Otto, Louise: Schloß und Fabrik, Bd. 2. Leipzig, 1846.süchen, vielleicht finden Sie deren Einige unter Ihren eignen Arbeitern." "Sie sind, wie Sie vorhin sagten, erst seit ein paar Wochen in unserer Nachbarschaft und wollen mich meine Arbeitsleute kennen lernen, in deren Mitte ich wohne, welche ich meist habe aufwachsen sehen, mit denen ich täglich seit vielen Jahren in Berührung komme und von denen ich weiß, was für Menschen es sind -- und Sie wollen sie mich erst kennen lehren -- das ist sehr komisch!" "Um manche Dinge im rechten Licht zu sehen, ist oft ein entfernter Standpunkt nöthig." "Und was für Dinge gehen denn in meiner Fabrik vor? Ich bin auf Ihre Mittheilungen in der That sehr gespannt, klären Sie mich auf." "Nennt sich nicht Einer unter Ihren Arbeitern Franz Thalheim?" "Einer meiner geschicktesten und fleißigsten Arbeiter, ein ordentlicher Mensch wie Wenige." "Sie wissen, daß er schreibt?" "Mein Gott, ja! Er ist von besserm Herkommen, als die andern Arbeiter, und hat eine gute Erziehung gehabt -- darauf bildet er sich nun Viel ein, und während die Andern dumme Streiche machen, sitzt er allein zu Hause, schreibt und dünkt sich vielleicht ein großer Dichter zu sein. Das läßt mich sehr gleichgültig und geht süchen, vielleicht finden Sie deren Einige unter Ihren eignen Arbeitern.“ „Sie sind, wie Sie vorhin sagten, erst seit ein paar Wochen in unserer Nachbarschaft und wollen mich meine Arbeitsleute kennen lernen, in deren Mitte ich wohne, welche ich meist habe aufwachsen sehen, mit denen ich täglich seit vielen Jahren in Berührung komme und von denen ich weiß, was für Menschen es sind — und Sie wollen sie mich erst kennen lehren — das ist sehr komisch!“ „Um manche Dinge im rechten Licht zu sehen, ist oft ein entfernter Standpunkt nöthig.“ „Und was für Dinge gehen denn in meiner Fabrik vor? Ich bin auf Ihre Mittheilungen in der That sehr gespannt, klären Sie mich auf.“ „Nennt sich nicht Einer unter Ihren Arbeitern Franz Thalheim?“ „Einer meiner geschicktesten und fleißigsten Arbeiter, ein ordentlicher Mensch wie Wenige.“ „Sie wissen, daß er schreibt?“ „Mein Gott, ja! Er ist von besserm Herkommen, als die andern Arbeiter, und hat eine gute Erziehung gehabt — darauf bildet er sich nun Viel ein, und während die Andern dumme Streiche machen, sitzt er allein zu Hause, schreibt und dünkt sich vielleicht ein großer Dichter zu sein. Das läßt mich sehr gleichgültig und geht <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0211" n="205"/> süchen, vielleicht finden Sie deren Einige unter Ihren eignen Arbeitern.“</p> <p>„Sie sind, wie Sie vorhin sagten, erst seit ein paar Wochen in unserer Nachbarschaft und wollen mich meine Arbeitsleute kennen lernen, in deren Mitte ich wohne, welche ich meist habe aufwachsen sehen, mit denen ich täglich seit vielen Jahren in Berührung komme und von denen ich weiß, was für Menschen es sind — und Sie wollen sie mich erst kennen lehren — das ist sehr komisch!“</p> <p>„Um manche Dinge im rechten Licht zu sehen, ist oft ein entfernter Standpunkt nöthig.“</p> <p>„Und was für Dinge gehen denn in meiner Fabrik vor? Ich bin auf Ihre Mittheilungen in der That sehr gespannt, klären Sie mich auf.“</p> <p>„Nennt sich nicht Einer unter Ihren Arbeitern Franz Thalheim?“</p> <p>„Einer meiner geschicktesten und fleißigsten Arbeiter, ein ordentlicher Mensch wie Wenige.“</p> <p>„Sie wissen, daß er schreibt?“</p> <p>„Mein Gott, ja! Er ist von besserm Herkommen, als die andern Arbeiter, und hat eine gute Erziehung gehabt — darauf bildet er sich nun Viel ein, und während die Andern dumme Streiche machen, sitzt er allein zu Hause, schreibt und dünkt sich vielleicht ein großer Dichter zu sein. Das läßt mich sehr gleichgültig und geht </p> </div> </body> </text> </TEI> [205/0211]
süchen, vielleicht finden Sie deren Einige unter Ihren eignen Arbeitern.“
„Sie sind, wie Sie vorhin sagten, erst seit ein paar Wochen in unserer Nachbarschaft und wollen mich meine Arbeitsleute kennen lernen, in deren Mitte ich wohne, welche ich meist habe aufwachsen sehen, mit denen ich täglich seit vielen Jahren in Berührung komme und von denen ich weiß, was für Menschen es sind — und Sie wollen sie mich erst kennen lehren — das ist sehr komisch!“
„Um manche Dinge im rechten Licht zu sehen, ist oft ein entfernter Standpunkt nöthig.“
„Und was für Dinge gehen denn in meiner Fabrik vor? Ich bin auf Ihre Mittheilungen in der That sehr gespannt, klären Sie mich auf.“
„Nennt sich nicht Einer unter Ihren Arbeitern Franz Thalheim?“
„Einer meiner geschicktesten und fleißigsten Arbeiter, ein ordentlicher Mensch wie Wenige.“
„Sie wissen, daß er schreibt?“
„Mein Gott, ja! Er ist von besserm Herkommen, als die andern Arbeiter, und hat eine gute Erziehung gehabt — darauf bildet er sich nun Viel ein, und während die Andern dumme Streiche machen, sitzt er allein zu Hause, schreibt und dünkt sich vielleicht ein großer Dichter zu sein. Das läßt mich sehr gleichgültig und geht
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