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Das wohlfeilste Panorama des Universums. Nr. 41. Prag, 1834.

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Panorama des Universums.
[Beginn Spaltensatz] scheinlich die Haube erhöht, um da, wo die obere
Schallöffnung sichtbar ist, die in demselben Jahre
aufgerichtete Viertelstundenglocke anbringen zu können.
Die Stundenglocke war bereits 1447 gegossen, und
hinter der untern Schallöffnung des Daches aufge-
hängt worden. Der jüngere Thurm wurde 1680
gerüstet, und aufs Neue mit zinnernen Platten be-
legt. Uebrigens wurde unsere Kirche im Laufe der
Zeit mehrere Male reparirt und gereinigt: 1514,
1568, 1659. Jm Jahre 1690 wurde sie außen her-
um am Fuße, so wie auch der Stern, ausgebessert,
und mit Eisenfarbe angestrichen, dann oben mit Zie-
geln bedeckt, "so wie vorhin nie gewesen," wie eine
Chronik hinzufügt. Wahrscheinlich sind damit die
platten Ziegel gemeint, weil man ehedem Hohlziegel
hatte. Jm Jahre 1727 wurde sie abermals außen
angestrichen.




[Abbildung]
August Neidhard, Graf von Gneisenau.

Unstreitig muß der Graf von Gneisenau
unter die ausgezeichnetsten preußischen Generale der
neueren Zeit gezählt werden. Mit genauer Kennt-
niß dessen, was dem Heerführer nöthig ist, verband
Gneisenau einen bewundernswürdigen militärischen
Blick, eine rasche Uebersicht und einen durchdringen-
den Scharfsinn. Schnell wußte er sich, auch in
der bedrängtesten Lage, zu fassen, und selbst seine
raschesten Entschlüsse trugen das Gepräge der Bestimmt-
heit, Zweckmäßigkeit und Ruhe. Nie hat man ihn auf
dem Schlachtfelde verlegen gesehen. Mit diesen krie-
gerischen Eigenschaften, die den großen Feldherrn
beurkunden, vereinigte er die liebenswürdigste Be-
scheidenheit, und seine Tugenden als Hausvater,
seine Talente eines guten Gesellschafters erwarben
ihm auch als Mensch die allgemeinste Achtung und
Liebe.! Die Familie Neidhard stammt aus Oester-
reich ob der Ens, wo im Mühlvietel ihr Stammgut
Gneisenau, ein Lehen der fürstlich Schwarzen-
bergischen Herrschaft Wittingau liegt. Gneise-
naus
Vater war Hauptmann in österreichischen
Diensten, und befand sich 1760 im Winterquartiere
in dem Städtchen Schildau im Merseburgischen,
[Spaltenumbruch] wo ihm am 28. Oktober seine Gemahlin diesen
Sohn gebahr, der seine Mutter schon in der zar-
testen Jugend verlor, und die erste Erziehung im
Hause seines Großvaters erhielt, der Artillerie-
Obrist in Würzburg war. August studirte
sodann zu Erfurt und ging 1782 als Anspach-
Baireuthscher Lieutenant nach Amerika, kam aber
eben an, als der Friede geschlossen worden war,
und kehrte 1783 nach Anspach zurück. Bald nach-
her trat er in preußische Dienste, machte den Feld-
zug in Pohlen 1794 als Hauptmann mit, und
wandte die Ruhe des Garnisonsdienstes zum Stu-
dium der Militärwissenschaften an, wobei ihm die
Bibliothek und die Kenntnisse eines schlesischen Edel-
mannes trefflich zu statten kamen. Jm Feldzuge
1806, wo er an dem unglücklichen Gefechte bei
Saalfeld Theil nahm, wurden zuerst seine Talente
bemerkt. Noch im November desselben Jahres for-
mirte er im preußisch Litthauen als Major ein Re-
servebatailon, und ward im April 1807, von Kö-
nigsberg
zu Hülfe gesandt. Dort übernahm er
an der Stelle des alten, Generals Lucadou den
Posten als Kommandant, beugte den Folgen der
fehlerhaften Maßregeln seines Vorgängers durch
ein kräftiges und kluges Benehmen vor, schlug durch
zweckmäßige Anstalten alle Angriffe des Feindes zu-
rück, und hielt, trotz eines fürchterlichen Bombar-
dements, die kleine Festung, welche viele schwache
Punkte hat, bis zum Tilsiter Frieden. Er war wäh-
rend der Belagerung Obrist, Chef des Jngenieurkorps
und Jnspekteur der Festungen geworden, und nach
geschlossenem Frieden verwandte ihn der König als
Staatsrath zu wichtigen geheimen Sendungen an meh-
rere europäische Höfe. Jm Jahre 1813 trat er wieder
als Generalmajor und Generalquatiermeister des
Blücherschen Korps in das Heer ein, und nachdem er
sich hier die bedeutendsten Verdienste erworben, war er
während des Waffenstillstandes mit der Ausbildung der
Landwehr beschäftigt, und nahm später an den mei-
sten Gefechten den ehrenvollsten Antheil. Nach dem
Pariser Frieden ernannte ihn der König zum Ge-
neral der Jnfanterie, erhob ihn in den Grafenstand,
und gestattete ihm, sich eine Domaine von 10,000
Thaler jährlicher Einkünfte auszuwählen. Jm Jahre
1815 übernahm er wieder den Oberbefehl des
Blücherschen Generalstabes. Er ordnete den Rück-
zug des preußischen Heeres nach der unglücklichen
Schlacht bei Liegniz so, daß die zum Kampfe wieder
organisirten Scharen, deren Erscheinung auf dem
Kampfplatze Napoleon unmöglich dünkte, die
Schlacht bei Waterloo entschieden und durch die
rasch angeordnete Verfolgung des französischen Hee-
res diesen Sieg zu einem der glänzendsten in der
neuern Geschichte machten. Der König ertheilte ihm
dieselbe Dekoration des schwarzen Adlerordens, wel-
che in Napoleons erbeutetem Wagen gefunden
worden war. Gneisenau wurde jetzt zum kom-
mandirenden General des rheinischen Armeekorps
ernannt, und nahm sodann als Minister an dem
Friedensschlusse zu Paris Theil. Auch begleitete
er Blücher nach England. Jm Frühjahre 1816
fühlte er sich theils wegen seiner Gesundheit, theils
wegen politischer Gründe bewogen, seinen Abschied zu
fodern, den ihm der König jedoch blos unter der Bedin-
gung gewährte, ihn bei Ausbruch eines Krieges wieder
anzustellen. Gneisenau begab sich in die böhmi-
schen Bäder, und nachher auf seine Güter, bis er
1818 nach Kalkreuths Tode zum Gouverneur
[Ende Spaltensatz]

Panorama des Universums.
[Beginn Spaltensatz] scheinlich die Haube erhöht, um da, wo die obere
Schallöffnung sichtbar ist, die in demselben Jahre
aufgerichtete Viertelstundenglocke anbringen zu können.
Die Stundenglocke war bereits 1447 gegossen, und
hinter der untern Schallöffnung des Daches aufge-
hängt worden. Der jüngere Thurm wurde 1680
gerüstet, und aufs Neue mit zinnernen Platten be-
legt. Uebrigens wurde unsere Kirche im Laufe der
Zeit mehrere Male reparirt und gereinigt: 1514,
1568, 1659. Jm Jahre 1690 wurde sie außen her-
um am Fuße, so wie auch der Stern, ausgebessert,
und mit Eisenfarbe angestrichen, dann oben mit Zie-
geln bedeckt, „so wie vorhin nie gewesen,“ wie eine
Chronik hinzufügt. Wahrscheinlich sind damit die
platten Ziegel gemeint, weil man ehedem Hohlziegel
hatte. Jm Jahre 1727 wurde sie abermals außen
angestrichen.




[Abbildung]
August Neidhard, Graf von Gneisenau.

Unstreitig muß der Graf von Gneisenau
unter die ausgezeichnetsten preußischen Generale der
neueren Zeit gezählt werden. Mit genauer Kennt-
niß dessen, was dem Heerführer nöthig ist, verband
Gneisenau einen bewundernswürdigen militärischen
Blick, eine rasche Uebersicht und einen durchdringen-
den Scharfsinn. Schnell wußte er sich, auch in
der bedrängtesten Lage, zu fassen, und selbst seine
raschesten Entschlüsse trugen das Gepräge der Bestimmt-
heit, Zweckmäßigkeit und Ruhe. Nie hat man ihn auf
dem Schlachtfelde verlegen gesehen. Mit diesen krie-
gerischen Eigenschaften, die den großen Feldherrn
beurkunden, vereinigte er die liebenswürdigste Be-
scheidenheit, und seine Tugenden als Hausvater,
seine Talente eines guten Gesellschafters erwarben
ihm auch als Mensch die allgemeinste Achtung und
Liebe.! Die Familie Neidhard stammt aus Oester-
reich ob der Ens, wo im Mühlvietel ihr Stammgut
Gneisenau, ein Lehen der fürstlich Schwarzen-
bergischen Herrschaft Wittingau liegt. Gneise-
naus
Vater war Hauptmann in österreichischen
Diensten, und befand sich 1760 im Winterquartiere
in dem Städtchen Schildau im Merseburgischen,
[Spaltenumbruch] wo ihm am 28. Oktober seine Gemahlin diesen
Sohn gebahr, der seine Mutter schon in der zar-
testen Jugend verlor, und die erste Erziehung im
Hause seines Großvaters erhielt, der Artillerie-
Obrist in Würzburg war. August studirte
sodann zu Erfurt und ging 1782 als Anspach-
Baireuthscher Lieutenant nach Amerika, kam aber
eben an, als der Friede geschlossen worden war,
und kehrte 1783 nach Anspach zurück. Bald nach-
her trat er in preußische Dienste, machte den Feld-
zug in Pohlen 1794 als Hauptmann mit, und
wandte die Ruhe des Garnisonsdienstes zum Stu-
dium der Militärwissenschaften an, wobei ihm die
Bibliothek und die Kenntnisse eines schlesischen Edel-
mannes trefflich zu statten kamen. Jm Feldzuge
1806, wo er an dem unglücklichen Gefechte bei
Saalfeld Theil nahm, wurden zuerst seine Talente
bemerkt. Noch im November desselben Jahres for-
mirte er im preußisch Litthauen als Major ein Re-
servebatailon, und ward im April 1807, von Kö-
nigsberg
zu Hülfe gesandt. Dort übernahm er
an der Stelle des alten, Generals Lucadou den
Posten als Kommandant, beugte den Folgen der
fehlerhaften Maßregeln seines Vorgängers durch
ein kräftiges und kluges Benehmen vor, schlug durch
zweckmäßige Anstalten alle Angriffe des Feindes zu-
rück, und hielt, trotz eines fürchterlichen Bombar-
dements, die kleine Festung, welche viele schwache
Punkte hat, bis zum Tilsiter Frieden. Er war wäh-
rend der Belagerung Obrist, Chef des Jngenieurkorps
und Jnspekteur der Festungen geworden, und nach
geschlossenem Frieden verwandte ihn der König als
Staatsrath zu wichtigen geheimen Sendungen an meh-
rere europäische Höfe. Jm Jahre 1813 trat er wieder
als Generalmajor und Generalquatiermeister des
Blücherschen Korps in das Heer ein, und nachdem er
sich hier die bedeutendsten Verdienste erworben, war er
während des Waffenstillstandes mit der Ausbildung der
Landwehr beschäftigt, und nahm später an den mei-
sten Gefechten den ehrenvollsten Antheil. Nach dem
Pariser Frieden ernannte ihn der König zum Ge-
neral der Jnfanterie, erhob ihn in den Grafenstand,
und gestattete ihm, sich eine Domaine von 10,000
Thaler jährlicher Einkünfte auszuwählen. Jm Jahre
1815 übernahm er wieder den Oberbefehl des
Blücherschen Generalstabes. Er ordnete den Rück-
zug des preußischen Heeres nach der unglücklichen
Schlacht bei Liegniz so, daß die zum Kampfe wieder
organisirten Scharen, deren Erscheinung auf dem
Kampfplatze Napoleon unmöglich dünkte, die
Schlacht bei Waterloo entschieden und durch die
rasch angeordnete Verfolgung des französischen Hee-
res diesen Sieg zu einem der glänzendsten in der
neuern Geschichte machten. Der König ertheilte ihm
dieselbe Dekoration des schwarzen Adlerordens, wel-
che in Napoleons erbeutetem Wagen gefunden
worden war. Gneisenau wurde jetzt zum kom-
mandirenden General des rheinischen Armeekorps
ernannt, und nahm sodann als Minister an dem
Friedensschlusse zu Paris Theil. Auch begleitete
er Blücher nach England. Jm Frühjahre 1816
fühlte er sich theils wegen seiner Gesundheit, theils
wegen politischer Gründe bewogen, seinen Abschied zu
fodern, den ihm der König jedoch blos unter der Bedin-
gung gewährte, ihn bei Ausbruch eines Krieges wieder
anzustellen. Gneisenau begab sich in die böhmi-
schen Bäder, und nachher auf seine Güter, bis er
1818 nach Kalkreuths Tode zum Gouverneur
[Ende Spaltensatz]

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Zitationshilfe: Das wohlfeilste Panorama des Universums. Nr. 41. Prag, 1834, S. 325. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_panorama41_1834/5>, abgerufen am 01.06.2024.