Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Scheyb, Franz Christoph von: Theresiade. Bd. 2. Wien, 1746.

Bild:
<< vorherige Seite
Zwölfftes Buch.
War, was ich in dem Bild gemahlt, doch lebhaft sah;
Allein ich wußte nicht, warum die Flucht geschah.
Wir giengen weiter fort; ich mußt' ihn stets begleiten;
Was werden, dacht' ich oft, die Stücke dann bedeuten?
85Nun blieb er stehn und wies nächst an dem Königs-Thron
Ein ausgeschniztes Bild, das mehr als eine Kron
Mit Zepter, Helm und Schild, mit Lorber-Reisern schmückte.
Als ich dasselbige nur erst von fern erblickte
So sprach ich schon: das ist ja jenes Prinzen-Paar,
90Das mit der Königinn im Saal anwesend war.
Sie schienen Zwillinge, die sich mit Lieb umfangen.
Thalia nezte fast für Anmuth Aug und Wangen.
"Welch unermessner Schaz! O Nachwelt freue dich!"
Sprach sie, man kennet schon, wie sie sich brüderlich
95"Mit Liebe, Rath und That und Treu verbinden werden;
"Der Eine dienet schon dem Andern zum Gefärten.
Mein Führer redte nichts, er wies nur hin und her,
Und schaute mich oft an, wie wann er Willens wär,
Daß ich ihm, ob das Stück mir wohlgefiele, sagte;
100Allein ich wußte nichts zu sprechen; nein: ich fragte;
So fieng er endlich an: "Vernehmt des Himmels Schluß!
"Der die Nachkommenschaft und euch beglücken muß:
"So wie das andre Bild besiegte Schaaren weiset,
"So wird der Mit-Regent, wann er zum Kriegs-Heer reiset,
105 Der
U u 2
Zwoͤlfftes Buch.
War, was ich in dem Bild gemahlt, doch lebhaft ſah;
Allein ich wußte nicht, warum die Flucht geſchah.
Wir giengen weiter fort; ich mußt’ ihn ſtets begleiten;
Was werden, dacht’ ich oft, die Stuͤcke dann bedeuten?
85Nun blieb er ſtehn und wies naͤchſt an dem Koͤnigs-Thron
Ein ausgeſchniztes Bild, das mehr als eine Kron
Mit Zepter, Helm und Schild, mit Lorber-Reiſern ſchmuͤckte.
Als ich daſſelbige nur erſt von fern erblickte
So ſprach ich ſchon: das iſt ja jenes Prinzen-Paar,
90Das mit der Koͤniginn im Saal anweſend war.
Sie ſchienen Zwillinge, die ſich mit Lieb umfangen.
Thalia nezte faſt fuͤr Anmuth Aug und Wangen.
„Welch unermeſſner Schaz! O Nachwelt freue dich!„
Sprach ſie, man kennet ſchon, wie ſie ſich bruͤderlich
95„Mit Liebe, Rath und That und Treu verbinden werden;
„Der Eine dienet ſchon dem Andern zum Gefaͤrten.
Mein Fuͤhrer redte nichts, er wies nur hin und her,
Und ſchaute mich oft an, wie wann er Willens waͤr,
Daß ich ihm, ob das Stuͤck mir wohlgefiele, ſagte;
100Allein ich wußte nichts zu ſprechen; nein: ich fragte;
So fieng er endlich an: „Vernehmt des Himmels Schluß!
„Der die Nachkommenſchaft und euch begluͤcken muß:
„So wie das andre Bild beſiegte Schaaren weiſet,
„So wird der Mit-Regent, wann er zum Kriegs-Heer reiſet,
105 Der
U u 2
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <lg type="poem">
            <pb facs="#f0149"/>
            <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Zwo&#x0364;lfftes Buch.</hi> </fw><lb/>
            <l>War, was ich in dem Bild gemahlt, doch lebhaft &#x017F;ah;</l><lb/>
            <l>Allein ich wußte nicht, warum die Flucht ge&#x017F;chah.</l><lb/>
            <l>Wir giengen weiter fort; ich mußt&#x2019; ihn &#x017F;tets begleiten;</l><lb/>
            <l>Was werden, dacht&#x2019; ich oft, die Stu&#x0364;cke dann bedeuten?</l><lb/>
            <l><note place="left">85</note>Nun blieb er &#x017F;tehn und wies na&#x0364;ch&#x017F;t an dem Ko&#x0364;nigs-Thron</l><lb/>
            <l>Ein ausge&#x017F;chniztes Bild, das mehr als eine Kron</l><lb/>
            <l>Mit Zepter, Helm und Schild, mit Lorber-Rei&#x017F;ern &#x017F;chmu&#x0364;ckte.</l><lb/>
            <l>Als ich da&#x017F;&#x017F;elbige nur er&#x017F;t von fern erblickte</l><lb/>
            <l>So &#x017F;prach ich &#x017F;chon: das i&#x017F;t ja jenes Prinzen-Paar,</l><lb/>
            <l><note place="left">90</note>Das mit der Ko&#x0364;niginn im Saal anwe&#x017F;end war.</l><lb/>
            <l>Sie &#x017F;chienen Zwillinge, die &#x017F;ich mit Lieb umfangen.</l><lb/>
            <l>Thalia nezte fa&#x017F;t fu&#x0364;r Anmuth Aug und Wangen.</l><lb/>
            <l>&#x201E;Welch unerme&#x017F;&#x017F;ner Schaz! O Nachwelt freue dich!&#x201E;</l><lb/>
            <l>Sprach &#x017F;ie, man kennet &#x017F;chon, wie &#x017F;ie &#x017F;ich bru&#x0364;derlich</l><lb/>
            <l><note place="left">95</note>&#x201E;Mit Liebe, Rath und That und Treu verbinden werden;</l><lb/>
            <l>&#x201E;Der Eine dienet &#x017F;chon dem Andern zum Gefa&#x0364;rten.</l>
          </lg><lb/>
          <lg type="poem">
            <l>Mein Fu&#x0364;hrer redte nichts, er wies nur hin und her,</l><lb/>
            <l>Und &#x017F;chaute mich oft an, wie wann er Willens wa&#x0364;r,</l><lb/>
            <l>Daß ich ihm, ob das Stu&#x0364;ck mir wohlgefiele, &#x017F;agte;</l><lb/>
            <l><note place="left">100</note>Allein ich wußte nichts zu &#x017F;prechen; nein: ich fragte;</l><lb/>
            <l>So fieng er endlich an: &#x201E;Vernehmt des Himmels Schluß!</l><lb/>
            <l>&#x201E;Der die Nachkommen&#x017F;chaft und euch beglu&#x0364;cken muß:</l><lb/>
            <l>&#x201E;So wie das andre Bild be&#x017F;iegte Schaaren wei&#x017F;et,</l><lb/>
            <l>&#x201E;So wird der Mit-Regent, wann er zum Kriegs-Heer rei&#x017F;et,</l><lb/>
            <fw place="bottom" type="sig">U u 2</fw>
            <fw place="bottom" type="catch">105 Der</fw><lb/>
          </lg>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0149] Zwoͤlfftes Buch. War, was ich in dem Bild gemahlt, doch lebhaft ſah; Allein ich wußte nicht, warum die Flucht geſchah. Wir giengen weiter fort; ich mußt’ ihn ſtets begleiten; Was werden, dacht’ ich oft, die Stuͤcke dann bedeuten? Nun blieb er ſtehn und wies naͤchſt an dem Koͤnigs-Thron Ein ausgeſchniztes Bild, das mehr als eine Kron Mit Zepter, Helm und Schild, mit Lorber-Reiſern ſchmuͤckte. Als ich daſſelbige nur erſt von fern erblickte So ſprach ich ſchon: das iſt ja jenes Prinzen-Paar, Das mit der Koͤniginn im Saal anweſend war. Sie ſchienen Zwillinge, die ſich mit Lieb umfangen. Thalia nezte faſt fuͤr Anmuth Aug und Wangen. „Welch unermeſſner Schaz! O Nachwelt freue dich!„ Sprach ſie, man kennet ſchon, wie ſie ſich bruͤderlich „Mit Liebe, Rath und That und Treu verbinden werden; „Der Eine dienet ſchon dem Andern zum Gefaͤrten. Mein Fuͤhrer redte nichts, er wies nur hin und her, Und ſchaute mich oft an, wie wann er Willens waͤr, Daß ich ihm, ob das Stuͤck mir wohlgefiele, ſagte; Allein ich wußte nichts zu ſprechen; nein: ich fragte; So fieng er endlich an: „Vernehmt des Himmels Schluß! „Der die Nachkommenſchaft und euch begluͤcken muß: „So wie das andre Bild beſiegte Schaaren weiſet, „So wird der Mit-Regent, wann er zum Kriegs-Heer reiſet, 105 Der U u 2

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/scheyb_theresiade02_1746
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/scheyb_theresiade02_1746/149
Zitationshilfe: Scheyb, Franz Christoph von: Theresiade. Bd. 2. Wien, 1746, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/scheyb_theresiade02_1746/149>, abgerufen am 31.10.2024.