kung einer Grabstätte an Lorenzo Ciampolini, heißt: MCCC. LXXXX. die XX mensis Aprelis. qui. Laurentius. fe- cit. ipsum. capitulum. pictura. et. sedilibus. adornari. -- Obwohl nun diese Malereyen in dem verödeten, halbof- fenen Saale manche Schädigung erfahren haben, so erkennt man dennoch darin ein starkes und tiefes Gefühl, Geschmack in der Anordnung und Gewandung der Figuren, Sinn für Reinheit der Form und Tiefe der Farbe, wie endlich undenk- lich viel mehr Ueberlegung und Nachdenken, als seine floren- tinischen Zeitgenossen zu verrathen pflegen. Die Darstellungen umfassen den bekannten Cyclus der Leidensgeschichte, welcher dem Talente des Niccolo allerdings den weitesten Spielraum gewährte. In dem erhaltensten Bilde, der Kreuzschleifung, zeigt sich der volle Werth des Künstlers in edlen und männ- lich rührenden Anklängen des Gefühles. -- Gewiß sind diese Darstellungen, mehr als andere derselben Art und Zeit, geeig- net, von Künstlern der Anordnung und der wohlgehaltenen Empfindung willen aufmerksam beachtet zu werden, wie sie denn in der That schon benutzt worden sind *).
In der Vaterstadt unseres Künstlers findet sich kein ein- ziges Werk seiner Hand; und, wenn wir hinzunehmen, daß er das helle, rosige Colorit der Giottesken mit den kräftigen Localtönen des Aretiners Spinello vertauscht hatte, so drängt sich die Vermuthung auf, daß er seine Heimath frühe ver- lassen und in irgend einer der benachbarten Malerschulen sich ausgebildet habe. Den Pisanern verdankte er nun schwerlich
*) In den so eben angeführten Nachbildungen dieses Werkes ist die Anordnung genügend, hingegen das wesentlichere Verdienst des Meisters, die Ausführung, so gut, als gar nicht ausgedrückt.
II. 15
kung einer Grabſtaͤtte an Lorenzo Ciampolini, heißt: MCCC. LXXXX. die XX mensis Aprelis. qui. Laurentius. fe- cit. ipsum. capitulum. pictura. et. sedilibus. adornari. — Obwohl nun dieſe Malereyen in dem veroͤdeten, halbof- fenen Saale manche Schaͤdigung erfahren haben, ſo erkennt man dennoch darin ein ſtarkes und tiefes Gefuͤhl, Geſchmack in der Anordnung und Gewandung der Figuren, Sinn fuͤr Reinheit der Form und Tiefe der Farbe, wie endlich undenk- lich viel mehr Ueberlegung und Nachdenken, als ſeine floren- tiniſchen Zeitgenoſſen zu verrathen pflegen. Die Darſtellungen umfaſſen den bekannten Cyclus der Leidensgeſchichte, welcher dem Talente des Niccolò allerdings den weiteſten Spielraum gewaͤhrte. In dem erhaltenſten Bilde, der Kreuzſchleifung, zeigt ſich der volle Werth des Kuͤnſtlers in edlen und maͤnn- lich ruͤhrenden Anklaͤngen des Gefuͤhles. — Gewiß ſind dieſe Darſtellungen, mehr als andere derſelben Art und Zeit, geeig- net, von Kuͤnſtlern der Anordnung und der wohlgehaltenen Empfindung willen aufmerkſam beachtet zu werden, wie ſie denn in der That ſchon benutzt worden ſind *).
In der Vaterſtadt unſeres Kuͤnſtlers findet ſich kein ein- ziges Werk ſeiner Hand; und, wenn wir hinzunehmen, daß er das helle, roſige Colorit der Giottesken mit den kraͤftigen Localtoͤnen des Aretiners Spinello vertauſcht hatte, ſo draͤngt ſich die Vermuthung auf, daß er ſeine Heimath fruͤhe ver- laſſen und in irgend einer der benachbarten Malerſchulen ſich ausgebildet habe. Den Piſanern verdankte er nun ſchwerlich
*) In den ſo eben angefuͤhrten Nachbildungen dieſes Werkes iſt die Anordnung genuͤgend, hingegen das weſentlichere Verdienſt des Meiſters, die Ausfuͤhrung, ſo gut, als gar nicht ausgedruͤckt.
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kung einer Grabſtaͤtte an Lorenzo Ciampolini, heißt: MCCC.
LXXXX. die XX mensis Aprelis. qui. Laurentius. fe-
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— Obwohl nun dieſe Malereyen in dem veroͤdeten, halbof-
fenen Saale manche Schaͤdigung erfahren haben, ſo erkennt
man dennoch darin ein ſtarkes und tiefes Gefuͤhl, Geſchmack
in der Anordnung und Gewandung der Figuren, Sinn fuͤr
Reinheit der Form und Tiefe der Farbe, wie endlich undenk-
lich viel mehr Ueberlegung und Nachdenken, als ſeine floren-
tiniſchen Zeitgenoſſen zu verrathen pflegen. Die Darſtellungen
umfaſſen den bekannten Cyclus der Leidensgeſchichte, welcher
dem Talente des Niccolò allerdings den weiteſten Spielraum
gewaͤhrte. In dem erhaltenſten Bilde, der Kreuzſchleifung,
zeigt ſich der volle Werth des Kuͤnſtlers in edlen und maͤnn-
lich ruͤhrenden Anklaͤngen des Gefuͤhles. — Gewiß ſind dieſe
Darſtellungen, mehr als andere derſelben Art und Zeit, geeig-
net, von Kuͤnſtlern der Anordnung und der wohlgehaltenen
Empfindung willen aufmerkſam beachtet zu werden, wie ſie
denn in der That ſchon benutzt worden ſind *).
In der Vaterſtadt unſeres Kuͤnſtlers findet ſich kein ein-
ziges Werk ſeiner Hand; und, wenn wir hinzunehmen, daß
er das helle, roſige Colorit der Giottesken mit den kraͤftigen
Localtoͤnen des Aretiners Spinello vertauſcht hatte, ſo draͤngt
ſich die Vermuthung auf, daß er ſeine Heimath fruͤhe ver-
laſſen und in irgend einer der benachbarten Malerſchulen ſich
ausgebildet habe. Den Piſanern verdankte er nun ſchwerlich
*) In den ſo eben angefuͤhrten Nachbildungen dieſes Werkes
iſt die Anordnung genuͤgend, hingegen das weſentlichere Verdienſt
des Meiſters, die Ausfuͤhrung, ſo gut, als gar nicht ausgedruͤckt.
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Rumohr, Karl Friedrich von: Italienische Forschungen. T. 2. Berlin u. a., 1827, S. 225. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rumohr_forschungen02_1827/243>, abgerufen am 17.06.2024.
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