Sandrart, Joachim von: L’Academia Todesca. della Architectura, Scultura & Pittura: Oder Teutsche Academie der Edlen Bau- Bild- und Mahlerey-Künste. Bd. 1,2. Nürnberg, 1675.[Spaltenumbruch] das erste nämlichen/ junge sich liebende Kinder bey sammen;das mitlere einen jungen Hirten/ welchem eine Hirtin seine Pfeiffen reichet;das dritte aber in einer schönen Landschaft einen alten gebuckt- und gebogenen Mann mit einem Glatzkopf/ der bey einem Kirchhof einen Todenkopf in der Hand hält/ und denselben beschauet. Es ist aber dieses Stuck hernachmals der Königin Christina aus Schweden/ durch einen Kunstliebenden zu Augspurg wohnenden von Walperg/ dem es zugekommen/ per 1000. Reichsthaler verkauft worden/ welches sie noch zu Rom/ wie billich/ in grossem Werth halten. Für die Kirche zu S.Pantaleon in Venedig hat er ein Gemähl eines vom Creutz abgenommenen Christi/ der in seiner Mutter Schoß liget/ zu mahlen angefangen/ aber nicht völlig zu End gebracht/ sondern befohlen/ daß dieses Stuck Giacomo Palma, nach seinem Tod/ ausmachen solte: Derhalben ist er anfänglich ungeendet aufgerichtet/ nachgehends aber durch gedachten Palma ausgefärtiget worden/ doch so/ daß er dem Titian zu Ehren/ auf der Republic Befehl/ desselben Namen darauf zeichnen müßen. Er sandte auch dem König in Spanien noch ein Stuck von 7. Elen lang/ so das Abendmahl in sich hielte/ und durchaus köstlich und herrlich gemacht war; Endlich seynd auch in seinem Alter viel Ding unausgemacht verblieben/ als eine Magdalena bey Christo in Lebens-Grösse/ wiederum eine Begräbnus Christi/ und ein Marienbild/ aber diese Stuck/ und sein gemachtes selbst eignes Verändert in seinem Alter die Gemählde seiner Jugend. Contrafe/ waren die bäste/ die man in seinem Hause gefunden. Insgemein wurde von männiglich seine erste manier für die bäste geurtheilet; Er aber widersprach solches im hohen Alter/ und verderbte unterschiedliche gute Stücke/ durch seine Veränderung/ in seinem Alter/ die er zuvor in seiner Jugend gemacht: dannenhero die Seinige/ so oft er ein solches Werk verändern wollen/ ihme Baumöl unter die Farbe gemänget/ welches/ weil es nicht trucknen läst/ nachmals in Abwesenheit des Titians wieder hat können ausgewischet werden/ wordurch dann manches gute Stuck erhalten worden. Anno 1556. da er schon sehr alt/ doch von einer gesunden Natur und so glücklich/ als jemand seines gleichen jemahlen ware/ kamen in seine Behausung alle Künstler und erfahrne Männer/ um denselben zu besuchen/ weiln er zu Venedig schon den Ruf hatte/ daß er selbigen Orts alle Mahler übertreffe. Mit solchen nun erfreuete er sich/ und schätzte anbey sich glückseelig/ so anderst eine Glückseeligkeit in diesem sterblichen Leben/ das mit Verfolgung/ Haß und Neid/ auch andern menschlichen Gebrechen angefüllt/ zu finden ist; doch kan billig sich derjenige für glückseelig achten/ welcher mit wenigen zeitlichen Sorgen überhäuft und beladen ist/ gleich als jenem begegnet/ so um Kunst und Tugend willen von denen Magnaten geliebet/ von Freunden geehret/ und von der ganzen Welt verwundert werden. Jedoch weiln alles zeitliche Wesen zu einem zergänglichen Ende eilet/ und des Menschen Leben einer helleuchtenden Sonnen gleichet/ die vom ersten Anfang zum endlichen Untergang Stirbt an der Pest. hinrennet/ als hat auch Titian ehender nicht das gelobte Vatterland erreichen können/ ehe und bevor er durch den allgemeinen Menschen-Würger darzu gelangt/ welches beschehen in dem 96. Jahr seines Alters/ als das grosse Sterben Anno 1576. über Venedig kommen/ und obschon niemand bey seiner zur Erden Bestättigung/ aus Beysorge der Seuche/erschienen/ seynd doch demselben/ durch Anordnung der regierenden Herren/ herrliche Leich-Begängnissen in der Kirchen Dei Frari bey dem Creutz-Altar/ wie er es selbsten verlangt/ und selbige Zeiten es zugelassen/ gehalten worden; Und ist er daselbst mit dem Wappen eines Cavalliers begraben worden/ dessen Namen dann durch alle Zeiten/ bey allen Kunst-liebenden Monarchen auch mittel- und niedrigen Stands-Personen beständig blühen und grünen wird/ so/ daß Parca denselben/ ob sie gleich das Leben verkürzt/ ihme nimmermehr wird benehmen können: Unverdrossne Müh und Arbeit/ der unausgesezte Fleiß/ Die stets vorgenommne Ubung/ und zugleich der saure Schweiß Machen/ daß man Wunderding endlich kan ins Werke richten. Zarte Jugend! diß kan dich billig zur Nachfolg verpflichten. [Abbildung]
[Spaltenumbruch] das erste nämlichen/ junge sich liebende Kinder bey sammen;das mitlere einen jungen Hirten/ welchem eine Hirtin seine Pfeiffen reichet;das dritte aber in einer schönen Landschaft einen alten gebuckt- und gebogenen Mann mit einem Glatzkopf/ der bey einem Kirchhof einen Todenkopf in der Hand hält/ und denselben beschauet. Es ist aber dieses Stuck hernachmals der Königin Christina aus Schweden/ durch einen Kunstliebenden zu Augspurg wohnenden von Walperg/ dem es zugekommen/ per 1000. Reichsthaler verkauft worden/ welches sie noch zu Rom/ wie billich/ in grossem Werth halten. Für die Kirche zu S.Pantaleon in Venedig hat er ein Gemähl eines vom Creutz abgenommenen Christi/ der in seiner Mutter Schoß liget/ zu mahlen angefangen/ aber nicht völlig zu End gebracht/ sondern befohlen/ daß dieses Stuck Giacomo Palma, nach seinem Tod/ ausmachen solte: Derhalben ist er anfänglich ungeendet aufgerichtet/ nachgehends aber durch gedachten Palma ausgefärtiget worden/ doch so/ daß er dem Titian zu Ehren/ auf der Republic Befehl/ desselben Namen darauf zeichnen müßen. Er sandte auch dem König in Spanien noch ein Stuck von 7. Elen lang/ so das Abendmahl in sich hielte/ und durchaus köstlich und herrlich gemacht war; Endlich seynd auch in seinem Alter viel Ding unausgemacht verblieben/ als eine Magdalena bey Christo in Lebens-Grösse/ wiederum eine Begräbnus Christi/ und ein Marienbild/ aber diese Stuck/ und sein gemachtes selbst eignes Verändert in seinem Alter die Gemählde seiner Jugend. Contrafe/ waren die bäste/ die man in seinem Hause gefunden. Insgemein wurde von männiglich seine erste manier für die bäste geurtheilet; Er aber widersprach solches im hohen Alter/ und verderbte unterschiedliche gute Stücke/ durch seine Veränderung/ in seinem Alter/ die er zuvor in seiner Jugend gemacht: dannenhero die Seinige/ so oft er ein solches Werk verändern wollen/ ihme Baumöl unter die Farbe gemänget/ welches/ weil es nicht trucknen läst/ nachmals in Abwesenheit des Titians wieder hat können ausgewischet werden/ wordurch dann manches gute Stuck erhalten worden. Anno 1556. da er schon sehr alt/ doch von einer gesunden Natur und so glücklich/ als jemand seines gleichen jemahlen ware/ kamen in seine Behausung alle Künstler und erfahrne Männer/ um denselben zu besuchen/ weiln er zu Venedig schon den Ruf hatte/ daß er selbigen Orts alle Mahler übertreffe. Mit solchen nun erfreuete er sich/ und schätzte anbey sich glückseelig/ so anderst eine Glückseeligkeit in diesem sterblichen Leben/ das mit Verfolgung/ Haß und Neid/ auch andern menschlichen Gebrechen angefüllt/ zu finden ist; doch kan billig sich derjenige für glückseelig achten/ welcher mit wenigen zeitlichen Sorgen überhäuft und beladen ist/ gleich als jenem begegnet/ so um Kunst und Tugend willen von denen Magnaten geliebet/ von Freunden geehret/ und von der ganzen Welt verwundert werden. Jedoch weiln alles zeitliche Wesen zu einem zergänglichen Ende eilet/ und des Menschen Leben einer helleuchtenden Sonnen gleichet/ die vom ersten Anfang zum endlichen Untergang Stirbt an der Pest. hinrennet/ als hat auch Titian ehender nicht das gelobte Vatterland erreichen können/ ehe und bevor er durch den allgemeinen Menschen-Würger darzu gelangt/ welches beschehen in dem 96. Jahr seines Alters/ als das grosse Sterben Anno 1576. über Venedig kommen/ und obschon niemand bey seiner zur Erden Bestättigung/ aus Beysorge der Seuche/erschienen/ seynd doch demselben/ durch Anordnung der regierenden Herren/ herrliche Leich-Begängnissen in der Kirchen Dei Frari bey dem Creutz-Altar/ wie er es selbsten verlangt/ und selbige Zeiten es zugelassen/ gehalten worden; Und ist er daselbst mit dem Wappen eines Cavalliers begraben worden/ dessen Namen dann durch alle Zeiten/ bey allen Kunst-liebenden Monarchen auch mittel- und niedrigen Stands-Personen beständig blühen und grünen wird/ so/ daß Parca denselben/ ob sie gleich das Leben verkürzt/ ihme nimmermehr wird benehmen können: Unverdrossne Müh und Arbeit/ der unausgesezte Fleiß/ Die stets vorgenommne Ubung/ und zugleich der saure Schweiß Machen/ daß man Wunderding endlich kan ins Werke richten. Zarte Jugend! diß kan dich billig zur Nachfolg verpflichten. [Abbildung]
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Es ist aber dieses Stuck hernachmals der <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-1429 http://d-nb.info/gnd/118520652 http://viaf.org/viaf/4931803">Königin Christina aus Schweden</persName>/ durch einen Kunstliebenden zu <placeName ref="http://ta.sandrart.net/-place-145 http://www.geonames.org/2954172/ http://www.getty.edu/vow/TGNFullDisplay?find=&place=&nation=&subjectid=7004324">Augspurg</placeName> wohnenden <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-2512 http://d-nb.info/gnd/118805967 http://viaf.org/viaf/35252892">von Walperg</persName>/ dem es zugekommen/ per 1000. 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das erste nämlichen/ junge sich liebende Kinder bey sammen;das mitlere einen jungen Hirten/ welchem eine Hirtin seine Pfeiffen reichet;das dritte aber in einer schönen Landschaft einen alten gebuckt- und gebogenen Mann mit einem Glatzkopf/ der bey einem Kirchhof einen Todenkopf in der Hand hält/ und denselben beschauet. Es ist aber dieses Stuck hernachmals der Königin Christina aus Schweden/ durch einen Kunstliebenden zu Augspurg wohnenden von Walperg/ dem es zugekommen/ per 1000. Reichsthaler verkauft worden/ welches sie noch zu Rom/ wie billich/ in grossem Werth halten. Für die Kirche zu S.Pantaleon in Venedig hat er ein Gemähl eines vom Creutz abgenommenen Christi/ der in seiner Mutter Schoß liget/ zu mahlen angefangen/ aber nicht völlig zu End gebracht/ sondern befohlen/ daß dieses Stuck Giacomo Palma, nach seinem Tod/ ausmachen solte: Derhalben ist er anfänglich ungeendet aufgerichtet/ nachgehends aber durch gedachten Palma ausgefärtiget worden/ doch so/ daß er dem Titian zu Ehren/ auf der Republic Befehl/ desselben Namen darauf zeichnen müßen. Er sandte auch dem König in Spanien noch ein Stuck von 7. Elen lang/ so das Abendmahl in sich hielte/ und durchaus köstlich und herrlich gemacht war; Endlich seynd auch in seinem Alter viel Ding unausgemacht verblieben/ als eine Magdalena bey Christo in Lebens-Grösse/ wiederum eine Begräbnus Christi/ und ein Marienbild/ aber diese Stuck/ und sein gemachtes selbst eignes Contrafe/ waren die bäste/ die man in seinem Hause gefunden. Insgemein wurde von männiglich seine erste manier für die bäste geurtheilet; Er aber widersprach solches im hohen Alter/ und verderbte unterschiedliche gute Stücke/ durch seine Veränderung/ in seinem Alter/ die er zuvor in seiner Jugend gemacht: dannenhero die Seinige/ so oft er ein solches Werk verändern wollen/ ihme Baumöl unter die Farbe gemänget/ welches/ weil es nicht trucknen läst/ nachmals in Abwesenheit des Titians wieder hat können ausgewischet werden/ wordurch dann manches gute Stuck erhalten worden.
Anno 1556. da er schon sehr alt/ doch von einer gesunden Natur und so glücklich/ als jemand seines gleichen jemahlen ware/ kamen in seine Behausung alle Künstler und erfahrne Männer/ um denselben zu besuchen/ weiln er zu Venedig schon den Ruf hatte/ daß er selbigen Orts alle Mahler übertreffe. Mit solchen nun erfreuete er sich/ und schätzte anbey sich glückseelig/ so anderst eine Glückseeligkeit in diesem sterblichen Leben/ das mit Verfolgung/ Haß und Neid/ auch andern menschlichen Gebrechen angefüllt/ zu finden ist; doch kan billig sich derjenige für glückseelig achten/ welcher mit wenigen zeitlichen Sorgen überhäuft und beladen ist/ gleich als jenem begegnet/ so um Kunst und Tugend willen von denen Magnaten geliebet/ von Freunden geehret/ und von der ganzen Welt verwundert werden. Jedoch weiln alles zeitliche Wesen zu einem zergänglichen Ende eilet/ und des Menschen Leben einer helleuchtenden Sonnen gleichet/ die vom ersten Anfang zum endlichen Untergang hinrennet/ als hat auch Titian ehender nicht das gelobte Vatterland erreichen können/ ehe und bevor er durch den allgemeinen Menschen-Würger darzu gelangt/ welches beschehen in dem 96. Jahr seines Alters/ als das grosse Sterben Anno 1576. über Venedig kommen/ und obschon niemand bey seiner zur Erden Bestättigung/ aus Beysorge der Seuche/erschienen/ seynd doch demselben/ durch Anordnung der regierenden Herren/ herrliche Leich-Begängnissen in der Kirchen Dei Frari bey dem Creutz-Altar/ wie er es selbsten verlangt/ und selbige Zeiten es zugelassen/ gehalten worden; Und ist er daselbst mit dem Wappen eines Cavalliers begraben worden/ dessen Namen dann durch alle Zeiten/ bey allen Kunst-liebenden Monarchen auch mittel- und niedrigen Stands-Personen beständig blühen und grünen wird/ so/ daß Parca denselben/ ob sie gleich das Leben verkürzt/ ihme nimmermehr wird benehmen können:
Stirbt an der Pest. Nam aera quidem absumit tempus, sed
tempore nunquam
Magni absumitur gloria Uccelii.
Unverdrossne Müh und Arbeit/ der unausgesezte Fleiß/
Die stets vorgenommne Ubung/ und zugleich der saure Schweiß
Machen/ daß man Wunderding endlich kan ins Werke richten.
Zarte Jugend! diß kan dich billig zur Nachfolg verpflichten.
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