Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Sander, Heinrich: Erbauungsbuch zur Beförderung wahrer Gottseligkeit. 3. Aufl. Leipzig, 1785.

Bild:
<< vorherige Seite

Menschenliebe des Erlösers.
die Tische der Geldgeizigen um, und läßt sie seinen gebie-
terischen Unwillen, das Ansehen, das er, als ein ausser-
ordentlicher Abgesandter Gottes, haben mußte, die Voll-
macht seines Vaters, alle Mißbräuche abzuschaffen, und
für die Reinigkeit und Wohlanständigkeit der Religions-
übungen zu sorgen, in allen seinen Minen lesen. Er
wirft ihnen vor, daß sie das Haus der Religion zum
Schauplatz ihrer Bosheit, ihrer Menschenfeindschaft,
ihres Partheygeistes machen, und ohne Scham und Ehr-
furcht aus bloßer Gewinnsucht, sich an den Altären
des Herrn bereichern, und von der Aufrichtigkeit des ei-
nen, von der Unschuld des andern, von der geringen Er-
fahrung und Weltkenntniß des dritten an einem Ort Vor-
theile ziehen wollten, wo doch selbst der wilde Heide einen
äußerlichen Wohlstand, eine gewisse Sittsamkeit beob-
achtete. Und diesem brennenden Eifer, der aber immer
von der erhabensten Klugheit geleitet wurde, müssen alle
weichen, die nicht des Gottesdienstes halber gekommen
waren. Der Heide, der der Anbetung des wahren Got-
tes nahe gewesen, ward durch dies Getöse, durch diese
öffentliche Zeichen der Verachtung und Verspottung ent-
fernt, und der Gottesdienst der Juden selber ward da-
durch gestört. Im Stillen seufzten die rechtschaffenen
Israeliten schon lange darüber; aber wer hatte Muth,
sich gegen diese Raubthiere aufzulehnen, die ein ganzes
Volk in Fesseln schmieden konnten? Unser Herr, der die
schädliche Gewalt der jüdischen Lehrer, wo er konnte, ver-
minderte, unternahm auch hier mit Unerschrockenheit diese
Reinigung des Tempels, um das Volk von der blinden
Anhänglichkeit an diese schlechte Leute loszumachen. Er
stritt mit wahrem Heldenmuth für die Ehre der göttlichen

Gesetze,

Menſchenliebe des Erlöſers.
die Tiſche der Geldgeizigen um, und läßt ſie ſeinen gebie-
teriſchen Unwillen, das Anſehen, das er, als ein auſſer-
ordentlicher Abgeſandter Gottes, haben mußte, die Voll-
macht ſeines Vaters, alle Mißbräuche abzuſchaffen, und
für die Reinigkeit und Wohlanſtändigkeit der Religions-
übungen zu ſorgen, in allen ſeinen Minen leſen. Er
wirft ihnen vor, daß ſie das Haus der Religion zum
Schauplatz ihrer Bosheit, ihrer Menſchenfeindſchaft,
ihres Partheygeiſtes machen, und ohne Scham und Ehr-
furcht aus bloßer Gewinnſucht, ſich an den Altären
des Herrn bereichern, und von der Aufrichtigkeit des ei-
nen, von der Unſchuld des andern, von der geringen Er-
fahrung und Weltkenntniß des dritten an einem Ort Vor-
theile ziehen wollten, wo doch ſelbſt der wilde Heide einen
äußerlichen Wohlſtand, eine gewiſſe Sittſamkeit beob-
achtete. Und dieſem brennenden Eifer, der aber immer
von der erhabenſten Klugheit geleitet wurde, müſſen alle
weichen, die nicht des Gottesdienſtes halber gekommen
waren. Der Heide, der der Anbetung des wahren Got-
tes nahe geweſen, ward durch dies Getöſe, durch dieſe
öffentliche Zeichen der Verachtung und Verſpottung ent-
fernt, und der Gottesdienſt der Juden ſelber ward da-
durch geſtört. Im Stillen ſeufzten die rechtſchaffenen
Iſraeliten ſchon lange darüber; aber wer hatte Muth,
ſich gegen dieſe Raubthiere aufzulehnen, die ein ganzes
Volk in Feſſeln ſchmieden konnten? Unſer Herr, der die
ſchädliche Gewalt der jüdiſchen Lehrer, wo er konnte, ver-
minderte, unternahm auch hier mit Unerſchrockenheit dieſe
Reinigung des Tempels, um das Volk von der blinden
Anhänglichkeit an dieſe ſchlechte Leute loszumachen. Er
ſtritt mit wahrem Heldenmuth für die Ehre der göttlichen

Geſetze,
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0216" n="210"/><fw place="top" type="header">Men&#x017F;chenliebe des Erlö&#x017F;ers.</fw><lb/>
die Ti&#x017F;che der Geldgeizigen um, und läßt &#x017F;ie &#x017F;einen gebie-<lb/>
teri&#x017F;chen Unwillen, das An&#x017F;ehen, das er, als ein au&#x017F;&#x017F;er-<lb/>
ordentlicher Abge&#x017F;andter Gottes, haben mußte, die Voll-<lb/>
macht &#x017F;eines Vaters, alle Mißbräuche abzu&#x017F;chaffen, und<lb/>
für die Reinigkeit und Wohlan&#x017F;tändigkeit der Religions-<lb/>
übungen zu &#x017F;orgen, in allen &#x017F;einen Minen le&#x017F;en. Er<lb/>
wirft ihnen vor, daß &#x017F;ie das Haus der Religion zum<lb/>
Schauplatz ihrer Bosheit, ihrer Men&#x017F;chenfeind&#x017F;chaft,<lb/>
ihres Partheygei&#x017F;tes machen, und ohne Scham und Ehr-<lb/>
furcht aus bloßer Gewinn&#x017F;ucht, &#x017F;ich an den Altären<lb/>
des Herrn bereichern, und von der Aufrichtigkeit des ei-<lb/>
nen, von der Un&#x017F;chuld des andern, von der geringen Er-<lb/>
fahrung und Weltkenntniß des dritten an einem Ort Vor-<lb/>
theile ziehen wollten, wo doch &#x017F;elb&#x017F;t der wilde Heide einen<lb/>
äußerlichen Wohl&#x017F;tand, eine gewi&#x017F;&#x017F;e Sitt&#x017F;amkeit beob-<lb/>
achtete. Und die&#x017F;em brennenden Eifer, der aber immer<lb/>
von der erhaben&#x017F;ten Klugheit geleitet wurde, mü&#x017F;&#x017F;en alle<lb/>
weichen, die nicht des Gottesdien&#x017F;tes halber gekommen<lb/>
waren. Der Heide, der der Anbetung des wahren Got-<lb/>
tes nahe gewe&#x017F;en, ward durch dies Getö&#x017F;e, durch die&#x017F;e<lb/>
öffentliche Zeichen der Verachtung und Ver&#x017F;pottung ent-<lb/>
fernt, und der Gottesdien&#x017F;t der Juden &#x017F;elber ward da-<lb/>
durch ge&#x017F;tört. Im Stillen &#x017F;eufzten die recht&#x017F;chaffenen<lb/>
I&#x017F;raeliten &#x017F;chon lange darüber; aber wer hatte Muth,<lb/>
&#x017F;ich gegen die&#x017F;e Raubthiere aufzulehnen, die ein ganzes<lb/>
Volk in Fe&#x017F;&#x017F;eln &#x017F;chmieden konnten? Un&#x017F;er Herr, der die<lb/>
&#x017F;chädliche Gewalt der jüdi&#x017F;chen Lehrer, wo er konnte, ver-<lb/>
minderte, unternahm auch hier mit Uner&#x017F;chrockenheit die&#x017F;e<lb/>
Reinigung des Tempels, um das Volk von der blinden<lb/>
Anhänglichkeit an die&#x017F;e &#x017F;chlechte Leute loszumachen. Er<lb/>
&#x017F;tritt mit wahrem Heldenmuth für die Ehre der göttlichen<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Ge&#x017F;etze,</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[210/0216] Menſchenliebe des Erlöſers. die Tiſche der Geldgeizigen um, und läßt ſie ſeinen gebie- teriſchen Unwillen, das Anſehen, das er, als ein auſſer- ordentlicher Abgeſandter Gottes, haben mußte, die Voll- macht ſeines Vaters, alle Mißbräuche abzuſchaffen, und für die Reinigkeit und Wohlanſtändigkeit der Religions- übungen zu ſorgen, in allen ſeinen Minen leſen. Er wirft ihnen vor, daß ſie das Haus der Religion zum Schauplatz ihrer Bosheit, ihrer Menſchenfeindſchaft, ihres Partheygeiſtes machen, und ohne Scham und Ehr- furcht aus bloßer Gewinnſucht, ſich an den Altären des Herrn bereichern, und von der Aufrichtigkeit des ei- nen, von der Unſchuld des andern, von der geringen Er- fahrung und Weltkenntniß des dritten an einem Ort Vor- theile ziehen wollten, wo doch ſelbſt der wilde Heide einen äußerlichen Wohlſtand, eine gewiſſe Sittſamkeit beob- achtete. Und dieſem brennenden Eifer, der aber immer von der erhabenſten Klugheit geleitet wurde, müſſen alle weichen, die nicht des Gottesdienſtes halber gekommen waren. Der Heide, der der Anbetung des wahren Got- tes nahe geweſen, ward durch dies Getöſe, durch dieſe öffentliche Zeichen der Verachtung und Verſpottung ent- fernt, und der Gottesdienſt der Juden ſelber ward da- durch geſtört. Im Stillen ſeufzten die rechtſchaffenen Iſraeliten ſchon lange darüber; aber wer hatte Muth, ſich gegen dieſe Raubthiere aufzulehnen, die ein ganzes Volk in Feſſeln ſchmieden konnten? Unſer Herr, der die ſchädliche Gewalt der jüdiſchen Lehrer, wo er konnte, ver- minderte, unternahm auch hier mit Unerſchrockenheit dieſe Reinigung des Tempels, um das Volk von der blinden Anhänglichkeit an dieſe ſchlechte Leute loszumachen. Er ſtritt mit wahrem Heldenmuth für die Ehre der göttlichen Geſetze,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Matthias Boenig, Yannic Bracke, Benjamin Fiechter, Susanne Haaf, Linda Kirsten, Xi Zhang: Arbeitsschritte im Digitalisierungsworkflow: Vorbereitung der Bildvorlagen für die Textdigitalisierung; Bearbeitung, Konvertierung und ggf. Nachstrukturierung der durch die Grepect GmbH bereitgestellten Texttranskription
Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Linda Kirsten, Frauke Thielert, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern: Aufbau eines Korpus historischer Erbauungsschriften zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels
Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften (BBAW): Langfristige Bereitstellung der DTA-Ausgabe



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/sander_erbauungsbuch_1785
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/sander_erbauungsbuch_1785/216
Zitationshilfe: Sander, Heinrich: Erbauungsbuch zur Beförderung wahrer Gottseligkeit. 3. Aufl. Leipzig, 1785, S. 210. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sander_erbauungsbuch_1785/216>, abgerufen am 16.06.2024.