Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 6. Göttingen, 1750.

Bild:
<< vorherige Seite



Und wie viel müssen diese Erinnerungen auch bey
Jhnen den Schmerz vermehren!

Sie sind entkommen, meine allerliebste Fräu-
lein - - Jch hoffe, glücklich - - das ist, mit
ihrer Ehre - - Wo nicht: wie groß muß Jhr
Jammer seyn! - - Nach Jhrem Briefe be-
fürchte ich das ärgste.

Jch bin sehr selten zu Harlowe-Burg. Das
Haus ist nicht mehr das Haus, das es zu seyn
pflegte: seit dem Sie daraus gegangen sind.
Außer dem sind sie so unerweichlich! Und weil
ich von dem geliebten Kinde, das ich so wohl alle-
zeit in meinem Herzen getragen, als mit meiner
Brust gesäuget habe, nichts hartes reden kann:
so sehen sie es nicht ungern, daß ich wegbleibe.

Jhre Hanna hat vor einiger Zeit ihren Dienst
krank verlassen. Da sie noch bey ihrer Mutter
zu St. Albans ist: so besorge ich, daß es noch
nicht besser mit ihr geworden. Sollte es seyn:
so werde ich, da Sie unter ganz fremden Leuten
sind, und ich Jhnen itzo eben nicht rathen kann,
in diese Gegenden zu kommen, es für meine
Schuldigkeit halten, Jhnen aufzuwarten, man
mag es hier nehmen, wie man will; so bald als
es meines Thomas Unpäßlichkeit erlauben wird,
welches bald seyn wird, wie ich hoffe.

Jch habe ein wenig Geld bey mir stehen. Sie
sagen, daß Sie selbst arm sind - - Wie be-
trübt sind diese Worte von einer Person, die zu
allem Ueberfluß Recht hat und gewöhnet ist! - -
Wollen Sie so gut seyn und befehlen, daß ich es

schicke,
Sechster Theil. C



Und wie viel muͤſſen dieſe Erinnerungen auch bey
Jhnen den Schmerz vermehren!

Sie ſind entkommen, meine allerliebſte Fraͤu-
lein ‒ ‒ Jch hoffe, gluͤcklich ‒ ‒ das iſt, mit
ihrer Ehre ‒ ‒ Wo nicht: wie groß muß Jhr
Jammer ſeyn! ‒ ‒ Nach Jhrem Briefe be-
fuͤrchte ich das aͤrgſte.

Jch bin ſehr ſelten zu Harlowe-Burg. Das
Haus iſt nicht mehr das Haus, das es zu ſeyn
pflegte: ſeit dem Sie daraus gegangen ſind.
Außer dem ſind ſie ſo unerweichlich! Und weil
ich von dem geliebten Kinde, das ich ſo wohl alle-
zeit in meinem Herzen getragen, als mit meiner
Bruſt geſaͤuget habe, nichts hartes reden kann:
ſo ſehen ſie es nicht ungern, daß ich wegbleibe.

Jhre Hanna hat vor einiger Zeit ihren Dienſt
krank verlaſſen. Da ſie noch bey ihrer Mutter
zu St. Albans iſt: ſo beſorge ich, daß es noch
nicht beſſer mit ihr geworden. Sollte es ſeyn:
ſo werde ich, da Sie unter ganz fremden Leuten
ſind, und ich Jhnen itzo eben nicht rathen kann,
in dieſe Gegenden zu kommen, es fuͤr meine
Schuldigkeit halten, Jhnen aufzuwarten, man
mag es hier nehmen, wie man will; ſo bald als
es meines Thomas Unpaͤßlichkeit erlauben wird,
welches bald ſeyn wird, wie ich hoffe.

Jch habe ein wenig Geld bey mir ſtehen. Sie
ſagen, daß Sie ſelbſt arm ſind ‒ ‒ Wie be-
truͤbt ſind dieſe Worte von einer Perſon, die zu
allem Ueberfluß Recht hat und gewoͤhnet iſt! ‒ ‒
Wollen Sie ſo gut ſeyn und befehlen, daß ich es

ſchicke,
Sechſter Theil. C
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0039" n="33"/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
Und wie viel mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en die&#x017F;e Erinnerungen auch bey<lb/>
Jhnen den Schmerz vermehren!</p><lb/>
          <p>Sie &#x017F;ind entkommen, meine allerlieb&#x017F;te Fra&#x0364;u-<lb/>
lein &#x2012; &#x2012; Jch hoffe, glu&#x0364;cklich &#x2012; &#x2012; das i&#x017F;t, mit<lb/>
ihrer Ehre &#x2012; &#x2012; Wo nicht: wie groß muß Jhr<lb/>
Jammer &#x017F;eyn! &#x2012; &#x2012; Nach Jhrem Briefe be-<lb/>
fu&#x0364;rchte ich das a&#x0364;rg&#x017F;te.</p><lb/>
          <p>Jch bin &#x017F;ehr &#x017F;elten zu Harlowe-Burg. Das<lb/>
Haus i&#x017F;t nicht mehr das Haus, das es zu &#x017F;eyn<lb/>
pflegte: &#x017F;eit dem Sie daraus gegangen &#x017F;ind.<lb/>
Außer dem &#x017F;ind &#x017F;ie &#x017F;o unerweichlich! Und weil<lb/>
ich von dem geliebten Kinde, das ich &#x017F;o wohl alle-<lb/>
zeit in meinem <hi rendition="#fr">Herzen</hi> getragen, als mit meiner<lb/><hi rendition="#fr">Bru&#x017F;t</hi> ge&#x017F;a&#x0364;uget habe, nichts hartes reden kann:<lb/>
&#x017F;o &#x017F;ehen &#x017F;ie es nicht <hi rendition="#fr">ungern,</hi> daß ich wegbleibe.</p><lb/>
          <p>Jhre Hanna hat vor einiger Zeit ihren Dien&#x017F;t<lb/>
krank verla&#x017F;&#x017F;en. Da &#x017F;ie noch bey ihrer Mutter<lb/>
zu St. Albans i&#x017F;t: &#x017F;o be&#x017F;orge ich, daß es noch<lb/>
nicht be&#x017F;&#x017F;er mit ihr geworden. Sollte es &#x017F;eyn:<lb/>
&#x017F;o werde ich, da Sie unter ganz fremden Leuten<lb/>
&#x017F;ind, und ich Jhnen itzo eben nicht rathen kann,<lb/>
in <hi rendition="#fr">die&#x017F;e</hi> Gegenden zu kommen, es fu&#x0364;r meine<lb/>
Schuldigkeit halten, Jhnen aufzuwarten, man<lb/>
mag es hier nehmen, wie man will; &#x017F;o bald als<lb/>
es meines Thomas Unpa&#x0364;ßlichkeit erlauben wird,<lb/>
welches bald &#x017F;eyn wird, wie ich hoffe.</p><lb/>
          <p>Jch habe ein wenig Geld bey mir &#x017F;tehen. Sie<lb/>
&#x017F;agen, daß <hi rendition="#fr">Sie &#x017F;elb&#x017F;t arm</hi> &#x017F;ind &#x2012; &#x2012; Wie be-<lb/>
tru&#x0364;bt &#x017F;ind die&#x017F;e Worte von einer Per&#x017F;on, die zu<lb/>
allem Ueberfluß Recht hat und gewo&#x0364;hnet i&#x017F;t! &#x2012; &#x2012;<lb/>
Wollen Sie &#x017F;o gut &#x017F;eyn und befehlen, daß ich es<lb/>
<fw place="bottom" type="sig"><hi rendition="#fr">Sech&#x017F;ter Theil.</hi> C</fw><fw place="bottom" type="catch">&#x017F;chicke,</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[33/0039] Und wie viel muͤſſen dieſe Erinnerungen auch bey Jhnen den Schmerz vermehren! Sie ſind entkommen, meine allerliebſte Fraͤu- lein ‒ ‒ Jch hoffe, gluͤcklich ‒ ‒ das iſt, mit ihrer Ehre ‒ ‒ Wo nicht: wie groß muß Jhr Jammer ſeyn! ‒ ‒ Nach Jhrem Briefe be- fuͤrchte ich das aͤrgſte. Jch bin ſehr ſelten zu Harlowe-Burg. Das Haus iſt nicht mehr das Haus, das es zu ſeyn pflegte: ſeit dem Sie daraus gegangen ſind. Außer dem ſind ſie ſo unerweichlich! Und weil ich von dem geliebten Kinde, das ich ſo wohl alle- zeit in meinem Herzen getragen, als mit meiner Bruſt geſaͤuget habe, nichts hartes reden kann: ſo ſehen ſie es nicht ungern, daß ich wegbleibe. Jhre Hanna hat vor einiger Zeit ihren Dienſt krank verlaſſen. Da ſie noch bey ihrer Mutter zu St. Albans iſt: ſo beſorge ich, daß es noch nicht beſſer mit ihr geworden. Sollte es ſeyn: ſo werde ich, da Sie unter ganz fremden Leuten ſind, und ich Jhnen itzo eben nicht rathen kann, in dieſe Gegenden zu kommen, es fuͤr meine Schuldigkeit halten, Jhnen aufzuwarten, man mag es hier nehmen, wie man will; ſo bald als es meines Thomas Unpaͤßlichkeit erlauben wird, welches bald ſeyn wird, wie ich hoffe. Jch habe ein wenig Geld bey mir ſtehen. Sie ſagen, daß Sie ſelbſt arm ſind ‒ ‒ Wie be- truͤbt ſind dieſe Worte von einer Perſon, die zu allem Ueberfluß Recht hat und gewoͤhnet iſt! ‒ ‒ Wollen Sie ſo gut ſeyn und befehlen, daß ich es ſchicke, Sechſter Theil. C

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa06_1750
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa06_1750/39
Zitationshilfe: [Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 6. Göttingen, 1750, S. 33. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa06_1750/39>, abgerufen am 15.05.2024.