Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Das Pfennig=Magazin für Belehrung und Unterhaltung. Dritte Folge, Zweiter Jahrgang, Nr. 71. Leipzig (Sachsen), 4. Mai 1854.

Bild:
<< vorherige Seite
letzte Seite

Mannichfaltiges. [Beginn Spaltensatz]

Tien Tich wird meistens als Anführer der jetzt in China
rebellirenden Partei genannt. Ein Landsmann von uns, der
sich lange als Missionsprediger im indischen Archipel aufge-
halten und in gleicher Eigenschaft mehre Jahre in China
zugebracht hat, belehrt uns, dies sei nicht der Fall, sondern
Thien Ti Hoih sei der Name der aufständischen Gesellschaft
selbst. Der Name heiße übersetzt: Himmel, Erde, Meer;
der geheime Sinn desselben sei, die Erde solle durch den Ver-
ein zum Himmel werden; alles Schlechte solle auf Erden
ausgerottet, vor Allem jede Ungleichheit des Vermögens auf-
gehoben und Alles, was dem widerstrebe, wie Unkraut aus-
gejätet und vertilgt werden, damit die communistische Ver-
brüderung allein übrig bleibe, um bei voller Gleichheit und
Einheit als eine Familie der Erde Güter zu genießen. Das
Kennzeichen der Partei ist ein großes fünfeckiges Siegel mit
ineinandergeworfenen Charakteren, die man ohne einen be-
sondern Schlüssel nicht verstehen kann. Jn den darauf ge-
stochenen Charakteren sind zwei Oden, die Grundsätze der
Gesellschaft, die höchsten Chargen derselben u. s. w. verzeich-
net, aber so verschränkt, daß der Profane nichts heraus-
lesen kann. Merkwürdig bleibt es immer, daß die neue
chinesische Gesellschaft vor etwa einem Decennium entstand,
um dieselbe Zeit, wo auch in Europa die communistischen,
deutschkatholischen und freikirchlichen Bewegungen begannen.



Der Petersberg bei Halle heißt in den ältesten schrift-
lichen Aufzeichnungen der Lauter= oder Luterberg, im Latei-
nischen Mons serenus, weil sein Gipfel gewöhnlich wolken-
frei erscheint und dann heiteres Wetter verkündet. Aber
nicht blos als Wetterprophet, auch als Wolkenscheide bezeich-
net ihn der Volksglaube; wirklich ziehen nur äußerst selten
Gewitterwolken über den Berg hin, sondern gewöhnlich thei-
len sie sich rechts oder links vor demselben. Nur im Spät-
herbst hüllt er sich zuweilen tage= und wochenlang in dichten
Nebel. Die Frühlingsnebel sind weder so dicht noch so an-
haltend. Jn einzelne, kleinere Wolken getheilt. jagen sich
dieselben vielmehr um die Kuppe des Berges herum und
verursachen durch ihr Gehen und Wiederkommen bald Hellung
bald Finsterniß auf der Höhe. Von der Ferne aus gesehen,
scheint es alsdann, als ob der Berg rauche und dann heißt
es gewöhnlich: der Herr Pastor auf dem Petersberge ( der
Hohepriester ) rauche Taback, es wird anderes Wetter.



Ursprung des Namens: Capelle, Capellan. Zu
den heiligsten Reliquien, welche die Könige der Franken be-
saßen, gehörte die Cappa ( der rauhe Obermantel ) des bei
ihnen so hochverehrten heiligen Martinus von Tours. Da
er nur klein war, ward er im Diminutiv auch Capelle ge-
nannt und die eigens zur Aufbewahrung dieser Reliquien
bestellten Geistlichen hießen Capellane. Der König und sein
Hof waren von der gewöhnlichen bischöflichen und Pfarr-
gewalt eximirt. So ward es auch die königliche Capella, die
[Spaltenumbruch] den König stets im Krieg wie im Frieden begleitete und die
Geistlichkeit derselben erlangte einen bedeutenden Einfluß im
Reiche.



Kuhfänger. Eisenbahnen -- so erzählt der Graf von
Görtz in seiner Reise um die Welt -- seien in Nordamerika
oft der einzige Weg durch eine Wildniß und daher werden
sie, trotz aller Gefahren, häufig als Fußpfad benutzt. " Die-
selbe Vorliebe" -- sagt er -- "scheint auch dem Viehe eigen
zu sein und die Locomotiven pflegen mit einer Vorrichtung,
Cow-catcher ( Kuhfänger ) genannt, versehen zu sein, be-
stehend aus einer vor den Vorderrädern befestigten Abdachung
aus starken Bohlen, die bis fast zu den Schienen hinab-
reichen und das Thier säuberlich ( ? ) aufschaufeln und bei
Seite werfen." Ob das Thier dann auch wieder aufsteht?



Eine Corsofahrt bei Helgoland. Barken und Boote
-- so beschreibt uns ein Helgolander Badegast die durch das
Badecomite daselbst arrangirte Nachtfahrt -- waren mit
glänzenden Papierlaternen umsteckt; mit Eintritt der Nacht
ging die Fahrt vom Strande weg zu der vom Winde freien
Ostseite der Jnsel; Musik voran; mit Blumensträußen und
Confect in Düten zu gegenseitiger Begrüßung und Bewer-
fung bewaffnet, in Booten groß und klein zieht die heitere
Gesellschaft dahin auf dem glatten Spiegel; in langen Feuer-
streifen spiegeln sich die hellen Lichter von den Booten im
dunkeln Wasser, schweben hin und her, wie von Geisterhand
gezogen und erfüllen das ruhig rauschende Meer in langge-
streckter Linie mit Schein und Widerschein, mit fröhlichem
Sang und Klang. Das Meer selbst spendet sein nächtlich
Schönstes zum Feste; den Booten und Rudern entströmen
bei jeder Berührung mit dem Wasser leuchtende Feuerstreife
aus seiner lebendigen Tiefe. Die Sterne des dunkelblauen
Firmaments, die Lichter der fröhlichen Menschen, das Leuch-
ten des Meers und am Ziele der Fahrt die bengalischen
weiß=grün=rothen Flammenscheine des auf der Rhede
liegenden Dampfschiffs stimmen in den Spruch zusammen,
der die Farben der Helgoländer Flagge also zusammenfaßt:

Grön is dat Land
Rohd is de Kand
Witt is de Sand --
Dat is dat Wapen von Helgoland.


Vorstellungen von Wilden. Die Kaffern begreifen
nicht, wie man herausbrausendes, schäumendes Bier habe
in die Flaschen bringen können. Sie halten ausgezogene
Handschuhe für doppelte Hände. Ein Tahitier meinte von
einer Taschenuhr, sie spreche und nannte sie, als er ihren
Gebrauch kennenlernte, kleine Sonne. Ein Eskimo hielt
eine Spieldose für das Junge einer Drehorgel.

[Ende Spaltensatz]

Ankündigungen.
[Beginn Spaltensatz]

[Abbildung]
[Spaltenumbruch]

Diese rühmlichst bekannten Pates Pectorales,
ein bewährtes Linderungsmittel bei Brustleiden aller
Art, Husten, Schnupfen, Katarrh , werden verkauft
in Leipzig bei

    L. Tilebein,
    Conditor in der Centralhalle.

[Ende Spaltensatz]

Verantwortlicher Redacteur: M. J. E. Bolbeding. -- Druck und Verlag von F. A. Brockhaus in Leipzig.


Mannichfaltiges. [Beginn Spaltensatz]

Tien Tich wird meistens als Anführer der jetzt in China
rebellirenden Partei genannt. Ein Landsmann von uns, der
sich lange als Missionsprediger im indischen Archipel aufge-
halten und in gleicher Eigenschaft mehre Jahre in China
zugebracht hat, belehrt uns, dies sei nicht der Fall, sondern
Thien Ti Hoih sei der Name der aufständischen Gesellschaft
selbst. Der Name heiße übersetzt: Himmel, Erde, Meer;
der geheime Sinn desselben sei, die Erde solle durch den Ver-
ein zum Himmel werden; alles Schlechte solle auf Erden
ausgerottet, vor Allem jede Ungleichheit des Vermögens auf-
gehoben und Alles, was dem widerstrebe, wie Unkraut aus-
gejätet und vertilgt werden, damit die communistische Ver-
brüderung allein übrig bleibe, um bei voller Gleichheit und
Einheit als eine Familie der Erde Güter zu genießen. Das
Kennzeichen der Partei ist ein großes fünfeckiges Siegel mit
ineinandergeworfenen Charakteren, die man ohne einen be-
sondern Schlüssel nicht verstehen kann. Jn den darauf ge-
stochenen Charakteren sind zwei Oden, die Grundsätze der
Gesellschaft, die höchsten Chargen derselben u. s. w. verzeich-
net, aber so verschränkt, daß der Profane nichts heraus-
lesen kann. Merkwürdig bleibt es immer, daß die neue
chinesische Gesellschaft vor etwa einem Decennium entstand,
um dieselbe Zeit, wo auch in Europa die communistischen,
deutschkatholischen und freikirchlichen Bewegungen begannen.



Der Petersberg bei Halle heißt in den ältesten schrift-
lichen Aufzeichnungen der Lauter= oder Luterberg, im Latei-
nischen Mons serenus, weil sein Gipfel gewöhnlich wolken-
frei erscheint und dann heiteres Wetter verkündet. Aber
nicht blos als Wetterprophet, auch als Wolkenscheide bezeich-
net ihn der Volksglaube; wirklich ziehen nur äußerst selten
Gewitterwolken über den Berg hin, sondern gewöhnlich thei-
len sie sich rechts oder links vor demselben. Nur im Spät-
herbst hüllt er sich zuweilen tage= und wochenlang in dichten
Nebel. Die Frühlingsnebel sind weder so dicht noch so an-
haltend. Jn einzelne, kleinere Wolken getheilt. jagen sich
dieselben vielmehr um die Kuppe des Berges herum und
verursachen durch ihr Gehen und Wiederkommen bald Hellung
bald Finsterniß auf der Höhe. Von der Ferne aus gesehen,
scheint es alsdann, als ob der Berg rauche und dann heißt
es gewöhnlich: der Herr Pastor auf dem Petersberge ( der
Hohepriester ) rauche Taback, es wird anderes Wetter.



Ursprung des Namens: Capelle, Capellan. Zu
den heiligsten Reliquien, welche die Könige der Franken be-
saßen, gehörte die Cappa ( der rauhe Obermantel ) des bei
ihnen so hochverehrten heiligen Martinus von Tours. Da
er nur klein war, ward er im Diminutiv auch Capelle ge-
nannt und die eigens zur Aufbewahrung dieser Reliquien
bestellten Geistlichen hießen Capellane. Der König und sein
Hof waren von der gewöhnlichen bischöflichen und Pfarr-
gewalt eximirt. So ward es auch die königliche Capella, die
[Spaltenumbruch] den König stets im Krieg wie im Frieden begleitete und die
Geistlichkeit derselben erlangte einen bedeutenden Einfluß im
Reiche.



Kuhfänger. Eisenbahnen — so erzählt der Graf von
Görtz in seiner Reise um die Welt — seien in Nordamerika
oft der einzige Weg durch eine Wildniß und daher werden
sie, trotz aller Gefahren, häufig als Fußpfad benutzt. „ Die-
selbe Vorliebe“ — sagt er — „scheint auch dem Viehe eigen
zu sein und die Locomotiven pflegen mit einer Vorrichtung,
Cow-catcher ( Kuhfänger ) genannt, versehen zu sein, be-
stehend aus einer vor den Vorderrädern befestigten Abdachung
aus starken Bohlen, die bis fast zu den Schienen hinab-
reichen und das Thier säuberlich ( ? ) aufschaufeln und bei
Seite werfen.“ Ob das Thier dann auch wieder aufsteht?



Eine Corsofahrt bei Helgoland. Barken und Boote
— so beschreibt uns ein Helgolander Badegast die durch das
Badecomité daselbst arrangirte Nachtfahrt — waren mit
glänzenden Papierlaternen umsteckt; mit Eintritt der Nacht
ging die Fahrt vom Strande weg zu der vom Winde freien
Ostseite der Jnsel; Musik voran; mit Blumensträußen und
Confect in Düten zu gegenseitiger Begrüßung und Bewer-
fung bewaffnet, in Booten groß und klein zieht die heitere
Gesellschaft dahin auf dem glatten Spiegel; in langen Feuer-
streifen spiegeln sich die hellen Lichter von den Booten im
dunkeln Wasser, schweben hin und her, wie von Geisterhand
gezogen und erfüllen das ruhig rauschende Meer in langge-
streckter Linie mit Schein und Widerschein, mit fröhlichem
Sang und Klang. Das Meer selbst spendet sein nächtlich
Schönstes zum Feste; den Booten und Rudern entströmen
bei jeder Berührung mit dem Wasser leuchtende Feuerstreife
aus seiner lebendigen Tiefe. Die Sterne des dunkelblauen
Firmaments, die Lichter der fröhlichen Menschen, das Leuch-
ten des Meers und am Ziele der Fahrt die bengalischen
weiß=grün=rothen Flammenscheine des auf der Rhede
liegenden Dampfschiffs stimmen in den Spruch zusammen,
der die Farben der Helgoländer Flagge also zusammenfaßt:

Grön is dat Land
Rohd is de Kand
Witt is de Sand —
Dat is dat Wapen von Helgoland.


Vorstellungen von Wilden. Die Kaffern begreifen
nicht, wie man herausbrausendes, schäumendes Bier habe
in die Flaschen bringen können. Sie halten ausgezogene
Handschuhe für doppelte Hände. Ein Tahitier meinte von
einer Taschenuhr, sie spreche und nannte sie, als er ihren
Gebrauch kennenlernte, kleine Sonne. Ein Eskimo hielt
eine Spieldose für das Junge einer Drehorgel.

[Ende Spaltensatz]

Ankündigungen.
[Beginn Spaltensatz]

[Abbildung]
[Spaltenumbruch]

Diese rühmlichst bekannten Pates Pectorales,
ein bewährtes Linderungsmittel bei Brustleiden aller
Art, Husten, Schnupfen, Katarrh , werden verkauft
in Leipzig bei

    L. Tilebein,
    Conditor in der Centralhalle.

[Ende Spaltensatz]

Verantwortlicher Redacteur: M. J. E. Bolbeding. — Druck und Verlag von F. A. Brockhaus in Leipzig.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <pb facs="#f0008" n="152"/>
      <fw type="pageNum" place="top">152</fw><lb/>
      <div type="jVarious" n="1">
        <head> <hi rendition="#fr"><hi rendition="#g">Mannichfaltiges</hi>.</hi> </head>
        <cb type="start"/>
        <div type="jArticle" n="2">
          <p><hi rendition="#aq">Tien Tich</hi> wird meistens als Anführer der jetzt in China<lb/>
rebellirenden Partei genannt. Ein Landsmann von uns, der<lb/>
sich lange als Missionsprediger im indischen Archipel aufge-<lb/>
halten und in gleicher Eigenschaft mehre Jahre in China<lb/>
zugebracht hat, belehrt uns, dies sei nicht der Fall, sondern<lb/>
Thien Ti Hoih sei der Name der aufständischen Gesellschaft<lb/>
selbst. Der Name heiße übersetzt: Himmel, Erde, Meer;<lb/>
der geheime Sinn desselben sei, die Erde solle durch den Ver-<lb/>
ein zum Himmel werden; alles Schlechte solle auf Erden<lb/>
ausgerottet, vor Allem jede Ungleichheit des Vermögens auf-<lb/>
gehoben und Alles, was dem widerstrebe, wie Unkraut aus-<lb/>
gejätet und vertilgt werden, damit die communistische Ver-<lb/>
brüderung allein übrig bleibe, um bei voller Gleichheit und<lb/>
Einheit als <hi rendition="#g">eine</hi> Familie der Erde Güter zu genießen. Das<lb/>
Kennzeichen der Partei ist ein großes fünfeckiges Siegel mit<lb/>
ineinandergeworfenen Charakteren, die man ohne einen be-<lb/>
sondern Schlüssel nicht verstehen kann. Jn den darauf ge-<lb/>
stochenen Charakteren sind zwei Oden, die Grundsätze der<lb/>
Gesellschaft, die höchsten Chargen derselben u. s. w. verzeich-<lb/>
net, aber so verschränkt, daß der Profane nichts heraus-<lb/>
lesen kann. Merkwürdig bleibt es immer, daß die neue<lb/>
chinesische Gesellschaft vor etwa einem Decennium entstand,<lb/>
um dieselbe Zeit, wo auch in Europa die communistischen,<lb/>
deutschkatholischen und freikirchlichen Bewegungen begannen.</p>
        </div><lb/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
        <div type="jArticle" n="2">
          <p>Der Petersberg bei Halle heißt in den ältesten schrift-<lb/>
lichen Aufzeichnungen der Lauter= oder Luterberg, im Latei-<lb/>
nischen <hi rendition="#aq">Mons serenus</hi>, weil sein Gipfel gewöhnlich wolken-<lb/>
frei erscheint und dann heiteres Wetter verkündet. Aber<lb/>
nicht blos als Wetterprophet, auch als Wolkenscheide bezeich-<lb/>
net ihn der Volksglaube; wirklich ziehen nur äußerst selten<lb/>
Gewitterwolken über den Berg hin, sondern gewöhnlich thei-<lb/>
len sie sich rechts oder links vor demselben. Nur im Spät-<lb/>
herbst hüllt er sich zuweilen tage= und wochenlang in dichten<lb/>
Nebel. Die Frühlingsnebel sind weder so dicht noch so an-<lb/>
haltend. Jn einzelne, kleinere Wolken getheilt. jagen sich<lb/>
dieselben vielmehr um die Kuppe des Berges herum und<lb/>
verursachen durch ihr Gehen und Wiederkommen bald Hellung<lb/>
bald Finsterniß auf der Höhe. Von der Ferne aus gesehen,<lb/>
scheint es alsdann, als ob der Berg rauche und dann heißt<lb/>
es gewöhnlich: der Herr Pastor auf dem Petersberge ( der<lb/>
Hohepriester ) rauche Taback, es wird anderes Wetter.</p>
        </div><lb/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
        <div type="jArticle" n="2">
          <p>Ursprung des Namens: Capelle, Capellan. Zu<lb/>
den heiligsten Reliquien, welche die Könige der Franken be-<lb/>
saßen, gehörte die Cappa ( der rauhe Obermantel ) des bei<lb/>
ihnen so hochverehrten heiligen Martinus von Tours. Da<lb/>
er nur klein war, ward er im Diminutiv auch Capelle ge-<lb/>
nannt und die eigens zur Aufbewahrung dieser Reliquien<lb/>
bestellten Geistlichen hießen Capellane. Der König und sein<lb/>
Hof waren von der gewöhnlichen bischöflichen und Pfarr-<lb/>
gewalt eximirt. So ward es auch die königliche Capella, die<lb/><cb n="2"/>
den König stets im Krieg wie im Frieden begleitete und die<lb/>
Geistlichkeit derselben erlangte einen bedeutenden Einfluß im<lb/>
Reiche.</p>
        </div><lb/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
        <div type="jArticle" n="2">
          <p>Kuhfänger. Eisenbahnen &#x2014; so erzählt der Graf von<lb/>
Görtz in seiner Reise um die Welt &#x2014; seien in Nordamerika<lb/>
oft der einzige Weg durch eine Wildniß und daher werden<lb/>
sie, trotz aller Gefahren, häufig als Fußpfad benutzt. &#x201E; Die-<lb/>
selbe Vorliebe&#x201C; &#x2014; sagt er &#x2014; &#x201E;scheint auch dem Viehe eigen<lb/>
zu sein und die Locomotiven pflegen mit einer Vorrichtung,<lb/><hi rendition="#aq">Cow-catcher</hi> ( Kuhfänger ) genannt, versehen zu sein, be-<lb/>
stehend aus einer vor den Vorderrädern befestigten Abdachung<lb/>
aus starken Bohlen, die bis fast zu den Schienen hinab-<lb/>
reichen und das Thier säuberlich ( ? ) aufschaufeln und bei<lb/>
Seite werfen.&#x201C; Ob das Thier dann auch wieder aufsteht?</p>
        </div><lb/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
        <div type="jArticle" n="2">
          <p>Eine Corsofahrt bei Helgoland. Barken und Boote<lb/>
&#x2014; so beschreibt uns ein Helgolander Badegast die durch das<lb/>
Badecomité daselbst arrangirte Nachtfahrt &#x2014; waren mit<lb/>
glänzenden Papierlaternen umsteckt; mit Eintritt der Nacht<lb/>
ging die Fahrt vom Strande weg zu der vom Winde freien<lb/>
Ostseite der Jnsel; Musik voran; mit Blumensträußen und<lb/>
Confect in Düten zu gegenseitiger Begrüßung und Bewer-<lb/>
fung bewaffnet, in Booten groß und klein zieht die heitere<lb/>
Gesellschaft dahin auf dem glatten Spiegel; in langen Feuer-<lb/>
streifen spiegeln sich die hellen Lichter von den Booten im<lb/>
dunkeln Wasser, schweben hin und her, wie von Geisterhand<lb/>
gezogen und erfüllen das ruhig rauschende Meer in langge-<lb/>
streckter Linie mit Schein und Widerschein, mit fröhlichem<lb/>
Sang und Klang. Das Meer selbst spendet sein nächtlich<lb/>
Schönstes zum Feste; den Booten und Rudern entströmen<lb/>
bei jeder Berührung mit dem Wasser leuchtende Feuerstreife<lb/>
aus seiner lebendigen Tiefe. Die Sterne des dunkelblauen<lb/>
Firmaments, die Lichter der fröhlichen Menschen, das Leuch-<lb/>
ten des Meers und am Ziele der Fahrt die bengalischen<lb/><hi rendition="#g">weiß=grün=rothen</hi> Flammenscheine des auf der Rhede<lb/>
liegenden Dampfschiffs stimmen in den Spruch zusammen,<lb/>
der die Farben der Helgoländer Flagge also zusammenfaßt:</p><lb/>
          <lg type="poem">
            <l>Grön is dat Land</l><lb/>
            <l>Rohd is de Kand</l><lb/>
            <l>Witt is de Sand &#x2014;</l><lb/>
            <l>Dat is dat Wapen von Helgoland.</l>
          </lg>
        </div><lb/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
        <div type="jArticle" n="2">
          <p>Vorstellungen von Wilden. Die Kaffern begreifen<lb/>
nicht, wie man herausbrausendes, schäumendes Bier habe<lb/>
in die Flaschen bringen können. Sie halten ausgezogene<lb/>
Handschuhe für doppelte Hände. Ein Tahitier meinte von<lb/>
einer Taschenuhr, sie spreche und nannte sie, als er ihren<lb/>
Gebrauch kennenlernte, kleine Sonne. Ein Eskimo hielt<lb/>
eine Spieldose für das Junge einer Drehorgel.</p>
        </div>
      </div><lb/>
      <cb type="end"/>
      <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
      <div type="jAnnouncements" n="1">
        <head> <hi rendition="#fr"><hi rendition="#g">Ankündigungen</hi>.</hi> </head><lb/>
        <cb type="start"/>
        <div type="jAn" n="2">
          <figure/><lb/>
          <cb n="2"/>
          <p>Diese rühmlichst bekannten <hi rendition="#aq">Pates Pectorales,</hi><lb/>
ein bewährtes Linderungsmittel bei Brustleiden aller<lb/>
Art, Husten, Schnupfen, Katarrh <choice><abbr>ec.</abbr></choice>, werden verkauft<lb/>
in Leipzig bei</p><lb/>
          <p><space dim="horizontal"/><hi rendition="#fr">L. Tilebein,</hi><lb/><space dim="horizontal"/>   Conditor in der Centralhalle. </p>
        </div><lb/>
        <cb type="end"/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
      </div><lb/>
    </body>
    <back>
      <div type="imprint" n="1">
        <p> <hi rendition="#c">Verantwortlicher Redacteur: <hi rendition="#aq">M</hi>. J. E. Bolbeding. &#x2014; Druck und Verlag von F. A. Brockhaus in Leipzig.</hi> </p>
      </div>
    </back>
  </text>
</TEI>
[152/0008] 152 Mannichfaltiges. Tien Tich wird meistens als Anführer der jetzt in China rebellirenden Partei genannt. Ein Landsmann von uns, der sich lange als Missionsprediger im indischen Archipel aufge- halten und in gleicher Eigenschaft mehre Jahre in China zugebracht hat, belehrt uns, dies sei nicht der Fall, sondern Thien Ti Hoih sei der Name der aufständischen Gesellschaft selbst. Der Name heiße übersetzt: Himmel, Erde, Meer; der geheime Sinn desselben sei, die Erde solle durch den Ver- ein zum Himmel werden; alles Schlechte solle auf Erden ausgerottet, vor Allem jede Ungleichheit des Vermögens auf- gehoben und Alles, was dem widerstrebe, wie Unkraut aus- gejätet und vertilgt werden, damit die communistische Ver- brüderung allein übrig bleibe, um bei voller Gleichheit und Einheit als eine Familie der Erde Güter zu genießen. Das Kennzeichen der Partei ist ein großes fünfeckiges Siegel mit ineinandergeworfenen Charakteren, die man ohne einen be- sondern Schlüssel nicht verstehen kann. Jn den darauf ge- stochenen Charakteren sind zwei Oden, die Grundsätze der Gesellschaft, die höchsten Chargen derselben u. s. w. verzeich- net, aber so verschränkt, daß der Profane nichts heraus- lesen kann. Merkwürdig bleibt es immer, daß die neue chinesische Gesellschaft vor etwa einem Decennium entstand, um dieselbe Zeit, wo auch in Europa die communistischen, deutschkatholischen und freikirchlichen Bewegungen begannen. Der Petersberg bei Halle heißt in den ältesten schrift- lichen Aufzeichnungen der Lauter= oder Luterberg, im Latei- nischen Mons serenus, weil sein Gipfel gewöhnlich wolken- frei erscheint und dann heiteres Wetter verkündet. Aber nicht blos als Wetterprophet, auch als Wolkenscheide bezeich- net ihn der Volksglaube; wirklich ziehen nur äußerst selten Gewitterwolken über den Berg hin, sondern gewöhnlich thei- len sie sich rechts oder links vor demselben. Nur im Spät- herbst hüllt er sich zuweilen tage= und wochenlang in dichten Nebel. Die Frühlingsnebel sind weder so dicht noch so an- haltend. Jn einzelne, kleinere Wolken getheilt. jagen sich dieselben vielmehr um die Kuppe des Berges herum und verursachen durch ihr Gehen und Wiederkommen bald Hellung bald Finsterniß auf der Höhe. Von der Ferne aus gesehen, scheint es alsdann, als ob der Berg rauche und dann heißt es gewöhnlich: der Herr Pastor auf dem Petersberge ( der Hohepriester ) rauche Taback, es wird anderes Wetter. Ursprung des Namens: Capelle, Capellan. Zu den heiligsten Reliquien, welche die Könige der Franken be- saßen, gehörte die Cappa ( der rauhe Obermantel ) des bei ihnen so hochverehrten heiligen Martinus von Tours. Da er nur klein war, ward er im Diminutiv auch Capelle ge- nannt und die eigens zur Aufbewahrung dieser Reliquien bestellten Geistlichen hießen Capellane. Der König und sein Hof waren von der gewöhnlichen bischöflichen und Pfarr- gewalt eximirt. So ward es auch die königliche Capella, die den König stets im Krieg wie im Frieden begleitete und die Geistlichkeit derselben erlangte einen bedeutenden Einfluß im Reiche. Kuhfänger. Eisenbahnen — so erzählt der Graf von Görtz in seiner Reise um die Welt — seien in Nordamerika oft der einzige Weg durch eine Wildniß und daher werden sie, trotz aller Gefahren, häufig als Fußpfad benutzt. „ Die- selbe Vorliebe“ — sagt er — „scheint auch dem Viehe eigen zu sein und die Locomotiven pflegen mit einer Vorrichtung, Cow-catcher ( Kuhfänger ) genannt, versehen zu sein, be- stehend aus einer vor den Vorderrädern befestigten Abdachung aus starken Bohlen, die bis fast zu den Schienen hinab- reichen und das Thier säuberlich ( ? ) aufschaufeln und bei Seite werfen.“ Ob das Thier dann auch wieder aufsteht? Eine Corsofahrt bei Helgoland. Barken und Boote — so beschreibt uns ein Helgolander Badegast die durch das Badecomité daselbst arrangirte Nachtfahrt — waren mit glänzenden Papierlaternen umsteckt; mit Eintritt der Nacht ging die Fahrt vom Strande weg zu der vom Winde freien Ostseite der Jnsel; Musik voran; mit Blumensträußen und Confect in Düten zu gegenseitiger Begrüßung und Bewer- fung bewaffnet, in Booten groß und klein zieht die heitere Gesellschaft dahin auf dem glatten Spiegel; in langen Feuer- streifen spiegeln sich die hellen Lichter von den Booten im dunkeln Wasser, schweben hin und her, wie von Geisterhand gezogen und erfüllen das ruhig rauschende Meer in langge- streckter Linie mit Schein und Widerschein, mit fröhlichem Sang und Klang. Das Meer selbst spendet sein nächtlich Schönstes zum Feste; den Booten und Rudern entströmen bei jeder Berührung mit dem Wasser leuchtende Feuerstreife aus seiner lebendigen Tiefe. Die Sterne des dunkelblauen Firmaments, die Lichter der fröhlichen Menschen, das Leuch- ten des Meers und am Ziele der Fahrt die bengalischen weiß=grün=rothen Flammenscheine des auf der Rhede liegenden Dampfschiffs stimmen in den Spruch zusammen, der die Farben der Helgoländer Flagge also zusammenfaßt: Grön is dat Land Rohd is de Kand Witt is de Sand — Dat is dat Wapen von Helgoland. Vorstellungen von Wilden. Die Kaffern begreifen nicht, wie man herausbrausendes, schäumendes Bier habe in die Flaschen bringen können. Sie halten ausgezogene Handschuhe für doppelte Hände. Ein Tahitier meinte von einer Taschenuhr, sie spreche und nannte sie, als er ihren Gebrauch kennenlernte, kleine Sonne. Ein Eskimo hielt eine Spieldose für das Junge einer Drehorgel. Ankündigungen. [Abbildung] Diese rühmlichst bekannten Pates Pectorales, ein bewährtes Linderungsmittel bei Brustleiden aller Art, Husten, Schnupfen, Katarrh , werden verkauft in Leipzig bei L. Tilebein, Conditor in der Centralhalle. Verantwortlicher Redacteur: M. J. E. Bolbeding. — Druck und Verlag von F. A. Brockhaus in Leipzig.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Institut für Deutsche Sprache, Mannheim: Bereitstellung der Bilddigitalisate und TEI Transkription
Peter Fankhauser: Transformation von TUSTEP nach TEI P5. Transformation von TEI P5 in das DTA TEI P5 Format.

Weitere Informationen:

Siehe Dokumentation




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/nn_pfennig071_1854
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/nn_pfennig071_1854/8
Zitationshilfe: Das Pfennig=Magazin für Belehrung und Unterhaltung. Dritte Folge, Zweiter Jahrgang, Nr. 71. Leipzig (Sachsen), 4. Mai 1854, S. 152. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_pfennig071_1854/8>, abgerufen am 14.06.2024.