Schiller, [Friedrich]: Maria Stuart. Tübingen u. a., 1801. Maria. Ich bin die Schwache, sie die Mächt'ge -- Wohl! Sie brauche die Gewalt, sie töde mich, Sie bringe ihrer Sicherheit das Opfer. Doch sie gestehe dann, daß sie die Macht Allein, nicht die Gerechtigkeit geübt. Nicht vom Gesetze borge sie das Schwerdt, Sich der verhaßten Feindin zu entladen, Und kleide nicht in heiliges Gewand Der rohen Stärke blutiges Erkühnen. Solch Gaukelspiel betrüge nicht die Welt! Ermorden lassen kann sie mich, nicht richten! Sie geb' es auf, mit des Verbrechens Früchten Den heil'gen Schein der Tugend zu vereinen, Und was sie ist, das wage sie zu scheinen! (Sie geht ab.) Achter Auftritt. Burleigh. Paulet. Burleigh. Sie trotzt uns -- wird uns trotzen, Ritter Paulet, Bis an die Stufen des Schaffots -- Dieß stolze Herz Ist nicht zu brechen -- Ueberraschte sie Der Urthelspruch? Saht ihr sie eine Thräne Vergießen? Ihre Farbe nur verändern? Maria. Ich bin die Schwache, ſie die Maͤcht'ge — Wohl! Sie brauche die Gewalt, ſie toͤde mich, Sie bringe ihrer Sicherheit das Opfer. Doch ſie geſtehe dann, daß ſie die Macht Allein, nicht die Gerechtigkeit geuͤbt. Nicht vom Geſetze borge ſie das Schwerdt, Sich der verhaßten Feindin zu entladen, Und kleide nicht in heiliges Gewand Der rohen Staͤrke blutiges Erkuͤhnen. Solch Gaukelſpiel betruͤge nicht die Welt! Ermorden laſſen kann ſie mich, nicht richten! Sie geb' es auf, mit des Verbrechens Fruͤchten Den heil'gen Schein der Tugend zu vereinen, Und was ſie iſt, das wage ſie zu ſcheinen! (Sie geht ab.) Achter Auftritt. Burleigh. Paulet. Burleigh. Sie trotzt uns — wird uns trotzen, Ritter Paulet, Bis an die Stufen des Schaffots — Dieß ſtolze Herz Iſt nicht zu brechen — Ueberraſchte ſie Der Urthelſpruch? Saht ihr ſie eine Thraͤne Vergießen? Ihre Farbe nur veraͤndern? <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0061" n="55"/> <sp who="#MARSTUA"> <speaker><hi rendition="#g">Maria</hi>.</speaker><lb/> <p>Ich bin die Schwache, ſie die Maͤcht'ge — Wohl!<lb/> Sie brauche die Gewalt, ſie toͤde mich,<lb/> Sie bringe ihrer Sicherheit das Opfer.<lb/> Doch ſie geſtehe dann, daß ſie die Macht<lb/> Allein, nicht die Gerechtigkeit geuͤbt.<lb/> Nicht vom Geſetze borge ſie das Schwerdt,<lb/> Sich der verhaßten Feindin zu entladen,<lb/> Und kleide nicht in heiliges Gewand<lb/> Der rohen Staͤrke blutiges Erkuͤhnen.<lb/> Solch Gaukelſpiel betruͤge nicht die Welt!<lb/> Ermorden laſſen kann ſie mich, nicht richten!<lb/> Sie geb' es auf, mit des Verbrechens Fruͤchten<lb/> Den heil'gen Schein der Tugend zu vereinen,<lb/> Und was ſie iſt, das wage ſie zu ſcheinen!</p> </sp><lb/> <stage>(Sie geht ab.)</stage> </div><lb/> <div n="2"> <head><hi rendition="#g">Achter Auftritt</hi>.</head><lb/> <stage>Burleigh. Paulet.</stage><lb/> <sp who="#BURL"> <speaker><hi rendition="#g">Burleigh</hi>.</speaker><lb/> <p>Sie trotzt uns — wird uns trotzen, Ritter Paulet,<lb/> Bis an die Stufen des Schaffots — Dieß ſtolze Herz<lb/> Iſt nicht zu brechen — Ueberraſchte ſie<lb/> Der Urthelſpruch? Saht ihr ſie eine Thraͤne<lb/> Vergießen? Ihre Farbe nur veraͤndern?<lb/></p> </sp> </div> </div> </body> </text> </TEI> [55/0061]
Maria.
Ich bin die Schwache, ſie die Maͤcht'ge — Wohl!
Sie brauche die Gewalt, ſie toͤde mich,
Sie bringe ihrer Sicherheit das Opfer.
Doch ſie geſtehe dann, daß ſie die Macht
Allein, nicht die Gerechtigkeit geuͤbt.
Nicht vom Geſetze borge ſie das Schwerdt,
Sich der verhaßten Feindin zu entladen,
Und kleide nicht in heiliges Gewand
Der rohen Staͤrke blutiges Erkuͤhnen.
Solch Gaukelſpiel betruͤge nicht die Welt!
Ermorden laſſen kann ſie mich, nicht richten!
Sie geb' es auf, mit des Verbrechens Fruͤchten
Den heil'gen Schein der Tugend zu vereinen,
Und was ſie iſt, das wage ſie zu ſcheinen!
(Sie geht ab.)
Achter Auftritt.
Burleigh. Paulet.
Burleigh.
Sie trotzt uns — wird uns trotzen, Ritter Paulet,
Bis an die Stufen des Schaffots — Dieß ſtolze Herz
Iſt nicht zu brechen — Ueberraſchte ſie
Der Urthelſpruch? Saht ihr ſie eine Thraͤne
Vergießen? Ihre Farbe nur veraͤndern?
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |