Otto, Louise: Schloß und Fabrik, Bd. 1. Leipzig, 1846.zu: mögten Sie diesen Verstoßenen auch als ein Engel erschienen sein, welcher sie aus dem Abgrund emporhebt, in dem sie täglich immer tiefer versinken. -- Vergeben Sie, wenn diese Worte zu kühn sind für einen armen Fabrikarbeiter, wie der Verfasser." "Ja," rief Elisabeth erschüttert, als sie noch eine Weile in diesem Buche geblättert hatte, "das ist ein unabsehbares Elend, von dem ich bis jetzt Nichts gewußt habe," und ihre Haut überlief ein leiser Schauer. "Wie ich Alles gelesen," sagte Pauline, "versuchte ich, meinem Vater Vorstellungen zu machen, ob er, wenn einmal Kinder arbeiten müßten, ihre Zahl nicht noch vermehren könnte, aber so, daß sie, einander ablösend, nur wenig Stunden des Tages arbeiteten, und Schulunterricht haben könnten. -- Er antwortete mir: den hätten sie, und ob ich denn den Lehrer noch nicht kenne? Wie ich aber weiter sprechen wollte, ward er so böse, wie ich ihn noch niemals gesehen, und verbot mir bei seinem höchsten Zorn, jemals wieder über solche Dinge zu sprechen, welche ich nicht verstände -- ja er lachte mich geradezu aus, und schloß endlich damit, daß ein längeres Leben hier mich wohl überzeugen würde, wie seine Arbeiter ganz glücklich wären, und auch alle Ursache dazu hätten, während nur Einige über Elend jammerten, weil ihre unverschämten Forderungen nicht erfüllt würden. Nach Allem, was er sagte, fühlte zu: mögten Sie diesen Verstoßenen auch als ein Engel erschienen sein, welcher sie aus dem Abgrund emporhebt, in dem sie täglich immer tiefer versinken. — Vergeben Sie, wenn diese Worte zu kühn sind für einen armen Fabrikarbeiter, wie der Verfasser.“ „Ja,“ rief Elisabeth erschüttert, als sie noch eine Weile in diesem Buche geblättert hatte, „das ist ein unabsehbares Elend, von dem ich bis jetzt Nichts gewußt habe,“ und ihre Haut überlief ein leiser Schauer. „Wie ich Alles gelesen,“ sagte Pauline, „versuchte ich, meinem Vater Vorstellungen zu machen, ob er, wenn einmal Kinder arbeiten müßten, ihre Zahl nicht noch vermehren könnte, aber so, daß sie, einander ablösend, nur wenig Stunden des Tages arbeiteten, und Schulunterricht haben könnten. — Er antwortete mir: den hätten sie, und ob ich denn den Lehrer noch nicht kenne? Wie ich aber weiter sprechen wollte, ward er so böse, wie ich ihn noch niemals gesehen, und verbot mir bei seinem höchsten Zorn, jemals wieder über solche Dinge zu sprechen, welche ich nicht verstände — ja er lachte mich geradezu aus, und schloß endlich damit, daß ein längeres Leben hier mich wohl überzeugen würde, wie seine Arbeiter ganz glücklich wären, und auch alle Ursache dazu hätten, während nur Einige über Elend jammerten, weil ihre unverschämten Forderungen nicht erfüllt würden. Nach Allem, was er sagte, fühlte <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0152" n="142"/> zu: mögten Sie diesen Verstoßenen auch als ein Engel erschienen sein, welcher sie aus dem Abgrund emporhebt, in dem sie täglich immer tiefer versinken. — Vergeben Sie, wenn diese Worte zu kühn sind für einen armen Fabrikarbeiter, wie der Verfasser.“</p> <p>„Ja,“ rief Elisabeth erschüttert, als sie noch eine Weile in diesem Buche geblättert hatte, „das ist ein unabsehbares Elend, von dem ich bis jetzt Nichts gewußt habe,“ und ihre Haut überlief ein leiser Schauer.</p> <p>„Wie ich Alles gelesen,“ sagte Pauline, „versuchte ich, meinem Vater Vorstellungen zu machen, ob er, wenn einmal Kinder arbeiten müßten, ihre Zahl nicht noch vermehren könnte, aber so, daß sie, einander ablösend, nur wenig Stunden des Tages arbeiteten, und Schulunterricht haben könnten. — Er antwortete mir: den hätten sie, und ob ich denn den Lehrer noch nicht kenne? Wie ich aber weiter sprechen wollte, ward er so böse, wie ich ihn noch niemals gesehen, und verbot mir bei seinem höchsten Zorn, jemals wieder über solche Dinge zu sprechen, welche ich nicht verstände — ja er lachte mich geradezu aus, und schloß endlich damit, daß ein längeres Leben hier mich wohl überzeugen würde, wie seine Arbeiter ganz glücklich wären, und auch alle Ursache dazu hätten, während nur Einige über Elend jammerten, weil ihre unverschämten Forderungen nicht erfüllt würden. Nach Allem, was er sagte, fühlte </p> </div> </body> </text> </TEI> [142/0152]
zu: mögten Sie diesen Verstoßenen auch als ein Engel erschienen sein, welcher sie aus dem Abgrund emporhebt, in dem sie täglich immer tiefer versinken. — Vergeben Sie, wenn diese Worte zu kühn sind für einen armen Fabrikarbeiter, wie der Verfasser.“
„Ja,“ rief Elisabeth erschüttert, als sie noch eine Weile in diesem Buche geblättert hatte, „das ist ein unabsehbares Elend, von dem ich bis jetzt Nichts gewußt habe,“ und ihre Haut überlief ein leiser Schauer.
„Wie ich Alles gelesen,“ sagte Pauline, „versuchte ich, meinem Vater Vorstellungen zu machen, ob er, wenn einmal Kinder arbeiten müßten, ihre Zahl nicht noch vermehren könnte, aber so, daß sie, einander ablösend, nur wenig Stunden des Tages arbeiteten, und Schulunterricht haben könnten. — Er antwortete mir: den hätten sie, und ob ich denn den Lehrer noch nicht kenne? Wie ich aber weiter sprechen wollte, ward er so böse, wie ich ihn noch niemals gesehen, und verbot mir bei seinem höchsten Zorn, jemals wieder über solche Dinge zu sprechen, welche ich nicht verstände — ja er lachte mich geradezu aus, und schloß endlich damit, daß ein längeres Leben hier mich wohl überzeugen würde, wie seine Arbeiter ganz glücklich wären, und auch alle Ursache dazu hätten, während nur Einige über Elend jammerten, weil ihre unverschämten Forderungen nicht erfüllt würden. Nach Allem, was er sagte, fühlte
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Zitationshilfe: | Otto, Louise: Schloß und Fabrik, Bd. 1. Leipzig, 1846, S. 142. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/otto_schloss01_1846/152>, abgerufen am 14.06.2024. |