Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 4. Berlin, 1841.§. 164. Schenkung. Einschränkungen. 1. Ehe. (Fortsetzung.) tinere: denique ... non putabat etc. Hätten wir nundiese Stelle allein, so würden wir unbedenklich die Billi- gung, als stillschweigend wiederholt, in die zweyte Behaup- tung hinein tragen. Bey dem entschiedenen Widerspruch der übrigen Stellen Ulpians steht es anders. Allerdings dürfte man, von diesem Gesichtspunkt die Sache ansehend, erwarten, daß Ulpian der zweyten Behauptung Papi- nians einen ausdrücklichen Widerspruch hinzugefügt haben möchte; es ist aber auch nicht unwahrscheinlich, daß er dieses wirklich gethan hat (y), und daß nur die Compila- toren den Widerspruch weggestrichen haben. Dazu konnte sie veranlassen die alte gesetzliche Vorschrift, welche den berichtigenden Noten des Ulpian und des Paulus zu Pa- pinians Werken die Anwendbarkeit entzog (z). Allerdings paßte diese Vorschrift nicht unmittelbar auf den vorliegen- den Fall, auch waren sie, die Gesetzverfasser, daran nicht gebunden; dennoch konnten sie sehr wohl glauben im Geist jener Vorschrift zu handeln, indem sie Worte wegstrichen, worin Ulpian eine Meynung Papinians geradezu tadelte. -- Man könnte einwenden, ein solches Verfahren wäre unvorsichtig gewesen, weil es das Verhältniß dieser Stelle (y) Etwa in den Ausdrücken: denique non recte putabat, oder mit dem Zusatz: ego contra puto, oder: quo jure non utimur. Vgl. L. 54 de cond. (35. 1.), L. 76 § 1 de furtis (47. 2.), worin ähn- liche Formen des Widerspruchs ge- gen eine referirte Meynung vor- kommen. (z) L. 3 (vormals L. un.) C.
Th. de resp. prud. (1. 4.). ".. No- tas etiam Pauli atque Ulpiani in Papiniani corpus factas, si- cut dudum statutum est, prae- cipimus infirmari." §. 164. Schenkung. Einſchränkungen. 1. Ehe. (Fortſetzung.) tinere: denique … non putabat etc. Hätten wir nundieſe Stelle allein, ſo würden wir unbedenklich die Billi- gung, als ſtillſchweigend wiederholt, in die zweyte Behaup- tung hinein tragen. Bey dem entſchiedenen Widerſpruch der übrigen Stellen Ulpians ſteht es anders. Allerdings dürfte man, von dieſem Geſichtspunkt die Sache anſehend, erwarten, daß Ulpian der zweyten Behauptung Papi- nians einen ausdrücklichen Widerſpruch hinzugefügt haben möchte; es iſt aber auch nicht unwahrſcheinlich, daß er dieſes wirklich gethan hat (y), und daß nur die Compila- toren den Widerſpruch weggeſtrichen haben. Dazu konnte ſie veranlaſſen die alte geſetzliche Vorſchrift, welche den berichtigenden Noten des Ulpian und des Paulus zu Pa- pinians Werken die Anwendbarkeit entzog (z). Allerdings paßte dieſe Vorſchrift nicht unmittelbar auf den vorliegen- den Fall, auch waren ſie, die Geſetzverfaſſer, daran nicht gebunden; dennoch konnten ſie ſehr wohl glauben im Geiſt jener Vorſchrift zu handeln, indem ſie Worte wegſtrichen, worin Ulpian eine Meynung Papinians geradezu tadelte. — Man könnte einwenden, ein ſolches Verfahren wäre unvorſichtig geweſen, weil es das Verhältniß dieſer Stelle (y) Etwa in den Ausdrücken: denique non recte putabat, oder mit dem Zuſatz: ego contra puto, oder: quo jure non utimur. Vgl. L. 54 de cond. (35. 1.), L. 76 § 1 de furtis (47. 2.), worin ähn- liche Formen des Widerſpruchs ge- gen eine referirte Meynung vor- kommen. (z) L. 3 (vormals L. un.) C.
Th. de resp. prud. (1. 4.). „.. No- tas etiam Pauli atque Ulpiani in Papiniani corpus factas, si- cut dudum statutum est, prae- cipimus infirmari.” <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0205" n="191"/><fw place="top" type="header">§. 164. Schenkung. Einſchränkungen. 1. Ehe. (Fortſetzung.)</fw><lb/><hi rendition="#aq">tinere: <hi rendition="#i">denique</hi> … non putabat etc.</hi> Hätten wir nun<lb/> dieſe Stelle allein, ſo würden wir unbedenklich die Billi-<lb/> gung, als ſtillſchweigend wiederholt, in die zweyte Behaup-<lb/> tung hinein tragen. Bey dem entſchiedenen Widerſpruch<lb/> der übrigen Stellen Ulpians ſteht es anders. Allerdings<lb/> dürfte man, von dieſem Geſichtspunkt die Sache anſehend,<lb/> erwarten, daß Ulpian der zweyten Behauptung Papi-<lb/> nians einen ausdrücklichen Widerſpruch hinzugefügt haben<lb/> möchte; es iſt aber auch nicht unwahrſcheinlich, daß er<lb/> dieſes wirklich gethan hat <note place="foot" n="(y)">Etwa in den Ausdrücken:<lb/><hi rendition="#aq">denique <hi rendition="#i">non recte</hi> putabat,</hi> oder<lb/> mit dem Zuſatz: <hi rendition="#aq">ego contra puto,</hi><lb/> oder: <hi rendition="#aq">quo jure non utimur.</hi> Vgl.<lb/><hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">L.</hi> 54 <hi rendition="#i">de cond.</hi> (35. 1.), <hi rendition="#i">L.</hi> 76<lb/> § 1 <hi rendition="#i">de furtis</hi></hi> (47. 2.), worin ähn-<lb/> liche Formen des Widerſpruchs ge-<lb/> gen eine referirte Meynung vor-<lb/> kommen.</note>, und daß nur die Compila-<lb/> toren den Widerſpruch weggeſtrichen haben. Dazu konnte<lb/> ſie veranlaſſen die alte geſetzliche Vorſchrift, welche den<lb/> berichtigenden Noten des Ulpian und des Paulus zu Pa-<lb/> pinians Werken die Anwendbarkeit entzog <note place="foot" n="(z)"><hi rendition="#i"><hi rendition="#aq">L.</hi></hi> 3 (vormals <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">L. un.</hi>) <hi rendition="#i">C.<lb/> Th. de resp. prud.</hi> (1. 4.). „.. No-<lb/> tas etiam Pauli atque Ulpiani<lb/> in Papiniani corpus factas, si-<lb/> cut dudum statutum est, prae-<lb/> cipimus infirmari.”</hi></note>. Allerdings<lb/> paßte dieſe Vorſchrift nicht unmittelbar auf den vorliegen-<lb/> den Fall, auch waren ſie, die Geſetzverfaſſer, daran nicht<lb/> gebunden; dennoch konnten ſie ſehr wohl glauben im Geiſt<lb/> jener Vorſchrift zu handeln, indem ſie Worte wegſtrichen,<lb/> worin Ulpian eine Meynung Papinians geradezu tadelte.<lb/> — Man könnte einwenden, ein ſolches Verfahren wäre<lb/> unvorſichtig geweſen, weil es das Verhältniß dieſer Stelle<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [191/0205]
§. 164. Schenkung. Einſchränkungen. 1. Ehe. (Fortſetzung.)
tinere: denique … non putabat etc. Hätten wir nun
dieſe Stelle allein, ſo würden wir unbedenklich die Billi-
gung, als ſtillſchweigend wiederholt, in die zweyte Behaup-
tung hinein tragen. Bey dem entſchiedenen Widerſpruch
der übrigen Stellen Ulpians ſteht es anders. Allerdings
dürfte man, von dieſem Geſichtspunkt die Sache anſehend,
erwarten, daß Ulpian der zweyten Behauptung Papi-
nians einen ausdrücklichen Widerſpruch hinzugefügt haben
möchte; es iſt aber auch nicht unwahrſcheinlich, daß er
dieſes wirklich gethan hat (y), und daß nur die Compila-
toren den Widerſpruch weggeſtrichen haben. Dazu konnte
ſie veranlaſſen die alte geſetzliche Vorſchrift, welche den
berichtigenden Noten des Ulpian und des Paulus zu Pa-
pinians Werken die Anwendbarkeit entzog (z). Allerdings
paßte dieſe Vorſchrift nicht unmittelbar auf den vorliegen-
den Fall, auch waren ſie, die Geſetzverfaſſer, daran nicht
gebunden; dennoch konnten ſie ſehr wohl glauben im Geiſt
jener Vorſchrift zu handeln, indem ſie Worte wegſtrichen,
worin Ulpian eine Meynung Papinians geradezu tadelte.
— Man könnte einwenden, ein ſolches Verfahren wäre
unvorſichtig geweſen, weil es das Verhältniß dieſer Stelle
(y) Etwa in den Ausdrücken:
denique non recte putabat, oder
mit dem Zuſatz: ego contra puto,
oder: quo jure non utimur. Vgl.
L. 54 de cond. (35. 1.), L. 76
§ 1 de furtis (47. 2.), worin ähn-
liche Formen des Widerſpruchs ge-
gen eine referirte Meynung vor-
kommen.
(z) L. 3 (vormals L. un.) C.
Th. de resp. prud. (1. 4.). „.. No-
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Zitationshilfe: | Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 4. Berlin, 1841, S. 191. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system04_1841/205>, abgerufen am 13.06.2024. |