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Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Staats-Klugheit. Leipzig, 1718.

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die von den Stamm-Herrn gar weit entfernet
sind, leicht zutragen kan, das nicht so gar deut-
lich und ausgemacht wäre, welche der andern
wohl vorzuziehen sey, denn so wäre ein ieder,
wie er dem verstorbenen König am nächsten
verwand wäre, schlechterdings der Crone fähig,
da zumahl der favor repraesentationis bey de-
nen entfernten Gradibus nicht Statt hat, so ist zu
Benehmung dergleichen Streitigkeiten bey
vielen Völckern die Succession, welche die Li-
nealis
genennet wird, eingeführt worden.
Solche bestehet nun darinnen, daß alle die von
den erstern regierenden Stamm-Herrn her-
kommen, gleichsam eine Perpendicular-Linie
ausmachen, von welchen eine iede der Succes-
sion
näher, nachdem ein iedweder in eben dem
Grad einen andern an Geschlecht und Alter
übertrifft. Und die Crone kömmt nicht eher
auf eine andere Linie, biß alle aus der ersten Li-
nie abgegangen, daher dürffen diejenigen, die
auf die Art succediren wollen, nicht zehlen, in
welchen Grad sie von dem letztverstorbenen
König distiren, noch sich auf das jus repraesen-
tationis
beziehen, sondern wie ein iedweder ge-
bohren wird, so erklären ihn auch die Gesetze
zur Succession fähig, welch Recht ein iedweder
auf alle seine Kinder in gleicher Ordnung trans-
feri
rt, ob er gleich das Reich selbst nicht hat.

Die-



die von den Stamm-Herrn gar weit entfernet
ſind, leicht zutragen kan, das nicht ſo gar deut-
lich und ausgemacht waͤre, welche der andern
wohl vorzuziehen ſey, denn ſo waͤre ein ieder,
wie er dem verſtorbenen Koͤnig am naͤchſten
verwand waͤre, ſchlechterdings der Crone faͤhig,
da zumahl der favor repræſentationis bey de-
nen entfeꝛnten Gradibus nicht Statt hat, ſo iſt zu
Benehmung dergleichen Streitigkeiten bey
vielen Voͤlckern die Succesſion, welche die Li-
nealis
genennet wird, eingefuͤhrt worden.
Solche beſtehet nun darinnen, daß alle die von
den erſtern regierenden Stamm-Herrn her-
kommen, gleichſam eine Perpendicular-Linie
ausmachen, von welchen eine iede der Succes-
ſion
naͤher, nachdem ein iedweder in eben dem
Grad einen andern an Geſchlecht und Alter
uͤbertrifft. Und die Crone koͤmmt nicht eher
auf eine andere Linie, biß alle aus der erſten Li-
nie abgegangen, daher duͤrffen diejenigen, die
auf die Art ſuccediren wollen, nicht zehlen, in
welchen Grad ſie von dem letztverſtorbenen
Koͤnig diſtiren, noch ſich auf das jus repræſen-
tationis
beziehen, ſondern wie ein iedweder ge-
bohren wird, ſo erklaͤren ihn auch die Geſetze
zur Succesſion faͤhig, welch Recht ein iedweder
auf alle ſeine Kinder in gleicher Ordnung trans-
feri
rt, ob er gleich das Reich ſelbſt nicht hat.

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[212/0232] die von den Stamm-Herrn gar weit entfernet ſind, leicht zutragen kan, das nicht ſo gar deut- lich und ausgemacht waͤre, welche der andern wohl vorzuziehen ſey, denn ſo waͤre ein ieder, wie er dem verſtorbenen Koͤnig am naͤchſten verwand waͤre, ſchlechterdings der Crone faͤhig, da zumahl der favor repræſentationis bey de- nen entfeꝛnten Gradibus nicht Statt hat, ſo iſt zu Benehmung dergleichen Streitigkeiten bey vielen Voͤlckern die Succesſion, welche die Li- nealis genennet wird, eingefuͤhrt worden. Solche beſtehet nun darinnen, daß alle die von den erſtern regierenden Stamm-Herrn her- kommen, gleichſam eine Perpendicular-Linie ausmachen, von welchen eine iede der Succes- ſion naͤher, nachdem ein iedweder in eben dem Grad einen andern an Geſchlecht und Alter uͤbertrifft. Und die Crone koͤmmt nicht eher auf eine andere Linie, biß alle aus der erſten Li- nie abgegangen, daher duͤrffen diejenigen, die auf die Art ſuccediren wollen, nicht zehlen, in welchen Grad ſie von dem letztverſtorbenen Koͤnig diſtiren, noch ſich auf das jus repræſen- tationis beziehen, ſondern wie ein iedweder ge- bohren wird, ſo erklaͤren ihn auch die Geſetze zur Succesſion faͤhig, welch Recht ein iedweder auf alle ſeine Kinder in gleicher Ordnung trans- ferirt, ob er gleich das Reich ſelbſt nicht hat. Die-

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Zitationshilfe: Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Staats-Klugheit. Leipzig, 1718, S. 212. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_julii_1718/232>, abgerufen am 20.05.2024.