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Clara, Abraham a Sancta: Judas Der Ertz-Schelm. Bd. 1. Salzburg, 1686.

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Judas Anfangs fromm/
der Ruckkehr Vatter vnd Mutter ein sonderer Trost sol-
len seyn. Solche raisen auß/ noch mit der Unschuld beklay-
det/ in aller Zucht vnd guten Sitten erzogen/ wissen wol/
daß Venus vnd Venia sich gar nit vergleichen: daß Caro
wie Charon in die Höll führen: daß der jenige die acht
Seeligkeiten nicht erhalt/ der das sechste Gebott nit halt.
Wissen wol/ daß das Wörtl Leib im Buchstaben-
Wechßl Blei haist/ welches nur beschwärt vnd besudlet.
Wissen gar wol/ daß foemina soll generis neutrius seyn/
wider der Grammaticorum Außsag/ vnd solche declini-
ret/ vnd nicht conjungirt soll werden. Wissen wol/ ob
schon das Wörtl Leffel/ hindersich vnd fürsich gelesen/
Leffel haist/ vnd also auff allen Zeiten vnnd Seyten das
lefflen im Schwung; doch aber solches wider GOtt vnd
Gebott seye. Mit einem Wort/ folche raisen auß wie
Engel/ vnd wann sie nicht gar außbleiben/ so kommen sie
doch offt zuruck wie Teuffel. Das Gewissen ist beschwärt/
die Gesundheit ist verzehrt: die Sünden seynd vermehrt:
die Sitten seynd verkehrt: das Hertz ist bethört: vnd diser
Brocken ist dem Teuffel beschert. Ach GOtt! wer hätt
doch vermaint/ daß diser fromme Bernardinus solt ein sol-
cher böser Bernhäuter werden? die Gelegenheit die ma-
chet Lieb vnd Dieb; an dem Orth/ wo er wohnte/ in dem
Hauß/ wo er lebte/ in der Kost/ wo er blibe/ waren stin-
ckende Aaß (wer waiß/ ob nicht Putana vom Puteo her-
rühret) es waren daselbst freche Schlepsäck/ muthwillige
Töchter/ geschertziges Weiber-Vieh/ vnverschambtes
Huesten-Gesind. Da war Gelegenheit/ die bringt man-
chen vmb die Reinigkeit.

Es kombt einer in die Beicht/ er klopfft an die Brust
mit dem offenen Sünder: er waint auß den Augen mit
Magdalena: er beicht mit dem David, peecavi: er seuff-

tzet

Judas Anfangs fromm/
der Ruckkehr Vatter vnd Mutter ein ſonderer Troſt ſol-
len ſeyn. Solche raiſen auß/ noch mit der Unſchuld beklay-
det/ in aller Zucht vnd guten Sitten erzogen/ wiſſen wol/
daß Venus vnd Venia ſich gar nit vergleichen: daß Caro
wie Charon in die Hoͤll fuͤhren: daß der jenige die acht
Seeligkeiten nicht erhalt/ der das ſechſte Gebott nit halt.
Wiſſen wol/ daß das Woͤrtl Leib im Buchſtaben-
Wechßl Blei haiſt/ welches nur beſchwaͤrt vnd beſudlet.
Wiſſen gar wol/ daß fœmina ſoll generis neutrius ſeyn/
wider der Grammaticorum Außſag/ vnd ſolche declini-
ret/ vnd nicht conjungirt ſoll werden. Wiſſen wol/ ob
ſchon das Woͤrtl Leffel/ hinderſich vnd fuͤrſich geleſen/
Leffel haiſt/ vnd alſo auff allen Zeiten vnnd Seyten das
lefflen im Schwung; doch aber ſolches wider GOtt vnd
Gebott ſeye. Mit einem Wort/ folche raiſen auß wie
Engel/ vnd wann ſie nicht gar außbleiben/ ſo kommen ſie
doch offt zuruck wie Teuffel. Das Gewiſſen iſt beſchwaͤrt/
die Geſundheit iſt verzehrt: die Suͤnden ſeynd vermehrt:
die Sitten ſeynd verkehrt: das Hertz iſt bethoͤrt: vnd diſer
Brocken iſt dem Teuffel beſchert. Ach GOtt! wer haͤtt
doch vermaint/ daß diſer fromme Bernardinus ſolt ein ſol-
cher boͤſer Bernhaͤuter werden? die Gelegenheit die ma-
chet Lieb vnd Dieb; an dem Orth/ wo er wohnte/ in dem
Hauß/ wo er lebte/ in der Koſt/ wo er blibe/ waren ſtin-
ckende Aaß (wer waiß/ ob nicht Putana vom Puteo her-
ruͤhret) es waren daſelbſt freche Schlepſaͤck/ muthwillige
Toͤchter/ geſchertziges Weiber-Vieh/ vnverſchambtes
Hueſten-Geſind. Da war Gelegenheit/ die bringt man-
chen vmb die Reinigkeit.

Es kombt einer in die Beicht/ er klopfft an die Bruſt
mit dem offenen Suͤnder: er waint auß den Augen mit
Magdalena: er beicht mit dem David, peecavi: er ſeuff-

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[286/0322] Judas Anfangs fromm/ der Ruckkehr Vatter vnd Mutter ein ſonderer Troſt ſol- len ſeyn. Solche raiſen auß/ noch mit der Unſchuld beklay- det/ in aller Zucht vnd guten Sitten erzogen/ wiſſen wol/ daß Venus vnd Venia ſich gar nit vergleichen: daß Caro wie Charon in die Hoͤll fuͤhren: daß der jenige die acht Seeligkeiten nicht erhalt/ der das ſechſte Gebott nit halt. Wiſſen wol/ daß das Woͤrtl Leib im Buchſtaben- Wechßl Blei haiſt/ welches nur beſchwaͤrt vnd beſudlet. Wiſſen gar wol/ daß fœmina ſoll generis neutrius ſeyn/ wider der Grammaticorum Außſag/ vnd ſolche declini- ret/ vnd nicht conjungirt ſoll werden. Wiſſen wol/ ob ſchon das Woͤrtl Leffel/ hinderſich vnd fuͤrſich geleſen/ Leffel haiſt/ vnd alſo auff allen Zeiten vnnd Seyten das lefflen im Schwung; doch aber ſolches wider GOtt vnd Gebott ſeye. Mit einem Wort/ folche raiſen auß wie Engel/ vnd wann ſie nicht gar außbleiben/ ſo kommen ſie doch offt zuruck wie Teuffel. Das Gewiſſen iſt beſchwaͤrt/ die Geſundheit iſt verzehrt: die Suͤnden ſeynd vermehrt: die Sitten ſeynd verkehrt: das Hertz iſt bethoͤrt: vnd diſer Brocken iſt dem Teuffel beſchert. Ach GOtt! wer haͤtt doch vermaint/ daß diſer fromme Bernardinus ſolt ein ſol- cher boͤſer Bernhaͤuter werden? die Gelegenheit die ma- chet Lieb vnd Dieb; an dem Orth/ wo er wohnte/ in dem Hauß/ wo er lebte/ in der Koſt/ wo er blibe/ waren ſtin- ckende Aaß (wer waiß/ ob nicht Putana vom Puteo her- ruͤhret) es waren daſelbſt freche Schlepſaͤck/ muthwillige Toͤchter/ geſchertziges Weiber-Vieh/ vnverſchambtes Hueſten-Geſind. Da war Gelegenheit/ die bringt man- chen vmb die Reinigkeit. Es kombt einer in die Beicht/ er klopfft an die Bruſt mit dem offenen Suͤnder: er waint auß den Augen mit Magdalena: er beicht mit dem David, peecavi: er ſeuff- tzet

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Zitationshilfe: Clara, Abraham a Sancta: Judas Der Ertz-Schelm. Bd. 1. Salzburg, 1686, S. 286. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/santa_judas01_1686/322>, abgerufen am 03.06.2024.