Raabe, Wilhelm: Die Chronik der Sperlingsgasse. Berlin, 1857."Ich kann ihn nicht mehr bändigen!" ruft sie halb "Wenn man den Wolf an die Wand malt, so kommt "Halt, Messire! hier geblieben!" "Ja, hier geblieben, Gustav!" ruft die Mutter. Ich beginne nun das Verhör. "Wie alt bist Du jetzt, Gustav? Antwort!" -- „Ich kann ihn nicht mehr bändigen!“ ruft ſie halb „Wenn man den Wolf an die Wand malt, ſo kommt „Halt, Messire! hier geblieben!“ „Ja, hier geblieben, Guſtav!“ ruft die Mutter. Ich beginne nun das Verhör. „Wie alt biſt Du jetzt, Guſtav? Antwort!“ — <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0178" n="168"/> <p>„Ich kann ihn nicht mehr bändigen!“ ruft ſie halb<lb/> lachend, halb in Verzweiflung aus. „Und die Eliſe<lb/> verdirbt er mir auch ganz! Statt zu ſticken und Vo-<lb/> kabeln aufzuſchlagen, ſchießen ſie ſich mit Papierkugeln;<lb/> wenn er ihr einen Käfer in den Nacken gleiten läßt,<lb/> bin ich ſicher, daß ſie ihm einen Zopf anſteckt oder einen<lb/> Eſelskopf auf den Rücken malt. Ich ſpreche und ſchelte<lb/> mich heiſer und müde, aber es hilft nichts! „Tante,<lb/> er hat angefangen, ich ſaß ganz ruhig!“ „Mutter, s’iſt<lb/> nicht wahr, ſie hat zuerſt geſchoſſen!“ So geht das<lb/> den ganzen lieben Tag! — Wo mögen ſie nur jetzt<lb/> wieder ſtecken?“ —</p><lb/> <p>„Wenn man den Wolf an die Wand malt, ſo kommt<lb/> er um die Ecke!“ ſagt das Sprichwort und unſere Alt-<lb/> vordern wußten, was ſie thaten, als ſie es aufbrachten.<lb/> Mit Helenen’s Frage öffnet ſich die Thür, oder viel-<lb/> mehr, ſie wird aufgeriſſen und herein, hochroth, ſtürzt<lb/> — Windbeutel und Wildfang! Kaum erblickt mich aber<lb/> Freund Guſtav, ſo macht er Kehrt und ſucht ſchleunigſt<lb/> die Thür wieder zu gewinnen, glücklicher Weiſe aber<lb/> bin ich diesmal ſchneller.</p><lb/> <p>„Halt, <hi rendition="#aq">Messire!</hi> hier geblieben!“</p><lb/> <p>„Ja, hier geblieben, Guſtav!“ ruft die Mutter.</p><lb/> <p>Ich beginne nun das Verhör.</p><lb/> <p>„Wie alt biſt Du jetzt, Guſtav? Antwort!“ —</p><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [168/0178]
„Ich kann ihn nicht mehr bändigen!“ ruft ſie halb
lachend, halb in Verzweiflung aus. „Und die Eliſe
verdirbt er mir auch ganz! Statt zu ſticken und Vo-
kabeln aufzuſchlagen, ſchießen ſie ſich mit Papierkugeln;
wenn er ihr einen Käfer in den Nacken gleiten läßt,
bin ich ſicher, daß ſie ihm einen Zopf anſteckt oder einen
Eſelskopf auf den Rücken malt. Ich ſpreche und ſchelte
mich heiſer und müde, aber es hilft nichts! „Tante,
er hat angefangen, ich ſaß ganz ruhig!“ „Mutter, s’iſt
nicht wahr, ſie hat zuerſt geſchoſſen!“ So geht das
den ganzen lieben Tag! — Wo mögen ſie nur jetzt
wieder ſtecken?“ —
„Wenn man den Wolf an die Wand malt, ſo kommt
er um die Ecke!“ ſagt das Sprichwort und unſere Alt-
vordern wußten, was ſie thaten, als ſie es aufbrachten.
Mit Helenen’s Frage öffnet ſich die Thür, oder viel-
mehr, ſie wird aufgeriſſen und herein, hochroth, ſtürzt
— Windbeutel und Wildfang! Kaum erblickt mich aber
Freund Guſtav, ſo macht er Kehrt und ſucht ſchleunigſt
die Thür wieder zu gewinnen, glücklicher Weiſe aber
bin ich diesmal ſchneller.
„Halt, Messire! hier geblieben!“
„Ja, hier geblieben, Guſtav!“ ruft die Mutter.
Ich beginne nun das Verhör.
„Wie alt biſt Du jetzt, Guſtav? Antwort!“ —
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