Raabe, Wilhelm: Die Chronik der Sperlingsgasse. Berlin, 1857.dem wir manche Straße durchstreift und vor dem er- Woran denkt Elise? Wie nachdenklich sie, das Kinn in "Lischen, woran denkst Du?" fragt die Tante Helene. "Ihr würdet lachen," antwortet Elise. "Es ist ein "Erzählen! erzählen!" ruft Gustav den Arm ihr um Was soll ich anfangen heute an diesem einsamen dem wir manche Straße durchſtreift und vor dem er- Woran denkt Eliſe? Wie nachdenklich ſie, das Kinn in „Lischen, woran denkſt Du?“ fragt die Tante Helene. „Ihr würdet lachen,“ antwortet Eliſe. „Es iſt ein „Erzählen! erzählen!“ ruft Guſtav den Arm ihr um Was ſoll ich anfangen heute an dieſem einſamen <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0245" n="235"/> dem wir manche Straße durchſtreift und vor dem er-<lb/> leuchteten Opernhauſe die ein- und ausſtrömende Menge,<lb/> die harrenden Equipagen, die Blumen und Zuckerwerk<lb/> verkaufenden Kinder betrachtet haben, finden wir uns<lb/> zuletzt auf dem Schloßplatz, an dem Becken des luſtig<lb/> im Mondſchein ſprudelnden Springbrunnens zuſammen.<lb/> Von den Raſenplätzen bringt ein warmer Luftzug den<lb/> Duft der Nachtviolen, der Holunder- und Goldregen-<lb/> büſche zu uns herüber; am ſüdlichen Himmel wetter-<lb/> leuchtet eine dunkle Wolke prächtig in die Mondnacht<lb/> hinein und neben uns plätſchert und murmelt — als<lb/> wolle er ſich ſelbſt in den Schlaf ſprechen — der Spring-<lb/> brunnen. Es iſt eine herrliche Sommernacht!</p><lb/> <p>Woran denkt Eliſe? Wie nachdenklich ſie, das Kinn in<lb/> die Hand gelegt, dem ſchwatzenden Waſſerſpiel zuſchaut!</p><lb/> <p>„Lischen, woran denkſt Du?“ fragt die Tante Helene.</p><lb/> <p>„Ihr würdet lachen,“ antwortet Eliſe. „Es iſt ein<lb/> Traum und ein Märchen.“</p><lb/> <p>„Erzählen! erzählen!“ ruft Guſtav den Arm ihr um<lb/> die Hüfte legend.</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> <p>Was ſoll ich anfangen heute an dieſem einſamen<lb/> Abend; ich ergreife ein Heftchen von blaßrothem Papier,<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [235/0245]
dem wir manche Straße durchſtreift und vor dem er-
leuchteten Opernhauſe die ein- und ausſtrömende Menge,
die harrenden Equipagen, die Blumen und Zuckerwerk
verkaufenden Kinder betrachtet haben, finden wir uns
zuletzt auf dem Schloßplatz, an dem Becken des luſtig
im Mondſchein ſprudelnden Springbrunnens zuſammen.
Von den Raſenplätzen bringt ein warmer Luftzug den
Duft der Nachtviolen, der Holunder- und Goldregen-
büſche zu uns herüber; am ſüdlichen Himmel wetter-
leuchtet eine dunkle Wolke prächtig in die Mondnacht
hinein und neben uns plätſchert und murmelt — als
wolle er ſich ſelbſt in den Schlaf ſprechen — der Spring-
brunnen. Es iſt eine herrliche Sommernacht!
Woran denkt Eliſe? Wie nachdenklich ſie, das Kinn in
die Hand gelegt, dem ſchwatzenden Waſſerſpiel zuſchaut!
„Lischen, woran denkſt Du?“ fragt die Tante Helene.
„Ihr würdet lachen,“ antwortet Eliſe. „Es iſt ein
Traum und ein Märchen.“
„Erzählen! erzählen!“ ruft Guſtav den Arm ihr um
die Hüfte legend.
Was ſoll ich anfangen heute an dieſem einſamen
Abend; ich ergreife ein Heftchen von blaßrothem Papier,
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