anzuordnen übrig blieb. Hätte Baldi, statt anderer Weitläuf- tigkeiten, das Diplom des Lucian und die Grabschrift des Baccio in ihrer Ausdehnung mitgetheilt, so würde sich haben entscheiden lassen, welcher dieser beiden Architekten den ersten Entwurf gemacht, und dem andern vorgeleuchtet habe. -- Vasari scheint also auch hier einer bloßen Vermuthung gefolgt zu seyn, auf welche ihn vielleicht die Verbindung des Herzogs mit unserem Franz geleitet hatte, welche durch dessen Schrif- ten zu seiner Kenntniß gelangt seyn mußte.
Indeß möge es nicht scheinen, als solle hier dem Fran- cesco di Giorgio alle Kenntniß und Uebung in der schönen Baukunst abgesprochen werden. Daß er gründliche Baukennt- nisse besaß, geht schon daraus hervor, daß er den Festungs- bau gründlich verstand und mit Erfolg betrieb. Eben diese praktischen Baukenntnisse wurden auch anderweitig in Anspruch genommen. Man setzte ihn zu Siena über den freylich schon vollendeten *) Dom, in welchem er die Verlegung der hölzer- nen Chorsitze angab und leitete. Man zog ihn ferner **) in Mailand zu Rathe, als man die Kuppel der Domkirche er- richtete; auch hier war der gothische Entwurf schon vorhanden, und es galt nur Vortheile der Construction. Man rief ihn auch nach ***)Lucca; es erhellt nicht, zu welchem besonderen Baue. Endlich gewährt ihm die Republik im Jahre 1493.
*)Arch. delle rif. di Siena. Delib. di Balia. To. 198. fo. 227.
**) S. die urkundlichen Nachrichten bey Giulianelli, oder bey denen, die aus ihm geschöpft haben.
***)Arch. delle Rif. di Siena. Lettere To. VIII. Die Luche- sische Regierung schreibt an die Sienesische unter dem 13. Aug. 1491. -- "Cum Francisci Georgii, civis vestri, cujus in architectura fama percrebuit, consilium et judicium habere cupiamus." --
anzuordnen uͤbrig blieb. Haͤtte Baldi, ſtatt anderer Weitlaͤuf- tigkeiten, das Diplom des Lucian und die Grabſchrift des Baccio in ihrer Ausdehnung mitgetheilt, ſo wuͤrde ſich haben entſcheiden laſſen, welcher dieſer beiden Architekten den erſten Entwurf gemacht, und dem andern vorgeleuchtet habe. — Vaſari ſcheint alſo auch hier einer bloßen Vermuthung gefolgt zu ſeyn, auf welche ihn vielleicht die Verbindung des Herzogs mit unſerem Franz geleitet hatte, welche durch deſſen Schrif- ten zu ſeiner Kenntniß gelangt ſeyn mußte.
Indeß moͤge es nicht ſcheinen, als ſolle hier dem Fran- cesco di Giorgio alle Kenntniß und Uebung in der ſchoͤnen Baukunſt abgeſprochen werden. Daß er gruͤndliche Baukennt- niſſe beſaß, geht ſchon daraus hervor, daß er den Feſtungs- bau gruͤndlich verſtand und mit Erfolg betrieb. Eben dieſe praktiſchen Baukenntniſſe wurden auch anderweitig in Anſpruch genommen. Man ſetzte ihn zu Siena uͤber den freylich ſchon vollendeten *) Dom, in welchem er die Verlegung der hoͤlzer- nen Chorſitze angab und leitete. Man zog ihn ferner **) in Mailand zu Rathe, als man die Kuppel der Domkirche er- richtete; auch hier war der gothiſche Entwurf ſchon vorhanden, und es galt nur Vortheile der Conſtruction. Man rief ihn auch nach ***)Lucca; es erhellt nicht, zu welchem beſonderen Baue. Endlich gewaͤhrt ihm die Republik im Jahre 1493.
*)Arch. delle rif. di Siena. Delib. di Balia. To. 198. fo. 227.
**) S. die urkundlichen Nachrichten bey Giulianelli, oder bey denen, die aus ihm geſchoͤpft haben.
***)Arch. delle Rif. di Siena. Lettere To. VIII. Die Luche- ſiſche Regierung ſchreibt an die Sieneſiſche unter dem 13. Aug. 1491. — „Cum Francisci Georgii, civis vestri, cujus in architectura fama percrebuit, consilium et judicium habere cupiamus.“ —
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0209"n="191"/>
anzuordnen uͤbrig blieb. Haͤtte <persNameref="http://d-nb.info/gnd/121976998">Baldi</persName>, ſtatt anderer Weitlaͤuf-<lb/>
tigkeiten, das Diplom des <persNameref="nognd">Lucian</persName> und die Grabſchrift des<lb/><persNameref="http://d-nb.info/gnd/121813835">Baccio</persName> in ihrer Ausdehnung mitgetheilt, ſo wuͤrde ſich haben<lb/>
entſcheiden laſſen, welcher dieſer beiden Architekten den erſten<lb/>
Entwurf gemacht, und dem andern vorgeleuchtet habe. —<lb/><persNameref="http://d-nb.info/gnd/118626213">Vaſari</persName>ſcheint alſo auch hier einer bloßen Vermuthung gefolgt<lb/>
zu ſeyn, auf welche ihn vielleicht die Verbindung des Herzogs<lb/>
mit unſerem <persNameref="http://d-nb.info/gnd/118534963">Franz</persName> geleitet hatte, welche durch deſſen Schrif-<lb/>
ten zu ſeiner Kenntniß gelangt ſeyn mußte.</p><lb/><p>Indeß moͤge es nicht ſcheinen, als ſolle hier dem <persNameref="http://d-nb.info/gnd/118782339">Fran-<lb/>
cesco di Giorgio</persName> alle Kenntniß und Uebung in der ſchoͤnen<lb/>
Baukunſt abgeſprochen werden. Daß er gruͤndliche Baukennt-<lb/>
niſſe beſaß, geht ſchon daraus hervor, daß er den Feſtungs-<lb/>
bau gruͤndlich verſtand und mit Erfolg betrieb. Eben dieſe<lb/>
praktiſchen Baukenntniſſe wurden auch anderweitig in Anſpruch<lb/>
genommen. Man ſetzte ihn zu <placeName>Siena</placeName> uͤber den freylich ſchon<lb/>
vollendeten <noteplace="foot"n="*)"><hirendition="#aq">Arch. delle rif. di <placeName>Siena</placeName>. Delib. di Balia. To. 198. fo. 227</hi>.</note> Dom, in welchem er die Verlegung der hoͤlzer-<lb/>
nen Chorſitze angab und leitete. Man zog ihn ferner <noteplace="foot"n="**)">S. die urkundlichen Nachrichten bey <persNameref="nognd">Giulianelli</persName>, oder bey<lb/>
denen, die aus ihm geſchoͤpft haben.</note> in<lb/><placeName>Mailand</placeName> zu Rathe, als man die Kuppel der Domkirche er-<lb/>
richtete; auch hier war der gothiſche Entwurf ſchon vorhanden,<lb/>
und es galt nur Vortheile der Conſtruction. Man rief ihn<lb/>
auch nach <noteplace="foot"n="***)"><hirendition="#aq">Arch. delle Rif. di <placeName>Siena</placeName>. Lettere To. VIII</hi>. Die Luche-<lb/>ſiſche Regierung ſchreibt an die Sieneſiſche unter dem 13. Aug.<lb/>
1491. —<hirendition="#aq">„Cum Francisci Georgii, civis vestri, cujus in architectura<lb/>
fama percrebuit, consilium et judicium habere cupiamus.“</hi>—</note><placeName>Lucca</placeName>; es erhellt nicht, zu welchem beſonderen<lb/>
Baue. Endlich gewaͤhrt ihm die Republik im Jahre 1493.<lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[191/0209]
anzuordnen uͤbrig blieb. Haͤtte Baldi, ſtatt anderer Weitlaͤuf-
tigkeiten, das Diplom des Lucian und die Grabſchrift des
Baccio in ihrer Ausdehnung mitgetheilt, ſo wuͤrde ſich haben
entſcheiden laſſen, welcher dieſer beiden Architekten den erſten
Entwurf gemacht, und dem andern vorgeleuchtet habe. —
Vaſari ſcheint alſo auch hier einer bloßen Vermuthung gefolgt
zu ſeyn, auf welche ihn vielleicht die Verbindung des Herzogs
mit unſerem Franz geleitet hatte, welche durch deſſen Schrif-
ten zu ſeiner Kenntniß gelangt ſeyn mußte.
Indeß moͤge es nicht ſcheinen, als ſolle hier dem Fran-
cesco di Giorgio alle Kenntniß und Uebung in der ſchoͤnen
Baukunſt abgeſprochen werden. Daß er gruͤndliche Baukennt-
niſſe beſaß, geht ſchon daraus hervor, daß er den Feſtungs-
bau gruͤndlich verſtand und mit Erfolg betrieb. Eben dieſe
praktiſchen Baukenntniſſe wurden auch anderweitig in Anſpruch
genommen. Man ſetzte ihn zu Siena uͤber den freylich ſchon
vollendeten *) Dom, in welchem er die Verlegung der hoͤlzer-
nen Chorſitze angab und leitete. Man zog ihn ferner **) in
Mailand zu Rathe, als man die Kuppel der Domkirche er-
richtete; auch hier war der gothiſche Entwurf ſchon vorhanden,
und es galt nur Vortheile der Conſtruction. Man rief ihn
auch nach ***) Lucca; es erhellt nicht, zu welchem beſonderen
Baue. Endlich gewaͤhrt ihm die Republik im Jahre 1493.
*) Arch. delle rif. di Siena. Delib. di Balia. To. 198. fo. 227.
**) S. die urkundlichen Nachrichten bey Giulianelli, oder bey
denen, die aus ihm geſchoͤpft haben.
***) Arch. delle Rif. di Siena. Lettere To. VIII. Die Luche-
ſiſche Regierung ſchreibt an die Sieneſiſche unter dem 13. Aug.
1491. — „Cum Francisci Georgii, civis vestri, cujus in architectura
fama percrebuit, consilium et judicium habere cupiamus.“ —
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Rumohr, Karl Friedrich von: Italienische Forschungen. T. 2. Berlin u. a., 1827, S. 191. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rumohr_forschungen02_1827/209>, abgerufen am 16.06.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.