ist und jezt vollends auf I Monat verreiset. Ja es sei Ihr ganz und voll hingereicht, das unbe¬ kannte Herz, und wie unterirdischen Göttern, will ich ihr schweigend opfern. O ich könnte diese Sterne für Sie pflücken zum blitzenden Juwelen- Straus und weiche Lilien aus dem Monde darein binden; und es in Ihrem Schlafe neben Ihr Kis¬ sen legen; wüßt' es auch kein Wesen, wer es ge¬ than, ich wäre zufrieden.
Er gieng die Gasse herab an Zablockis Haus. Alle Lichter waren ausgelöscht. Eine kernschwarze Wolke hieng sich über das Dach; er hätte sie gern herabgerissen. Alles war so still, daß er die Wanduhren gehen hörte. Der Mond schüttete seinen fremden Tag in die Fenster des dritten Stok¬ werks. "O wär' ich ein Stern -- so sang es in ihm und er hörte nur zu -- ich wollte Ihr leuch¬ ten; -- wär' ich eine Rose, ich wollte Ihr blü¬ hen; -- wär' ich ein Ton, ich dräng' in Ihr Herz; -- wär' ich die Liebe, die glücklichste, ich bliebe darin; -- ja wär' ich nur der Traum, ich wollt' in Ihren Schlummer ziehen und der Stern und die Rose und die Liebe und alles seyn, und gern verschwinden, wenn sie erwachte."
iſt und jezt vollends auf I Monat verreiſet. Ja es ſei Ihr ganz und voll hingereicht, das unbe¬ kannte Herz, und wie unterirdiſchen Goͤttern, will ich ihr ſchweigend opfern. O ich koͤnnte dieſe Sterne fuͤr Sie pfluͤcken zum blitzenden Juwelen- Straus und weiche Lilien aus dem Monde darein binden; und es in Ihrem Schlafe neben Ihr Kiſ¬ ſen legen; wuͤßt' es auch kein Weſen, wer es ge¬ than, ich waͤre zufrieden.
Er gieng die Gaſſe herab an Zablockis Haus. Alle Lichter waren ausgeloͤſcht. Eine kernſchwarze Wolke hieng ſich uͤber das Dach; er haͤtte ſie gern herabgeriſſen. Alles war ſo ſtill, daß er die Wanduhren gehen hoͤrte. Der Mond ſchuͤttete ſeinen fremden Tag in die Fenſter des dritten Stok¬ werks. „O waͤr' ich ein Stern — ſo ſang es in ihm und er hoͤrte nur zu — ich wollte Ihr leuch¬ ten; — waͤr' ich eine Roſe, ich wollte Ihr bluͤ¬ hen; — waͤr' ich ein Ton, ich draͤng' in Ihr Herz; — waͤr' ich die Liebe, die gluͤcklichſte, ich bliebe darin; — ja waͤr' ich nur der Traum, ich wollt' in Ihren Schlummer ziehen und der Stern und die Roſe und die Liebe und alles ſeyn, und gern verſchwinden, wenn ſie erwachte.“
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iſt und jezt vollends auf I Monat verreiſet. Ja
es ſei Ihr ganz und voll hingereicht, das unbe¬
kannte Herz, und wie unterirdiſchen Goͤttern,
will ich ihr ſchweigend opfern. O ich koͤnnte dieſe
Sterne fuͤr Sie pfluͤcken zum blitzenden Juwelen-
Straus und weiche Lilien aus dem Monde darein
binden; und es in Ihrem Schlafe neben Ihr Kiſ¬
ſen legen; wuͤßt' es auch kein Weſen, wer es ge¬
than, ich waͤre zufrieden.
Er gieng die Gaſſe herab an Zablockis Haus.
Alle Lichter waren ausgeloͤſcht. Eine kernſchwarze
Wolke hieng ſich uͤber das Dach; er haͤtte ſie gern
herabgeriſſen. Alles war ſo ſtill, daß er die
Wanduhren gehen hoͤrte. Der Mond ſchuͤttete
ſeinen fremden Tag in die Fenſter des dritten Stok¬
werks. „O waͤr' ich ein Stern — ſo ſang es in
ihm und er hoͤrte nur zu — ich wollte Ihr leuch¬
ten; — waͤr' ich eine Roſe, ich wollte Ihr bluͤ¬
hen; — waͤr' ich ein Ton, ich draͤng' in Ihr
Herz; — waͤr' ich die Liebe, die gluͤcklichſte, ich
bliebe darin; — ja waͤr' ich nur der Traum, ich
wollt' in Ihren Schlummer ziehen und der Stern
und die Roſe und die Liebe und alles ſeyn, und
gern verſchwinden, wenn ſie erwachte.“
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Jean Paul: Flegeljahre. Bd. 3. Tübingen, 1804, S. 45. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_flegeljahre03_1804/53>, abgerufen am 14.06.2024.
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