wie das Jägervolk ein ausgedehntes Areal zu seiner Existenz und bedingt eine sehr dünne Bevölkerung.
Die Viehzucht bildet hier den Uebergang, indem der Mensch hier die Hausthiere benutzt, um in den Bestandtheilen der Milch und in dem reichlichen Fette der Hausthiere, welches den wilden Thieren fast ganz abgeht, sich neben der Fleischspeise auch mit stickstofffreien Bestandtheilen zu versehen.
Die zweckmäßigste Lebensweise führt aber das verständige Acker- bau treibende Volk, welches seine Nahrungsmittel ganz in dem Ver- hältnisse mischt, wie sie die Natur dem Säugling in der Milch ge- mischt hat. Diese enthält nämlich in dem Käsestoff die stickstoffhaltigen Nahrungsmittel, in der Butter und dem Milchzucker die stickstofffreien Respirationsmittel im richtigsten Verhältnisse. Darüber hinaus finden wir die Extreme in den Völkern, welche, wie die ostindischen Stämme, die Negervölker und die Bewohner einiger europäischen Landstriche, ganz von Reis, Bananen, Kartoffeln und dergleichen Pflanzenstoffen leben, in welchen nur wenig stickstoffreiche Bestandtheile vorkommen. Daher die ungeheuern Mengen, welche diese Völkerschaften zu sich zu nehmen gezwungen sind, um aus der Masse der Respirationsmittel die nöthige Menge der wirklichen Nahrungsmittel zusammenzusuchen. Diesen Völkern treten unsere ganz von Pflanzen lebenden Hausthiere und die übrigen Pflanzenfresser an die Seite, welche ihr ganzes Leben mit Fressen und Schlafen zubringen und große Massen zu sich nehmen müssen, weil nur verhältnißmäßig geringe Mengen von wirklicher Nahrung darin enthalten sind. Endlich finden wir noch in den sämmt- lichen Polarländern den übermäßigen Genuß von Fett als unzer- trennlich mit der Lebensart in diesen Climaten verbunden. Auch hier erklärt sich uns dieser Naturtrieb gar leicht aus den vorherigen Be- trachtungen. Der Mensch muß hier, um leben zu können, größere Mengen von Wärme produciren und bedarf dazu auch größerer Men- gen von Brennmaterial; dazu eignet sich kaum eine Substanz so gut, als das ganz allein aus Kohlen- und Wasserstoff bestehende Fett der Thiere.
So hätten uns unsere Betrachtungen alle dahin geführt, anzu-
wie das Jägervolk ein ausgedehntes Areal zu ſeiner Exiſtenz und bedingt eine ſehr dünne Bevölkerung.
Die Viehzucht bildet hier den Uebergang, indem der Menſch hier die Hausthiere benutzt, um in den Beſtandtheilen der Milch und in dem reichlichen Fette der Hausthiere, welches den wilden Thieren faſt ganz abgeht, ſich neben der Fleiſchſpeiſe auch mit ſtickſtofffreien Beſtandtheilen zu verſehen.
Die zweckmäßigſte Lebensweiſe führt aber das verſtändige Acker- bau treibende Volk, welches ſeine Nahrungsmittel ganz in dem Ver- hältniſſe miſcht, wie ſie die Natur dem Säugling in der Milch ge- miſcht hat. Dieſe enthält nämlich in dem Käſeſtoff die ſtickſtoffhaltigen Nahrungsmittel, in der Butter und dem Milchzucker die ſtickſtofffreien Reſpirationsmittel im richtigſten Verhältniſſe. Darüber hinaus finden wir die Extreme in den Völkern, welche, wie die oſtindiſchen Stämme, die Negervölker und die Bewohner einiger europäiſchen Landſtriche, ganz von Reis, Bananen, Kartoffeln und dergleichen Pflanzenſtoffen leben, in welchen nur wenig ſtickſtoffreiche Beſtandtheile vorkommen. Daher die ungeheuern Mengen, welche dieſe Völkerſchaften zu ſich zu nehmen gezwungen ſind, um aus der Maſſe der Reſpirationsmittel die nöthige Menge der wirklichen Nahrungsmittel zuſammenzuſuchen. Dieſen Völkern treten unſere ganz von Pflanzen lebenden Hausthiere und die übrigen Pflanzenfreſſer an die Seite, welche ihr ganzes Leben mit Freſſen und Schlafen zubringen und große Maſſen zu ſich nehmen muͤſſen, weil nur verhältnißmäßig geringe Mengen von wirklicher Nahrung darin enthalten ſind. Endlich finden wir noch in den ſämmt- lichen Polarländern den übermäßigen Genuß von Fett als unzer- trennlich mit der Lebensart in dieſen Climaten verbunden. Auch hier erklärt ſich uns dieſer Naturtrieb gar leicht aus den vorherigen Be- trachtungen. Der Menſch muß hier, um leben zu können, größere Mengen von Wärme produciren und bedarf dazu auch größerer Men- gen von Brennmaterial; dazu eignet ſich kaum eine Subſtanz ſo gut, als das ganz allein aus Kohlen- und Waſſerſtoff beſtehende Fett der Thiere.
So hätten uns unſere Betrachtungen alle dahin geführt, anzu-
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wie das Jägervolk ein ausgedehntes Areal zu ſeiner Exiſtenz und
bedingt eine ſehr dünne Bevölkerung.
Die Viehzucht bildet hier den Uebergang, indem der Menſch
hier die Hausthiere benutzt, um in den Beſtandtheilen der Milch und
in dem reichlichen Fette der Hausthiere, welches den wilden Thieren
faſt ganz abgeht, ſich neben der Fleiſchſpeiſe auch mit ſtickſtofffreien
Beſtandtheilen zu verſehen.
Die zweckmäßigſte Lebensweiſe führt aber das verſtändige Acker-
bau treibende Volk, welches ſeine Nahrungsmittel ganz in dem Ver-
hältniſſe miſcht, wie ſie die Natur dem Säugling in der Milch ge-
miſcht hat. Dieſe enthält nämlich in dem Käſeſtoff die ſtickſtoffhaltigen
Nahrungsmittel, in der Butter und dem Milchzucker die ſtickſtofffreien
Reſpirationsmittel im richtigſten Verhältniſſe. Darüber hinaus finden
wir die Extreme in den Völkern, welche, wie die oſtindiſchen Stämme,
die Negervölker und die Bewohner einiger europäiſchen Landſtriche,
ganz von Reis, Bananen, Kartoffeln und dergleichen Pflanzenſtoffen
leben, in welchen nur wenig ſtickſtoffreiche Beſtandtheile vorkommen.
Daher die ungeheuern Mengen, welche dieſe Völkerſchaften zu ſich zu
nehmen gezwungen ſind, um aus der Maſſe der Reſpirationsmittel
die nöthige Menge der wirklichen Nahrungsmittel zuſammenzuſuchen.
Dieſen Völkern treten unſere ganz von Pflanzen lebenden Hausthiere
und die übrigen Pflanzenfreſſer an die Seite, welche ihr ganzes Leben
mit Freſſen und Schlafen zubringen und große Maſſen zu ſich nehmen
muͤſſen, weil nur verhältnißmäßig geringe Mengen von wirklicher
Nahrung darin enthalten ſind. Endlich finden wir noch in den ſämmt-
lichen Polarländern den übermäßigen Genuß von Fett als unzer-
trennlich mit der Lebensart in dieſen Climaten verbunden. Auch hier
erklärt ſich uns dieſer Naturtrieb gar leicht aus den vorherigen Be-
trachtungen. Der Menſch muß hier, um leben zu können, größere
Mengen von Wärme produciren und bedarf dazu auch größerer Men-
gen von Brennmaterial; dazu eignet ſich kaum eine Subſtanz ſo gut, als
das ganz allein aus Kohlen- und Waſſerſtoff beſtehende Fett der Thiere.
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Schleiden, Matthias Jacob: Die Pflanze und ihr Leben. Leipzig, 1848, S. 138. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schleiden_pflanze_1848/154>, abgerufen am 18.06.2024.
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