Rückert, Friedrich: Die Weisheit des Brahmanen. Bd. 3. Leipzig, 1837.101. Ob einmal siegen wird das Gute auf der Welt Oder das Böse ihm die Wag' auf ewig hält; Der alte Streit ist nicht geschlichtet, nicht zu schlichten, Doch irren kann er dich in deinem Thun mitnichten. Du hast zu handeln so, daß Gutes möge siegen, Und dich zu trösten, wo du's siehest unterliegen. 102. Des Menschen ganzes Glück besteht in zweierlei, Daß ihm gewis und ungewis die Zukunft sei. Das ist ihm ungewis, wo er wird seyn und wie, Gewis, daß er wird seyn, derselbe dort und hie. Die Ungewisheit macht ihn froh der Gegenwart, Und die Gewisheit gibt ihm Kraft zur Weiterfahrt. Wer möchte leben, wär' ihm nicht sein Tod verborgen? Und wer könnt' heute seyn, wenn er nichts wäre morgen? 101. Ob einmal ſiegen wird das Gute auf der Welt Oder das Boͤſe ihm die Wag' auf ewig haͤlt; Der alte Streit iſt nicht geſchlichtet, nicht zu ſchlichten, Doch irren kann er dich in deinem Thun mitnichten. Du haſt zu handeln ſo, daß Gutes moͤge ſiegen, Und dich zu troͤſten, wo du's ſieheſt unterliegen. 102. Des Menſchen ganzes Gluͤck beſteht in zweierlei, Daß ihm gewis und ungewis die Zukunft ſei. Das iſt ihm ungewis, wo er wird ſeyn und wie, Gewis, daß er wird ſeyn, derſelbe dort und hie. Die Ungewisheit macht ihn froh der Gegenwart, Und die Gewisheit gibt ihm Kraft zur Weiterfahrt. Wer moͤchte leben, waͤr' ihm nicht ſein Tod verborgen? Und wer koͤnnt' heute ſeyn, wenn er nichts waͤre morgen? <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0206" n="196"/> <div n="2"> <head>101.</head><lb/> <lg type="poem"> <lg n="1"> <l>Ob einmal ſiegen wird das Gute auf der Welt</l><lb/> <l>Oder das Boͤſe ihm die Wag' auf ewig haͤlt;</l> </lg><lb/> <lg n="2"> <l>Der alte Streit iſt nicht geſchlichtet, nicht zu ſchlichten,</l><lb/> <l>Doch irren kann er dich in deinem Thun mitnichten.</l> </lg><lb/> <lg n="3"> <l>Du haſt zu handeln ſo, daß Gutes moͤge ſiegen,</l><lb/> <l>Und dich zu troͤſten, wo du's ſieheſt unterliegen.</l> </lg><lb/> </lg> </div> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> <div n="2"> <head>102.</head><lb/> <lg type="poem"> <lg n="1"> <l>Des Menſchen ganzes Gluͤck beſteht in zweierlei,</l><lb/> <l>Daß ihm gewis und ungewis die Zukunft ſei.</l> </lg><lb/> <lg n="2"> <l>Das iſt ihm ungewis, wo er wird ſeyn und wie,</l><lb/> <l>Gewis, daß er wird ſeyn, derſelbe dort und hie.</l> </lg><lb/> <lg n="3"> <l>Die Ungewisheit macht ihn froh der Gegenwart,</l><lb/> <l>Und die Gewisheit gibt ihm Kraft zur Weiterfahrt.</l> </lg><lb/> <lg n="4"> <l>Wer moͤchte leben, waͤr' ihm nicht ſein Tod verborgen?</l><lb/> <l>Und wer koͤnnt' heute ſeyn, wenn er nichts waͤre morgen?</l> </lg><lb/> </lg> </div> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> </div> </body> </text> </TEI> [196/0206]
101.
Ob einmal ſiegen wird das Gute auf der Welt
Oder das Boͤſe ihm die Wag' auf ewig haͤlt;
Der alte Streit iſt nicht geſchlichtet, nicht zu ſchlichten,
Doch irren kann er dich in deinem Thun mitnichten.
Du haſt zu handeln ſo, daß Gutes moͤge ſiegen,
Und dich zu troͤſten, wo du's ſieheſt unterliegen.
102.
Des Menſchen ganzes Gluͤck beſteht in zweierlei,
Daß ihm gewis und ungewis die Zukunft ſei.
Das iſt ihm ungewis, wo er wird ſeyn und wie,
Gewis, daß er wird ſeyn, derſelbe dort und hie.
Die Ungewisheit macht ihn froh der Gegenwart,
Und die Gewisheit gibt ihm Kraft zur Weiterfahrt.
Wer moͤchte leben, waͤr' ihm nicht ſein Tod verborgen?
Und wer koͤnnt' heute ſeyn, wenn er nichts waͤre morgen?
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