Sachs, Julius: Geschichte der Botanik. München, 1875.Morphologie und Systematik unter dem Einfluße der geführt, waren es denn auch gerade die Hauptvertreter derneueren Morphologie, welche den Gedanken der Descendenz ent- weder schon vor dem Erscheinen von Darwin's epochemachen- dem Werk hegten, oder doch der neuen Lehre mit williger An- erkennung, wenn auch mit manchen Zweifeln im Einzelnen ent- gegenkamen. Die morphologischen und embryologischen Forschungen welche 1851 in Hofmeister's "vergleichenden Untersuchungen" die verwandtschaftlichen Beziehungen der großen Gruppen des Pflanzenreichs in einem ganz neuen Licht hervortreten ließen, drängten ohnehin mehr und mehr zu der Annahme, daß es mit der Constanz der organischen Formen eine ganz eigene Bewandt- niß haben müsse. Bestimmter aber wurde der Gedanke der Ent- wicklung des Pflanzenreichs durch die palaeontologischen Forsch- ungen nahe gelegt; eine methodische Bearbeitung der fossilen Pflanzen hatte schon in den zwanziger Jahren begonnen, Sternberg (1820-1838), Brongniart (1828-1837), Goeppert (1837-1845), Corda (1845) hatten die Floren der Vorwelt zum Gegenstand eingehender Studien gemacht, die fossilen Formen mit den lebenden verwandten sorgfältig verglichen. Ganz besonders aber war es Unger, der sich gleichzeitig an der Förderung der Zellenlehre, Anatomie und Physiologie der Pflanzen betheiligte, der überall mit in die Entwicklung der neuen Botanik eingriff, der in der Betrachtung der vorweltlichen Vegetationen auch die Ergebnisse der neuen botanischen Forschung verwerthete und die morphologisch systematischen Beziehungen der vorweltlichen Floren zur gegenwärtigen Vegetation zuerst ans Licht zog. Nach 20jähriger Vorarbeit sprach er es 1852 direkt aus, daß die Unveränderlichkeit der Species eine Illusion sei, daß die im Lauf der geologischen Zeiträume auftretenden neuen Arten im organischen Zusammenhang stehen, die jüngeren aus den älteren entstanden seien 1). Es wurde schon im vorigen Capitel gezeigt, wie auch um dieselbe Zeit der Hauptvertreter 1) Vergl. A. Bayer's "Leben und Wirken F. Unger's." Graz 872.
pag. 52. Morphologie und Syſtematik unter dem Einfluße der geführt, waren es denn auch gerade die Hauptvertreter derneueren Morphologie, welche den Gedanken der Deſcendenz ent- weder ſchon vor dem Erſcheinen von Darwin's epochemachen- dem Werk hegten, oder doch der neuen Lehre mit williger An- erkennung, wenn auch mit manchen Zweifeln im Einzelnen ent- gegenkamen. Die morphologiſchen und embryologiſchen Forſchungen welche 1851 in Hofmeiſter's „vergleichenden Unterſuchungen“ die verwandtſchaftlichen Beziehungen der großen Gruppen des Pflanzenreichs in einem ganz neuen Licht hervortreten ließen, drängten ohnehin mehr und mehr zu der Annahme, daß es mit der Conſtanz der organiſchen Formen eine ganz eigene Bewandt- niß haben müſſe. Beſtimmter aber wurde der Gedanke der Ent- wicklung des Pflanzenreichs durch die palaeontologiſchen Forſch- ungen nahe gelegt; eine methodiſche Bearbeitung der foſſilen Pflanzen hatte ſchon in den zwanziger Jahren begonnen, Sternberg (1820-1838), Brongniart (1828-1837), Goeppert (1837-1845), Corda (1845) hatten die Floren der Vorwelt zum Gegenſtand eingehender Studien gemacht, die foſſilen Formen mit den lebenden verwandten ſorgfältig verglichen. Ganz beſonders aber war es Unger, der ſich gleichzeitig an der Förderung der Zellenlehre, Anatomie und Phyſiologie der Pflanzen betheiligte, der überall mit in die Entwicklung der neuen Botanik eingriff, der in der Betrachtung der vorweltlichen Vegetationen auch die Ergebniſſe der neuen botaniſchen Forſchung verwerthete und die morphologiſch ſyſtematiſchen Beziehungen der vorweltlichen Floren zur gegenwärtigen Vegetation zuerſt ans Licht zog. Nach 20jähriger Vorarbeit ſprach er es 1852 direkt aus, daß die Unveränderlichkeit der Species eine Illuſion ſei, daß die im Lauf der geologiſchen Zeiträume auftretenden neuen Arten im organiſchen Zuſammenhang ſtehen, die jüngeren aus den älteren entſtanden ſeien 1). Es wurde ſchon im vorigen Capitel gezeigt, wie auch um dieſelbe Zeit der Hauptvertreter 1) Vergl. A. Bayer's „Leben und Wirken F. Unger's.“ Graz 872.
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Morphologie und Syſtematik unter dem Einfluße der
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neueren Morphologie, welche den Gedanken der Deſcendenz ent-
weder ſchon vor dem Erſcheinen von Darwin's epochemachen-
dem Werk hegten, oder doch der neuen Lehre mit williger An-
erkennung, wenn auch mit manchen Zweifeln im Einzelnen ent-
gegenkamen. Die morphologiſchen und embryologiſchen Forſchungen
welche 1851 in Hofmeiſter's „vergleichenden Unterſuchungen“
die verwandtſchaftlichen Beziehungen der großen Gruppen des
Pflanzenreichs in einem ganz neuen Licht hervortreten ließen,
drängten ohnehin mehr und mehr zu der Annahme, daß es mit
der Conſtanz der organiſchen Formen eine ganz eigene Bewandt-
niß haben müſſe. Beſtimmter aber wurde der Gedanke der Ent-
wicklung des Pflanzenreichs durch die palaeontologiſchen Forſch-
ungen nahe gelegt; eine methodiſche Bearbeitung der foſſilen
Pflanzen hatte ſchon in den zwanziger Jahren begonnen,
Sternberg (1820-1838), Brongniart (1828-1837),
Goeppert (1837-1845), Corda (1845) hatten die Floren
der Vorwelt zum Gegenſtand eingehender Studien gemacht, die
foſſilen Formen mit den lebenden verwandten ſorgfältig verglichen.
Ganz beſonders aber war es Unger, der ſich gleichzeitig an
der Förderung der Zellenlehre, Anatomie und Phyſiologie der
Pflanzen betheiligte, der überall mit in die Entwicklung der
neuen Botanik eingriff, der in der Betrachtung der vorweltlichen
Vegetationen auch die Ergebniſſe der neuen botaniſchen Forſchung
verwerthete und die morphologiſch ſyſtematiſchen Beziehungen
der vorweltlichen Floren zur gegenwärtigen Vegetation zuerſt
ans Licht zog. Nach 20jähriger Vorarbeit ſprach er es 1852
direkt aus, daß die Unveränderlichkeit der Species eine Illuſion
ſei, daß die im Lauf der geologiſchen Zeiträume auftretenden
neuen Arten im organiſchen Zuſammenhang ſtehen, die jüngeren
aus den älteren entſtanden ſeien 1). Es wurde ſchon im vorigen
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