Ramdohr, Basilius von: Venus Urania. Ueber die Natur der Liebe, über ihre Veredlung und Verschönerung. Dritten Theils erste Abtheilung: Aeltere Geschichte der Geschlechtsverbindung und Liebe. Leipzig, 1798.Ausdruck zeigt." Klytemnestra rechtfertigt sich wegen des Mordes ihres Gatten durch die üble Behandlung, die sie von ihm erfahren hat. Elektra aber hält sie dadurch gar nicht entschuldigt. "Es ziemt dem Weibe", sagt sie, "den Mann zu ertragen, und ihm willig zu gehorchen." Sie wirft der Mutter ihre Lust vor, sich in Abwesenheit des Mannes zu schmücken, und findet darin einen Beweis von Gefallsucht. "Unweise ist derjenige", setzt sie hinzu, "der durch Reichthum und hohe Geburt angelockt ein lasterhaftes Weib heirathet. Alle Vortheile eines äußern Wohlstandes wiegen das häusliche Glück nicht auf, welches dem keuschen, obgleich niedrigen Ehebette eigen ist." Diese Worte nimmt das Chor mit folgender Bemerkung auf: "Das Schicksal bestimmt den Erfolg der Ehen. Einige sind Quellen des Glücks für die Sterblichen, andere gewähren weder Glück noch Ehre!" Merkwürdig ist auch dieser Zug, daß der ehrerbietige Gatte der Elektra es dennoch sehr übel nimmt, wie er sie im Gespräch mit dem ihm unbekannten Schwager außer Hause antrifft. "Es ziemt sich nicht", spricht er, "daß Weiber sich außer Hause bey jungen Männern aufhalten!" - Elektra theilt willig seine Arbeiten. "Du hast genug im Felde zu thun", spricht sie, "mir gebührt es, die innere Wirthschaft zu führen. Wie angenehm ist dem Ackersmann, wenn er ermüdet von der Arbeit nach Hause kehrt, die Ueberzeugung, daß alles daheim in guter Ordnung ist!" Demungeachtet geht sie ihm mit gutem Rathe zur Hand, und belehrt ihn, wie er die vornehmen Fremden, die zu ihm kommen, auf eine ihrer würdige Art empfangen soll. In der Hecuba stellt der Dichter besonders einen der edelsten weiblichen Charaktere in der Polyxena Ausdruck zeigt.“ Klytemnestra rechtfertigt sich wegen des Mordes ihres Gatten durch die üble Behandlung, die sie von ihm erfahren hat. Elektra aber hält sie dadurch gar nicht entschuldigt. „Es ziemt dem Weibe“, sagt sie, „den Mann zu ertragen, und ihm willig zu gehorchen.“ Sie wirft der Mutter ihre Lust vor, sich in Abwesenheit des Mannes zu schmücken, und findet darin einen Beweis von Gefallsucht. „Unweise ist derjenige“, setzt sie hinzu, „der durch Reichthum und hohe Geburt angelockt ein lasterhaftes Weib heirathet. Alle Vortheile eines äußern Wohlstandes wiegen das häusliche Glück nicht auf, welches dem keuschen, obgleich niedrigen Ehebette eigen ist.“ Diese Worte nimmt das Chor mit folgender Bemerkung auf: „Das Schicksal bestimmt den Erfolg der Ehen. Einige sind Quellen des Glücks für die Sterblichen, andere gewähren weder Glück noch Ehre!“ Merkwürdig ist auch dieser Zug, daß der ehrerbietige Gatte der Elektra es dennoch sehr übel nimmt, wie er sie im Gespräch mit dem ihm unbekannten Schwager außer Hause antrifft. „Es ziemt sich nicht“, spricht er, „daß Weiber sich außer Hause bey jungen Männern aufhalten!“ – Elektra theilt willig seine Arbeiten. „Du hast genug im Felde zu thun“, spricht sie, „mir gebührt es, die innere Wirthschaft zu führen. Wie angenehm ist dem Ackersmann, wenn er ermüdet von der Arbeit nach Hause kehrt, die Ueberzeugung, daß alles daheim in guter Ordnung ist!“ Demungeachtet geht sie ihm mit gutem Rathe zur Hand, und belehrt ihn, wie er die vornehmen Fremden, die zu ihm kommen, auf eine ihrer würdige Art empfangen soll. In der Hecuba stellt der Dichter besonders einen der edelsten weiblichen Charaktere in der Polyxena <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0081" n="81"/> Ausdruck zeigt.“ Klytemnestra rechtfertigt sich wegen des Mordes ihres Gatten durch die üble Behandlung, die sie von ihm erfahren hat. Elektra aber hält sie dadurch gar nicht entschuldigt. „Es ziemt dem Weibe“, sagt sie, „den Mann zu ertragen, und ihm willig zu gehorchen.“ Sie wirft der Mutter ihre Lust vor, sich in Abwesenheit des Mannes zu schmücken, und findet darin einen Beweis von Gefallsucht. „Unweise ist derjenige“, setzt sie hinzu, „der durch Reichthum und hohe Geburt angelockt ein lasterhaftes Weib heirathet. Alle Vortheile eines äußern Wohlstandes wiegen das häusliche Glück nicht auf, welches dem keuschen, obgleich niedrigen Ehebette eigen ist.“ Diese Worte nimmt das Chor mit folgender Bemerkung auf: „Das Schicksal bestimmt den Erfolg der Ehen. Einige sind Quellen des Glücks für die Sterblichen, andere gewähren weder Glück noch Ehre!“</p> <p>Merkwürdig ist auch dieser Zug, daß der ehrerbietige Gatte der Elektra es dennoch sehr übel nimmt, wie er sie im Gespräch mit dem ihm unbekannten Schwager außer Hause antrifft. „Es ziemt sich nicht“, spricht er, „daß Weiber sich außer Hause bey jungen Männern aufhalten!“ – Elektra theilt willig seine Arbeiten. „Du hast genug im Felde zu thun“, spricht sie, „mir gebührt es, die innere Wirthschaft zu führen. Wie angenehm ist dem Ackersmann, wenn er ermüdet von der Arbeit nach Hause kehrt, die Ueberzeugung, daß alles daheim in guter Ordnung ist!“ Demungeachtet geht sie ihm mit gutem Rathe zur Hand, und belehrt ihn, wie er die vornehmen Fremden, die zu ihm kommen, auf eine ihrer würdige Art empfangen soll.</p> <p>In der <hi rendition="#g">Hecuba</hi> stellt der Dichter besonders einen der edelsten weiblichen Charaktere in der Polyxena </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [81/0081]
Ausdruck zeigt.“ Klytemnestra rechtfertigt sich wegen des Mordes ihres Gatten durch die üble Behandlung, die sie von ihm erfahren hat. Elektra aber hält sie dadurch gar nicht entschuldigt. „Es ziemt dem Weibe“, sagt sie, „den Mann zu ertragen, und ihm willig zu gehorchen.“ Sie wirft der Mutter ihre Lust vor, sich in Abwesenheit des Mannes zu schmücken, und findet darin einen Beweis von Gefallsucht. „Unweise ist derjenige“, setzt sie hinzu, „der durch Reichthum und hohe Geburt angelockt ein lasterhaftes Weib heirathet. Alle Vortheile eines äußern Wohlstandes wiegen das häusliche Glück nicht auf, welches dem keuschen, obgleich niedrigen Ehebette eigen ist.“ Diese Worte nimmt das Chor mit folgender Bemerkung auf: „Das Schicksal bestimmt den Erfolg der Ehen. Einige sind Quellen des Glücks für die Sterblichen, andere gewähren weder Glück noch Ehre!“
Merkwürdig ist auch dieser Zug, daß der ehrerbietige Gatte der Elektra es dennoch sehr übel nimmt, wie er sie im Gespräch mit dem ihm unbekannten Schwager außer Hause antrifft. „Es ziemt sich nicht“, spricht er, „daß Weiber sich außer Hause bey jungen Männern aufhalten!“ – Elektra theilt willig seine Arbeiten. „Du hast genug im Felde zu thun“, spricht sie, „mir gebührt es, die innere Wirthschaft zu führen. Wie angenehm ist dem Ackersmann, wenn er ermüdet von der Arbeit nach Hause kehrt, die Ueberzeugung, daß alles daheim in guter Ordnung ist!“ Demungeachtet geht sie ihm mit gutem Rathe zur Hand, und belehrt ihn, wie er die vornehmen Fremden, die zu ihm kommen, auf eine ihrer würdige Art empfangen soll.
In der Hecuba stellt der Dichter besonders einen der edelsten weiblichen Charaktere in der Polyxena
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