alles Ansehen und Achtung war, wofern nicht alte Rechte, Staatsverfassung oder andere Privilegien ihn begünstigten.
Hiezu kam noch, daß es an den Hülfswissen- schaften fehlte. Die Chemie, Physik und Natur- geschichte waren noch nicht genug bearbeitet. Zwar suchte Melanchthon dieselben zu befördern, und fieng an zu Wittenberg über des Plinius Na- turgeschichte und über die Physik des Aristoteles zu lesen. Aber man betrieb diese Hülfswissen- schaften blos als ein unfruchtbares System, das sich in seine eigenen Gränzen einschloß, ohne auf andere Wissenschaften durch einen glücklichen Ein- fluß zu wirken. Man war zu sehr für Hypothese und einmal angenommene Grundsätze und Spitz- findigkeiten, die Früchte der aristotelischen Philo- sophie, und rechnete zu wenig auf Erfahrungen und Versuche. Es fehlte an dem vernünftigen und dem Weisen so nöthigen Mißtrauen gegen gewisse Sätze, die oft nichts weiter für sich haben, als daß sie einmal angenommen sind. Die Er- fahrungen, welche zuweilen die Alten selbst in der Oekonomie, Physik und Naturgeschichte angaben, wenn sie dem angenommenen System nicht ent- sprachen, wurden als Undinge und Fabeln ver- worfen. Diese zu großen Vorurtheile vor das System hinderten neue Entdeckungen durch Ver- suche, und dieses war die Ursache, daß die Alten so wenig Nutzen stifteten. Da also die Hülfs- wissenschaften so wenig zunahmen, so blieb dieses
immer
alles Anſehen und Achtung war, wofern nicht alte Rechte, Staatsverfaſſung oder andere Privilegien ihn beguͤnſtigten.
Hiezu kam noch, daß es an den Huͤlfswiſſen- ſchaften fehlte. Die Chemie, Phyſik und Natur- geſchichte waren noch nicht genug bearbeitet. Zwar ſuchte Melanchthon dieſelben zu befoͤrdern, und fieng an zu Wittenberg uͤber des Plinius Na- turgeſchichte und uͤber die Phyſik des Ariſtoteles zu leſen. Aber man betrieb dieſe Huͤlfswiſſen- ſchaften blos als ein unfruchtbares Syſtem, das ſich in ſeine eigenen Graͤnzen einſchloß, ohne auf andere Wiſſenſchaften durch einen gluͤcklichen Ein- fluß zu wirken. Man war zu ſehr fuͤr Hypotheſe und einmal angenommene Grundſaͤtze und Spitz- findigkeiten, die Fruͤchte der ariſtoteliſchen Philo- ſophie, und rechnete zu wenig auf Erfahrungen und Verſuche. Es fehlte an dem vernuͤnftigen und dem Weiſen ſo noͤthigen Mißtrauen gegen gewiſſe Saͤtze, die oft nichts weiter fuͤr ſich haben, als daß ſie einmal angenommen ſind. Die Er- fahrungen, welche zuweilen die Alten ſelbſt in der Oekonomie, Phyſik und Naturgeſchichte angaben, wenn ſie dem angenommenen Syſtem nicht ent- ſprachen, wurden als Undinge und Fabeln ver- worfen. Dieſe zu großen Vorurtheile vor das Syſtem hinderten neue Entdeckungen durch Ver- ſuche, und dieſes war die Urſache, daß die Alten ſo wenig Nutzen ſtifteten. Da alſo die Huͤlfs- wiſſenſchaften ſo wenig zunahmen, ſo blieb dieſes
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[11/0037]
alles Anſehen und Achtung war, wofern nicht alte
Rechte, Staatsverfaſſung oder andere Privilegien
ihn beguͤnſtigten.
Hiezu kam noch, daß es an den Huͤlfswiſſen-
ſchaften fehlte. Die Chemie, Phyſik und Natur-
geſchichte waren noch nicht genug bearbeitet.
Zwar ſuchte Melanchthon dieſelben zu befoͤrdern,
und fieng an zu Wittenberg uͤber des Plinius Na-
turgeſchichte und uͤber die Phyſik des Ariſtoteles
zu leſen. Aber man betrieb dieſe Huͤlfswiſſen-
ſchaften blos als ein unfruchtbares Syſtem, das
ſich in ſeine eigenen Graͤnzen einſchloß, ohne auf
andere Wiſſenſchaften durch einen gluͤcklichen Ein-
fluß zu wirken. Man war zu ſehr fuͤr Hypotheſe
und einmal angenommene Grundſaͤtze und Spitz-
findigkeiten, die Fruͤchte der ariſtoteliſchen Philo-
ſophie, und rechnete zu wenig auf Erfahrungen
und Verſuche. Es fehlte an dem vernuͤnftigen
und dem Weiſen ſo noͤthigen Mißtrauen gegen
gewiſſe Saͤtze, die oft nichts weiter fuͤr ſich haben,
als daß ſie einmal angenommen ſind. Die Er-
fahrungen, welche zuweilen die Alten ſelbſt in der
Oekonomie, Phyſik und Naturgeſchichte angaben,
wenn ſie dem angenommenen Syſtem nicht ent-
ſprachen, wurden als Undinge und Fabeln ver-
worfen. Dieſe zu großen Vorurtheile vor das
Syſtem hinderten neue Entdeckungen durch Ver-
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ſo wenig Nutzen ſtifteten. Da alſo die Huͤlfs-
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Rössig, Carl Gottlob: Versuch einer pragmatischen Geschichte der Ökonomie- Polizey- und Cameralwissenschaften. Deutschland. Bd. 1. Leipzig, 1781, S. 11. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/roessig_oekonomie01_1781/37>, abgerufen am 10.11.2024.
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