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Das Pfennig=Magazin für Belehrung und Unterhaltung. Dritte Folge, Zweiter Jahrgang, Nr. 71. Leipzig (Sachsen), 4. Mai 1854.

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Staffa mit der Fingalshöhle.
[Abbildung]
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Längs der Westküste Schottlands ziehen sich mehre
Jnselgruppen hin, welche den gemeinschaftlichen Namen
Hebriden führen. Die merkwürdigste von allen ist das
kleine, felsige Staffa, nicht länger als eine englische
Meile und nur eine Viertelmeile breit. Die Jnsel ist
kahl und unbewohnt, denn sie besteht ganz aus Ba-
salt, der besonders an der Südseite prächtige Säulen-
reihen und die berühmteste aller Höhlen, die Fingals-
höhle, bildet. Entdeckt und zuerst beschrieben hat letz-
tere der Ritter Banks, ein berühmter englischer Na-
turforscher, der im Jahre 1772 auf einer Reise nach
Schottland auch Staffa besuchte. Seitdem strömen
jährlich Tausende nach jenem Eilande und staunen dies
Wunderwerk der Natur an, das an Größe und Er-
habenheit Alles, was Menschenhände je schufen, weit
hinter sich zurückläßt. Man denke sich eine Felsen-
halle, von den schöpferischen Händen der Natur aus
einer unzählbaren Menge regelmäßiger, sechseckiger Ba-
saltsäulen in einer Höhe von 70--120 Fuß, einer
Breite von 53 und einer Tiefe von nahezu 300 Fuß
erbaut, so hat man einen, wenn auch nur schwachen
und oberflächlichen Begriff von der gigantischen Grotte.
Jhr Jnneres wird durch das von außen einfallende
Tageslicht vollkommen erhellt, was nicht wenig zur
Enthüllung aller ihrer Schönheiten beiträgt. Zudem
weiß man bei der Fingalshöhle auch nichts von bösen
Dünsten, die bei so vielen andern Höhlen den Besu-
chenden belästigen, vielmehr steht die Luft innerhalb
der Grotte in beständiger Verbindung mit der äußern
[Spaltenumbruch] Atmosphäre und wird auch durch die Ebbe und Flut
fortwährend in Bewegung erhalten. Denn man muß
wissen, daß die Meereswellen den Boden der Höhle
vollständig bedecken und schäumend und tosend an den
Wänden derselben sich brechen. Dadurch entsteht ein
wunderbares, bald liebliches, bald brausendes Getön,
und diesem Umstande verdankt die Höhle ihren ur-
sprünglichen Namen: An ua vine, d. h. die melodische
Höhle. Nur in äußerst seltenen Fällen ist das Meer
so ruhig, daß man mit einem Boote die Höhle befah-
ren kann. Zur rechten Seite befindet sich ein Fuß-
pfad, ungefähr 15 Fuß hoch über dem Wasser, gebil-
det durch abgebrochene Basaltpfeiler, über die man mit
vieler Vorsicht und Geschicklichkeit hinwegklettern muß.
Oft ist gerade nur soviel Raum vorhanden, um
einen Fuß darauf zu setzen, und da dieser Fußsteig ge-
rade im dunkelsten Theile der Höhle am gefährlichsten
wird und man häufig mit dem halben Leibe über dem
Wasser hängt, so gibt es auch nur Wenige, die Lust
haben, ihr Leben demselben anzuvertrauen. Die hin-
terste Wand bildet eine Reihe Säulen von ungleicher
Größe, die dem Prospecte einer Orgel nicht unähnlich
sein soll. Was endlich den Namen Fingalshöhle an-
langt, so trägt die Grotte, der gewöhnlichen Sage
nach, denselben zu Ehren des edeln und tapfern Für-
sten von Morven, Fingal, der im 3. Jahrhundert
nach Christi Geburt lebte und dessen ruhmvolle Kriegs-
thaten durch seinen Sohn Ossian in herrlichen Gesän-
gen der Nachwelt überliefert sind.

[Ende Spaltensatz]


Staffa mit der Fingalshöhle.
[Abbildung]
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Längs der Westküste Schottlands ziehen sich mehre
Jnselgruppen hin, welche den gemeinschaftlichen Namen
Hebriden führen. Die merkwürdigste von allen ist das
kleine, felsige Staffa, nicht länger als eine englische
Meile und nur eine Viertelmeile breit. Die Jnsel ist
kahl und unbewohnt, denn sie besteht ganz aus Ba-
salt, der besonders an der Südseite prächtige Säulen-
reihen und die berühmteste aller Höhlen, die Fingals-
höhle, bildet. Entdeckt und zuerst beschrieben hat letz-
tere der Ritter Banks, ein berühmter englischer Na-
turforscher, der im Jahre 1772 auf einer Reise nach
Schottland auch Staffa besuchte. Seitdem strömen
jährlich Tausende nach jenem Eilande und staunen dies
Wunderwerk der Natur an, das an Größe und Er-
habenheit Alles, was Menschenhände je schufen, weit
hinter sich zurückläßt. Man denke sich eine Felsen-
halle, von den schöpferischen Händen der Natur aus
einer unzählbaren Menge regelmäßiger, sechseckiger Ba-
saltsäulen in einer Höhe von 70—120 Fuß, einer
Breite von 53 und einer Tiefe von nahezu 300 Fuß
erbaut, so hat man einen, wenn auch nur schwachen
und oberflächlichen Begriff von der gigantischen Grotte.
Jhr Jnneres wird durch das von außen einfallende
Tageslicht vollkommen erhellt, was nicht wenig zur
Enthüllung aller ihrer Schönheiten beiträgt. Zudem
weiß man bei der Fingalshöhle auch nichts von bösen
Dünsten, die bei so vielen andern Höhlen den Besu-
chenden belästigen, vielmehr steht die Luft innerhalb
der Grotte in beständiger Verbindung mit der äußern
[Spaltenumbruch] Atmosphäre und wird auch durch die Ebbe und Flut
fortwährend in Bewegung erhalten. Denn man muß
wissen, daß die Meereswellen den Boden der Höhle
vollständig bedecken und schäumend und tosend an den
Wänden derselben sich brechen. Dadurch entsteht ein
wunderbares, bald liebliches, bald brausendes Getön,
und diesem Umstande verdankt die Höhle ihren ur-
sprünglichen Namen: An ua vine, d. h. die melodische
Höhle. Nur in äußerst seltenen Fällen ist das Meer
so ruhig, daß man mit einem Boote die Höhle befah-
ren kann. Zur rechten Seite befindet sich ein Fuß-
pfad, ungefähr 15 Fuß hoch über dem Wasser, gebil-
det durch abgebrochene Basaltpfeiler, über die man mit
vieler Vorsicht und Geschicklichkeit hinwegklettern muß.
Oft ist gerade nur soviel Raum vorhanden, um
einen Fuß darauf zu setzen, und da dieser Fußsteig ge-
rade im dunkelsten Theile der Höhle am gefährlichsten
wird und man häufig mit dem halben Leibe über dem
Wasser hängt, so gibt es auch nur Wenige, die Lust
haben, ihr Leben demselben anzuvertrauen. Die hin-
terste Wand bildet eine Reihe Säulen von ungleicher
Größe, die dem Prospecte einer Orgel nicht unähnlich
sein soll. Was endlich den Namen Fingalshöhle an-
langt, so trägt die Grotte, der gewöhnlichen Sage
nach, denselben zu Ehren des edeln und tapfern Für-
sten von Morven, Fingal, der im 3. Jahrhundert
nach Christi Geburt lebte und dessen ruhmvolle Kriegs-
thaten durch seinen Sohn Ossian in herrlichen Gesän-
gen der Nachwelt überliefert sind.

[Ende Spaltensatz]

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Zitationshilfe: Das Pfennig=Magazin für Belehrung und Unterhaltung. Dritte Folge, Zweiter Jahrgang, Nr. 71. Leipzig (Sachsen), 4. Mai 1854, S. 148. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_pfennig071_1854/4>, abgerufen am 15.06.2024.