bei uns dagegen hatten die Churfürsten, welche geistliche und weltliche Elemente verbanden, eine so ausgebildete Stellung, so bestimmte gemeinsame Vorrechte, daß sie sich nicht tren- nen ließen. Daher geschah es, daß auch die Fürsten ein einziges Collegium aus geistlichen und weltlichen Mitglie- dern bildeten: in den Ausschüssen saß in der Regel eine gleiche Anzahl von beiden Theilen. Die Städte traten den Magnaten in Deutschland nicht entgegen, sondern zur Seite. Zusammen bildeten diese Stände eine compacte Corporation, gegen welche kein Kaiser etwas ausrichten konnte, in welcher die Summe der Reichsgewalt repräsen- tirt war.
Im Gefühle dieser ihrer Stärke und der Nothwen- digkeit der Sache machten sie nun dem Kaiser einen Vor- schlag, der so gemäßigt er lautete, dennoch die weiteste Aussicht auf eine durchgreifende Abänderung der Verfas- sung eröffnete.
Es ist offenbar, daß der Kaiser, wenn Ordnung und Friede wirklich eingeführt, und alles seine höchste Gerichts- barkeit anzuerkennen genöthigt ward, dadurch zu einer un- gemeinen Macht gelangen mußte. Die Stände waren um so weniger geneigt, ihm eine solche zuzugestehen, da sein Gericht so willkührlich verwaltet ward, im Reiche so schlecht angesehen war. Schon im Jahr 1467, in dem Augen- blicke, in welchem der Landfriede zum ersten Mal ernstlich angeordnet wurde, hatte man dem Kaiser den Antrag ge- macht, zur Vollziehung desselben ein höchstes Gericht von andrer Art einzurichten, zu welchem die verschiednen Stände 24 Urtheiler 1 aus allen deutschen Landen und der Kaiser
1 Die Stelle, wie sie Harpprecht, Archiv I, § 109, mittheilt,
Erſtes Buch.
bei uns dagegen hatten die Churfürſten, welche geiſtliche und weltliche Elemente verbanden, eine ſo ausgebildete Stellung, ſo beſtimmte gemeinſame Vorrechte, daß ſie ſich nicht tren- nen ließen. Daher geſchah es, daß auch die Fürſten ein einziges Collegium aus geiſtlichen und weltlichen Mitglie- dern bildeten: in den Ausſchüſſen ſaß in der Regel eine gleiche Anzahl von beiden Theilen. Die Städte traten den Magnaten in Deutſchland nicht entgegen, ſondern zur Seite. Zuſammen bildeten dieſe Stände eine compacte Corporation, gegen welche kein Kaiſer etwas ausrichten konnte, in welcher die Summe der Reichsgewalt repräſen- tirt war.
Im Gefühle dieſer ihrer Stärke und der Nothwen- digkeit der Sache machten ſie nun dem Kaiſer einen Vor- ſchlag, der ſo gemäßigt er lautete, dennoch die weiteſte Ausſicht auf eine durchgreifende Abänderung der Verfaſ- ſung eröffnete.
Es iſt offenbar, daß der Kaiſer, wenn Ordnung und Friede wirklich eingeführt, und alles ſeine höchſte Gerichts- barkeit anzuerkennen genöthigt ward, dadurch zu einer un- gemeinen Macht gelangen mußte. Die Stände waren um ſo weniger geneigt, ihm eine ſolche zuzugeſtehen, da ſein Gericht ſo willkührlich verwaltet ward, im Reiche ſo ſchlecht angeſehen war. Schon im Jahr 1467, in dem Augen- blicke, in welchem der Landfriede zum erſten Mal ernſtlich angeordnet wurde, hatte man dem Kaiſer den Antrag ge- macht, zur Vollziehung deſſelben ein höchſtes Gericht von andrer Art einzurichten, zu welchem die verſchiednen Stände 24 Urtheiler 1 aus allen deutſchen Landen und der Kaiſer
1 Die Stelle, wie ſie Harpprecht, Archiv I, § 109, mittheilt,
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Erſtes Buch.
bei uns dagegen hatten die Churfürſten, welche geiſtliche und
weltliche Elemente verbanden, eine ſo ausgebildete Stellung,
ſo beſtimmte gemeinſame Vorrechte, daß ſie ſich nicht tren-
nen ließen. Daher geſchah es, daß auch die Fürſten ein
einziges Collegium aus geiſtlichen und weltlichen Mitglie-
dern bildeten: in den Ausſchüſſen ſaß in der Regel eine
gleiche Anzahl von beiden Theilen. Die Städte traten
den Magnaten in Deutſchland nicht entgegen, ſondern zur
Seite. Zuſammen bildeten dieſe Stände eine compacte
Corporation, gegen welche kein Kaiſer etwas ausrichten
konnte, in welcher die Summe der Reichsgewalt repräſen-
tirt war.
Im Gefühle dieſer ihrer Stärke und der Nothwen-
digkeit der Sache machten ſie nun dem Kaiſer einen Vor-
ſchlag, der ſo gemäßigt er lautete, dennoch die weiteſte
Ausſicht auf eine durchgreifende Abänderung der Verfaſ-
ſung eröffnete.
Es iſt offenbar, daß der Kaiſer, wenn Ordnung und
Friede wirklich eingeführt, und alles ſeine höchſte Gerichts-
barkeit anzuerkennen genöthigt ward, dadurch zu einer un-
gemeinen Macht gelangen mußte. Die Stände waren um
ſo weniger geneigt, ihm eine ſolche zuzugeſtehen, da ſein
Gericht ſo willkührlich verwaltet ward, im Reiche ſo ſchlecht
angeſehen war. Schon im Jahr 1467, in dem Augen-
blicke, in welchem der Landfriede zum erſten Mal ernſtlich
angeordnet wurde, hatte man dem Kaiſer den Antrag ge-
macht, zur Vollziehung deſſelben ein höchſtes Gericht von
andrer Art einzurichten, zu welchem die verſchiednen Stände
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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 1. Berlin, 1839, S. 92. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation01_1839/110>, abgerufen am 15.06.2024.
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