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Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Staats-Klugheit. Leipzig, 1718.

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schuldig, diesem in allen Stücken Parition zu lei-
sten, ergo bin ich höher als er, oder ihm gleich,
oder dieser kan nicht alles nach eignen Gefallen
thun; Also stehet ihm keine Landesherrliche
Macht zu. v. Pufend. Lib. 7.

§. 4. Es rühret auch die Beschaffenheit
der Lehn aus einem Contracte her, die aber
die Landesherrliche Hoheit eines Vasallen im
geringsten nicht verringert. Denn obschon
der Lehns-Herr in manchen Stücken einigen
Vorzug und Jurisdiction über den Lehns-Va-
sall
en erhält, so erstreckt sie sich doch im ge-
ringsten nicht über die Lehns-Sachen. Ein
solcher Fürst erkennt zwar in manchen Sachen
einen Lehns-Herrn über sich, iedoch besitzt er,
in Ansehung derjenigen Rechte, die seine Län-
der concerniren, eine vollkommene Macht und
Gewalt, und übet die Jurisdiction directe vor
sich gegen alle und iede aus. Der gegen seine
Unterthanen eine independente Gewalt exer-
ci
ret, ist allerdings vor einen wahren Souve-
rain
zu halten. Denn die Lehns-Pflicht und
Dienst-Leistung nebst der Lehns-Jurisdiction
fließt nicht aus einem gewissen Zwang-Impe-
rio
her, so dem andern über dergleichen Vasallen
zustünde, sondern aus denen unter den Par-
theyen dießfalls aufgerichteten Verträgen.

§. 5. Es haben mit den Lehnen auch eine

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ſchuldig, dieſem in allen Stuͤcken Parition zu lei-
ſten, ergò bin ich hoͤher als er, oder ihm gleich,
oder dieſer kan nicht alles nach eignen Gefallen
thun; Alſo ſtehet ihm keine Landesherrliche
Macht zu. v. Pufend. Lib. 7.

§. 4. Es ruͤhret auch die Beſchaffenheit
der Lehn aus einem Contracte her, die aber
die Landesherrliche Hoheit eines Vaſallen im
geringſten nicht verringert. Denn obſchon
der Lehns-Herr in manchen Stuͤcken einigen
Vorzug und Jurisdiction uͤber den Lehns-Va-
ſall
en erhaͤlt, ſo erſtreckt ſie ſich doch im ge-
ringſten nicht uͤber die Lehns-Sachen. Ein
ſolcher Fuͤrſt erkennt zwar in manchen Sachen
einen Lehns-Herrn uͤber ſich, iedoch beſitzt er,
in Anſehung derjenigen Rechte, die ſeine Laͤn-
der concerniren, eine vollkommene Macht und
Gewalt, und uͤbet die Jurisdiction directe vor
ſich gegen alle und iede aus. Der gegen ſeine
Unterthanen eine independente Gewalt exer-
ci
ret, iſt allerdings vor einen wahren Souve-
rain
zu halten. Denn die Lehns-Pflicht und
Dienſt-Leiſtung nebſt der Lehns-Jurisdiction
fließt nicht aus einem gewiſſen Zwang-Impe-
rio
her, ſo dem andern uͤber dergleichen Vaſallen
zuſtuͤnde, ſondern aus denen unter den Par-
theyen dießfalls aufgerichteten Vertraͤgen.

§. 5. Es haben mit den Lehnen auch eine

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[69/0089] ſchuldig, dieſem in allen Stuͤcken Parition zu lei- ſten, ergò bin ich hoͤher als er, oder ihm gleich, oder dieſer kan nicht alles nach eignen Gefallen thun; Alſo ſtehet ihm keine Landesherrliche Macht zu. v. Pufend. Lib. 7. §. 4. Es ruͤhret auch die Beſchaffenheit der Lehn aus einem Contracte her, die aber die Landesherrliche Hoheit eines Vaſallen im geringſten nicht verringert. Denn obſchon der Lehns-Herr in manchen Stuͤcken einigen Vorzug und Jurisdiction uͤber den Lehns-Va- ſallen erhaͤlt, ſo erſtreckt ſie ſich doch im ge- ringſten nicht uͤber die Lehns-Sachen. Ein ſolcher Fuͤrſt erkennt zwar in manchen Sachen einen Lehns-Herrn uͤber ſich, iedoch beſitzt er, in Anſehung derjenigen Rechte, die ſeine Laͤn- der concerniren, eine vollkommene Macht und Gewalt, und uͤbet die Jurisdiction directe vor ſich gegen alle und iede aus. Der gegen ſeine Unterthanen eine independente Gewalt exer- ciret, iſt allerdings vor einen wahren Souve- rain zu halten. Denn die Lehns-Pflicht und Dienſt-Leiſtung nebſt der Lehns-Jurisdiction fließt nicht aus einem gewiſſen Zwang-Impe- rio her, ſo dem andern uͤber dergleichen Vaſallen zuſtuͤnde, ſondern aus denen unter den Par- theyen dießfalls aufgerichteten Vertraͤgen. §. 5. Es haben mit den Lehnen auch eine groſſe E 3

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Zitationshilfe: Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Staats-Klugheit. Leipzig, 1718, S. 69. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_julii_1718/89>, abgerufen am 20.05.2024.