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Scheyb, Franz Christoph von: Theresiade. Bd. 2. Wien, 1746.

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Theresiade
HJer fieng die Weisheit an, und trug die Worte vor:
430"Des Pöbels Stimme dringt in jedem Fall empor.
"Er glaubt, was Wunder heißt, besteh' in seinen Grillen,
"Und alles müsse sich nach seinem Wahn erfüllen.
"Verzeih, Theresia! wer meine Tugend liebt
"Jst, der des Pöbels Ruff den schlechtsten Beyfall gibt.
435"Der Pöbel scheuet mich; so darff ich mich beklagen,
"Und was ein kluges Herz vom Pöbel halte, sagen.
"Er ist im Dencken schwach, in den Begriffen klein;
"Nichts als der Eigensinn gibt ihm das Urtheil ein.
"Je mehr der Sachen Lauf ein düstrer Schleyr verhüllet,
440"Je mehr ist er mit Lust, sie zu verstehn, erfüllet.
"Wann nur ein Blick davon ihm in das Auge fällt,
"So glaubt er, alles sey so, wie er will, bestellt.
"Der Flug ist Adlern frey; sie fliegen wie sie wollen;
"Was könnten sie dann heut uns vorbedeuten sollen?
445"Gesezt: sie flögen hin auf eines Bauers Haus;
"Was brächt' in solchem Fall des Pöbels Wiz daraus?
"Gesezt: man sähe sie nach Berg- und Klippen eilen;
"Was wurde man dem Flug vor eine Kraft ertheilen?
"Was Flügel hat, das fliegt; wer kehret sich daran?
450"Ein Weiser fraget nicht, was es bedeuten kann.
"Die Adler pflegen sich an jenen Ort zu schwingen,
"Wo Sicherheit und Ruh und Nahrung aufzubringen;
"Wo
Thereſiade
HJer fieng die Weisheit an, und trug die Worte vor:
430„Des Poͤbels Stimme dringt in jedem Fall empor.
„Er glaubt, was Wunder heißt, beſteh’ in ſeinen Grillen,
„Und alles muͤſſe ſich nach ſeinem Wahn erfuͤllen.
„Verzeih, Thereſia! wer meine Tugend liebt
„Jſt, der des Poͤbels Ruff den ſchlechtſten Beyfall gibt.
435„Der Poͤbel ſcheuet mich; ſo darff ich mich beklagen,
„Und was ein kluges Herz vom Poͤbel halte, ſagen.
„Er iſt im Dencken ſchwach, in den Begriffen klein;
„Nichts als der Eigenſinn gibt ihm das Urtheil ein.
„Je mehr der Sachen Lauf ein duͤſtrer Schleyr verhuͤllet,
440„Je mehr iſt er mit Luſt, ſie zu verſtehn, erfuͤllet.
„Wann nur ein Blick davon ihm in das Auge faͤllt,
„So glaubt er, alles ſey ſo, wie er will, beſtellt.
„Der Flug iſt Adlern frey; ſie fliegen wie ſie wollen;
„Was koͤnnten ſie dann heut uns vorbedeuten ſollen?
445„Geſezt: ſie floͤgen hin auf eines Bauers Haus;
„Was braͤcht’ in ſolchem Fall des Poͤbels Wiz daraus?
„Geſezt: man ſaͤhe ſie nach Berg- und Klippen eilen;
„Was wurde man dem Flug vor eine Kraft ertheilen?
„Was Fluͤgel hat, das fliegt; wer kehret ſich daran?
450„Ein Weiſer fraget nicht, was es bedeuten kann.
„Die Adler pflegen ſich an jenen Ort zu ſchwingen,
„Wo Sicherheit und Ruh und Nahrung aufzubringen;
„Wo
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[0136] Thereſiade HJer fieng die Weisheit an, und trug die Worte vor: „Des Poͤbels Stimme dringt in jedem Fall empor. „Er glaubt, was Wunder heißt, beſteh’ in ſeinen Grillen, „Und alles muͤſſe ſich nach ſeinem Wahn erfuͤllen. „Verzeih, Thereſia! wer meine Tugend liebt „Jſt, der des Poͤbels Ruff den ſchlechtſten Beyfall gibt. „Der Poͤbel ſcheuet mich; ſo darff ich mich beklagen, „Und was ein kluges Herz vom Poͤbel halte, ſagen. „Er iſt im Dencken ſchwach, in den Begriffen klein; „Nichts als der Eigenſinn gibt ihm das Urtheil ein. „Je mehr der Sachen Lauf ein duͤſtrer Schleyr verhuͤllet, „Je mehr iſt er mit Luſt, ſie zu verſtehn, erfuͤllet. „Wann nur ein Blick davon ihm in das Auge faͤllt, „So glaubt er, alles ſey ſo, wie er will, beſtellt. „Der Flug iſt Adlern frey; ſie fliegen wie ſie wollen; „Was koͤnnten ſie dann heut uns vorbedeuten ſollen? „Geſezt: ſie floͤgen hin auf eines Bauers Haus; „Was braͤcht’ in ſolchem Fall des Poͤbels Wiz daraus? „Geſezt: man ſaͤhe ſie nach Berg- und Klippen eilen; „Was wurde man dem Flug vor eine Kraft ertheilen? „Was Fluͤgel hat, das fliegt; wer kehret ſich daran? „Ein Weiſer fraget nicht, was es bedeuten kann. „Die Adler pflegen ſich an jenen Ort zu ſchwingen, „Wo Sicherheit und Ruh und Nahrung aufzubringen; „Wo

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Zitationshilfe: Scheyb, Franz Christoph von: Theresiade. Bd. 2. Wien, 1746, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/scheyb_theresiade02_1746/136>, abgerufen am 31.10.2024.