Worten: "Wenn du die gemacht "hast, die man jetzt Romane nennt, "so hättest du deine Zeit auch besser "anwenden können. Kaum hie und "da finde ich in den besten etwas "von der leichten Poesie des flüchti- "gen Lebens: aber wohin ist sie ent- "flohen, die kühne Musik des liebe- "rasenden Herzens, sie die alles mit "sich fortreißt, so daß der Wildeste "zärtliche Thränen vergießt und die "ewigen Felsen selber tanzen? Kei- "ner ist so albern und keiner so nüch- "tern, der nicht von Liebe schwatzt: "aber wer sie noch kennt, hat kein "Herz und keinen Glauben, sie aus- "zusprechen." Der Witz lachte, der himmlische Jüngling winkte Beyfall aus der Ferne, und sie fuhr fort:
Worten: »Wenn du die gemacht »haſt, die man jetzt Romane nennt, »ſo hätteſt du deine Zeit auch beſſer »anwenden können. Kaum hie und »da finde ich in den beſten etwas »von der leichten Poeſie des flüchti- »gen Lebens: aber wohin iſt ſie ent- »flohen, die kühne Muſik des liebe- »raſenden Herzens, ſie die alles mit »ſich fortreißt, ſo daß der Wildeſte »zärtliche Thränen vergießt und die »ewigen Felſen ſelber tanzen? Kei- »ner iſt ſo albern und keiner ſo nüch- »tern, der nicht von Liebe ſchwatzt: »aber wer ſie noch kennt, hat kein »Herz und keinen Glauben, ſie aus- »zuſprechen.« Der Witz lachte, der himmliſche Jüngling winkte Beyfall aus der Ferne, und ſie fuhr fort:
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Worten: »Wenn du die gemacht
»haſt, die man jetzt Romane nennt,
»ſo hätteſt du deine Zeit auch beſſer
»anwenden können. Kaum hie und
»da finde ich in den beſten etwas
»von der leichten Poeſie des flüchti-
»gen Lebens: aber wohin iſt ſie ent-
»flohen, die kühne Muſik des liebe-
»raſenden Herzens, ſie die alles mit
»ſich fortreißt, ſo daß der Wildeſte
»zärtliche Thränen vergießt und die
»ewigen Felſen ſelber tanzen? Kei-
»ner iſt ſo albern und keiner ſo nüch-
»tern, der nicht von Liebe ſchwatzt:
»aber wer ſie noch kennt, hat kein
»Herz und keinen Glauben, ſie aus-
»zuſprechen.« Der Witz lachte, der
himmliſche Jüngling winkte Beyfall
aus der Ferne, und ſie fuhr fort:
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Schlegel, Friedrich von: Lucinde. Berlin, 1799, S. 52. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schlegel_lucinde_1799/57>, abgerufen am 14.06.2024.
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