Raabe, Wilhelm: Die Chronik der Sperlingsgasse. Berlin, 1857.gasse?! Heda, -- da ist ein Hundefuhrwerk in einen Am 21. März. Abend. -- Es giebt ein Märchen -- ich weiß nicht, wer es 15*
gaſſe?! Heda, — da iſt ein Hundefuhrwerk in einen Am 21. März. Abend. — Es giebt ein Märchen — ich weiß nicht, wer es 15*
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gaſſe?! Heda, — da iſt ein Hundefuhrwerk in einen
Victualienkeller herabgepoltert und ich — ich der Kari-
katurenzeichner Ulrich Strobel ſitze hier und ſchmiere Un-
ſinn zuſammen! — Hol’ der Henker auch die Chronik
der Sperlingsgaſſe! — Adieu Wachholder! — —
Am 21. März. Abend. —
Es giebt ein Märchen — ich weiß nicht, wer es
erzählt hat — von Einem, der nach großem Unglück ſich
wünſchte, die Erinnerung zu verlieren, und dem in einer
dunkeln Nacht ſein Wunſch gewährt ward. Er empfand
von da an keinen Schmerz, keine Freude mehr; er ver-
lernte zu weinen und zu lachen; es ward ihm einerlei,
ob er Blumenknospen oder Menſchenherzen zertrat: alles
das hübſche Spielzeug, welches das Leben ſeinen Kindern
mitgiebt auf ihrem Wege von der Wiege bis zum Grabe,
zerbrach ihm in den Händen mit der Erinnerung. Das
iſt ein ſchrecklicher Gedanke! — Ihr Weiſen und Predi-
ger der Völker, nicht der Gedanke an Glück oder Unheil
in der Zukunft iſt’s, der liebevoll, rein, heilig macht;
nie iſt dieſer Gedanke rein von Egoismus und über
jede Blüthe, die das Menſchenherz treiben ſoll, legt er
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