"Izt weist du alles, mein guter Mensch, urtheile!" sagte endlich Walt. Vult versezte: Bester, poetischer Fleu- und Florist! -- Was soll ich urtheilen? Verdammtes Regnen! -- Der Himmel könnte auch trokner sein. Ich meine, was ist zu urtheilen, wenn du mir über keinen Menschen beitritst. Hinterher werd' ich dann ganz schamroth, daß ich als ein Mensch, der vielleicht kaum vor ein Paar Stadtthore hinaus, und durch ein Paar Flügelthüren hinein gekom¬ men -- denn ich saß stets -- gegen einen Welt- und Hofmann wie du, Recht behalten will, der, die Wahrheit zu sagen, überall gewesen, an al¬ len Höfen -- in allen Häfen -- Glücks- und Unglückshäfen -- in allen Kaffee- und Theehäu¬ sern Europens -- in belle-vue, in laide- vue -- in Mon-plaisir, in Ton-plaisir und Son-plaisir -- und so etwas weiter herum, das war ich aber nicht, Walt!"
"Verspottest du ernsthaft meine arme Lage, Bruder!" fragte Walt. "Ernsthaft? sagte Vult. Nein, warlich mehr spashaft. Was den Gene¬ ral anlangt, so sag' ich, daß, was du Men¬
„Izt weiſt du alles, mein guter Menſch, urtheile!“ ſagte endlich Walt. Vult verſezte: Beſter, poetiſcher Fleu- und Floriſt! — Was ſoll ich urtheilen? Verdammtes Regnen! — Der Himmel koͤnnte auch trokner ſein. Ich meine, was iſt zu urtheilen, wenn du mir uͤber keinen Menſchen beitritſt. Hinterher werd' ich dann ganz ſchamroth, daß ich als ein Menſch, der vielleicht kaum vor ein Paar Stadtthore hinaus, und durch ein Paar Fluͤgelthuͤren hinein gekom¬ men — denn ich ſaß ſtets — gegen einen Welt- und Hofmann wie du, Recht behalten will, der, die Wahrheit zu ſagen, uͤberall geweſen, an al¬ len Hoͤfen — in allen Haͤfen — Gluͤcks- und Ungluͤckshaͤfen — in allen Kaffee- und Theehaͤu¬ ſern Europens — in belle-vue, in laide- vue — in Mon-plaiſir, in Ton-plaiſir und Son-plaiſir — und ſo etwas weiter herum, das war ich aber nicht, Walt!“
„Verſpotteſt du ernſthaft meine arme Lage, Bruder!“ fragte Walt. „Ernſthaft? ſagte Vult. Nein, warlich mehr ſpashaft. Was den Gene¬ ral anlangt, ſo ſag' ich, daß, was du Men¬
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„Izt weiſt du alles, mein guter Menſch,
urtheile!“ ſagte endlich Walt. Vult verſezte:
Beſter, poetiſcher Fleu- und Floriſt! — Was ſoll
ich urtheilen? Verdammtes Regnen! — Der
Himmel koͤnnte auch trokner ſein. Ich meine,
was iſt zu urtheilen, wenn du mir uͤber keinen
Menſchen beitritſt. Hinterher werd' ich dann
ganz ſchamroth, daß ich als ein Menſch, der
vielleicht kaum vor ein Paar Stadtthore hinaus,
und durch ein Paar Fluͤgelthuͤren hinein gekom¬
men — denn ich ſaß ſtets — gegen einen Welt-
und Hofmann wie du, Recht behalten will, der,
die Wahrheit zu ſagen, uͤberall geweſen, an al¬
len Hoͤfen — in allen Haͤfen — Gluͤcks- und
Ungluͤckshaͤfen — in allen Kaffee- und Theehaͤu¬
ſern Europens — in belle-vue, in laide-
vue — in Mon-plaiſir, in Ton-plaiſir und
Son-plaiſir — und ſo etwas weiter herum,
das war ich aber nicht, Walt!“
„Verſpotteſt du ernſthaft meine arme Lage,
Bruder!“ fragte Walt. „Ernſthaft? ſagte Vult.
Nein, warlich mehr ſpashaft. Was den Gene¬
ral anlangt, ſo ſag' ich, daß, was du Men¬
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Jean Paul: Flegeljahre. Bd. 2. Tübingen, 1804, S. 182. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_flegeljahre02_1804/190>, abgerufen am 16.06.2024.
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