schließen sich diese nach und nach zu einem festen Gewebe an einan- der, zu dem, was wir im gemeinen Leben Holz nennen (Taf. II. Fig. 8, 9, 10).
Fragen wir nach dem Verhältniß in welchem diese drei Theile der Pflanze zu den Bedürfnissen des Menschen stehen, so finden wir auch eine dreifache Verschiedenheit. Die Oberhaut ist in ihrem ge- wöhnlichen Zustande für den Menschen ganz nutzlos, nur an peren- nirenden Pflanzen zumal an Bäumen entwickelt sich aus derselben die Borke, welche bei einigen Bäumen (z. B. bei der Korkeiche, quer- cus suber) sehr weich und elastisch, als Kork, einer sehr ausgedehn- ten Anwendung fähig ist. Die Gefäßbündelzellen werden durch die Substanz ihrer Zellenwände wichtig, theils als Bast theils als Holz. Endlich das übrige Zellgewebe hat seine Bedeutung für uns fast nur durch den Inhalt seiner Zellen.
Von allen Zellenformen sind, wie bemerkt, die wichtigsten für den menschlichen Haushalt ohne Zweifel die Holzzellen und die Bastzellen. Die verschiedenen Holzarten lassen sich bei großer Auf- merksamkeit unter dem Microscop selbst an den kleinsten Abschnitten noch unterscheiden; der wichtigste Unterschied ist freilich der zwischen Laub- und Nadelholz, welcher selbst an versteinertem Holze noch be- stimmt zu erkennen ist. (Taf. II. Fig. 8, 9, 10.)
Die "Bastzellen" sind unter allen die längsten; sie haben meist sehr dicke, aber sehr biegsame Wände (Taf. I. Fig. 8), selten mit poröser oder spiraliger Zeichnung; nur an der Seidenpflanze, dem Oleander und verwandten Pflanzen findet man eine zarte spira- lige Streifung in der Wand. Alle übrigen Bastzellen sind unterm Microscop nicht wohl zu unterscheiden, so verschiedenartig auch die Pflanzen sind, von denen sie genommen werden. Die Bastzellen aber sind es, welche wegen ihrer Länge und Biegsamkeit uns fast allein das Material zu unsern Geweben und zu Seilerarbeiten liefern. Wie schon bemerkt, werden die verschiedenartigsten Pflanzen zu die- sem Zwecke benutzt. Bei uns ist es hauptsächlich der Flachs und der Hanf, auf den Philippinen bedient man sich des Bastes aus den
ſchließen ſich dieſe nach und nach zu einem feſten Gewebe an einan- der, zu dem, was wir im gemeinen Leben Holz nennen (Taf. II. Fig. 8, 9, 10).
Fragen wir nach dem Verhältniß in welchem dieſe drei Theile der Pflanze zu den Bedürfniſſen des Menſchen ſtehen, ſo finden wir auch eine dreifache Verſchiedenheit. Die Oberhaut iſt in ihrem ge- wöhnlichen Zuſtande für den Menſchen ganz nutzlos, nur an peren- nirenden Pflanzen zumal an Bäumen entwickelt ſich aus derſelben die Borke, welche bei einigen Bäumen (z. B. bei der Korkeiche, quer- cus suber) ſehr weich und elaſtiſch, als Kork, einer ſehr ausgedehn- ten Anwendung fähig iſt. Die Gefäßbündelzellen werden durch die Subſtanz ihrer Zellenwände wichtig, theils als Baſt theils als Holz. Endlich das übrige Zellgewebe hat ſeine Bedeutung für uns faſt nur durch den Inhalt ſeiner Zellen.
Von allen Zellenformen ſind, wie bemerkt, die wichtigſten für den menſchlichen Haushalt ohne Zweifel die Holzzellen und die Baſtzellen. Die verſchiedenen Holzarten laſſen ſich bei großer Auf- merkſamkeit unter dem Microſcop ſelbſt an den kleinſten Abſchnitten noch unterſcheiden; der wichtigſte Unterſchied iſt freilich der zwiſchen Laub- und Nadelholz, welcher ſelbſt an verſteinertem Holze noch be- ſtimmt zu erkennen iſt. (Taf. II. Fig. 8, 9, 10.)
Die „Baſtzellen“ ſind unter allen die längſten; ſie haben meiſt ſehr dicke, aber ſehr biegſame Wände (Taf. I. Fig. 8), ſelten mit poröſer oder ſpiraliger Zeichnung; nur an der Seidenpflanze, dem Oleander und verwandten Pflanzen findet man eine zarte ſpira- lige Streifung in der Wand. Alle übrigen Baſtzellen ſind unterm Microſcop nicht wohl zu unterſcheiden, ſo verſchiedenartig auch die Pflanzen ſind, von denen ſie genommen werden. Die Baſtzellen aber ſind es, welche wegen ihrer Länge und Biegſamkeit uns faſt allein das Material zu unſern Geweben und zu Seilerarbeiten liefern. Wie ſchon bemerkt, werden die verſchiedenartigſten Pflanzen zu die- ſem Zwecke benutzt. Bei uns iſt es hauptſächlich der Flachs und der Hanf, auf den Philippinen bedient man ſich des Baſtes aus den
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ſchließen ſich dieſe nach und nach zu einem feſten Gewebe an einan-
der, zu dem, was wir im gemeinen Leben Holz nennen (Taf. II.
Fig. 8, 9, 10).
Fragen wir nach dem Verhältniß in welchem dieſe drei Theile
der Pflanze zu den Bedürfniſſen des Menſchen ſtehen, ſo finden wir
auch eine dreifache Verſchiedenheit. Die Oberhaut iſt in ihrem ge-
wöhnlichen Zuſtande für den Menſchen ganz nutzlos, nur an peren-
nirenden Pflanzen zumal an Bäumen entwickelt ſich aus derſelben die
Borke, welche bei einigen Bäumen (z. B. bei der Korkeiche, quer-
cus suber) ſehr weich und elaſtiſch, als Kork, einer ſehr ausgedehn-
ten Anwendung fähig iſt. Die Gefäßbündelzellen werden durch die
Subſtanz ihrer Zellenwände wichtig, theils als Baſt theils als Holz.
Endlich das übrige Zellgewebe hat ſeine Bedeutung für uns faſt nur
durch den Inhalt ſeiner Zellen.
Von allen Zellenformen ſind, wie bemerkt, die wichtigſten für
den menſchlichen Haushalt ohne Zweifel die Holzzellen und die
Baſtzellen. Die verſchiedenen Holzarten laſſen ſich bei großer Auf-
merkſamkeit unter dem Microſcop ſelbſt an den kleinſten Abſchnitten
noch unterſcheiden; der wichtigſte Unterſchied iſt freilich der zwiſchen
Laub- und Nadelholz, welcher ſelbſt an verſteinertem Holze noch be-
ſtimmt zu erkennen iſt. (Taf. II. Fig. 8, 9, 10.)
Die „Baſtzellen“ ſind unter allen die längſten; ſie haben
meiſt ſehr dicke, aber ſehr biegſame Wände (Taf. I. Fig. 8), ſelten
mit poröſer oder ſpiraliger Zeichnung; nur an der Seidenpflanze,
dem Oleander und verwandten Pflanzen findet man eine zarte ſpira-
lige Streifung in der Wand. Alle übrigen Baſtzellen ſind unterm
Microſcop nicht wohl zu unterſcheiden, ſo verſchiedenartig auch die
Pflanzen ſind, von denen ſie genommen werden. Die Baſtzellen aber
ſind es, welche wegen ihrer Länge und Biegſamkeit uns faſt allein
das Material zu unſern Geweben und zu Seilerarbeiten liefern.
Wie ſchon bemerkt, werden die verſchiedenartigſten Pflanzen zu die-
ſem Zwecke benutzt. Bei uns iſt es hauptſächlich der Flachs und der
Hanf, auf den Philippinen bedient man ſich des Baſtes aus den
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Schleiden, Matthias Jacob: Die Pflanze und ihr Leben. Leipzig, 1848, S. 45. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schleiden_pflanze_1848/61>, abgerufen am 18.06.2024.
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