zu den Sitten jener Zeit; da sie Gedränge und gegenseitige Beleidigungen der Schaulustigen veranlaßten, haben sie ver- schiedentlich zu blutigen Partheykämpfen die Loosung gegeben. Außerhalb des Thores sieht man eine reich angebaute Land- schaft und Ritter und Damen zu Pferde, welche aufs Land, oder auf die Jagd gehn. Obwohl dieser Theil des Gemäldes etwas leer und die Landschaft minder gelungen ist, als die Ansicht der Stadt, so verdient sie doch um so mehr Aufmerk- samkeit, als sie zu den frühesten Versuchen gehört, Feld und Wald und Anbau darzustellen; welche Dinge die meisten Ma- ler dieser Zeit durch übereinkömmliche Zeichen anzudeuten pflegten. *)
Die anderen Wände dieses Saales enthalten allegorische Malereyen, deren Gegenstand und Zusammenhang gegenwär- tig nur an der einen, dem Fenster gegenüberliegenden, zu erken- nen ist, da die übrigen beynahe zerstört sind. Allein auch die erhaltene bedurfte, gleich den meisten künstlerischen Andeutun- gen des Begriffes, der Erklärung durch Wort und Schrift, weßhalb der Künstler folgende Verse an den Rand des Ge- mäldes setzte:
Questa santa virtu la, dove regge, Induce ad unita li animi molti. Et questi accio riciolti Un ben comun per lor signor si fanno.
*)Ghiberti (cod. cit.) sagt von diesen Malereyen: im öffent- lichen Palaste zu Siena malte er den Krieg und den Frieden und das, was zum Frieden gehört, nämlich, wie der Handel mit aller Sicherheit geführt wird. Auch ist die gehörige Anstrengung (stor- sioni) in den Schlachten. Die letzten sind nicht mehr erkennbar.
zu den Sitten jener Zeit; da ſie Gedraͤnge und gegenſeitige Beleidigungen der Schauluſtigen veranlaßten, haben ſie ver- ſchiedentlich zu blutigen Partheykaͤmpfen die Looſung gegeben. Außerhalb des Thores ſieht man eine reich angebaute Land- ſchaft und Ritter und Damen zu Pferde, welche aufs Land, oder auf die Jagd gehn. Obwohl dieſer Theil des Gemaͤldes etwas leer und die Landſchaft minder gelungen iſt, als die Anſicht der Stadt, ſo verdient ſie doch um ſo mehr Aufmerk- ſamkeit, als ſie zu den fruͤheſten Verſuchen gehoͤrt, Feld und Wald und Anbau darzuſtellen; welche Dinge die meiſten Ma- ler dieſer Zeit durch uͤbereinkoͤmmliche Zeichen anzudeuten pflegten. *)
Die anderen Waͤnde dieſes Saales enthalten allegoriſche Malereyen, deren Gegenſtand und Zuſammenhang gegenwaͤr- tig nur an der einen, dem Fenſter gegenuͤberliegenden, zu erken- nen iſt, da die uͤbrigen beynahe zerſtoͤrt ſind. Allein auch die erhaltene bedurfte, gleich den meiſten kuͤnſtleriſchen Andeutun- gen des Begriffes, der Erklaͤrung durch Wort und Schrift, weßhalb der Kuͤnſtler folgende Verſe an den Rand des Ge- maͤldes ſetzte:
Questa santa virtù la, dove regge, Induce ad unità li animi molti. Et questi acciò riciolti Un ben comun per lor signor si fanno.
*)Ghiberti (cod. cit.) ſagt von dieſen Malereyen: im oͤffent- lichen Palaſte zu Siena malte er den Krieg und den Frieden und das, was zum Frieden gehoͤrt, naͤmlich, wie der Handel mit aller Sicherheit gefuͤhrt wird. Auch iſt die gehoͤrige Anſtrengung (stor- sioni) in den Schlachten. Die letzten ſind nicht mehr erkennbar.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><divn="4"><p><pbfacs="#f0121"n="103"/>
zu den Sitten jener Zeit; da ſie Gedraͤnge und gegenſeitige<lb/>
Beleidigungen der Schauluſtigen veranlaßten, haben ſie ver-<lb/>ſchiedentlich zu blutigen Partheykaͤmpfen die Looſung gegeben.<lb/>
Außerhalb des Thores ſieht man eine reich angebaute Land-<lb/>ſchaft und Ritter und Damen zu Pferde, welche aufs Land,<lb/>
oder auf die Jagd gehn. Obwohl dieſer Theil des Gemaͤldes<lb/>
etwas leer und die Landſchaft minder gelungen iſt, als die<lb/>
Anſicht der Stadt, ſo verdient ſie doch um ſo mehr Aufmerk-<lb/>ſamkeit, als ſie zu den fruͤheſten Verſuchen gehoͤrt, Feld und<lb/>
Wald und Anbau darzuſtellen; welche Dinge die meiſten Ma-<lb/>
ler dieſer Zeit durch uͤbereinkoͤmmliche Zeichen anzudeuten<lb/>
pflegten. <noteplace="foot"n="*)"><hirendition="#g"><persNameref="http://d-nb.info/gnd/118539086">Ghiberti</persName></hi> (<hirendition="#aq">cod. cit.</hi>) ſagt von dieſen Malereyen: im oͤffent-<lb/>
lichen Palaſte zu <placeName>Siena</placeName> malte er den Krieg und den Frieden und<lb/>
das, was zum Frieden gehoͤrt, naͤmlich, wie der Handel mit aller<lb/>
Sicherheit gefuͤhrt wird. Auch iſt die gehoͤrige Anſtrengung (<hirendition="#aq">stor-<lb/>
sioni</hi>) in den Schlachten. Die letzten ſind nicht mehr erkennbar.</note></p><lb/><p>Die anderen Waͤnde dieſes Saales enthalten allegoriſche<lb/>
Malereyen, deren Gegenſtand und Zuſammenhang gegenwaͤr-<lb/>
tig nur an der einen, dem Fenſter gegenuͤberliegenden, zu erken-<lb/>
nen iſt, da die uͤbrigen beynahe zerſtoͤrt ſind. Allein auch die<lb/>
erhaltene bedurfte, gleich den meiſten kuͤnſtleriſchen Andeutun-<lb/>
gen des Begriffes, der Erklaͤrung durch Wort und Schrift,<lb/>
weßhalb der Kuͤnſtler folgende Verſe an den Rand des Ge-<lb/>
maͤldes ſetzte:</p><lb/><lgtype="poem"><lgn="1"><l><hirendition="#aq">Questa santa virtù la, dove regge,</hi></l><lb/><l><hirendition="#aq">Induce ad unità li animi molti.</hi></l><lb/><l><hirendition="#aq">Et questi acciò riciolti</hi></l><lb/><l><hirendition="#aq">Un ben comun per lor signor si fanno.</hi></l><lb/></lg></lg></div></div></div></div></body></text></TEI>
[103/0121]
zu den Sitten jener Zeit; da ſie Gedraͤnge und gegenſeitige
Beleidigungen der Schauluſtigen veranlaßten, haben ſie ver-
ſchiedentlich zu blutigen Partheykaͤmpfen die Looſung gegeben.
Außerhalb des Thores ſieht man eine reich angebaute Land-
ſchaft und Ritter und Damen zu Pferde, welche aufs Land,
oder auf die Jagd gehn. Obwohl dieſer Theil des Gemaͤldes
etwas leer und die Landſchaft minder gelungen iſt, als die
Anſicht der Stadt, ſo verdient ſie doch um ſo mehr Aufmerk-
ſamkeit, als ſie zu den fruͤheſten Verſuchen gehoͤrt, Feld und
Wald und Anbau darzuſtellen; welche Dinge die meiſten Ma-
ler dieſer Zeit durch uͤbereinkoͤmmliche Zeichen anzudeuten
pflegten. *)
Die anderen Waͤnde dieſes Saales enthalten allegoriſche
Malereyen, deren Gegenſtand und Zuſammenhang gegenwaͤr-
tig nur an der einen, dem Fenſter gegenuͤberliegenden, zu erken-
nen iſt, da die uͤbrigen beynahe zerſtoͤrt ſind. Allein auch die
erhaltene bedurfte, gleich den meiſten kuͤnſtleriſchen Andeutun-
gen des Begriffes, der Erklaͤrung durch Wort und Schrift,
weßhalb der Kuͤnſtler folgende Verſe an den Rand des Ge-
maͤldes ſetzte:
Questa santa virtù la, dove regge,
Induce ad unità li animi molti.
Et questi acciò riciolti
Un ben comun per lor signor si fanno.
*) Ghiberti (cod. cit.) ſagt von dieſen Malereyen: im oͤffent-
lichen Palaſte zu Siena malte er den Krieg und den Frieden und
das, was zum Frieden gehoͤrt, naͤmlich, wie der Handel mit aller
Sicherheit gefuͤhrt wird. Auch iſt die gehoͤrige Anſtrengung (stor-
sioni) in den Schlachten. Die letzten ſind nicht mehr erkennbar.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Rumohr, Karl Friedrich von: Italienische Forschungen. T. 2. Berlin u. a., 1827, S. 103. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rumohr_forschungen02_1827/121>, abgerufen am 16.06.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.