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Jean Paul: Flegeljahre. Bd. 4. Tübingen, 1805.

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schon näher wären, mit welchem Feuer der
Hoppelpoppel ihn durchgreifen und aus allen Fu¬
gen schütteln würde und ob das Drucken etwa,
wenn es anginge, nicht so schnell fortginge, daß
mit dem Schreiben kaum nachzukommen wäre.
-- Vult bemerkte, wenn ein Romanschreiber ge¬
wiß wüßte, daß er sterben würde -- z. B. er
brächte sich nur um -- so könnt' er so seltsame
herrliche Verwicklungen wagen, daß er selber kein
Mittel ihrer Auflösung absähe, ausser durch seine
eigne; denn jeder würde, wenn er todt wäre,
die durchdachteste Entwicklung voraussetzen und
darnach herum sinnen. "Weißt du denn gewiß,
"Walt, daß du am Leben bleibst? Sonst wäre
"manches zu machen. -- Inzwischen seh' ich
"jetzt in unsrer Stube herum und denke daran,
"wie auffallend, falls wir nun beide durch un¬
"sern Hoppelpoppel uns unter Ehrenpforten und
"in Unsterblichkeits-Panthea hinein schrieben,
"unser Nest würde gesucht und besucht werden --
"jeden Bettel, den du an die Wand spucktest,
"würde man wie aus Rousseau's Stube auf der
"Peters-Insel abkratzen und abdrucken -- die

ſchon naͤher waͤren, mit welchem Feuer der
Hoppelpoppel ihn durchgreifen und aus allen Fu¬
gen ſchuͤtteln wuͤrde und ob das Drucken etwa,
wenn es anginge, nicht ſo ſchnell fortginge, daß
mit dem Schreiben kaum nachzukommen waͤre.
— Vult bemerkte, wenn ein Romanſchreiber ge¬
wiß wuͤßte, daß er ſterben wuͤrde — z. B. er
braͤchte ſich nur um — ſo koͤnnt' er ſo ſeltſame
herrliche Verwicklungen wagen, daß er ſelber kein
Mittel ihrer Aufloͤſung abſaͤhe, auſſer durch ſeine
eigne; denn jeder wuͤrde, wenn er todt waͤre,
die durchdachteſte Entwicklung vorausſetzen und
darnach herum ſinnen. „Weißt du denn gewiß,
„Walt, daß du am Leben bleibſt? Sonſt waͤre
„manches zu machen. — Inzwiſchen ſeh' ich
„jetzt in unſrer Stube herum und denke daran,
„wie auffallend, falls wir nun beide durch un¬
„ſern Hoppelpoppel uns unter Ehrenpforten und
„in Unſterblichkeits-Panthea hinein ſchrieben,
„unſer Neſt wuͤrde geſucht und beſucht werden —
„jeden Bettel, den du an die Wand ſpuckteſt,
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[151/0157] ſchon naͤher waͤren, mit welchem Feuer der Hoppelpoppel ihn durchgreifen und aus allen Fu¬ gen ſchuͤtteln wuͤrde und ob das Drucken etwa, wenn es anginge, nicht ſo ſchnell fortginge, daß mit dem Schreiben kaum nachzukommen waͤre. — Vult bemerkte, wenn ein Romanſchreiber ge¬ wiß wuͤßte, daß er ſterben wuͤrde — z. B. er braͤchte ſich nur um — ſo koͤnnt' er ſo ſeltſame herrliche Verwicklungen wagen, daß er ſelber kein Mittel ihrer Aufloͤſung abſaͤhe, auſſer durch ſeine eigne; denn jeder wuͤrde, wenn er todt waͤre, die durchdachteſte Entwicklung vorausſetzen und darnach herum ſinnen. „Weißt du denn gewiß, „Walt, daß du am Leben bleibſt? Sonſt waͤre „manches zu machen. — Inzwiſchen ſeh' ich „jetzt in unſrer Stube herum und denke daran, „wie auffallend, falls wir nun beide durch un¬ „ſern Hoppelpoppel uns unter Ehrenpforten und „in Unſterblichkeits-Panthea hinein ſchrieben, „unſer Neſt wuͤrde geſucht und beſucht werden — „jeden Bettel, den du an die Wand ſpuckteſt, „wuͤrde man wie aus Rouſſeau's Stube auf der „Peters-Inſel abkratzen und abdrucken — die

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Zitationshilfe: Jean Paul: Flegeljahre. Bd. 4. Tübingen, 1805, S. 151. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_flegeljahre04_1805/157>, abgerufen am 14.06.2024.