Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 5. Göttingen, 1750.

Bild:
<< vorherige Seite



wozu sie sich erboten haben. Jch werde keinen
Brief von ihren Händen annehmen. Wenn ich
mit dem Capitain Tomlinson spreche: so soll es
auf seine eigne, nicht auf ihre, Rechnung gesche-
hen. Sie haben sich verlauten lassen, daß sie
mir meine Kleider senden wollen. Wo ich ir-
gend etwas von dem, was sie sagen, glauben soll:
so lassen sie dieß die Probe von ihrer Aufrichtig-
keit seyn - - Verlassen sie mich nun und schi-
cken mir meine Sachen.

Die andern Weibspersonen sahen starr[e].
Sie thaten nichts anders, als starre sehen, und
schienen immer mehr und mehr verlegen zu seyn,
was sie aus der Sache zwischen uns beyden ma-
chen sollten.

Jch stellte mich, als wenn ich mit Unwillen
von ihr gehen wollte. Allein nachdem ich bis
an die Thüre gekommen war, kehrte ich wieder
um: nicht anders, als wenn ich mich von neu-
em gefaßt hätte. Noch ein Wort, meine Aller-
liebste! - - Reizend auch so gar in ihrem Zorne!
- O wie sehr ist mein Herz bezaubert! Dieß letz-
te sagte ich, indem ich mich halb umkehrte und
mein Schnupftuch herauszog.

Jch glaube, Bruder, meine Augen glänzten
ein wenig - - Jch zweifle nicht daran - Die
beyden Frauensleute hatten Mitleiden mit mir.
Die ehrlichen Seelen! - - Sie zeigten, daß sie
auch eine jede ein Schnupftuch hätten, so gut als
ich. Hast du nicht auf eben die Art bemerkt,
damit ich eine bekannte Erläuterung beybringe,

daß



wozu ſie ſich erboten haben. Jch werde keinen
Brief von ihren Haͤnden annehmen. Wenn ich
mit dem Capitain Tomlinſon ſpreche: ſo ſoll es
auf ſeine eigne, nicht auf ihre, Rechnung geſche-
hen. Sie haben ſich verlauten laſſen, daß ſie
mir meine Kleider ſenden wollen. Wo ich ir-
gend etwas von dem, was ſie ſagen, glauben ſoll:
ſo laſſen ſie dieß die Probe von ihrer Aufrichtig-
keit ſeyn ‒ ‒ Verlaſſen ſie mich nun und ſchi-
cken mir meine Sachen.

Die andern Weibsperſonen ſahen ſtarr[e].
Sie thaten nichts anders, als ſtarre ſehen, und
ſchienen immer mehr und mehr verlegen zu ſeyn,
was ſie aus der Sache zwiſchen uns beyden ma-
chen ſollten.

Jch ſtellte mich, als wenn ich mit Unwillen
von ihr gehen wollte. Allein nachdem ich bis
an die Thuͤre gekommen war, kehrte ich wieder
um: nicht anders, als wenn ich mich von neu-
em gefaßt haͤtte. Noch ein Wort, meine Aller-
liebſte! ‒ ‒ Reizend auch ſo gar in ihrem Zorne!
‒ O wie ſehr iſt mein Herz bezaubert! Dieß letz-
te ſagte ich, indem ich mich halb umkehrte und
mein Schnupftuch herauszog.

Jch glaube, Bruder, meine Augen glaͤnzten
ein wenig ‒ ‒ Jch zweifle nicht daran ‒ Die
beyden Frauensleute hatten Mitleiden mit mir.
Die ehrlichen Seelen! ‒ ‒ Sie zeigten, daß ſie
auch eine jede ein Schnupftuch haͤtten, ſo gut als
ich. Haſt du nicht auf eben die Art bemerkt,
damit ich eine bekannte Erlaͤuterung beybringe,

daß
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0250" n="244"/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
wozu &#x017F;ie &#x017F;ich erboten haben. Jch werde keinen<lb/>
Brief von ihren Ha&#x0364;nden annehmen. Wenn ich<lb/>
mit dem Capitain Tomlin&#x017F;on &#x017F;preche: &#x017F;o &#x017F;oll es<lb/>
auf &#x017F;eine <hi rendition="#fr">eigne,</hi> nicht auf <hi rendition="#fr">ihre,</hi> Rechnung ge&#x017F;che-<lb/>
hen. Sie haben &#x017F;ich verlauten la&#x017F;&#x017F;en, daß &#x017F;ie<lb/>
mir meine Kleider &#x017F;enden wollen. Wo ich ir-<lb/>
gend etwas von dem, was &#x017F;ie &#x017F;agen, glauben &#x017F;oll:<lb/>
&#x017F;o la&#x017F;&#x017F;en &#x017F;ie dieß die Probe von ihrer Aufrichtig-<lb/>
keit &#x017F;eyn &#x2012; &#x2012; Verla&#x017F;&#x017F;en &#x017F;ie mich <hi rendition="#fr">nun</hi> und &#x017F;chi-<lb/>
cken mir meine Sachen.</p><lb/>
          <p>Die andern Weibsper&#x017F;onen &#x017F;ahen &#x017F;tarr<supplied>e</supplied>.<lb/>
Sie thaten nichts anders, als &#x017F;tarre &#x017F;ehen, und<lb/>
&#x017F;chienen immer mehr und mehr verlegen zu &#x017F;eyn,<lb/>
was &#x017F;ie aus der Sache zwi&#x017F;chen uns beyden ma-<lb/>
chen &#x017F;ollten.</p><lb/>
          <p>Jch &#x017F;tellte mich, als wenn ich mit Unwillen<lb/>
von ihr gehen wollte. Allein nachdem ich bis<lb/>
an die Thu&#x0364;re gekommen war, kehrte ich wieder<lb/>
um: nicht anders, als wenn ich mich von neu-<lb/>
em gefaßt ha&#x0364;tte. Noch ein Wort, meine Aller-<lb/>
lieb&#x017F;te! &#x2012; &#x2012; Reizend auch &#x017F;o gar in ihrem Zorne!<lb/>
&#x2012; O wie &#x017F;ehr i&#x017F;t mein Herz bezaubert! Dieß letz-<lb/>
te &#x017F;agte ich, indem ich mich halb umkehrte und<lb/>
mein Schnupftuch herauszog.</p><lb/>
          <p>Jch glaube, Bruder, meine Augen gla&#x0364;nzten<lb/>
ein wenig &#x2012; &#x2012; Jch zweifle nicht daran &#x2012; Die<lb/>
beyden Frauensleute hatten Mitleiden mit mir.<lb/>
Die ehrlichen Seelen! &#x2012; &#x2012; Sie zeigten, daß &#x017F;ie<lb/>
auch eine jede ein Schnupftuch ha&#x0364;tten, &#x017F;o gut als<lb/>
ich. Ha&#x017F;t du nicht auf eben die Art bemerkt,<lb/>
damit ich eine bekannte Erla&#x0364;uterung beybringe,<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">daß</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[244/0250] wozu ſie ſich erboten haben. Jch werde keinen Brief von ihren Haͤnden annehmen. Wenn ich mit dem Capitain Tomlinſon ſpreche: ſo ſoll es auf ſeine eigne, nicht auf ihre, Rechnung geſche- hen. Sie haben ſich verlauten laſſen, daß ſie mir meine Kleider ſenden wollen. Wo ich ir- gend etwas von dem, was ſie ſagen, glauben ſoll: ſo laſſen ſie dieß die Probe von ihrer Aufrichtig- keit ſeyn ‒ ‒ Verlaſſen ſie mich nun und ſchi- cken mir meine Sachen. Die andern Weibsperſonen ſahen ſtarre. Sie thaten nichts anders, als ſtarre ſehen, und ſchienen immer mehr und mehr verlegen zu ſeyn, was ſie aus der Sache zwiſchen uns beyden ma- chen ſollten. Jch ſtellte mich, als wenn ich mit Unwillen von ihr gehen wollte. Allein nachdem ich bis an die Thuͤre gekommen war, kehrte ich wieder um: nicht anders, als wenn ich mich von neu- em gefaßt haͤtte. Noch ein Wort, meine Aller- liebſte! ‒ ‒ Reizend auch ſo gar in ihrem Zorne! ‒ O wie ſehr iſt mein Herz bezaubert! Dieß letz- te ſagte ich, indem ich mich halb umkehrte und mein Schnupftuch herauszog. Jch glaube, Bruder, meine Augen glaͤnzten ein wenig ‒ ‒ Jch zweifle nicht daran ‒ Die beyden Frauensleute hatten Mitleiden mit mir. Die ehrlichen Seelen! ‒ ‒ Sie zeigten, daß ſie auch eine jede ein Schnupftuch haͤtten, ſo gut als ich. Haſt du nicht auf eben die Art bemerkt, damit ich eine bekannte Erlaͤuterung beybringe, daß

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa05_1750
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa05_1750/250
Zitationshilfe: [Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 5. Göttingen, 1750, S. 244. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa05_1750/250>, abgerufen am 20.05.2024.