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Das wohlfeilste Panorama des Universums. Nr. 41. Prag, 1834.

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Panorama des Universums.
[Beginn Spaltensatz] durch einen Mandarin gestiftet wordon sey, welcher
seine Tochter verloren, und sie längs der Ufer eines
Flußes mit Fackeln und Laternen zu suchen begann,
welche eine Menge von Bewohnern des Landes tru-
gen, deren Zuneigung er sich erworben hatte. Aber
die Gelehrten behaupten, der Kaiser Ky e, dem die
Abtheilung der Tage und Nächte mißfallen, welche
einen Theil des Lebens für das Vergnügen un-
brauchbar macht, habe einen Pallast ohne Fenster
bauen lassen, welcher fortwährend durch Fackeln und
Laternen erleuchtet wurde. Das Laternenfest wird
am 15ten Tage des Neumondes begangen. Dann
ist ganz China, Land und Städte festlich beleuchtet.
Die Ufer des Meeres und der Flüsse sind mit La-
ternen aller Farben, und mit allen Gattungen von
Figuren bemalt, ausgeschmückt. Ueberall gibt man
dem Volke Schauspiele, Feuerwerke und alle Arten
von Vergnügungen. Jedes Familien = Oberhaupt
schreibt in großen Buchstaben auf ein Blatt rothes
Papier, oder auf eine lakirte Tafel die folgenden
Worte: Tyen = ti san = hyay van = lin chin = tsay ( dem
wahren Beherrscher des Himmels, der Erde, der
3 Grenzen und der 10,000 Geister ) . Diese Jnschrift
wird auch auf einer Tafel angebracht, vor welcher
man Getreide, Brod, Fleisch und andere ähnliche
Opfergaben ausstellt. Hierauf wirft man sich zur
Erde, und bietet der Gottheit kleine wohlriechende
Stäbe dar.     L.



Neueste Miszellen aus der Natur=, Länder -
und Menschenkunde.

Jn China wissen die Hebammen eben so gut
auf ihren Vortheil bedacht zu seyn, wie anderwärts.
Sobald nämlich eine Hebamme zu einer Gebähren-
den gerufen wird, unterläßt sie nie die Eltern zu
bitten, ihr ein Stückchen Geld in die Hand zu legen,
ohne welches es ihr, wie sie versichert, unmöglich
seyn würde, ihre Verrichtung gehörig zu erfüllen.
Da man nun in Asien so gut wie in Europa weiß,
daß nichts wirksamer ist als Silber, so drückt man
ihr eine schöne Rupie in die Hand, die dann auch
wirklich ihre Wirkung nicht verfehlt. Goldene Mün-
zen wirken natürlich noch kräftiger.



Alle Europäer sind große Liebhaber vom Spa-
zierengehen, im Gegensatze zu den Morgenländern,
und besonders den Türken, die lieber liegen als sitzen,
und lieber sitzen als gehen; die Spanier aber vor
Allen lieben das Spazierengehen, und am liebsten in
Gesellschaft. Jn den spanischen Städten pflegen sich
die Männer zwischen 10 und 11 Uhr Vormittags
auf einem öffentlichen Platze oder Spaziergange zu
versammeln, und sich über die Ereignisse des Tages
zu besprechen. Sie finden so großes Vergnügen an
diesen Zusammenkünften, daß sie dieselben allen andern
vorziehen, und -- welche verschiedene Vergnügungs-
arten sie auch auf diesen kennen gelernt haben, --
ein Spaziergang mit Freunden und Bekannten in
der Heimath, hat größern Reiz für sie, als alle
Schauspiele u. dgl. zeitvertreibende Vergnügungen.



Auf der Jnsel Jsland wird jedem Mädchen
die Verheirathung verweigert, wenn sie nicht lesen
kann. Dieses Verbot, obgleich ein außerordentliches,
ist jedoch wohl geeignet, die Bildung der kommenden
Geschlechter zu befördern. Um dieses Zweckes willen
[Spaltenumbruch] hat auch ein jedes Kirchspiel eine kleine Sammlung
von Büchern, welche zum Lesen ausgeliehen werden.
Ueberall wird nebst dem mündlichen Unterricht, das
Lesen nützlicher Bücher, als das zweckmäßigste Mittel
sich ersprießliche Kenntnisse zu sammeln, in Betracht
gezogen, und Menschen, die gerne lesen, unterrichten
sich auch gerne.



Auf der holländischen Jnsel Java in Ostindien
sind die Bewohner meist arm, tragen aber ihre Ar-
muth mit der größten Gleichgültigkeit. Dies ist
überhaupt ein Grundzug ihres Charakters. Jm
Kriege bitten sie nie um Pardon, und werden sie
gefangen, so halten sie auch gleich den Hals hin,
um sich den Kopf abschneiden zu lassen. Sie halten
dafür, der, Arme habe keine Ursache, sich des Lebens
zu freuen; ein Jrrthum ihrer götzendienstlichen Re-
ligion, die ihnen den wahren Werth des Lebens
nicht kennen lernet. Armuth schließt nicht Zufrie-
denheit aus, wenn sie nicht durch Faulheit und Un-
thätigkeit sich selbst erzeugt, und auch der reichste
Müssiggänger fühlt sich unzufrieden, weil ihm die
Würze des Lebens, die Lust zur Arbeit, fehlt.

    J. J. P.



Der Wallfischfang.

Der Wallfisch, wenn gleich im Wasser lebend,
gehört jedoch eigentlich unter die Säugethiere, und
ist das größte unter allen jetzt auf der Erde leben-
den Thieren. Ehemals, wo ihm noch nicht so sehr
nachgestellt, und er also älter wurde, fand man ihn
200 Fuß lang, jetzt aber selten länger als 70--80,
und den grönländischen nicht länger als 60 Fuß.
Die Höhle seines Rachens ist so groß und weit,
daß sie ein Boot mit 8 Mann fassen kann. Seine
Stärke ist unglaublich; er vermag mit einem Schlage
seines Schwanzes den Narwal todtzuschlagen. Das
Gewicht eines Wallfisches von 60 Fuß beträgt we-
nigstens 100 Tonnen oder 224,000 Pfund. Das
Weibchen gebiert ein lebendiges Junges, säugt es
groß und vertheidigt es mit der größten Wuth. Das
Gehirn, welches beim Menschen wenigstens ein Vier-
zigtheil seines Gesammtgewichtes ausmacht, beträgt
beim Wallfisch nur ein Dreitausendtheilchen dessel-
ben. Darum vielleicht zeigt sich dieses Geschlecht so
stumpfsinnig. Ueber die Lebensweise der Wallfische
weiß man wenig, da man sie nicht in der Nähe
beobachten kann. Buffon meint, sie könnten wohl
1000 Jahre alt werden. So groß und mächtig der
Wallfisch ist, hat er doch viele Feinde; der gefähr-
lichste derselben ist der Mensch, und schon gegen das
Ende des 9ten Jahrhunderts beschäftigten sich die
Norweger mit dem Wallfischfange. Nachher trieben
die Biscayer dieses Gewerbe lange Zeit ausschlie-
ßend. Noch im Jahre 1575 mußten die Engländer,
welche einen Versuch mit dem Wallfischfange machen
wollten, die Leute dazu von Biscaya nehmen. Als
nachher die Mode aufkam, Schnürbrüste zu tragen,
wurden fast alle Seehandel treibende Nationen zu
diesem Fange aufgemuntert. Als die Holländer im
Jahre 1596 Spitzbergen entdeckten, fanden sie da-
selbst Wallfische, die da noch nie waren beunruhigt
worden, in den Buchten am Ufer. Dasselbe fanden
die Engländer 2 Jahre nachher. Sie und hernach
die Holländer, sodann die Dänen, die Hamburger,
Franzosen und Biscayer schifften nun hieher, und
errichteten an den Küsten feste Thransiedereien, die
[Ende Spaltensatz]

Panorama des Universums.
[Beginn Spaltensatz] durch einen Mandarin gestiftet wordon sey, welcher
seine Tochter verloren, und sie längs der Ufer eines
Flußes mit Fackeln und Laternen zu suchen begann,
welche eine Menge von Bewohnern des Landes tru-
gen, deren Zuneigung er sich erworben hatte. Aber
die Gelehrten behaupten, der Kaiser Ky è, dem die
Abtheilung der Tage und Nächte mißfallen, welche
einen Theil des Lebens für das Vergnügen un-
brauchbar macht, habe einen Pallast ohne Fenster
bauen lassen, welcher fortwährend durch Fackeln und
Laternen erleuchtet wurde. Das Laternenfest wird
am 15ten Tage des Neumondes begangen. Dann
ist ganz China, Land und Städte festlich beleuchtet.
Die Ufer des Meeres und der Flüsse sind mit La-
ternen aller Farben, und mit allen Gattungen von
Figuren bemalt, ausgeschmückt. Ueberall gibt man
dem Volke Schauspiele, Feuerwerke und alle Arten
von Vergnügungen. Jedes Familien = Oberhaupt
schreibt in großen Buchstaben auf ein Blatt rothes
Papier, oder auf eine lakirte Tafel die folgenden
Worte: Tyen = ti san = hyay van = lin chin = tsay ( dem
wahren Beherrscher des Himmels, der Erde, der
3 Grenzen und der 10,000 Geister ) . Diese Jnschrift
wird auch auf einer Tafel angebracht, vor welcher
man Getreide, Brod, Fleisch und andere ähnliche
Opfergaben ausstellt. Hierauf wirft man sich zur
Erde, und bietet der Gottheit kleine wohlriechende
Stäbe dar.     L.



Neueste Miszellen aus der Natur=, Länder -
und Menschenkunde.

Jn China wissen die Hebammen eben so gut
auf ihren Vortheil bedacht zu seyn, wie anderwärts.
Sobald nämlich eine Hebamme zu einer Gebähren-
den gerufen wird, unterläßt sie nie die Eltern zu
bitten, ihr ein Stückchen Geld in die Hand zu legen,
ohne welches es ihr, wie sie versichert, unmöglich
seyn würde, ihre Verrichtung gehörig zu erfüllen.
Da man nun in Asien so gut wie in Europa weiß,
daß nichts wirksamer ist als Silber, so drückt man
ihr eine schöne Rupie in die Hand, die dann auch
wirklich ihre Wirkung nicht verfehlt. Goldene Mün-
zen wirken natürlich noch kräftiger.



Alle Europäer sind große Liebhaber vom Spa-
zierengehen, im Gegensatze zu den Morgenländern,
und besonders den Türken, die lieber liegen als sitzen,
und lieber sitzen als gehen; die Spanier aber vor
Allen lieben das Spazierengehen, und am liebsten in
Gesellschaft. Jn den spanischen Städten pflegen sich
die Männer zwischen 10 und 11 Uhr Vormittags
auf einem öffentlichen Platze oder Spaziergange zu
versammeln, und sich über die Ereignisse des Tages
zu besprechen. Sie finden so großes Vergnügen an
diesen Zusammenkünften, daß sie dieselben allen andern
vorziehen, und — welche verschiedene Vergnügungs-
arten sie auch auf diesen kennen gelernt haben, —
ein Spaziergang mit Freunden und Bekannten in
der Heimath, hat größern Reiz für sie, als alle
Schauspiele u. dgl. zeitvertreibende Vergnügungen.



Auf der Jnsel Jsland wird jedem Mädchen
die Verheirathung verweigert, wenn sie nicht lesen
kann. Dieses Verbot, obgleich ein außerordentliches,
ist jedoch wohl geeignet, die Bildung der kommenden
Geschlechter zu befördern. Um dieses Zweckes willen
[Spaltenumbruch] hat auch ein jedes Kirchspiel eine kleine Sammlung
von Büchern, welche zum Lesen ausgeliehen werden.
Ueberall wird nebst dem mündlichen Unterricht, das
Lesen nützlicher Bücher, als das zweckmäßigste Mittel
sich ersprießliche Kenntnisse zu sammeln, in Betracht
gezogen, und Menschen, die gerne lesen, unterrichten
sich auch gerne.



Auf der holländischen Jnsel Java in Ostindien
sind die Bewohner meist arm, tragen aber ihre Ar-
muth mit der größten Gleichgültigkeit. Dies ist
überhaupt ein Grundzug ihres Charakters. Jm
Kriege bitten sie nie um Pardon, und werden sie
gefangen, so halten sie auch gleich den Hals hin,
um sich den Kopf abschneiden zu lassen. Sie halten
dafür, der, Arme habe keine Ursache, sich des Lebens
zu freuen; ein Jrrthum ihrer götzendienstlichen Re-
ligion, die ihnen den wahren Werth des Lebens
nicht kennen lernet. Armuth schließt nicht Zufrie-
denheit aus, wenn sie nicht durch Faulheit und Un-
thätigkeit sich selbst erzeugt, und auch der reichste
Müssiggänger fühlt sich unzufrieden, weil ihm die
Würze des Lebens, die Lust zur Arbeit, fehlt.

    J. J. P.



Der Wallfischfang.

Der Wallfisch, wenn gleich im Wasser lebend,
gehört jedoch eigentlich unter die Säugethiere, und
ist das größte unter allen jetzt auf der Erde leben-
den Thieren. Ehemals, wo ihm noch nicht so sehr
nachgestellt, und er also älter wurde, fand man ihn
200 Fuß lang, jetzt aber selten länger als 70—80,
und den grönländischen nicht länger als 60 Fuß.
Die Höhle seines Rachens ist so groß und weit,
daß sie ein Boot mit 8 Mann fassen kann. Seine
Stärke ist unglaublich; er vermag mit einem Schlage
seines Schwanzes den Narwal todtzuschlagen. Das
Gewicht eines Wallfisches von 60 Fuß beträgt we-
nigstens 100 Tonnen oder 224,000 Pfund. Das
Weibchen gebiert ein lebendiges Junges, säugt es
groß und vertheidigt es mit der größten Wuth. Das
Gehirn, welches beim Menschen wenigstens ein Vier-
zigtheil seines Gesammtgewichtes ausmacht, beträgt
beim Wallfisch nur ein Dreitausendtheilchen dessel-
ben. Darum vielleicht zeigt sich dieses Geschlecht so
stumpfsinnig. Ueber die Lebensweise der Wallfische
weiß man wenig, da man sie nicht in der Nähe
beobachten kann. Buffon meint, sie könnten wohl
1000 Jahre alt werden. So groß und mächtig der
Wallfisch ist, hat er doch viele Feinde; der gefähr-
lichste derselben ist der Mensch, und schon gegen das
Ende des 9ten Jahrhunderts beschäftigten sich die
Norweger mit dem Wallfischfange. Nachher trieben
die Biscayer dieses Gewerbe lange Zeit ausschlie-
ßend. Noch im Jahre 1575 mußten die Engländer,
welche einen Versuch mit dem Wallfischfange machen
wollten, die Leute dazu von Biscaya nehmen. Als
nachher die Mode aufkam, Schnürbrüste zu tragen,
wurden fast alle Seehandel treibende Nationen zu
diesem Fange aufgemuntert. Als die Holländer im
Jahre 1596 Spitzbergen entdeckten, fanden sie da-
selbst Wallfische, die da noch nie waren beunruhigt
worden, in den Buchten am Ufer. Dasselbe fanden
die Engländer 2 Jahre nachher. Sie und hernach
die Holländer, sodann die Dänen, die Hamburger,
Franzosen und Biscayer schifften nun hieher, und
errichteten an den Küsten feste Thransiedereien, die
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Jedes Familien = Oberhaupt schreibt in großen Buchstaben auf ein Blatt rothes Papier, oder auf eine lakirte Tafel die folgenden Worte: Tyen = ti san = hyay van = lin chin = tsay ( dem wahren Beherrscher des Himmels, der Erde, der 3 Grenzen und der 10,000 Geister ) . Diese Jnschrift wird auch auf einer Tafel angebracht, vor welcher man Getreide, Brod, Fleisch und andere ähnliche Opfergaben ausstellt. Hierauf wirft man sich zur Erde, und bietet der Gottheit kleine wohlriechende Stäbe dar. L. Neueste Miszellen aus der Natur=, Länder - und Menschenkunde. Jn China wissen die Hebammen eben so gut auf ihren Vortheil bedacht zu seyn, wie anderwärts. Sobald nämlich eine Hebamme zu einer Gebähren- den gerufen wird, unterläßt sie nie die Eltern zu bitten, ihr ein Stückchen Geld in die Hand zu legen, ohne welches es ihr, wie sie versichert, unmöglich seyn würde, ihre Verrichtung gehörig zu erfüllen. Da man nun in Asien so gut wie in Europa weiß, daß nichts wirksamer ist als Silber, so drückt man ihr eine schöne Rupie in die Hand, die dann auch wirklich ihre Wirkung nicht verfehlt. Goldene Mün- zen wirken natürlich noch kräftiger. Alle Europäer sind große Liebhaber vom Spa- zierengehen, im Gegensatze zu den Morgenländern, und besonders den Türken, die lieber liegen als sitzen, und lieber sitzen als gehen; die Spanier aber vor Allen lieben das Spazierengehen, und am liebsten in Gesellschaft. Jn den spanischen Städten pflegen sich die Männer zwischen 10 und 11 Uhr Vormittags auf einem öffentlichen Platze oder Spaziergange zu versammeln, und sich über die Ereignisse des Tages zu besprechen. 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Ehemals, wo ihm noch nicht so sehr nachgestellt, und er also älter wurde, fand man ihn 200 Fuß lang, jetzt aber selten länger als 70—80, und den grönländischen nicht länger als 60 Fuß. Die Höhle seines Rachens ist so groß und weit, daß sie ein Boot mit 8 Mann fassen kann. Seine Stärke ist unglaublich; er vermag mit einem Schlage seines Schwanzes den Narwal todtzuschlagen. Das Gewicht eines Wallfisches von 60 Fuß beträgt we- nigstens 100 Tonnen oder 224,000 Pfund. Das Weibchen gebiert ein lebendiges Junges, säugt es groß und vertheidigt es mit der größten Wuth. Das Gehirn, welches beim Menschen wenigstens ein Vier- zigtheil seines Gesammtgewichtes ausmacht, beträgt beim Wallfisch nur ein Dreitausendtheilchen dessel- ben. Darum vielleicht zeigt sich dieses Geschlecht so stumpfsinnig. Ueber die Lebensweise der Wallfische weiß man wenig, da man sie nicht in der Nähe beobachten kann. Buffon meint, sie könnten wohl 1000 Jahre alt werden. So groß und mächtig der Wallfisch ist, hat er doch viele Feinde; der gefähr- lichste derselben ist der Mensch, und schon gegen das Ende des 9ten Jahrhunderts beschäftigten sich die Norweger mit dem Wallfischfange. Nachher trieben die Biscayer dieses Gewerbe lange Zeit ausschlie- ßend. Noch im Jahre 1575 mußten die Engländer, welche einen Versuch mit dem Wallfischfange machen wollten, die Leute dazu von Biscaya nehmen. Als nachher die Mode aufkam, Schnürbrüste zu tragen, wurden fast alle Seehandel treibende Nationen zu diesem Fange aufgemuntert. Als die Holländer im Jahre 1596 Spitzbergen entdeckten, fanden sie da- selbst Wallfische, die da noch nie waren beunruhigt worden, in den Buchten am Ufer. Dasselbe fanden die Engländer 2 Jahre nachher. Sie und hernach die Holländer, sodann die Dänen, die Hamburger, Franzosen und Biscayer schifften nun hieher, und errichteten an den Küsten feste Thransiedereien, die

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Zitationshilfe: Das wohlfeilste Panorama des Universums. Nr. 41. Prag, 1834, S. 327. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_panorama41_1834/7>, abgerufen am 14.06.2024.