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Sonntags-Blatt. Nr. 25. Berlin, 21. Juni 1868.

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Sonntags=Blatt
für
Jedermann aus dem Volke.
Nr. 25. -- 1868.Ernst Dohm.Am 21. Juni.


Erscheint jeden Sonntag. Preis bei allen Postämtern vierteljährlich 9 Sgr., bei allen Buchhandlungen und Zeitungs=Spediteuren vierteljährlich 9 Sgr., wöchentlich 9 Pf. frei ins Haus.
Beim Selbstabholen aus der Expedition des Sonntags=Blattes ( Taubenstraße Nr. 27 ) kostet die Nummer nur 6 Pf.



Zwei Väter.
( Schluß. )
[Beginn Spaltensatz]

Der Banquier fuhr fort:

"Ueber die folgenden Ereignisse war ich selbst bis jetzt voll-
ständig im Unklaren. Diese dort", er zeigte auf die Haus-
hälterin, welche stöhnend sich empor zu richten suchte, "hat mir
das Weitere berichten können. Margarethe war nämlich Kammer-
zofe im Hause gewesen und hatte nicht nur Helene bei ihrer Flucht
unterstützt, sondern auch an dieser Theil genommen. Sie blieb auch
in Amerika in meinem Hauswesen; ich hielt es für eine Erleichterung
für meine Frau, wenn sie ein bekanntes Wesen immer zur Seite
hätte. Daß ich unrecht daran that, werdet Jhr gleich erfahren. Jch
mußte öfter in Geschäftssachen kleine Reisen unternehmen, welche
mich einen, zwei Tage vom Hause fern hielten. Es war an meinem
Geburtstag, als ich von einer solchen zurückkam -- ich hatte mich
beeilt, um diesen festlichen Tag bei Helene zu verleben -- und ich
fand mein Haus leer. Ein amerikanischer Diener erzählte mir wei-
nend, daß ein fremder Herr meine Frau und Dienerin fortgeschleppt
habe. Jch suchte in allen Gasthöfen, nirgend fand ich eine Spur.
Jch eilte nach dem Polizeibureau. Dort zuckte man über meine Er-
regung die Achseln. Der Lärm, welcher in meinem Hause entstanden
war, hatte allerdings einige Leute der Polizei herbeigeführt; aber der
Fremde hatte sich als der rechtmäßige Gatte Helenens ausgewiesen,
Helene selbst hatte es zugestehen müssen, und so wurde keine Ein-
mischung versucht, obgleich, wie man versicherte, die Frau sich heftig
gesträubt hatte. Willing war mit Helene, ihrer Tochter und der Dienerin
abgereist. Margarethe hat mir den Sachverhalt mittheilen können;
ich will auch diesen kurz erzählen. Als seine Frau entflohen war,
ergriff Willing eine furchtbare Wuth. Er war der Verhöhnung aller
seiner frivolen Bekannten ausgesetzt. Er verkaufte sein Geschäft, und
alle seine Pläne faßten sich in dem einen Gedanken zusammen, seine
Frau wiederzufinden und zu bestrafen. So durchzog er Jahre lang
die Welt, kam nach Amerika und auch in jene Stadt. Auf der
Straße begegnete er der Dienerin; sie wagte nicht zu leugnen, und
Helene war entdeckt. Das, was folgen mußte, könnt Jhr Euch leicht
denken. Jch durchzog nun meinerseits, wie ein Wahnsinniger, die
Welt, überall bemüht, Spuren der Flüchtigen aufzusuchen. Es gelang
mir nicht; müde kehrte ich hierher zurück. Mein Geschäft in Amerika
hatte ich schnell geschlossen und mein disponibles Vermögen mit mir
genommen; ich hatte zwar keine Schulden hinterlassen, aber dennoch
wollte ich nicht wieder, besonders da ein paar Jahre schon vorüber
waren, an die Abwicklung meiner dortigen Geschäfte gehen. Um jede
Nachfrage zu vermeiden, zugleich auch in der Hoffnung, ich würde
leichter vergessen können, nahm ich nach einem Gute, welches mein
Vater mir hinterlassen hatte, den Namen Hohenfeld an, unter welchem
ich jetzt überall bekannt bin. Das Weitere meines Lebens wißt Jhr.
Aber wie er gelebt hat, wie meine geliebte Helene geendet hat, davon
noch ein paar Worte. Du, meine Tochter, magst die Wahrheit dessen
bezeugen, was ich jetzt erzähle. Er reiste mit Helene nach einer kleinen
Stadt Deutschlands, derselben, deren Du Dich noch erinnern kannst.
Dort nahm auch er einen andern Namen an und nannte sich Willing,
um die Vergangenheit vollständig abzuweisen und der Erziehung seiner
Frau, wie er höhnisch erklärte, sich ganz widmen zu können. Ab-
geschlossen von aller Welt, mußte seine Frau täglich seine Vorwürfe
hören; sein verbittertes Gemüth kannte nichts Lieberes, als sie zu
quälen. Er entzog ihr selbst die Dienerin, indem er dieser auf das
Strengste untersagte, mit ihr sich zu unterreden. Sie durfte nicht
[Spaltenumbruch] ohne seinen Willen das Zimmer verlassen, sie durfte keine Arbeit ver-
richten ohne seine Genehmigung. Er hielt sie grausamer als eine
Sklavin. Nicht einmal das Kind wurde ihr als Trost gewährt, auch
dieses hielt er fern von ihr. Sie welkte dahin, er schien es nicht zu
beachten. Kein Arzt kam zu ihrer Hülfe herbei. Ein Jahr lang
schwebte sie zwischen Leben und Tod, und er hatte Gefallen daran,
ihre letzten Leiden noch zu vermehren. Sie starb, und seine Rache
-- war noch nicht gesättigt. Er übertrug seinen Haß auf das un-
schuldige Kind, meine Tochter. Als Jhr sie endlich fandet, war
sie dem Tode nahe. Er ahnte nicht, daß Helene in das Haus
desjenigen gebracht worden war, welcher seine Frau entführt hatte.
Endlich kam dadurch auch an mich die Reihe, sein Rachegefühl zu
sättigen. Die Haushälterin sah und erkannte mich und war thöricht
genug, ihre Entdeckung ihm nicht zu verschweigen. Sein Mord-
versuch ist mißlungen; aber ich bin gewiß, er wird nicht ablassen,
gegen mich seine Wuth zu befriedigen, bis er selbst ihr erlegen ist."

Der Assessor schüttelte heftig mit dem Kopf.

"Jch werde dafür sorgen, daß er es nicht kann!" rief er, und
indem er auf sein verwundetes Bein zeigte, setzte er hinzu: "Da ich
das Opfer geworden bin, so habe ich ein Recht, gegen ihn die Gerichte
aufzurufen. Der Mordversuch", er rechnete an den Fingern, "kann
ihm nach unserem Strafgesetzbuch --"

"Hören Sie mich erst weiter, Freund", unterbrach ihn der Banquier.
"Wäre er allein der Schuldige, schuldig nach unserem moralischen
Bewußtsein, wir könnten diesen Weg einschlagen, ich würde mich nicht
scheuen. Wäre ich es, welcher, als ihm verschuldet, als der Verbrecher
dastände, wohl, ich würde Jhnen diese Genugthuung geben, mich und
ihn den Gerichten überliefern. Aber, Freund, ich richte die Bitte an
Sie, die Sache ruhen zu lassen. Schuldig ist sie gewesen, seine
Frau, als sie ihn verließ. Jhr möget urtheilen, ob sie entschuldbar
war; aber ihr Andenken vor der Welt beflecken zu lassen und mit
diesem zugleich Helene, meine Tochter, bloßzustellen, ich könnte es
nicht ertragen. Sie, die Vielgeprüfte, ist dahin; ehret ihr Grab und
laßt mich, ohne Kummer im Herzen, meine Tochter küssen; es ist der
geringe Rest meines Glücks auf Erden."

Er neigte seinen Kopf wieder auf seine Tochter und verharrte in
dieser Stellung, durch welche sein Gesicht den Anderen verborgen
wurde.

Ludwig stand nach kurzer Pause auf.

"Schütteln wir die Gedanken der Nacht ab", sagte er, "es wird
Morgen; es thut noth, daß wir den Alten zu besänftigen oder zu
entfernen suchen."

Man hielt eine kurze Berathung, an welcher sich der Banquier
nicht betheiligte. Es wurde beschlossen, den Arzt abzusenden. Der
Assessor, welcher bedauerte, nicht selbst gehen zu können, gab ihm eine
sehr genaue Jnstruktion mit, worin die verschiedenen Anklagepunkte
erörtert waren.

Als Ludwig gegangen war, eilte Marie auf Helene zu und um-
armte sie.

"Du bist jetzt meine Schwester", sprach sie, "und ich will Dich
lieben als meine Schwester. Ohne Neid gebe ich Dir ihn, ich ver-
zichte gern für Dich und Dein Glück."

Helene wollte sprechen, aber Marie verschloß ihr den Mund.

"Ohne Widerrede", sagte sie.

Der Banquier lächelte und reichte Marie die Hand.

[Ende Spaltensatz]
Sonntags=Blatt
für
Jedermann aus dem Volke.
Nr. 25. — 1868.Ernst Dohm.Am 21. Juni.


Erscheint jeden Sonntag. Preis bei allen Postämtern vierteljährlich 9 Sgr., bei allen Buchhandlungen und Zeitungs=Spediteuren vierteljährlich 9 Sgr., wöchentlich 9 Pf. frei ins Haus.
Beim Selbstabholen aus der Expedition des Sonntags=Blattes ( Taubenstraße Nr. 27 ) kostet die Nummer nur 6 Pf.



Zwei Väter.
( Schluß. )
[Beginn Spaltensatz]

Der Banquier fuhr fort:

„Ueber die folgenden Ereignisse war ich selbst bis jetzt voll-
ständig im Unklaren. Diese dort“, er zeigte auf die Haus-
hälterin, welche stöhnend sich empor zu richten suchte, „hat mir
das Weitere berichten können. Margarethe war nämlich Kammer-
zofe im Hause gewesen und hatte nicht nur Helene bei ihrer Flucht
unterstützt, sondern auch an dieser Theil genommen. Sie blieb auch
in Amerika in meinem Hauswesen; ich hielt es für eine Erleichterung
für meine Frau, wenn sie ein bekanntes Wesen immer zur Seite
hätte. Daß ich unrecht daran that, werdet Jhr gleich erfahren. Jch
mußte öfter in Geschäftssachen kleine Reisen unternehmen, welche
mich einen, zwei Tage vom Hause fern hielten. Es war an meinem
Geburtstag, als ich von einer solchen zurückkam — ich hatte mich
beeilt, um diesen festlichen Tag bei Helene zu verleben — und ich
fand mein Haus leer. Ein amerikanischer Diener erzählte mir wei-
nend, daß ein fremder Herr meine Frau und Dienerin fortgeschleppt
habe. Jch suchte in allen Gasthöfen, nirgend fand ich eine Spur.
Jch eilte nach dem Polizeibureau. Dort zuckte man über meine Er-
regung die Achseln. Der Lärm, welcher in meinem Hause entstanden
war, hatte allerdings einige Leute der Polizei herbeigeführt; aber der
Fremde hatte sich als der rechtmäßige Gatte Helenens ausgewiesen,
Helene selbst hatte es zugestehen müssen, und so wurde keine Ein-
mischung versucht, obgleich, wie man versicherte, die Frau sich heftig
gesträubt hatte. Willing war mit Helene, ihrer Tochter und der Dienerin
abgereist. Margarethe hat mir den Sachverhalt mittheilen können;
ich will auch diesen kurz erzählen. Als seine Frau entflohen war,
ergriff Willing eine furchtbare Wuth. Er war der Verhöhnung aller
seiner frivolen Bekannten ausgesetzt. Er verkaufte sein Geschäft, und
alle seine Pläne faßten sich in dem einen Gedanken zusammen, seine
Frau wiederzufinden und zu bestrafen. So durchzog er Jahre lang
die Welt, kam nach Amerika und auch in jene Stadt. Auf der
Straße begegnete er der Dienerin; sie wagte nicht zu leugnen, und
Helene war entdeckt. Das, was folgen mußte, könnt Jhr Euch leicht
denken. Jch durchzog nun meinerseits, wie ein Wahnsinniger, die
Welt, überall bemüht, Spuren der Flüchtigen aufzusuchen. Es gelang
mir nicht; müde kehrte ich hierher zurück. Mein Geschäft in Amerika
hatte ich schnell geschlossen und mein disponibles Vermögen mit mir
genommen; ich hatte zwar keine Schulden hinterlassen, aber dennoch
wollte ich nicht wieder, besonders da ein paar Jahre schon vorüber
waren, an die Abwicklung meiner dortigen Geschäfte gehen. Um jede
Nachfrage zu vermeiden, zugleich auch in der Hoffnung, ich würde
leichter vergessen können, nahm ich nach einem Gute, welches mein
Vater mir hinterlassen hatte, den Namen Hohenfeld an, unter welchem
ich jetzt überall bekannt bin. Das Weitere meines Lebens wißt Jhr.
Aber wie er gelebt hat, wie meine geliebte Helene geendet hat, davon
noch ein paar Worte. Du, meine Tochter, magst die Wahrheit dessen
bezeugen, was ich jetzt erzähle. Er reiste mit Helene nach einer kleinen
Stadt Deutschlands, derselben, deren Du Dich noch erinnern kannst.
Dort nahm auch er einen andern Namen an und nannte sich Willing,
um die Vergangenheit vollständig abzuweisen und der Erziehung seiner
Frau, wie er höhnisch erklärte, sich ganz widmen zu können. Ab-
geschlossen von aller Welt, mußte seine Frau täglich seine Vorwürfe
hören; sein verbittertes Gemüth kannte nichts Lieberes, als sie zu
quälen. Er entzog ihr selbst die Dienerin, indem er dieser auf das
Strengste untersagte, mit ihr sich zu unterreden. Sie durfte nicht
[Spaltenumbruch] ohne seinen Willen das Zimmer verlassen, sie durfte keine Arbeit ver-
richten ohne seine Genehmigung. Er hielt sie grausamer als eine
Sklavin. Nicht einmal das Kind wurde ihr als Trost gewährt, auch
dieses hielt er fern von ihr. Sie welkte dahin, er schien es nicht zu
beachten. Kein Arzt kam zu ihrer Hülfe herbei. Ein Jahr lang
schwebte sie zwischen Leben und Tod, und er hatte Gefallen daran,
ihre letzten Leiden noch zu vermehren. Sie starb, und seine Rache
— war noch nicht gesättigt. Er übertrug seinen Haß auf das un-
schuldige Kind, meine Tochter. Als Jhr sie endlich fandet, war
sie dem Tode nahe. Er ahnte nicht, daß Helene in das Haus
desjenigen gebracht worden war, welcher seine Frau entführt hatte.
Endlich kam dadurch auch an mich die Reihe, sein Rachegefühl zu
sättigen. Die Haushälterin sah und erkannte mich und war thöricht
genug, ihre Entdeckung ihm nicht zu verschweigen. Sein Mord-
versuch ist mißlungen; aber ich bin gewiß, er wird nicht ablassen,
gegen mich seine Wuth zu befriedigen, bis er selbst ihr erlegen ist.“

Der Assessor schüttelte heftig mit dem Kopf.

„Jch werde dafür sorgen, daß er es nicht kann!“ rief er, und
indem er auf sein verwundetes Bein zeigte, setzte er hinzu: „Da ich
das Opfer geworden bin, so habe ich ein Recht, gegen ihn die Gerichte
aufzurufen. Der Mordversuch“, er rechnete an den Fingern, „kann
ihm nach unserem Strafgesetzbuch —“

„Hören Sie mich erst weiter, Freund“, unterbrach ihn der Banquier.
„Wäre er allein der Schuldige, schuldig nach unserem moralischen
Bewußtsein, wir könnten diesen Weg einschlagen, ich würde mich nicht
scheuen. Wäre ich es, welcher, als ihm verschuldet, als der Verbrecher
dastände, wohl, ich würde Jhnen diese Genugthuung geben, mich und
ihn den Gerichten überliefern. Aber, Freund, ich richte die Bitte an
Sie, die Sache ruhen zu lassen. Schuldig ist sie gewesen, seine
Frau, als sie ihn verließ. Jhr möget urtheilen, ob sie entschuldbar
war; aber ihr Andenken vor der Welt beflecken zu lassen und mit
diesem zugleich Helene, meine Tochter, bloßzustellen, ich könnte es
nicht ertragen. Sie, die Vielgeprüfte, ist dahin; ehret ihr Grab und
laßt mich, ohne Kummer im Herzen, meine Tochter küssen; es ist der
geringe Rest meines Glücks auf Erden.“

Er neigte seinen Kopf wieder auf seine Tochter und verharrte in
dieser Stellung, durch welche sein Gesicht den Anderen verborgen
wurde.

Ludwig stand nach kurzer Pause auf.

„Schütteln wir die Gedanken der Nacht ab“, sagte er, „es wird
Morgen; es thut noth, daß wir den Alten zu besänftigen oder zu
entfernen suchen.“

Man hielt eine kurze Berathung, an welcher sich der Banquier
nicht betheiligte. Es wurde beschlossen, den Arzt abzusenden. Der
Assessor, welcher bedauerte, nicht selbst gehen zu können, gab ihm eine
sehr genaue Jnstruktion mit, worin die verschiedenen Anklagepunkte
erörtert waren.

Als Ludwig gegangen war, eilte Marie auf Helene zu und um-
armte sie.

„Du bist jetzt meine Schwester“, sprach sie, „und ich will Dich
lieben als meine Schwester. Ohne Neid gebe ich Dir ihn, ich ver-
zichte gern für Dich und Dein Glück.“

Helene wollte sprechen, aber Marie verschloß ihr den Mund.

„Ohne Widerrede“, sagte sie.

Der Banquier lächelte und reichte Marie die Hand.

[Ende Spaltensatz]
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[121/0001] Sonntags=Blatt für Jedermann aus dem Volke. Begründet von Otto Ruppius. Herausgegeben von Nr. 25. — 1868.Ernst Dohm.Am 21. Juni. Erscheint jeden Sonntag. Preis bei allen Postämtern vierteljährlich 9 Sgr., bei allen Buchhandlungen und Zeitungs=Spediteuren vierteljährlich 9 Sgr., wöchentlich 9 Pf. frei ins Haus. Beim Selbstabholen aus der Expedition des Sonntags=Blattes ( Taubenstraße Nr. 27 ) kostet die Nummer nur 6 Pf. Zwei Väter. ( Schluß. ) Der Banquier fuhr fort: „Ueber die folgenden Ereignisse war ich selbst bis jetzt voll- ständig im Unklaren. Diese dort“, er zeigte auf die Haus- hälterin, welche stöhnend sich empor zu richten suchte, „hat mir das Weitere berichten können. Margarethe war nämlich Kammer- zofe im Hause gewesen und hatte nicht nur Helene bei ihrer Flucht unterstützt, sondern auch an dieser Theil genommen. Sie blieb auch in Amerika in meinem Hauswesen; ich hielt es für eine Erleichterung für meine Frau, wenn sie ein bekanntes Wesen immer zur Seite hätte. 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Willing war mit Helene, ihrer Tochter und der Dienerin abgereist. Margarethe hat mir den Sachverhalt mittheilen können; ich will auch diesen kurz erzählen. Als seine Frau entflohen war, ergriff Willing eine furchtbare Wuth. Er war der Verhöhnung aller seiner frivolen Bekannten ausgesetzt. Er verkaufte sein Geschäft, und alle seine Pläne faßten sich in dem einen Gedanken zusammen, seine Frau wiederzufinden und zu bestrafen. So durchzog er Jahre lang die Welt, kam nach Amerika und auch in jene Stadt. Auf der Straße begegnete er der Dienerin; sie wagte nicht zu leugnen, und Helene war entdeckt. Das, was folgen mußte, könnt Jhr Euch leicht denken. Jch durchzog nun meinerseits, wie ein Wahnsinniger, die Welt, überall bemüht, Spuren der Flüchtigen aufzusuchen. Es gelang mir nicht; müde kehrte ich hierher zurück. Mein Geschäft in Amerika hatte ich schnell geschlossen und mein disponibles Vermögen mit mir genommen; ich hatte zwar keine Schulden hinterlassen, aber dennoch wollte ich nicht wieder, besonders da ein paar Jahre schon vorüber waren, an die Abwicklung meiner dortigen Geschäfte gehen. Um jede Nachfrage zu vermeiden, zugleich auch in der Hoffnung, ich würde leichter vergessen können, nahm ich nach einem Gute, welches mein Vater mir hinterlassen hatte, den Namen Hohenfeld an, unter welchem ich jetzt überall bekannt bin. Das Weitere meines Lebens wißt Jhr. Aber wie er gelebt hat, wie meine geliebte Helene geendet hat, davon noch ein paar Worte. Du, meine Tochter, magst die Wahrheit dessen bezeugen, was ich jetzt erzähle. Er reiste mit Helene nach einer kleinen Stadt Deutschlands, derselben, deren Du Dich noch erinnern kannst. Dort nahm auch er einen andern Namen an und nannte sich Willing, um die Vergangenheit vollständig abzuweisen und der Erziehung seiner Frau, wie er höhnisch erklärte, sich ganz widmen zu können. Ab- geschlossen von aller Welt, mußte seine Frau täglich seine Vorwürfe hören; sein verbittertes Gemüth kannte nichts Lieberes, als sie zu quälen. Er entzog ihr selbst die Dienerin, indem er dieser auf das Strengste untersagte, mit ihr sich zu unterreden. Sie durfte nicht ohne seinen Willen das Zimmer verlassen, sie durfte keine Arbeit ver- richten ohne seine Genehmigung. Er hielt sie grausamer als eine Sklavin. Nicht einmal das Kind wurde ihr als Trost gewährt, auch dieses hielt er fern von ihr. Sie welkte dahin, er schien es nicht zu beachten. Kein Arzt kam zu ihrer Hülfe herbei. Ein Jahr lang schwebte sie zwischen Leben und Tod, und er hatte Gefallen daran, ihre letzten Leiden noch zu vermehren. Sie starb, und seine Rache — war noch nicht gesättigt. Er übertrug seinen Haß auf das un- schuldige Kind, meine Tochter. Als Jhr sie endlich fandet, war sie dem Tode nahe. Er ahnte nicht, daß Helene in das Haus desjenigen gebracht worden war, welcher seine Frau entführt hatte. Endlich kam dadurch auch an mich die Reihe, sein Rachegefühl zu sättigen. Die Haushälterin sah und erkannte mich und war thöricht genug, ihre Entdeckung ihm nicht zu verschweigen. Sein Mord- versuch ist mißlungen; aber ich bin gewiß, er wird nicht ablassen, gegen mich seine Wuth zu befriedigen, bis er selbst ihr erlegen ist.“ Der Assessor schüttelte heftig mit dem Kopf. „Jch werde dafür sorgen, daß er es nicht kann!“ rief er, und indem er auf sein verwundetes Bein zeigte, setzte er hinzu: „Da ich das Opfer geworden bin, so habe ich ein Recht, gegen ihn die Gerichte aufzurufen. Der Mordversuch“, er rechnete an den Fingern, „kann ihm nach unserem Strafgesetzbuch —“ „Hören Sie mich erst weiter, Freund“, unterbrach ihn der Banquier. „Wäre er allein der Schuldige, schuldig nach unserem moralischen Bewußtsein, wir könnten diesen Weg einschlagen, ich würde mich nicht scheuen. Wäre ich es, welcher, als ihm verschuldet, als der Verbrecher dastände, wohl, ich würde Jhnen diese Genugthuung geben, mich und ihn den Gerichten überliefern. Aber, Freund, ich richte die Bitte an Sie, die Sache ruhen zu lassen. Schuldig ist sie gewesen, seine Frau, als sie ihn verließ. Jhr möget urtheilen, ob sie entschuldbar war; aber ihr Andenken vor der Welt beflecken zu lassen und mit diesem zugleich Helene, meine Tochter, bloßzustellen, ich könnte es nicht ertragen. Sie, die Vielgeprüfte, ist dahin; ehret ihr Grab und laßt mich, ohne Kummer im Herzen, meine Tochter küssen; es ist der geringe Rest meines Glücks auf Erden.“ Er neigte seinen Kopf wieder auf seine Tochter und verharrte in dieser Stellung, durch welche sein Gesicht den Anderen verborgen wurde. Ludwig stand nach kurzer Pause auf. „Schütteln wir die Gedanken der Nacht ab“, sagte er, „es wird Morgen; es thut noth, daß wir den Alten zu besänftigen oder zu entfernen suchen.“ Man hielt eine kurze Berathung, an welcher sich der Banquier nicht betheiligte. Es wurde beschlossen, den Arzt abzusenden. Der Assessor, welcher bedauerte, nicht selbst gehen zu können, gab ihm eine sehr genaue Jnstruktion mit, worin die verschiedenen Anklagepunkte erörtert waren. Als Ludwig gegangen war, eilte Marie auf Helene zu und um- armte sie. „Du bist jetzt meine Schwester“, sprach sie, „und ich will Dich lieben als meine Schwester. Ohne Neid gebe ich Dir ihn, ich ver- zichte gern für Dich und Dein Glück.“ Helene wollte sprechen, aber Marie verschloß ihr den Mund. „Ohne Widerrede“, sagte sie. Der Banquier lächelte und reichte Marie die Hand.

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Zitationshilfe: Sonntags-Blatt. Nr. 25. Berlin, 21. Juni 1868, S. 121. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_sonntagsblatt25_1868/1>, abgerufen am 17.05.2024.