Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Jean Paul: Flegeljahre. Bd. 4. Tübingen, 1805.

Bild:
<< vorherige Seite

"Dann fing die schöne Welt des Singens
und Lehrens in der süßen Schulstubenwärme an.
Wir großen Schüler waren hoch über die kleinen
erhoben; dafür hatten die Abc-Zwerge das Recht,
-- und es war ihnen zu gönnen -- daß sie den
Kandidaten laut anreden und ohne Anstand ein
wenig aufstehen und herumgehen durften.

Wenn er nun entweder die Spezialkarte auf¬
hing und wir am meisten froh waren, daß Ha߬
lau und Elterlein und die umliegenden Dorfschaf¬
ten darauf standen -- oder wenn er von den Ster¬
nen sprach und sie bevölkerte und ich voraus sah,
daß ich Abends den Eltern und Knechten dasselbe
erweisen würde -- oder wenn er uns laut vorle¬
sen hieß: --

"Du weißt, fiel Vult ein, daß ich dann
das Wort Sakrament, er mochte sagen was er
wollte, immer mit einem Accent herlas, als ob ich
fluchte, desgleichen Donnerwetter. Auch war ich
der einzige, der ins laute gemeinschaftliche Abbe¬
ten eine Art 3/8 Takt zu bringen versuchte.

"Ich hätte dem arbeitsamen Manne so gern
Entzückungen gegeben, wenn ich sie gehabt hätte.

„Dann fing die ſchoͤne Welt des Singens
und Lehrens in der ſuͤßen Schulſtubenwaͤrme an.
Wir großen Schuͤler waren hoch uͤber die kleinen
erhoben; dafuͤr hatten die Abc-Zwerge das Recht,
— und es war ihnen zu goͤnnen — daß ſie den
Kandidaten laut anreden und ohne Anſtand ein
wenig aufſtehen und herumgehen durften.

Wenn er nun entweder die Spezialkarte auf¬
hing und wir am meiſten froh waren, daß Ha߬
lau und Elterlein und die umliegenden Dorfſchaf¬
ten darauf ſtanden — oder wenn er von den Ster¬
nen ſprach und ſie bevoͤlkerte und ich voraus ſah,
daß ich Abends den Eltern und Knechten daſſelbe
erweiſen wuͤrde — oder wenn er uns laut vorle¬
ſen hieß: —

„Du weißt, fiel Vult ein, daß ich dann
das Wort Sakrament, er mochte ſagen was er
wollte, immer mit einem Accent herlas, als ob ich
fluchte, desgleichen Donnerwetter. Auch war ich
der einzige, der ins laute gemeinſchaftliche Abbe¬
ten eine Art ⅜ Takt zu bringen verſuchte.

„Ich haͤtte dem arbeitſamen Manne ſo gern
Entzuͤckungen gegeben, wenn ich ſie gehabt haͤtte.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0175" n="169"/>
        <p>&#x201E;Dann fing die &#x017F;cho&#x0364;ne Welt des Singens<lb/>
und Lehrens in der &#x017F;u&#x0364;ßen Schul&#x017F;tubenwa&#x0364;rme an.<lb/>
Wir großen Schu&#x0364;ler waren hoch u&#x0364;ber die kleinen<lb/>
erhoben; dafu&#x0364;r hatten die Abc-Zwerge das Recht,<lb/>
&#x2014; und es war ihnen zu go&#x0364;nnen &#x2014; daß &#x017F;ie den<lb/>
Kandidaten laut anreden und ohne An&#x017F;tand ein<lb/>
wenig auf&#x017F;tehen und herumgehen durften.</p><lb/>
        <p>Wenn er nun entweder die Spezialkarte auf¬<lb/>
hing und wir am mei&#x017F;ten froh waren, daß Ha߬<lb/>
lau und Elterlein und die umliegenden Dorf&#x017F;chaf¬<lb/>
ten darauf &#x017F;tanden &#x2014; oder wenn er von den Ster¬<lb/>
nen &#x017F;prach und &#x017F;ie bevo&#x0364;lkerte und ich voraus &#x017F;ah,<lb/>
daß ich Abends den Eltern und Knechten da&#x017F;&#x017F;elbe<lb/>
erwei&#x017F;en wu&#x0364;rde &#x2014; oder wenn er uns laut vorle¬<lb/>
&#x017F;en hieß: &#x2014;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Du weißt, fiel Vult ein, daß ich dann<lb/>
das Wort Sakrament, er mochte &#x017F;agen was er<lb/>
wollte, immer mit einem Accent herlas, als ob ich<lb/>
fluchte, desgleichen Donnerwetter. Auch war ich<lb/>
der einzige, der ins laute gemein&#x017F;chaftliche Abbe¬<lb/>
ten eine Art &#x215C; Takt zu bringen ver&#x017F;uchte.</p><lb/>
        <p>&#x201E;Ich ha&#x0364;tte dem arbeit&#x017F;amen Manne &#x017F;o gern<lb/>
Entzu&#x0364;ckungen gegeben, wenn ich &#x017F;ie gehabt ha&#x0364;tte.<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[169/0175] „Dann fing die ſchoͤne Welt des Singens und Lehrens in der ſuͤßen Schulſtubenwaͤrme an. Wir großen Schuͤler waren hoch uͤber die kleinen erhoben; dafuͤr hatten die Abc-Zwerge das Recht, — und es war ihnen zu goͤnnen — daß ſie den Kandidaten laut anreden und ohne Anſtand ein wenig aufſtehen und herumgehen durften. Wenn er nun entweder die Spezialkarte auf¬ hing und wir am meiſten froh waren, daß Ha߬ lau und Elterlein und die umliegenden Dorfſchaf¬ ten darauf ſtanden — oder wenn er von den Ster¬ nen ſprach und ſie bevoͤlkerte und ich voraus ſah, daß ich Abends den Eltern und Knechten daſſelbe erweiſen wuͤrde — oder wenn er uns laut vorle¬ ſen hieß: — „Du weißt, fiel Vult ein, daß ich dann das Wort Sakrament, er mochte ſagen was er wollte, immer mit einem Accent herlas, als ob ich fluchte, desgleichen Donnerwetter. Auch war ich der einzige, der ins laute gemeinſchaftliche Abbe¬ ten eine Art ⅜ Takt zu bringen verſuchte. „Ich haͤtte dem arbeitſamen Manne ſo gern Entzuͤckungen gegeben, wenn ich ſie gehabt haͤtte.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/paul_flegeljahre04_1805
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/paul_flegeljahre04_1805/175
Zitationshilfe: Jean Paul: Flegeljahre. Bd. 4. Tübingen, 1805, S. 169. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_flegeljahre04_1805/175>, abgerufen am 01.06.2024.