Scheyb, Franz Christoph von: Theresiade. Bd. 2. Wien, 1746.Theresiade Er nimmt ihn auf den Arm; sie lächeln beyderseits;Man sieht an ihnen nichts als Zeichen eines Streits; Er hebt den Prinzen auf und wendt ihn hin und wieder; Bald läßt er ihn besorgt biß zu der Erden nieder; 345Die Kette, die den Hals des guten Raths umfängt, Jst das, auf was der Prinz mit beyden Händen drängt. Des Prinzens Munterkeit und angenehmes Spielen Läßt unsern Alten nichts als Freud und Anmuth fühlen. Hier greifft er nach dem Bart; dort nach dem goldnen Herz; 350Mund, Auge, Nas und Ohr wird seiner Finger Scherz; Der Greiß liebkoset ihm; er schmeichelt seinen Wangen; Jezt wissen beyde nicht, was Aug' und Sinn verlangen; Der wendet seinen Blick, die Mutter anzusehn, Da sich der Rath vergißt, sich auch dahin zu drehn; 355Jezt biegt und neigt er sich; sein ganzes Thun ist Jrren; Wie wann Vergnügen, Lieb und Freud ein Herz verwirren. Der Thron nimmt selbst in Lust den Trieb der Tugend-Schaar Und den bey dem Geschenck entstandnen Eifer wahr. Fast niemand bleibt zurück; man drängt sich hin und eilet 360So nah man kann, zum Thron, wo man das Pfand ertheilet. Thalia fragte mich, ob ich die Lebens-Zeit Dergleichen Lust gesehn, und solche Zärtlichkeit? Man hört' und sahe nichts als Schmeicheln, Spielen, Herzen, Der ganze Saal empfand die Reizung mit zu scherzen. 365 "Welch
Thereſiade Er nimmt ihn auf den Arm; ſie laͤcheln beyderſeits;Man ſieht an ihnen nichts als Zeichen eines Streits; Er hebt den Prinzen auf und wendt ihn hin und wieder; Bald laͤßt er ihn beſorgt biß zu der Erden nieder; 345Die Kette, die den Hals des guten Raths umfaͤngt, Jſt das, auf was der Prinz mit beyden Haͤnden draͤngt. Des Prinzens Munterkeit und angenehmes Spielen Laͤßt unſern Alten nichts als Freud und Anmuth fuͤhlen. Hier greifft er nach dem Bart; dort nach dem goldnen Herz; 350Mund, Auge, Nas und Ohr wird ſeiner Finger Scherz; Der Greiß liebkoſet ihm; er ſchmeichelt ſeinen Wangen; Jezt wiſſen beyde nicht, was Aug’ und Sinn verlangen; Der wendet ſeinen Blick, die Mutter anzuſehn, Da ſich der Rath vergißt, ſich auch dahin zu drehn; 355Jezt biegt und neigt er ſich; ſein ganzes Thun iſt Jrren; Wie wann Vergnuͤgen, Lieb und Freud ein Herz verwirren. Der Thron nim̃t ſelbſt in Luſt den Trieb der Tugend-Schaar Und den bey dem Geſchenck entſtandnen Eifer wahr. Faſt niemand bleibt zuruͤck; man draͤngt ſich hin und eilet 360So nah man kann, zum Thron, wo man das Pfand ertheilet. Thalia fragte mich, ob ich die Lebens-Zeit Dergleichen Luſt geſehn, und ſolche Zaͤrtlichkeit? Man hoͤrt’ und ſahe nichts als Schmeicheln, Spielen, Herzen, Der ganze Saal empfand die Reizung mit zu ſcherzen. 365 „Welch
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Thereſiade
Er nimmt ihn auf den Arm; ſie laͤcheln beyderſeits;
Man ſieht an ihnen nichts als Zeichen eines Streits;
Er hebt den Prinzen auf und wendt ihn hin und wieder;
Bald laͤßt er ihn beſorgt biß zu der Erden nieder;
Die Kette, die den Hals des guten Raths umfaͤngt,
Jſt das, auf was der Prinz mit beyden Haͤnden draͤngt.
Des Prinzens Munterkeit und angenehmes Spielen
Laͤßt unſern Alten nichts als Freud und Anmuth fuͤhlen.
Hier greifft er nach dem Bart; dort nach dem goldnen Herz;
Mund, Auge, Nas und Ohr wird ſeiner Finger Scherz;
Der Greiß liebkoſet ihm; er ſchmeichelt ſeinen Wangen;
Jezt wiſſen beyde nicht, was Aug’ und Sinn verlangen;
Der wendet ſeinen Blick, die Mutter anzuſehn,
Da ſich der Rath vergißt, ſich auch dahin zu drehn;
Jezt biegt und neigt er ſich; ſein ganzes Thun iſt Jrren;
Wie wann Vergnuͤgen, Lieb und Freud ein Herz verwirren.
Der Thron nim̃t ſelbſt in Luſt den Trieb der Tugend-Schaar
Und den bey dem Geſchenck entſtandnen Eifer wahr.
Faſt niemand bleibt zuruͤck; man draͤngt ſich hin und eilet
So nah man kann, zum Thron, wo man das Pfand ertheilet.
Thalia fragte mich, ob ich die Lebens-Zeit
Dergleichen Luſt geſehn, und ſolche Zaͤrtlichkeit?
Man hoͤrt’ und ſahe nichts als Schmeicheln, Spielen, Herzen,
Der ganze Saal empfand die Reizung mit zu ſcherzen.
365 „Welch
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