die Glocke einer Brockenkuh. Ich weiß nicht, wovon; ich wollt' aber, ein bedeutender Freund, oder gar du hättest meine Saiten so durch einan¬ der geschraubt, kurz einer von euch beiden hätte mich ein wenig beleidigt und meinen Schmolgeist zitirt. Ich würde mich -- das hätte mich wie¬ der ausgestimmt ohne Verlust von 32 Saiten oder Zähnen -- mit ihm tüchtig überworfen haben; ich hätte häslich gedonnert, gehagelt, gewettert; das macht, wie gesagt, gutes Blut.
Denn nichts ist schädlicher, Notarius, so wohl in Ehen als Freundschaften feiner Seelen, als ein langer unaufgelöseter Verhalt auf einem Miston bei einem wechselseitigen fortwährenden Zusammenstimmen in allen zärtesten Pflichten, so daß die Narren sich abstoßen, ohne sonst zu verstoßen; da doch solche Seelen in jeder bedeu¬ tenden Spaltung auf nichts so eifrig denken soll¬ ten, als sie bis zum rechten Zanke zu treiben, worauf sich Versöhnen von selber einstellte. Der Braunstein liefert bei mäßiger Erhizung Stik¬ gas; aber zwing' ihn zum Glühen, so haucht er ja Lebensluft. Aus der Knallbüchse fliegt der
die Glocke einer Brockenkuh. Ich weiß nicht, wovon; ich wollt' aber, ein bedeutender Freund, oder gar du haͤtteſt meine Saiten ſo durch einan¬ der geſchraubt, kurz einer von euch beiden haͤtte mich ein wenig beleidigt und meinen Schmolgeiſt zitirt. Ich wuͤrde mich — das haͤtte mich wie¬ der ausgeſtimmt ohne Verluſt von 32 Saiten oder Zaͤhnen — mit ihm tuͤchtig uͤberworfen haben; ich haͤtte haͤslich gedonnert, gehagelt, gewettert; das macht, wie geſagt, gutes Blut.
Denn nichts iſt ſchaͤdlicher, Notarius, ſo wohl in Ehen als Freundſchaften feiner Seelen, als ein langer unaufgeloͤſeter Verhalt auf einem Miston bei einem wechſelſeitigen fortwaͤhrenden Zuſammenſtimmen in allen zaͤrteſten Pflichten, ſo daß die Narren ſich abſtoßen, ohne ſonſt zu verſtoßen; da doch ſolche Seelen in jeder bedeu¬ tenden Spaltung auf nichts ſo eifrig denken ſoll¬ ten, als ſie bis zum rechten Zanke zu treiben, worauf ſich Verſoͤhnen von ſelber einſtellte. Der Braunſtein liefert bei maͤßiger Erhizung Stik¬ gas; aber zwing' ihn zum Gluͤhen, ſo haucht er ja Lebensluft. Aus der Knallbuͤchſe fliegt der
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0175"n="167"/>
die Glocke einer Brockenkuh. Ich weiß nicht,<lb/>
wovon; ich wollt' aber, ein bedeutender Freund,<lb/>
oder gar du haͤtteſt meine Saiten ſo durch einan¬<lb/>
der geſchraubt, kurz einer von euch beiden haͤtte<lb/>
mich ein wenig beleidigt und meinen Schmolgeiſt<lb/>
zitirt. Ich wuͤrde mich — das haͤtte mich wie¬<lb/>
der ausgeſtimmt ohne Verluſt von 32 Saiten<lb/>
oder Zaͤhnen — mit ihm tuͤchtig uͤberworfen<lb/>
haben; ich haͤtte haͤslich gedonnert, gehagelt,<lb/>
gewettert; das macht, wie geſagt, gutes Blut.</p><lb/><p>Denn nichts iſt ſchaͤdlicher, Notarius, ſo<lb/>
wohl in Ehen als Freundſchaften feiner Seelen,<lb/>
als ein langer unaufgeloͤſeter Verhalt auf einem<lb/>
Miston bei einem wechſelſeitigen fortwaͤhrenden<lb/>
Zuſammenſtimmen in allen zaͤrteſten Pflichten,<lb/>ſo daß die Narren ſich abſtoßen, ohne ſonſt zu<lb/>
verſtoßen; da doch ſolche Seelen in jeder bedeu¬<lb/>
tenden Spaltung auf nichts ſo eifrig denken ſoll¬<lb/>
ten, als ſie bis zum rechten Zanke zu treiben,<lb/>
worauf ſich Verſoͤhnen von ſelber einſtellte. Der<lb/>
Braunſtein liefert bei maͤßiger Erhizung Stik¬<lb/>
gas; aber zwing' ihn zum Gluͤhen, ſo haucht er<lb/>
ja Lebensluft. Aus der Knallbuͤchſe fliegt der<lb/></p></div></body></text></TEI>
[167/0175]
die Glocke einer Brockenkuh. Ich weiß nicht,
wovon; ich wollt' aber, ein bedeutender Freund,
oder gar du haͤtteſt meine Saiten ſo durch einan¬
der geſchraubt, kurz einer von euch beiden haͤtte
mich ein wenig beleidigt und meinen Schmolgeiſt
zitirt. Ich wuͤrde mich — das haͤtte mich wie¬
der ausgeſtimmt ohne Verluſt von 32 Saiten
oder Zaͤhnen — mit ihm tuͤchtig uͤberworfen
haben; ich haͤtte haͤslich gedonnert, gehagelt,
gewettert; das macht, wie geſagt, gutes Blut.
Denn nichts iſt ſchaͤdlicher, Notarius, ſo
wohl in Ehen als Freundſchaften feiner Seelen,
als ein langer unaufgeloͤſeter Verhalt auf einem
Miston bei einem wechſelſeitigen fortwaͤhrenden
Zuſammenſtimmen in allen zaͤrteſten Pflichten,
ſo daß die Narren ſich abſtoßen, ohne ſonſt zu
verſtoßen; da doch ſolche Seelen in jeder bedeu¬
tenden Spaltung auf nichts ſo eifrig denken ſoll¬
ten, als ſie bis zum rechten Zanke zu treiben,
worauf ſich Verſoͤhnen von ſelber einſtellte. Der
Braunſtein liefert bei maͤßiger Erhizung Stik¬
gas; aber zwing' ihn zum Gluͤhen, ſo haucht er
ja Lebensluft. Aus der Knallbuͤchſe fliegt der
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Jean Paul: Flegeljahre. Bd. 2. Tübingen, 1804, S. 167. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_flegeljahre02_1804/175>, abgerufen am 16.06.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.