Rückert, Friedrich: Die Weisheit des Brahmanen. Bd. 6. Leipzig, 1839.75. Bist du gedankenlos, so geht mit offnen Ohren, Mit offnen Augen dir der Sinn der Welt verloren. Die Sinne sind dir voll, doch hast du nichts davon; Im Aug' erlischt das Bild, im Ohre stirbt der Ton. Bist du gedankenvoll, so geht es dir noch schlimmer, Du merkst nur dumpf um dich verworrnen Klang und Schimmer. Den Sinnen selbst entgeht der Außenwelt Gewinnst, Weil du im Inneren Gedankenfäden spinnst. Beglückt nur, wenn du so zu spinnen lernst den Faden, Daß er den Dingen nicht, noch ihm die Dinge schaden; Wenn offner Sinn ergreift und hält der Bilder Schwanken, Und das Gemüth daraus webt ewige Gedanken. 75. Biſt du gedankenlos, ſo geht mit offnen Ohren, Mit offnen Augen dir der Sinn der Welt verloren. Die Sinne ſind dir voll, doch haſt du nichts davon; Im Aug' erliſcht das Bild, im Ohre ſtirbt der Ton. Biſt du gedankenvoll, ſo geht es dir noch ſchlimmer, Du merkſt nur dumpf um dich verworrnen Klang und Schimmer. Den Sinnen ſelbſt entgeht der Außenwelt Gewinnſt, Weil du im Inneren Gedankenfaͤden ſpinnſt. Begluͤckt nur, wenn du ſo zu ſpinnen lernſt den Faden, Daß er den Dingen nicht, noch ihm die Dinge ſchaden; Wenn offner Sinn ergreift und haͤlt der Bilder Schwanken, Und das Gemuͤth daraus webt ewige Gedanken. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0167" n="157"/> <div n="2"> <head>75.</head><lb/> <lg type="poem"> <l/> <lg n="1"> <l>Biſt du gedankenlos, ſo geht mit offnen Ohren,</l><lb/> <l>Mit offnen Augen dir der Sinn der Welt verloren.</l> </lg><lb/> <lg n="2"> <l>Die Sinne ſind dir voll, doch haſt du nichts davon;</l><lb/> <l>Im Aug' erliſcht das Bild, im Ohre ſtirbt der Ton.</l> </lg><lb/> <lg n="3"> <l>Biſt du gedankenvoll, ſo geht es dir noch ſchlimmer,</l><lb/> <l>Du merkſt nur dumpf um dich verworrnen Klang und Schimmer.</l> </lg><lb/> <lg n="4"> <l>Den Sinnen ſelbſt entgeht der Außenwelt Gewinnſt,</l><lb/> <l>Weil du im Inneren Gedankenfaͤden ſpinnſt.</l> </lg><lb/> <lg n="5"> <l>Begluͤckt nur, wenn du ſo zu ſpinnen lernſt den Faden,</l><lb/> <l>Daß er den Dingen nicht, noch ihm die Dinge ſchaden;</l> </lg><lb/> <lg n="6"> <l>Wenn offner Sinn ergreift und haͤlt der Bilder Schwanken,</l><lb/> <l>Und das Gemuͤth daraus webt ewige Gedanken.</l> </lg><lb/> <l/> </lg> </div> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> </div> </body> </text> </TEI> [157/0167]
75.
Biſt du gedankenlos, ſo geht mit offnen Ohren,
Mit offnen Augen dir der Sinn der Welt verloren.
Die Sinne ſind dir voll, doch haſt du nichts davon;
Im Aug' erliſcht das Bild, im Ohre ſtirbt der Ton.
Biſt du gedankenvoll, ſo geht es dir noch ſchlimmer,
Du merkſt nur dumpf um dich verworrnen Klang und Schimmer.
Den Sinnen ſelbſt entgeht der Außenwelt Gewinnſt,
Weil du im Inneren Gedankenfaͤden ſpinnſt.
Begluͤckt nur, wenn du ſo zu ſpinnen lernſt den Faden,
Daß er den Dingen nicht, noch ihm die Dinge ſchaden;
Wenn offner Sinn ergreift und haͤlt der Bilder Schwanken,
Und das Gemuͤth daraus webt ewige Gedanken.
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