psc_218.001 das geraubte Kind; die neue Geliebte (Circe). Forderung psc_218.002 ist dabei, daß die Verwicklung allemal durch Wiedervereinigung, psc_218.003 Zurückkommen u. s. w. gelöst werde: unerwartete psc_218.004 Rückkehr des Helden u. s. w.
psc_218.005
Sehr fruchtbar ist ferner die Figur der Täuschung oder psc_218.006 des Nichtwissens. Die Täuschung kann bewußt oder unbewußt, psc_218.007 allgemein oder getheilt sein. Ein Mensch lügt über psc_218.008 sich (Odysseus u. a.; Verkleidung, Maske, Schwindler u. s. w.) psc_218.009 oder über Andere (Jntrigant, Verleumder). Ein Mensch psc_218.010 ist in wirklicher Unkenntniß über sich oder Andere, weiß das entweder psc_218.011 oder weiß es nicht; ein Mensch weiß etwas von Andern psc_218.012 Gewußtes und Andere Beschäftigendes nicht. Es entsteht die psc_218.013 Figur der tragischen Jronie: daß nämlich ein Mensch etwas psc_218.014 nicht weiß, was das Publicum weiß -- wenn z. B. zwei Personen psc_218.015 sich über das künftige Glück einer todten Person unterhalten. psc_218.016 Jrrthümer über die Verhältnisse machen sich plötzlich geltend, psc_218.017 unbekannte Hindernisse treten mit einem Male vor. Blindheit, psc_218.018 körperlich und moralisch, Taubheit, Verblendung im psc_218.019 Handeln, Unerfahrenheit, Naivetät: überall ist das Nichtwissen psc_218.020 das eigentlich Bewegende, das Folgenreiche und die Spannung psc_218.021 Erregende. Dahin gehören ferner Mißverständnisse; Menschen, psc_218.022 die mit einander verwechselt werden (Doppelgänger, Menächmen), psc_218.023 Menschen, die sich in einander täuschen u. s. w.
psc_218.024
Forderung: die Täuschung muß zu einer Entdeckung psc_218.025 führen. --
psc_218.026
IV. Die Klassen der Wirkungen.
psc_218.027
Wir unterscheiden zunächst Motive der Handlungen psc_218.028 und Motive der Charaktere und fragen, welche Wirkungen
psc_218.001 das geraubte Kind; die neue Geliebte (Circe). Forderung psc_218.002 ist dabei, daß die Verwicklung allemal durch Wiedervereinigung, psc_218.003 Zurückkommen u. s. w. gelöst werde: unerwartete psc_218.004 Rückkehr des Helden u. s. w.
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Sehr fruchtbar ist ferner die Figur der Täuschung oder psc_218.006 des Nichtwissens. Die Täuschung kann bewußt oder unbewußt, psc_218.007 allgemein oder getheilt sein. Ein Mensch lügt über psc_218.008 sich (Odysseus u. a.; Verkleidung, Maske, Schwindler u. s. w.) psc_218.009 oder über Andere (Jntrigant, Verleumder). Ein Mensch psc_218.010 ist in wirklicher Unkenntniß über sich oder Andere, weiß das entweder psc_218.011 oder weiß es nicht; ein Mensch weiß etwas von Andern psc_218.012 Gewußtes und Andere Beschäftigendes nicht. Es entsteht die psc_218.013 Figur der tragischen Jronie: daß nämlich ein Mensch etwas psc_218.014 nicht weiß, was das Publicum weiß — wenn z. B. zwei Personen psc_218.015 sich über das künftige Glück einer todten Person unterhalten. psc_218.016 Jrrthümer über die Verhältnisse machen sich plötzlich geltend, psc_218.017 unbekannte Hindernisse treten mit einem Male vor. Blindheit, psc_218.018 körperlich und moralisch, Taubheit, Verblendung im psc_218.019 Handeln, Unerfahrenheit, Naivetät: überall ist das Nichtwissen psc_218.020 das eigentlich Bewegende, das Folgenreiche und die Spannung psc_218.021 Erregende. Dahin gehören ferner Mißverständnisse; Menschen, psc_218.022 die mit einander verwechselt werden (Doppelgänger, Menächmen), psc_218.023 Menschen, die sich in einander täuschen u. s. w.
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Scherer, Wilhelm: Poetik. Hrsg. v. Richard M. Meyer. Berlin, 1888, S. 218. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/scherer_poetik_1888/234>, abgerufen am 13.06.2024.
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