Pocci, Franz von: Lustiges Komödienbüchlein. Bd. 1. München, 1859. Röslein. Ach, ich möchte gar zu gern auch ein bißchen spinnen. Alte. Hast recht, das Spinnen ist was Schönes. Sieh nur die Spinnen, wie sie die Fäden ihres Netzes bilden und die Raupe, wie sie sich einspinnt und aus ihrer Puppe der bunte Schmetterling ersteht; und wie die Vöglein ihre Nester spinnen -- kurz Alles spinnt und spinnt und spinnt -- -- (Unterdessen hat Röslein nach der Spindel gelangt.) Röslein. (mit einem Schmerzensschrei.) Weh mir! ich habe mich gestochen! (Die Alte und ihr Kater verschwinden unter wehmüthiger schnurrender Musik. Es wird plötzlich dunkel, Röslein sinkt bewußtlos nieder.) Wiltrud und Scohlint erscheinen, jede eine brennende Fakel in der Hand. Beide sprechen in feierlichem Tone: So schlummere, schlummere manches Jahr, Dornröslein mit dem goldnen Haar; Schlaf gut, du allerliebstes Kind, Gerächt sind Wiltrud und Scohlint. Und all' ihr Andern in dem Haus, Vom König bis zur kleinen Maus, Röslein. Ach, ich möchte gar zu gern auch ein bißchen ſpinnen. Alte. Haſt recht, das Spinnen iſt was Schönes. Sieh nur die Spinnen, wie ſie die Fäden ihres Netzes bilden und die Raupe, wie ſie ſich einſpinnt und aus ihrer Puppe der bunte Schmetterling erſteht; und wie die Vöglein ihre Neſter ſpinnen — kurz Alles ſpinnt und ſpinnt und ſpinnt — — (Unterdeſſen hat Röslein nach der Spindel gelangt.) Röslein. (mit einem Schmerzensſchrei.) Weh mir! ich habe mich geſtochen! (Die Alte und ihr Kater verſchwinden unter wehmüthiger ſchnurrender Muſik. Es wird plötzlich dunkel, Röslein ſinkt bewußtlos nieder.) Wiltrud und Scohlint erſcheinen, jede eine brennende Fakel in der Hand. Beide ſprechen in feierlichem Tone: So ſchlummere, ſchlummere manches Jahr, Dornröslein mit dem goldnen Haar; Schlaf gut, du allerliebſtes Kind, Gerächt ſind Wiltrud und Scohlint. Und all’ ihr Andern in dem Haus, Vom König bis zur kleinen Maus, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <pb facs="#f0260" n="254"/> <sp who="#RÖS"> <speaker> <hi rendition="#c">Röslein.</hi> </speaker><lb/> <p>Ach, ich möchte gar zu gern auch ein bißchen<lb/> ſpinnen.</p> </sp><lb/> <sp who="#ALT"> <speaker> <hi rendition="#c">Alte.</hi> </speaker><lb/> <p>Haſt recht, das Spinnen iſt was Schönes. Sieh<lb/> nur die Spinnen, wie ſie die Fäden ihres Netzes<lb/> bilden und die Raupe, wie ſie ſich einſpinnt und<lb/> aus ihrer Puppe der bunte Schmetterling erſteht;<lb/> und wie die Vöglein ihre Neſter ſpinnen — kurz<lb/> Alles ſpinnt und ſpinnt und ſpinnt — —</p><lb/> <stage> <hi rendition="#c">(Unterdeſſen hat Röslein nach der Spindel gelangt.)</hi> </stage> </sp><lb/> <sp who="#RÖS"> <speaker> <hi rendition="#c">Röslein.</hi> </speaker><lb/> <stage> <hi rendition="#c">(mit einem Schmerzensſchrei.)</hi> </stage><lb/> <p>Weh mir! ich habe mich geſtochen!</p><lb/> <stage> <hi rendition="#c">(Die Alte und ihr Kater verſchwinden unter wehmüthiger ſchnurrender<lb/> Muſik. Es wird plötzlich dunkel, <hi rendition="#g">Röslein</hi> ſinkt bewußtlos nieder.)<lb/><hi rendition="#g">Wiltrud</hi> und <hi rendition="#g">Scohlint</hi> erſcheinen, jede eine brennende Fakel<lb/> in der Hand.</hi> </stage><lb/> <stage> <hi rendition="#c">Beide ſprechen in feierlichem Tone:</hi> </stage><lb/> <lg type="poem"> <lg n="1"> <l>So ſchlummere, ſchlummere manches Jahr,</l><lb/> <l>Dornröslein mit dem goldnen Haar;</l><lb/> <l>Schlaf gut, du allerliebſtes Kind,</l><lb/> <l>Gerächt ſind Wiltrud und Scohlint.</l> </lg><lb/> <lg n="2"> <l>Und all’ ihr Andern in dem Haus,</l><lb/> <l>Vom König bis zur kleinen Maus,</l><lb/> </lg> </lg> </sp> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [254/0260]
Röslein.
Ach, ich möchte gar zu gern auch ein bißchen
ſpinnen.
Alte.
Haſt recht, das Spinnen iſt was Schönes. Sieh
nur die Spinnen, wie ſie die Fäden ihres Netzes
bilden und die Raupe, wie ſie ſich einſpinnt und
aus ihrer Puppe der bunte Schmetterling erſteht;
und wie die Vöglein ihre Neſter ſpinnen — kurz
Alles ſpinnt und ſpinnt und ſpinnt — —
(Unterdeſſen hat Röslein nach der Spindel gelangt.)
Röslein.
(mit einem Schmerzensſchrei.)
Weh mir! ich habe mich geſtochen!
(Die Alte und ihr Kater verſchwinden unter wehmüthiger ſchnurrender
Muſik. Es wird plötzlich dunkel, Röslein ſinkt bewußtlos nieder.)
Wiltrud und Scohlint erſcheinen, jede eine brennende Fakel
in der Hand.
Beide ſprechen in feierlichem Tone:
So ſchlummere, ſchlummere manches Jahr,
Dornröslein mit dem goldnen Haar;
Schlaf gut, du allerliebſtes Kind,
Gerächt ſind Wiltrud und Scohlint.
Und all’ ihr Andern in dem Haus,
Vom König bis zur kleinen Maus,
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