Parthey, Gustav: Jugenderinnerungen. Bd. 1. Berlin, [1871].die nur aus dem Posthause und ein paar Bauernhütten bestand, gänzlich niedergebrannt sei. Nicolai schickte anonym dem Postmeister eine bedeutende Summe. Sein edles Benehmen gegen J. H. Voss ist allen denen bekannt, die sich mit der Litteraturgeschichte jener Zeiten beschäftigen; es vergnügt mich, dieser Begebenheit hier kurz zu gedenken. Voss hatte i. J. 1796 in Eutin eine schwere Krankheit durchgemacht, die für sein ganzes übriges Leben traurige Folgen zu hinterlassen drohte. Sein trefflicher Arzt Hensler erklärte, eine gänzliche Heilung sei nur durch eine Badekur möglich. Aber woher die Kosten nehmen, da Vossens Einkünfte als Schullehrer kaum zum Lebensunterhalte hinreichten? Nicolai erfuhr diese Umstände, und ließ durch Boie, Vossens Schwager, ihm die Kosten der Badereise anbieten, aber anonym. Voss weigerte sich, die Gabe anzunehmen, wenn der Geber nicht genannt werde. Boie glaubte es verantworten zu können, wenn er das Geheimniß breche. Voss nahm nun seinerseits das Geschenk an, machte die Badereise und ward völlig hergestellt. Sein darüber an Nicolai geschriebener Brief beginnt mit den Worten "Mann der besseren Zeit". Sie blieben seitdem in fortgesetztem freundschaftlichen Briefwechsel, und als ich i. J. 1819 nach Heidelberg auf die Universität ging, ward ich von Voss mit wahrhaft väterlicher Liebe aufgenommen. Seinen braven Arzt Hensler hat Voss durch die Zueignung von Ovids Verwandlungen unsterblich gemacht. An Hensler. Als ich zum ewigen Schlaf hinschlummerte, weckte mich Hensler, Und ich Ermunterter sang Naso's ermunterndes Lied, die nur aus dem Posthause und ein paar Bauernhütten bestand, gänzlich niedergebrannt sei. Nicolai schickte anonym dem Postmeister eine bedeutende Summe. Sein edles Benehmen gegen J. H. Voss ist allen denen bekannt, die sich mit der Litteraturgeschichte jener Zeiten beschäftigen; es vergnügt mich, dieser Begebenheit hier kurz zu gedenken. Voss hatte i. J. 1796 in Eutin eine schwere Krankheit durchgemacht, die für sein ganzes übriges Leben traurige Folgen zu hinterlassen drohte. Sein trefflicher Arzt Hensler erklärte, eine gänzliche Heilung sei nur durch eine Badekur möglich. Aber woher die Kosten nehmen, da Vossens Einkünfte als Schullehrer kaum zum Lebensunterhalte hinreichten? Nicolai erfuhr diese Umstände, und ließ durch Boie, Vossens Schwager, ihm die Kosten der Badereise anbieten, aber anonym. Voss weigerte sich, die Gabe anzunehmen, wenn der Geber nicht genannt werde. Boie glaubte es verantworten zu können, wenn er das Geheimniß breche. Voss nahm nun seinerseits das Geschenk an, machte die Badereise und ward völlig hergestellt. Sein darüber an Nicolai geschriebener Brief beginnt mit den Worten „Mann der besseren Zeit“. Sie blieben seitdem in fortgesetztem freundschaftlichen Briefwechsel, und als ich i. J. 1819 nach Heidelberg auf die Universität ging, ward ich von Voss mit wahrhaft väterlicher Liebe aufgenommen. Seinen braven Arzt Hensler hat Voss durch die Zueignung von Ovids Verwandlungen unsterblich gemacht. An Hensler. Als ich zum ewigen Schlaf hinschlummerte, weckte mich Hensler, Und ich Ermunterter sang Naso’s ermunterndes Lied, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="1"> <p><pb facs="#f0166" n="154"/> die nur aus dem Posthause und ein paar Bauernhütten bestand, gänzlich niedergebrannt sei. Nicolai schickte anonym dem Postmeister eine bedeutende Summe. </p><lb/> <p>Sein edles Benehmen gegen J. H. Voss ist allen denen bekannt, die sich mit der Litteraturgeschichte jener Zeiten beschäftigen; es vergnügt mich, dieser Begebenheit hier kurz zu gedenken. Voss hatte i. J. 1796 in Eutin eine schwere Krankheit durchgemacht, die für sein ganzes übriges Leben traurige Folgen zu hinterlassen drohte. Sein trefflicher Arzt Hensler erklärte, eine gänzliche Heilung sei nur durch eine Badekur möglich. Aber woher die Kosten nehmen, da Vossens Einkünfte als Schullehrer kaum zum Lebensunterhalte hinreichten? Nicolai erfuhr diese Umstände, und ließ durch Boie, Vossens Schwager, ihm die Kosten der Badereise anbieten, aber anonym. Voss weigerte sich, die Gabe anzunehmen, wenn der Geber nicht genannt werde. Boie glaubte es verantworten zu können, wenn er das Geheimniß breche. Voss nahm nun seinerseits das Geschenk an, machte die Badereise und ward völlig hergestellt. Sein darüber an Nicolai geschriebener Brief beginnt mit den Worten „Mann der besseren Zeit“. Sie blieben seitdem in fortgesetztem freundschaftlichen Briefwechsel, und als ich i. J. 1819 nach Heidelberg auf die Universität ging, ward ich von Voss mit wahrhaft väterlicher Liebe aufgenommen. </p><lb/> <p>Seinen braven Arzt Hensler hat Voss durch die Zueignung von Ovids Verwandlungen unsterblich gemacht. </p><lb/> <p rendition="#c">An Hensler. </p><lb/> <p rendition="#c">Als ich zum ewigen Schlaf hinschlummerte, weckte mich Hensler, </p><lb/> <p rendition="#c">Und ich Ermunterter sang Naso’s ermunterndes Lied, </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [154/0166]
die nur aus dem Posthause und ein paar Bauernhütten bestand, gänzlich niedergebrannt sei. Nicolai schickte anonym dem Postmeister eine bedeutende Summe.
Sein edles Benehmen gegen J. H. Voss ist allen denen bekannt, die sich mit der Litteraturgeschichte jener Zeiten beschäftigen; es vergnügt mich, dieser Begebenheit hier kurz zu gedenken. Voss hatte i. J. 1796 in Eutin eine schwere Krankheit durchgemacht, die für sein ganzes übriges Leben traurige Folgen zu hinterlassen drohte. Sein trefflicher Arzt Hensler erklärte, eine gänzliche Heilung sei nur durch eine Badekur möglich. Aber woher die Kosten nehmen, da Vossens Einkünfte als Schullehrer kaum zum Lebensunterhalte hinreichten? Nicolai erfuhr diese Umstände, und ließ durch Boie, Vossens Schwager, ihm die Kosten der Badereise anbieten, aber anonym. Voss weigerte sich, die Gabe anzunehmen, wenn der Geber nicht genannt werde. Boie glaubte es verantworten zu können, wenn er das Geheimniß breche. Voss nahm nun seinerseits das Geschenk an, machte die Badereise und ward völlig hergestellt. Sein darüber an Nicolai geschriebener Brief beginnt mit den Worten „Mann der besseren Zeit“. Sie blieben seitdem in fortgesetztem freundschaftlichen Briefwechsel, und als ich i. J. 1819 nach Heidelberg auf die Universität ging, ward ich von Voss mit wahrhaft väterlicher Liebe aufgenommen.
Seinen braven Arzt Hensler hat Voss durch die Zueignung von Ovids Verwandlungen unsterblich gemacht.
An Hensler.
Als ich zum ewigen Schlaf hinschlummerte, weckte mich Hensler,
Und ich Ermunterter sang Naso’s ermunterndes Lied,
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/parthey_jugenderinnerungen01_1871 |
URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/parthey_jugenderinnerungen01_1871/166 |
Zitationshilfe: | Parthey, Gustav: Jugenderinnerungen. Bd. 1. Berlin, [1871], S. 154. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/parthey_jugenderinnerungen01_1871/166>, abgerufen am 14.06.2024. |