Quantz, Johann Joachim: Versuch einer Anweisung die Flöte traversiere zu spielen. Berlin, 1752.im Singen und Spielen überhaupt. fehlen, und sein Vortrag wird also allezeit rührend seyn. Man wolleaber nicht glauben, daß diese feine Unterscheidung in kurzer Zeit könne er- lernet werden. Von jungen Leuten, welche gemeiniglich hierzu zu flüch- tig und ungeduldig sind, kann man sie fast gar nicht verlangen. Sie kömmt aber mit dem Wachsthume der Empfindung und der Beurthei- lungskraft. 17. §. Es muß sich ein jeder hierbey auch nach seiner angebohrnen Gemüths- 18. §. Jch habe oben gesaget, daß man durch den Zusatz der Manieren die 19. §. Ein O 3
im Singen und Spielen uͤberhaupt. fehlen, und ſein Vortrag wird alſo allezeit ruͤhrend ſeyn. Man wolleaber nicht glauben, daß dieſe feine Unterſcheidung in kurzer Zeit koͤnne er- lernet werden. Von jungen Leuten, welche gemeiniglich hierzu zu fluͤch- tig und ungeduldig ſind, kann man ſie faſt gar nicht verlangen. Sie koͤmmt aber mit dem Wachsthume der Empfindung und der Beurthei- lungskraft. 17. §. Es muß ſich ein jeder hierbey auch nach ſeiner angebohrnen Gemuͤths- 18. §. Jch habe oben geſaget, daß man durch den Zuſatz der Manieren die 19. §. Ein O 3
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im Singen und Spielen uͤberhaupt.
fehlen, und ſein Vortrag wird alſo allezeit ruͤhrend ſeyn. Man wolle
aber nicht glauben, daß dieſe feine Unterſcheidung in kurzer Zeit koͤnne er-
lernet werden. Von jungen Leuten, welche gemeiniglich hierzu zu fluͤch-
tig und ungeduldig ſind, kann man ſie faſt gar nicht verlangen. Sie
koͤmmt aber mit dem Wachsthume der Empfindung und der Beurthei-
lungskraft.
17. §.
Es muß ſich ein jeder hierbey auch nach ſeiner angebohrnen Gemuͤths-
beſchaffenheit richten, und dieſelbe gehoͤrig zu regieren wiſſen. Ein fluͤchti-
ger und hitziger Menſch, der hauptſaͤchlich zum Praͤchtigen, Ernſthaften,
und zu uͤbereilender Geſchwindigkeit aufgeleget iſt, muß beym Adagio ſu-
chen, ſein Feuer ſo viel als moͤglich iſt zu maͤßigen. Ein trauriger und
niedergeſchlagener Menſch hingegen thut wohl, wenn er, um ein Allegro
lebhaft zu ſpielen, etwas von jenes ſeinem uͤberfluͤßigen Feuer anzunehmen
ſuchet. Und wenn ein aufgeraͤumter oder ſanguiniſcher Menſch, eine ver-
nuͤnftige Vermiſchung der Gemuͤthsbeſchaffenheiten der beyden vorigen
bey ſich zu machen weis, und ſich nicht durch die ihm angebohrne Selbſt-
liebe und Gemaͤchlichkeit, den Kopf ein wenig anzuſtrengen, verhindern
laͤßt: ſo wird er es im guten Vortrage, und in der Muſik uͤberhaupt, am
weiteſten bringen. Bey wem ſich aber von der Geburth an eine ſo gluͤck-
liche Miſchung des Gebluͤtes befindet, die von den Eigenſchaften der drey
vorigen, von jeder etwas an ſich hat, der hat alle nur zu wuͤnſchenden Vor-
theile zur Muſik: denn das Eigenthuͤmliche iſt allezeit beſſer, und von laͤn-
gerer Dauer, als das Entlehnte.
18. §.
Jch habe oben geſaget, daß man durch den Zuſatz der Manieren die
Melodie bereichern, und mehr erheben muͤſſe. Man huͤte ſich aber, daß
man den Geſang dadurch nicht uͤberſchuͤtte, oder unterdruͤcke. Das allzu
bunte Spielen kann eben ſowohl als das allzu einfaͤltige, dem Gehoͤre end-
lich einen Ekel erwecken. Man muß deswegen nicht nur mit den willkuͤhr-
lichen Auszierungen, ſondern auch mit den weſentlichen Manieren, nicht
zu verſchwenderiſch, ſondern ſparſam umgehen. Abſonderlich iſt dieſes in
ſehr geſchwinden Paſſagien, wo die Zeit ohnedem nicht viel Zuſatz erlaubet,
zu beobachten: damit dieſelben nicht undeutlich und widerwaͤrtig werden.
Einige Saͤnger, denen der Triller nicht ſchwer zu machen wird, ſollte er
auch nicht allemal der beſte ſeyn, haben dieſen Fehler des allzuhaͤufigen
Trillerns ſtark an ſich.
19. §. Ein
O 3
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