und jetzt steigt die Kälte auf 24 Grade. Dagegen milderte sich die Kälte in Deutschland, und es hat den Anschein, als ob unsere Erde eine andere, wenn auch uns unbedeu- tend scheinende veränderte Stellung gegen die Sonne angenommen, oder in der Sonne selbst eine Verände- rung vorgegangen sey. Die Gewißheit darüber ist uns zu hoch, und so müssen wir Alles, was da kommt, so hinnehmen, wie es kommt, ohne zu wissen wienach und warum? J. J. P. Die Schildkröte. ( Testudo ) . Jn der Klasse der Amphibien nimmt das Ge- schlecht der Schildkröten unmittelbar nach den Vö- geln den ersten Platz ein. Man rechnet sie zu den sogenannten vierfüßigen oder kriechenden Amphibien, weil sie sich mittelst ihrer 4 Beine fortbewegen. Der Name Schildkröte ist sehr leicht aus dem Baue des Körpers, der krötenähnlich ist, und aus dem harten Schilde, der ihn deckt, herzuleiten. Diese merkwürdigen Geschöpfe sind die einzigen unter den Thieren, welchen die Natur gleich von ihrer Geburt an eine natürliche Bedeckung schenkte, die ihnen nicht nur eine dauerhafte, nicht leicht verletzbare Wohnung, sondern auch eine Schutzwehr ist, unter der sie ruhig die Angriffe ihrer Feinde abwarten können. Der Geschlechtscharakter dieser Amphibien wird so bestimmt: sie haben 4 Beine, einen kurz- geschwänzten Körper mit einem kleinen geschilderten Kopfe, einen zahnlosen Mund, eine kurze dicke Zunge und einen harten knochenähnlichen Rücken = und Bauchschild. Der erstere ist mehr oder weniger ge- wölbt und größer vom Umfange, als der platte Brustschild; beide aber sind so mit einander ver- bunden, daß sie einen Harnisch bilden, der alle Theile des Körpers bis auf den Kopf, die Beine und Schwanz bedeckt diese streckt das Thier durch zwei Oeff- nungen aus dem Harnische hervor, um sie zu den gehö- rigen Verrichtungen zu gebrauchen. Die meisten Schild- kröten sind überdieß so gebildet, daß sie die genannten Theile unter der harten Bedeckung zurückziehen können. Da die Löcher, wodurch sie hervorgestreckt werden, klein sind, so haben die Schildkröten nicht leicht weder von den Klauen der Raubvögel, noch von den Zähnen der Räuber aus der Klasse der Säugethiere und Fische etwas zu fürchten. Da die harnischähnliche Bedeckung der Schildkröten mit ihrem Körper ver- wachsen, oder vielmehr ein Theil desselben ist, so

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Peter Fankhauser: Automatische Transformation von TUSTEP nach TEI P5 (DTA-Basisformat).
Deutsches Textarchiv: Metadatenerfassung
Institut für Deutsche Sprache, Mannheim: Bereitstellung der Bilddigitalisate und Volltext-Transkription
Susanne Haaf, Rahel Hartz, Nicole Postelt: Nachkorrektur und Vervollständigung der TEI/DTABf-Annotation
Rahel Hartz: Artikelstrukturierung

Weitere Informationen:

Dieser Text wurde aus dem TUSTEP-Format nach TEI-P5 konvertiert und anschließend in das DTA-Basisformat überführt.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/nn_panorama23_1836
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/nn_panorama23_1836/7
Zitationshilfe: Das wohlfeilste Panorama des Universums. Nr. 23. Prag, 1836, S. 183. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_panorama23_1836/7>, abgerufen am 14.06.2024.