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Sonntags-Blatt. Nr. 25. Berlin, 21. Juni 1868.

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[Beginn Spaltensatz] mit den Fremden! Nieder mit den französischen Kroaten!" An mehreren
Punkten mußten sich die Franzosen mit gefälltem Bayonnet Luft machen.
Alle Läden waren geschlossen. Des Abends erblickte man keine Lichter.
Kaffeehäuser, in welche Franzosen traten, wurden sofort von den Römern
verlassen.

Die Nationalversammlung ward mit Waffengewalt aus ihrem Sitzungs-
saal vertrieben, worauf das Bureau, der Fürst Canino ( Karl Bonaparte )
an der Spitze, das stattgehabte Verfahren in einem an Oudinot gesendeten
Protest als "Ehrlosigkeit" bezeichnete.

Es folgte nun Einsetzung eines Kriegsgerichts, Vernichtung der Presse,
des Vereins= und Versammlungsrechts und Entwaffnung des Volks. Erst
am 14. Juli, dem Jahrestag der Erstürmung der Bastille, warf Oudinot
die Maske völlig ab und erklärte den Römern, "daß Frankreich, die heißen
Wünsche der Christenheit erfüllend, mit diesem Tage die weltliche Souve-
rainetät des Oberhauptes der christlichen Kirche in der Hauptstadt wieder-
herstelle."

So ging die römische Republik unter, nicht etwa weil das römische
Volk, wie später das französische, den Freistaat selbst aufgab, nicht in
Folge einer inneren Reaktion, eben so wenig wegen Mangels an Muth und
Aufopferungsfähigkeit; sie erlag der ungeheuren feindlichen Uebermacht, die
wider alles Völkerrecht in das Land eingebrochen war. Mit gerechtem
Stolz aber können die Römer sich dabei erinnern, wie es keine leere Re-
densart war, wenn der der kaiserlichen Regierung Frankreichs doch so zu-
geneigte englische Minister Palmerston im Mai 1856, also nach sieben
Jahren der Wiedereinsetzung der päpstlichen Herrschaft, im Parlament
offen erklärte: "Seit Jahrzehnten habe Rom nie einer so trefflichen Re-
gierung sich erfreut, wie in der Zeit der Revolution!"

    R. R.



Scharnhorst.
( Fortsetzung. )

Unterdessen ging die Geschichte ihren Gang. Preußen sah selbst-
genügsam zu, wie Oesterreich und dann das alte deutsche Reich unter Na-
poleons gewaltigen Schlägen zusammenbrach, und stand schließlich vereinzelt,
nur auf die ferne und langsame Hülfe Rußlands angewiesen, dem furcht-
baren Feinde gegenüber. Endlich sah es sich durch fast muthwillige Krän-
kungen Napoleons zum Krieg genöthigt, dem es bis dahin ängstlich aus
dem Wege gegangen war. Unter dem Befehl des Herzogs Karl Wilhelm
Ferdinand von Braunschweig stand die preußische Heeresmacht am Nard-
abhange des Thüringer Waldes; Scharnhorst war als Generalquartier-
meister dem Herzog beigegeben. Während man im preußischen Haupt-
quartier zu Erfurt end= und erfolglose Berathungen hielt, ob, wo und wie
man angreifen solle, brach Napoleons Hauptmacht schnell durch das Saal-
thal vor, warf bei Saalfeld die preußische Vorhut unter dem tapfern
Prinzen Louis Ferdinand in die Flucht und erzwang am 14. Oktober durch
die Schlacht bei Jena gegen den Fürsten Hohenlohe den Uebergang über
die Saale. Gleichzeitig traf das Hauptheer unter Braunschweig, welches
bereits, um nicht von Preußen abgeschnitten zu werden, den Rück-
zug angetreten hatte, bei Auerstädt mit dem zweiten französischen Heer
unter Davoust zusammen. Lange stand die Schlacht. Scharnhorst führte
den linken Flügel, welcher siegreich Stand hielt, viermal ins Gefecht und
hielt das Schlachtfeld; aber gleichzeitig wurden auf dem rechten Flügel
dem Herzog von Braunschweig beide Augen ausgeschossen, und das Heer
wich. Durch den vordringenden Feind im Rücken bedroht, mußte auch
Scharnhorst weichen; dem Prinzen Heinrich, dessen Pferd erschossen war,
gab er das seinige, nahm ein Gewehr und schlug sich mit seiner Jnfanterie
durch. Eine Flintenkugel hatte ihn schon beim Beginn der Schlacht in der
Seite verwundet, aber er achtete die Wunde nicht.

Die hochgepriesene preußische Heeresmacht war gänzlich über den Haufen
geworfen; im wirren Getümmel der Flüchtigen sah sich Scharnhorst fort-
gerissen. Er war mit Blücher und York zusammengetroffen; die drei
Männer, welche zu der Neugestaltung Preußens so Großes beitragen
sollten, eilten unter fortwährendem Kampf mit den nachsetzenden Franzosen
nordwärts. Der Rückzug über die Oder war unmöglich, also beschloß
Blücher, sich nach Westen zu wenden und die Elbe zu überschreiten. Ueberall
traten ihm überlegene französische Heeresmassen entgegen und drängten ihn
nach unglaublichen Anstrengungen in die letzte Stadt Deutschlands, nach
Lübeck. Scharnhorst ordnete die Anstalten zur Vertheidigung, aber nach
kurzem Widerstand drang der Feind mit gewaltiger Uebermacht ein; ein
heftiger Straßenkampf entbrannte; Scharnhorst, York und eine Anzahl
Offiziere werden im Hauptquartier gefangen; Blücher schlägt sich mit den
letzten 6000 Mann durch, aber nur, um am nächsten Tag, ohne Brot und
Pulver, umstellt von 80,000 Feinden, zu kapituliren. Vorher noch ließ er
Scharnhorst gegen einen gefangenen französischen Obersten auswechseln.
Die tiefste gegenseitige Achtung und Liebe verband von da an die beiden
Waffen= und Unglücksgenossen. Blücher schrieb an den König: "Vorzüglich
fühle ich mich verpflichtet, Euer Majestät besonderer Gnade den vortreff-
lichen, in jeder Hinsicht verdienstvollen Oberst von Scharnhorst zu empfeh-
len, dessen rastloser Thätigkeit, dessen fester Entschlossenheit und einsichts-
vollem Rath ein großer Theil des glücklichen Fortganges meiner mühsamen
Retraite zugeschrieben werden muß, indem ich es gern bekenne, daß ohne
die thätigste Beihülfe dieses Mannes es mir vielleicht kaum zur Hälfte
möglich gewesen wäre, das zu leisten, was das Korps wirklich geleistet hat."

Scharnhorst begab sich zur See nach Preußen, wo die Trümmer der
preußischen Kriegsmacht sich mit dem russischen Heer vereinigten, um die
letzte Vertheidigungslinie, die der Weichsel, zu halten. Die Preußen führte
[Spaltenumbruch] General Lestocq; als Haupt des Generalstabes ward ihm auf Blüchers
Verwendung Scharnhorst beigegeben. Daß die mörderische Schlacht von
Preußisch=Eylau, am 8. Februar 1807, unentschieden blieb, war eine Folge
von Scharnhorsts trefflichen Weisungen für den preußischen Theil des unter
Benningsens Oberbefehl vereinigten Heeres. Das trübselige Ende des
Krieges sah Scharnhorst nicht mehr im preußischen Heerlager; müde der
ewigen Zerwürfnisse mit Lestocq, welcher anderen Rathgebern ein allzu be-
reitwilliges Ohr lieh, hatte Scharnhorst schon vorher die Entlassung aus
seiner Stellung gefordert und sich zum König begeben. Der unselige Til-
siter Friede endigte den Krieg mit der Theilung Preußens, mit der furcht-
baren Schwächung der wenigen Provinzen, welche überhaupt noch Preußen
bildeten.

Es folgen nun jene sechs Jahre, welche wohl die traurigsten waren, die
jemals über Preußen kamen. Das Land verarmt, seufzend unter der Last
unerschwinglicher Kriegssteuern und zahlreicher französischer Besatzungen,
die jeden Aufschwung schon durch ihre Gegenwart niederhielten; das Volk
entmuthigt, dabei tief verbittert gegen ein Heer, welches den stolzen Er-
wartungen so wenig entsprochen hatte. Der König machtlos in den Hän-
den des furchtbaren Drängers, der nur auf Grund und Gelegenheit war-
tete, um das geknebelte Preußen ganz zu zertrümmern. Jn diesem ver-
zweifelten Zustande bedurfte es starker und kluger Geister, um das zerrüttete
Reich wieder aufzurichten, um ihm wieder Muth und Selbstvertrauen ein-
zuflößen für die Stunde, da der furchtbare Kampf der Entscheidung über
Dasein oder Untergang losbrechen sollte. Und ein unendliches Glück ist
es zu nennen, daß diese Männer sich fanden. Der Sturm des Unglücks
hatte die schwachen und seichten Köpfe hinweggefegt; die starken und tiefen
Geister, vorher unbeachtet oder verkannt, traten in helles Licht. Zu ihnen
gehört neben Stein, welcher die Riesenaufgabe übernahm, die bürgerlichen
Verhältnisse des Staats auf den Grundlagen der Freiheit und Gleich-
berechtigung neu zu begründen, vor Allen Scharnhorst. Der König er-
nannte ihn zum General=Major und setzte unmittelbar nach dem Tilsiter
Frieden eine Militair=Reorganisations=Kommission ein, welche unter Scharn-
horsts Leitung darüber berathen sollte, wie das Heerwesen zeitgemäß ver-
jüngt werden möchte. Zu dieser Kommission gehörten auch die herrlichen
Männer Gneisenau, Grolmann und Boyen, die später in den Freiheits-
kriegen eine so bedeutende Rolle spielen sollten. Es ist bezeichnend, daß
die beiden Hervorragendsten unter ihnen, Scharnhorst und Gneisenau, sich
aus den ärmlichsten Verhältnissen emporgearbeitet hatten; Scharnhorst, der
"vornehme Schäfer", und Gneisenau, der ehemalige Gänsehirt, vereinigten
sich zur Neugestaltung Preußens.

So waren die nächsten Jahre Jahre unglaublicher Arbeit. Alle
Offiziere, die im letzten Kriege gedient, sollten nach ihrem Verhalten ge-
prüft, die Schuldigen bestraft werden. Vor Allem aber galt es, den
Offfzierstand geistig und sittlich zu heben. Sie sollten nicht mehr bloß
nach dem Alter vorrücken, sondern nach Kenntniß und Verdienst; auch der
Bürgerliche kann, wenn er die nöthigen Kenntnisse nachweist, Offizier
werden, im Kriege Jeder, der Tapferkeit, Thätigkeit und soldatischen Blick
beweist. Der Soldat soll nicht mehr ein geworbener Sklave auf Lebens-
zeit sein; alle Befreiungen vom Dienst werden aufgehoben, Jeder ist zum
Heerdienst verpflichtet; entehrende Strafen, wie die Stockprügel , werden
aufgehoben; neben die Linie tritt eine Nationalmiliz zur Landesverthei-
digung, gebildet aus den Vermögenderen; sie hat später als Landwehr eine
bessere Gestaltung erhalten. So bildeten Scharnhorst und seine Freunde
des Königs Gedanken ins Einzelne aus, suchten dadurch dem ganzen
Offizier= und Soldatenstand geistiges Streben, Ehre und Nationalgefühl
zu geben. Vorher war der Adel fast im Alleinbesitz der Offizierstellen ge-
wesen; wie der Soldat geachtet war, lehrt das Wort eines älteren Militair-
schriftstellers: Die preußischen Soldaten sind wie die Stockfische, die um so
besser werden, je mehr man sie ausklopft!" Jetzt galt es eigene Arbeit, ein
Verzichten auf Vortheile, die man für ein Recht zu halten sich gewöhnt
hatte. Kein Wunder, daß die altpreußische Adelspartei auf die " Schul-
meister " und "Genies", die "Jakobiner" in Uniform, auf Scharnhorst und
Gneisenau einen grimmigen Zorn hatte und ihnen Leben und Wirken
herzlich schwer machte. Den König war einsichtig genug, zu erkennen,
welchen Schatz er an Scharnhorst besaß, um ihn walten zu lassen; dieser
seinerseits verstand vortrefflich, mit dem oft unentschlossenen, bedenklichen
Monarchen zu verkehren. Einer von Scharnhorsts eifrigsten Gegnern, der
General von der Marwitz, schreibt über ihn: "Die Philosophen und
Jdeologen haben Scharnhorst viel zu sehr gepriesen, als sei er der größte
Held gewesen, und als habe er allein den preußischen Staat gerettet. Das
ist zu viel gesagt. Aber es war doch ein wahres Glück für den Staat,
daß er um den König, an das Ruder der militairischen Angelegenheiten
kam; denn alles Dauerhafte und Wesentliche, was zwischen 1807 und 1813
eingerichtet ist, rührt von ihm her. Er hatte ein eigenes Talent, mit dem
König umzugehen. Wenn dieser eine Sache zurückwies, so schwieg er und
brachte sie am andern Tage wieder vor und den dritten Tag wieder, und
wenn der König sagte: "Schon hundert Mal gesagt, will's nicht haben!"
oder: "Mir damit vom Halse bleiben! Gar nicht wieder davon reden
hören!" so schwieg Scharnhorst wieder und rückte nach vierzehn Tagen
oder drei Wochen aufs Neue damit hervor, bis der König, in dem Ge-
danken, es möchte doch wohl gut sein, weil Scharnhorst darauf so versessen
sei, zuhörte und nachgab. Auch war er ganz unermüdet arbeitsam und
dachte an nichts Anderes, als an seine Geschäfte."

( Schluß folgt. )



[Ende Spaltensatz]

[Beginn Spaltensatz] mit den Fremden! Nieder mit den französischen Kroaten!“ An mehreren
Punkten mußten sich die Franzosen mit gefälltem Bayonnet Luft machen.
Alle Läden waren geschlossen. Des Abends erblickte man keine Lichter.
Kaffeehäuser, in welche Franzosen traten, wurden sofort von den Römern
verlassen.

Die Nationalversammlung ward mit Waffengewalt aus ihrem Sitzungs-
saal vertrieben, worauf das Bureau, der Fürst Canino ( Karl Bonaparte )
an der Spitze, das stattgehabte Verfahren in einem an Oudinot gesendeten
Protest als „Ehrlosigkeit“ bezeichnete.

Es folgte nun Einsetzung eines Kriegsgerichts, Vernichtung der Presse,
des Vereins= und Versammlungsrechts und Entwaffnung des Volks. Erst
am 14. Juli, dem Jahrestag der Erstürmung der Bastille, warf Oudinot
die Maske völlig ab und erklärte den Römern, „daß Frankreich, die heißen
Wünsche der Christenheit erfüllend, mit diesem Tage die weltliche Souve-
rainetät des Oberhauptes der christlichen Kirche in der Hauptstadt wieder-
herstelle.“

So ging die römische Republik unter, nicht etwa weil das römische
Volk, wie später das französische, den Freistaat selbst aufgab, nicht in
Folge einer inneren Reaktion, eben so wenig wegen Mangels an Muth und
Aufopferungsfähigkeit; sie erlag der ungeheuren feindlichen Uebermacht, die
wider alles Völkerrecht in das Land eingebrochen war. Mit gerechtem
Stolz aber können die Römer sich dabei erinnern, wie es keine leere Re-
densart war, wenn der der kaiserlichen Regierung Frankreichs doch so zu-
geneigte englische Minister Palmerston im Mai 1856, also nach sieben
Jahren der Wiedereinsetzung der päpstlichen Herrschaft, im Parlament
offen erklärte: „Seit Jahrzehnten habe Rom nie einer so trefflichen Re-
gierung sich erfreut, wie in der Zeit der Revolution!“

    R. R.



Scharnhorst.
( Fortsetzung. )

Unterdessen ging die Geschichte ihren Gang. Preußen sah selbst-
genügsam zu, wie Oesterreich und dann das alte deutsche Reich unter Na-
poleons gewaltigen Schlägen zusammenbrach, und stand schließlich vereinzelt,
nur auf die ferne und langsame Hülfe Rußlands angewiesen, dem furcht-
baren Feinde gegenüber. Endlich sah es sich durch fast muthwillige Krän-
kungen Napoleons zum Krieg genöthigt, dem es bis dahin ängstlich aus
dem Wege gegangen war. Unter dem Befehl des Herzogs Karl Wilhelm
Ferdinand von Braunschweig stand die preußische Heeresmacht am Nard-
abhange des Thüringer Waldes; Scharnhorst war als Generalquartier-
meister dem Herzog beigegeben. Während man im preußischen Haupt-
quartier zu Erfurt end= und erfolglose Berathungen hielt, ob, wo und wie
man angreifen solle, brach Napoleons Hauptmacht schnell durch das Saal-
thal vor, warf bei Saalfeld die preußische Vorhut unter dem tapfern
Prinzen Louis Ferdinand in die Flucht und erzwang am 14. Oktober durch
die Schlacht bei Jena gegen den Fürsten Hohenlohe den Uebergang über
die Saale. Gleichzeitig traf das Hauptheer unter Braunschweig, welches
bereits, um nicht von Preußen abgeschnitten zu werden, den Rück-
zug angetreten hatte, bei Auerstädt mit dem zweiten französischen Heer
unter Davoust zusammen. Lange stand die Schlacht. Scharnhorst führte
den linken Flügel, welcher siegreich Stand hielt, viermal ins Gefecht und
hielt das Schlachtfeld; aber gleichzeitig wurden auf dem rechten Flügel
dem Herzog von Braunschweig beide Augen ausgeschossen, und das Heer
wich. Durch den vordringenden Feind im Rücken bedroht, mußte auch
Scharnhorst weichen; dem Prinzen Heinrich, dessen Pferd erschossen war,
gab er das seinige, nahm ein Gewehr und schlug sich mit seiner Jnfanterie
durch. Eine Flintenkugel hatte ihn schon beim Beginn der Schlacht in der
Seite verwundet, aber er achtete die Wunde nicht.

Die hochgepriesene preußische Heeresmacht war gänzlich über den Haufen
geworfen; im wirren Getümmel der Flüchtigen sah sich Scharnhorst fort-
gerissen. Er war mit Blücher und York zusammengetroffen; die drei
Männer, welche zu der Neugestaltung Preußens so Großes beitragen
sollten, eilten unter fortwährendem Kampf mit den nachsetzenden Franzosen
nordwärts. Der Rückzug über die Oder war unmöglich, also beschloß
Blücher, sich nach Westen zu wenden und die Elbe zu überschreiten. Ueberall
traten ihm überlegene französische Heeresmassen entgegen und drängten ihn
nach unglaublichen Anstrengungen in die letzte Stadt Deutschlands, nach
Lübeck. Scharnhorst ordnete die Anstalten zur Vertheidigung, aber nach
kurzem Widerstand drang der Feind mit gewaltiger Uebermacht ein; ein
heftiger Straßenkampf entbrannte; Scharnhorst, York und eine Anzahl
Offiziere werden im Hauptquartier gefangen; Blücher schlägt sich mit den
letzten 6000 Mann durch, aber nur, um am nächsten Tag, ohne Brot und
Pulver, umstellt von 80,000 Feinden, zu kapituliren. Vorher noch ließ er
Scharnhorst gegen einen gefangenen französischen Obersten auswechseln.
Die tiefste gegenseitige Achtung und Liebe verband von da an die beiden
Waffen= und Unglücksgenossen. Blücher schrieb an den König: „Vorzüglich
fühle ich mich verpflichtet, Euer Majestät besonderer Gnade den vortreff-
lichen, in jeder Hinsicht verdienstvollen Oberst von Scharnhorst zu empfeh-
len, dessen rastloser Thätigkeit, dessen fester Entschlossenheit und einsichts-
vollem Rath ein großer Theil des glücklichen Fortganges meiner mühsamen
Retraite zugeschrieben werden muß, indem ich es gern bekenne, daß ohne
die thätigste Beihülfe dieses Mannes es mir vielleicht kaum zur Hälfte
möglich gewesen wäre, das zu leisten, was das Korps wirklich geleistet hat.“

Scharnhorst begab sich zur See nach Preußen, wo die Trümmer der
preußischen Kriegsmacht sich mit dem russischen Heer vereinigten, um die
letzte Vertheidigungslinie, die der Weichsel, zu halten. Die Preußen führte
[Spaltenumbruch] General Lestocq; als Haupt des Generalstabes ward ihm auf Blüchers
Verwendung Scharnhorst beigegeben. Daß die mörderische Schlacht von
Preußisch=Eylau, am 8. Februar 1807, unentschieden blieb, war eine Folge
von Scharnhorsts trefflichen Weisungen für den preußischen Theil des unter
Benningsens Oberbefehl vereinigten Heeres. Das trübselige Ende des
Krieges sah Scharnhorst nicht mehr im preußischen Heerlager; müde der
ewigen Zerwürfnisse mit Lestocq, welcher anderen Rathgebern ein allzu be-
reitwilliges Ohr lieh, hatte Scharnhorst schon vorher die Entlassung aus
seiner Stellung gefordert und sich zum König begeben. Der unselige Til-
siter Friede endigte den Krieg mit der Theilung Preußens, mit der furcht-
baren Schwächung der wenigen Provinzen, welche überhaupt noch Preußen
bildeten.

Es folgen nun jene sechs Jahre, welche wohl die traurigsten waren, die
jemals über Preußen kamen. Das Land verarmt, seufzend unter der Last
unerschwinglicher Kriegssteuern und zahlreicher französischer Besatzungen,
die jeden Aufschwung schon durch ihre Gegenwart niederhielten; das Volk
entmuthigt, dabei tief verbittert gegen ein Heer, welches den stolzen Er-
wartungen so wenig entsprochen hatte. Der König machtlos in den Hän-
den des furchtbaren Drängers, der nur auf Grund und Gelegenheit war-
tete, um das geknebelte Preußen ganz zu zertrümmern. Jn diesem ver-
zweifelten Zustande bedurfte es starker und kluger Geister, um das zerrüttete
Reich wieder aufzurichten, um ihm wieder Muth und Selbstvertrauen ein-
zuflößen für die Stunde, da der furchtbare Kampf der Entscheidung über
Dasein oder Untergang losbrechen sollte. Und ein unendliches Glück ist
es zu nennen, daß diese Männer sich fanden. Der Sturm des Unglücks
hatte die schwachen und seichten Köpfe hinweggefegt; die starken und tiefen
Geister, vorher unbeachtet oder verkannt, traten in helles Licht. Zu ihnen
gehört neben Stein, welcher die Riesenaufgabe übernahm, die bürgerlichen
Verhältnisse des Staats auf den Grundlagen der Freiheit und Gleich-
berechtigung neu zu begründen, vor Allen Scharnhorst. Der König er-
nannte ihn zum General=Major und setzte unmittelbar nach dem Tilsiter
Frieden eine Militair=Reorganisations=Kommission ein, welche unter Scharn-
horsts Leitung darüber berathen sollte, wie das Heerwesen zeitgemäß ver-
jüngt werden möchte. Zu dieser Kommission gehörten auch die herrlichen
Männer Gneisenau, Grolmann und Boyen, die später in den Freiheits-
kriegen eine so bedeutende Rolle spielen sollten. Es ist bezeichnend, daß
die beiden Hervorragendsten unter ihnen, Scharnhorst und Gneisenau, sich
aus den ärmlichsten Verhältnissen emporgearbeitet hatten; Scharnhorst, der
„vornehme Schäfer“, und Gneisenau, der ehemalige Gänsehirt, vereinigten
sich zur Neugestaltung Preußens.

So waren die nächsten Jahre Jahre unglaublicher Arbeit. Alle
Offiziere, die im letzten Kriege gedient, sollten nach ihrem Verhalten ge-
prüft, die Schuldigen bestraft werden. Vor Allem aber galt es, den
Offfzierstand geistig und sittlich zu heben. Sie sollten nicht mehr bloß
nach dem Alter vorrücken, sondern nach Kenntniß und Verdienst; auch der
Bürgerliche kann, wenn er die nöthigen Kenntnisse nachweist, Offizier
werden, im Kriege Jeder, der Tapferkeit, Thätigkeit und soldatischen Blick
beweist. Der Soldat soll nicht mehr ein geworbener Sklave auf Lebens-
zeit sein; alle Befreiungen vom Dienst werden aufgehoben, Jeder ist zum
Heerdienst verpflichtet; entehrende Strafen, wie die Stockprügel , werden
aufgehoben; neben die Linie tritt eine Nationalmiliz zur Landesverthei-
digung, gebildet aus den Vermögenderen; sie hat später als Landwehr eine
bessere Gestaltung erhalten. So bildeten Scharnhorst und seine Freunde
des Königs Gedanken ins Einzelne aus, suchten dadurch dem ganzen
Offizier= und Soldatenstand geistiges Streben, Ehre und Nationalgefühl
zu geben. Vorher war der Adel fast im Alleinbesitz der Offizierstellen ge-
wesen; wie der Soldat geachtet war, lehrt das Wort eines älteren Militair-
schriftstellers: Die preußischen Soldaten sind wie die Stockfische, die um so
besser werden, je mehr man sie ausklopft!“ Jetzt galt es eigene Arbeit, ein
Verzichten auf Vortheile, die man für ein Recht zu halten sich gewöhnt
hatte. Kein Wunder, daß die altpreußische Adelspartei auf die „ Schul-
meister “ und „Genies“, die „Jakobiner“ in Uniform, auf Scharnhorst und
Gneisenau einen grimmigen Zorn hatte und ihnen Leben und Wirken
herzlich schwer machte. Den König war einsichtig genug, zu erkennen,
welchen Schatz er an Scharnhorst besaß, um ihn walten zu lassen; dieser
seinerseits verstand vortrefflich, mit dem oft unentschlossenen, bedenklichen
Monarchen zu verkehren. Einer von Scharnhorsts eifrigsten Gegnern, der
General von der Marwitz, schreibt über ihn: „Die Philosophen und
Jdeologen haben Scharnhorst viel zu sehr gepriesen, als sei er der größte
Held gewesen, und als habe er allein den preußischen Staat gerettet. Das
ist zu viel gesagt. Aber es war doch ein wahres Glück für den Staat,
daß er um den König, an das Ruder der militairischen Angelegenheiten
kam; denn alles Dauerhafte und Wesentliche, was zwischen 1807 und 1813
eingerichtet ist, rührt von ihm her. Er hatte ein eigenes Talent, mit dem
König umzugehen. Wenn dieser eine Sache zurückwies, so schwieg er und
brachte sie am andern Tage wieder vor und den dritten Tag wieder, und
wenn der König sagte: „Schon hundert Mal gesagt, will's nicht haben!“
oder: „Mir damit vom Halse bleiben! Gar nicht wieder davon reden
hören!“ so schwieg Scharnhorst wieder und rückte nach vierzehn Tagen
oder drei Wochen aufs Neue damit hervor, bis der König, in dem Ge-
danken, es möchte doch wohl gut sein, weil Scharnhorst darauf so versessen
sei, zuhörte und nachgab. Auch war er ganz unermüdet arbeitsam und
dachte an nichts Anderes, als an seine Geschäfte.“

( Schluß folgt. )



[Ende Spaltensatz]
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[196/0004] 196 mit den Fremden! Nieder mit den französischen Kroaten!“ An mehreren Punkten mußten sich die Franzosen mit gefälltem Bayonnet Luft machen. Alle Läden waren geschlossen. Des Abends erblickte man keine Lichter. Kaffeehäuser, in welche Franzosen traten, wurden sofort von den Römern verlassen. Die Nationalversammlung ward mit Waffengewalt aus ihrem Sitzungs- saal vertrieben, worauf das Bureau, der Fürst Canino ( Karl Bonaparte ) an der Spitze, das stattgehabte Verfahren in einem an Oudinot gesendeten Protest als „Ehrlosigkeit“ bezeichnete. Es folgte nun Einsetzung eines Kriegsgerichts, Vernichtung der Presse, des Vereins= und Versammlungsrechts und Entwaffnung des Volks. Erst am 14. Juli, dem Jahrestag der Erstürmung der Bastille, warf Oudinot die Maske völlig ab und erklärte den Römern, „daß Frankreich, die heißen Wünsche der Christenheit erfüllend, mit diesem Tage die weltliche Souve- rainetät des Oberhauptes der christlichen Kirche in der Hauptstadt wieder- herstelle.“ So ging die römische Republik unter, nicht etwa weil das römische Volk, wie später das französische, den Freistaat selbst aufgab, nicht in Folge einer inneren Reaktion, eben so wenig wegen Mangels an Muth und Aufopferungsfähigkeit; sie erlag der ungeheuren feindlichen Uebermacht, die wider alles Völkerrecht in das Land eingebrochen war. Mit gerechtem Stolz aber können die Römer sich dabei erinnern, wie es keine leere Re- densart war, wenn der der kaiserlichen Regierung Frankreichs doch so zu- geneigte englische Minister Palmerston im Mai 1856, also nach sieben Jahren der Wiedereinsetzung der päpstlichen Herrschaft, im Parlament offen erklärte: „Seit Jahrzehnten habe Rom nie einer so trefflichen Re- gierung sich erfreut, wie in der Zeit der Revolution!“ R. R. Scharnhorst. ( Fortsetzung. ) Unterdessen ging die Geschichte ihren Gang. Preußen sah selbst- genügsam zu, wie Oesterreich und dann das alte deutsche Reich unter Na- poleons gewaltigen Schlägen zusammenbrach, und stand schließlich vereinzelt, nur auf die ferne und langsame Hülfe Rußlands angewiesen, dem furcht- baren Feinde gegenüber. Endlich sah es sich durch fast muthwillige Krän- kungen Napoleons zum Krieg genöthigt, dem es bis dahin ängstlich aus dem Wege gegangen war. Unter dem Befehl des Herzogs Karl Wilhelm Ferdinand von Braunschweig stand die preußische Heeresmacht am Nard- abhange des Thüringer Waldes; Scharnhorst war als Generalquartier- meister dem Herzog beigegeben. Während man im preußischen Haupt- quartier zu Erfurt end= und erfolglose Berathungen hielt, ob, wo und wie man angreifen solle, brach Napoleons Hauptmacht schnell durch das Saal- thal vor, warf bei Saalfeld die preußische Vorhut unter dem tapfern Prinzen Louis Ferdinand in die Flucht und erzwang am 14. Oktober durch die Schlacht bei Jena gegen den Fürsten Hohenlohe den Uebergang über die Saale. Gleichzeitig traf das Hauptheer unter Braunschweig, welches bereits, um nicht von Preußen abgeschnitten zu werden, den Rück- zug angetreten hatte, bei Auerstädt mit dem zweiten französischen Heer unter Davoust zusammen. Lange stand die Schlacht. Scharnhorst führte den linken Flügel, welcher siegreich Stand hielt, viermal ins Gefecht und hielt das Schlachtfeld; aber gleichzeitig wurden auf dem rechten Flügel dem Herzog von Braunschweig beide Augen ausgeschossen, und das Heer wich. Durch den vordringenden Feind im Rücken bedroht, mußte auch Scharnhorst weichen; dem Prinzen Heinrich, dessen Pferd erschossen war, gab er das seinige, nahm ein Gewehr und schlug sich mit seiner Jnfanterie durch. Eine Flintenkugel hatte ihn schon beim Beginn der Schlacht in der Seite verwundet, aber er achtete die Wunde nicht. Die hochgepriesene preußische Heeresmacht war gänzlich über den Haufen geworfen; im wirren Getümmel der Flüchtigen sah sich Scharnhorst fort- gerissen. Er war mit Blücher und York zusammengetroffen; die drei Männer, welche zu der Neugestaltung Preußens so Großes beitragen sollten, eilten unter fortwährendem Kampf mit den nachsetzenden Franzosen nordwärts. Der Rückzug über die Oder war unmöglich, also beschloß Blücher, sich nach Westen zu wenden und die Elbe zu überschreiten. Ueberall traten ihm überlegene französische Heeresmassen entgegen und drängten ihn nach unglaublichen Anstrengungen in die letzte Stadt Deutschlands, nach Lübeck. Scharnhorst ordnete die Anstalten zur Vertheidigung, aber nach kurzem Widerstand drang der Feind mit gewaltiger Uebermacht ein; ein heftiger Straßenkampf entbrannte; Scharnhorst, York und eine Anzahl Offiziere werden im Hauptquartier gefangen; Blücher schlägt sich mit den letzten 6000 Mann durch, aber nur, um am nächsten Tag, ohne Brot und Pulver, umstellt von 80,000 Feinden, zu kapituliren. Vorher noch ließ er Scharnhorst gegen einen gefangenen französischen Obersten auswechseln. Die tiefste gegenseitige Achtung und Liebe verband von da an die beiden Waffen= und Unglücksgenossen. Blücher schrieb an den König: „Vorzüglich fühle ich mich verpflichtet, Euer Majestät besonderer Gnade den vortreff- lichen, in jeder Hinsicht verdienstvollen Oberst von Scharnhorst zu empfeh- len, dessen rastloser Thätigkeit, dessen fester Entschlossenheit und einsichts- vollem Rath ein großer Theil des glücklichen Fortganges meiner mühsamen Retraite zugeschrieben werden muß, indem ich es gern bekenne, daß ohne die thätigste Beihülfe dieses Mannes es mir vielleicht kaum zur Hälfte möglich gewesen wäre, das zu leisten, was das Korps wirklich geleistet hat.“ Scharnhorst begab sich zur See nach Preußen, wo die Trümmer der preußischen Kriegsmacht sich mit dem russischen Heer vereinigten, um die letzte Vertheidigungslinie, die der Weichsel, zu halten. Die Preußen führte General Lestocq; als Haupt des Generalstabes ward ihm auf Blüchers Verwendung Scharnhorst beigegeben. Daß die mörderische Schlacht von Preußisch=Eylau, am 8. Februar 1807, unentschieden blieb, war eine Folge von Scharnhorsts trefflichen Weisungen für den preußischen Theil des unter Benningsens Oberbefehl vereinigten Heeres. Das trübselige Ende des Krieges sah Scharnhorst nicht mehr im preußischen Heerlager; müde der ewigen Zerwürfnisse mit Lestocq, welcher anderen Rathgebern ein allzu be- reitwilliges Ohr lieh, hatte Scharnhorst schon vorher die Entlassung aus seiner Stellung gefordert und sich zum König begeben. Der unselige Til- siter Friede endigte den Krieg mit der Theilung Preußens, mit der furcht- baren Schwächung der wenigen Provinzen, welche überhaupt noch Preußen bildeten. Es folgen nun jene sechs Jahre, welche wohl die traurigsten waren, die jemals über Preußen kamen. Das Land verarmt, seufzend unter der Last unerschwinglicher Kriegssteuern und zahlreicher französischer Besatzungen, die jeden Aufschwung schon durch ihre Gegenwart niederhielten; das Volk entmuthigt, dabei tief verbittert gegen ein Heer, welches den stolzen Er- wartungen so wenig entsprochen hatte. Der König machtlos in den Hän- den des furchtbaren Drängers, der nur auf Grund und Gelegenheit war- tete, um das geknebelte Preußen ganz zu zertrümmern. Jn diesem ver- zweifelten Zustande bedurfte es starker und kluger Geister, um das zerrüttete Reich wieder aufzurichten, um ihm wieder Muth und Selbstvertrauen ein- zuflößen für die Stunde, da der furchtbare Kampf der Entscheidung über Dasein oder Untergang losbrechen sollte. Und ein unendliches Glück ist es zu nennen, daß diese Männer sich fanden. Der Sturm des Unglücks hatte die schwachen und seichten Köpfe hinweggefegt; die starken und tiefen Geister, vorher unbeachtet oder verkannt, traten in helles Licht. Zu ihnen gehört neben Stein, welcher die Riesenaufgabe übernahm, die bürgerlichen Verhältnisse des Staats auf den Grundlagen der Freiheit und Gleich- berechtigung neu zu begründen, vor Allen Scharnhorst. Der König er- nannte ihn zum General=Major und setzte unmittelbar nach dem Tilsiter Frieden eine Militair=Reorganisations=Kommission ein, welche unter Scharn- horsts Leitung darüber berathen sollte, wie das Heerwesen zeitgemäß ver- jüngt werden möchte. Zu dieser Kommission gehörten auch die herrlichen Männer Gneisenau, Grolmann und Boyen, die später in den Freiheits- kriegen eine so bedeutende Rolle spielen sollten. Es ist bezeichnend, daß die beiden Hervorragendsten unter ihnen, Scharnhorst und Gneisenau, sich aus den ärmlichsten Verhältnissen emporgearbeitet hatten; Scharnhorst, der „vornehme Schäfer“, und Gneisenau, der ehemalige Gänsehirt, vereinigten sich zur Neugestaltung Preußens. So waren die nächsten Jahre Jahre unglaublicher Arbeit. Alle Offiziere, die im letzten Kriege gedient, sollten nach ihrem Verhalten ge- prüft, die Schuldigen bestraft werden. Vor Allem aber galt es, den Offfzierstand geistig und sittlich zu heben. Sie sollten nicht mehr bloß nach dem Alter vorrücken, sondern nach Kenntniß und Verdienst; auch der Bürgerliche kann, wenn er die nöthigen Kenntnisse nachweist, Offizier werden, im Kriege Jeder, der Tapferkeit, Thätigkeit und soldatischen Blick beweist. Der Soldat soll nicht mehr ein geworbener Sklave auf Lebens- zeit sein; alle Befreiungen vom Dienst werden aufgehoben, Jeder ist zum Heerdienst verpflichtet; entehrende Strafen, wie die Stockprügel , werden aufgehoben; neben die Linie tritt eine Nationalmiliz zur Landesverthei- digung, gebildet aus den Vermögenderen; sie hat später als Landwehr eine bessere Gestaltung erhalten. So bildeten Scharnhorst und seine Freunde des Königs Gedanken ins Einzelne aus, suchten dadurch dem ganzen Offizier= und Soldatenstand geistiges Streben, Ehre und Nationalgefühl zu geben. Vorher war der Adel fast im Alleinbesitz der Offizierstellen ge- wesen; wie der Soldat geachtet war, lehrt das Wort eines älteren Militair- schriftstellers: Die preußischen Soldaten sind wie die Stockfische, die um so besser werden, je mehr man sie ausklopft!“ Jetzt galt es eigene Arbeit, ein Verzichten auf Vortheile, die man für ein Recht zu halten sich gewöhnt hatte. Kein Wunder, daß die altpreußische Adelspartei auf die „ Schul- meister “ und „Genies“, die „Jakobiner“ in Uniform, auf Scharnhorst und Gneisenau einen grimmigen Zorn hatte und ihnen Leben und Wirken herzlich schwer machte. 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Wenn dieser eine Sache zurückwies, so schwieg er und brachte sie am andern Tage wieder vor und den dritten Tag wieder, und wenn der König sagte: „Schon hundert Mal gesagt, will's nicht haben!“ oder: „Mir damit vom Halse bleiben! Gar nicht wieder davon reden hören!“ so schwieg Scharnhorst wieder und rückte nach vierzehn Tagen oder drei Wochen aufs Neue damit hervor, bis der König, in dem Ge- danken, es möchte doch wohl gut sein, weil Scharnhorst darauf so versessen sei, zuhörte und nachgab. Auch war er ganz unermüdet arbeitsam und dachte an nichts Anderes, als an seine Geschäfte.“ ( Schluß folgt. )

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Zitationshilfe: Sonntags-Blatt. Nr. 25. Berlin, 21. Juni 1868, S. 196. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_sonntagsblatt25_1868/4>, abgerufen am 14.06.2024.