Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schlözer, August Ludwig von: August Ludwig Schlözers [...] Vorstellung seiner Universal-Historie. Bd. 2. Göttingen u. a., 1773.

Bild:
<< vorherige Seite


Wo poedagogische Treue? "Zweck und
Würde eines academischen Lehrers? Soll
derfür seine Zuhörer! -- Schüler! -- Kin-
der!
-- so gloenzen wollen? Antithesen
suchen, und Schaumblasen sieden, und
Linsenkörner spiesen -- soll ers? lohnts
der Mühe? ists nützlich und würdig?

Wir Deutsche haben bisher den Vor-
zug gehabt, daß unsre Lehrbücher bei
aller Magerkeit und Dürre, wenigstens
Richtigkeit, Bestimmtheit gehabt haben,
an der dem Lehrlinge auch gewiß am
meisten gelegen ist. --

Die Academie, auf der der Verfasser
lehrt, hat diesen Vorzug vorzüglich,
und hat "als Lehrbücher betrachtet, in
den meisten Wissenschaften die besten ih-
rer Art.

Ist die französische Declamation nach
diesem Schnitte eine nützliche Neuigkeit?
gewinnen oder verlieren unsre Lehrstüh-
le, wenn sie statt Vorlesungen Reden,
und statt Lehrbücher zierliche Feuerwer-
ke
von Lustschwaermern bekommen?

Und nun wie anders, wenn aus diesen
Capiteln Declamation, Capitel voll Facta
und Geschichte (etwa im Ton Tacitus,
der doch auch kein Barbar war) gewor-
den waeren -- wie anders! aber auch wie
schwerer!
wir nemen den Verfasser selbst
zum Zeugen, wie schwerer --.

Nun ists ja aber ein zu alter Kunstgriff,
daß wenn der Kleinmeister dem Gespraech

nicht
A a


Wo pœdagogiſche Treue? “Zweck und
Würde eines academiſchen Lehrers? Soll
derfür ſeine Zuhörer! — Schüler! — Kin-
der!
— ſo glœnzen wollen? Antitheſen
ſuchen, und Schaumblaſen ſieden, und
Linſenkörner ſpieſen — ſoll ers? lohnts
der Mühe? iſts nützlich und würdig?

Wir Deutſche haben bisher den Vor-
zug gehabt, daß unſre Lehrbücher bei
aller Magerkeit und Dürre, wenigſtens
Richtigkeit, Beſtimmtheit gehabt haben,
an der dem Lehrlinge auch gewiß am
meiſten gelegen iſt. —

Die Academie, auf der der Verfaſſer
lehrt, hat dieſen Vorzug vorzüglich,
und hat “als Lehrbücher betrachtet, in
den meiſten Wiſſenſchaften die beſten ih-
rer Art.

Iſt die franzöſiſche Declamation nach
dieſem Schnitte eine nützliche Neuigkeit?
gewinnen oder verlieren unſre Lehrſtüh-
le, wenn ſie ſtatt Vorleſungen Reden,
und ſtatt Lehrbücher zierliche Feuerwer-
ke
von Luſtſchwærmern bekommen?

Und nun wie anders, wenn aus dieſen
Capiteln Declamation, Capitel voll Facta
und Geſchichte (etwa im Ton Tacitus,
der doch auch kein Barbar war) gewor-
den wæren — wie anders! aber auch wie
ſchwerer!
wir nemen den Verfaſſer ſelbſt
zum Zeugen, wie ſchwerer —.

Nun iſts ja aber ein zu alter Kunſtgriff,
daß wenn der Kleinmeiſter dem Geſpræch

nicht
A a
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <cit>
            <quote>
              <pb facs="#f0165" n="369[145]"/>
              <fw place="top" type="header">
                <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
              </fw>
              <p> <hi rendition="#et"> <hi rendition="#aq">Wo <hi rendition="#i">p&#x0153;dagogi&#x017F;che Treue? &#x201C;Zweck</hi> und<lb/><hi rendition="#i">Würde</hi> eines academi&#x017F;chen Lehrers? Soll<lb/>
derfür &#x017F;eine <hi rendition="#i">Zuhörer! &#x2014; Schüler! &#x2014; Kin-<lb/>
der!</hi> &#x2014; &#x017F;o <hi rendition="#i">gl&#x0153;nzen</hi> wollen? Antithe&#x017F;en<lb/>
&#x017F;uchen, und Schaumbla&#x017F;en &#x017F;ieden, und<lb/>
Lin&#x017F;enkörner &#x017F;pie&#x017F;en &#x2014; &#x017F;oll ers? lohnts<lb/>
der Mühe? i&#x017F;ts nützlich und würdig?</hi> </hi> </p><lb/>
              <p> <hi rendition="#et"> <hi rendition="#aq">Wir Deut&#x017F;che haben bisher den Vor-<lb/>
zug gehabt, daß un&#x017F;re Lehrbücher bei<lb/>
aller Magerkeit und Dürre, wenig&#x017F;tens<lb/>
Richtigkeit, Be&#x017F;timmtheit gehabt haben,<lb/>
an der dem Lehrlinge auch gewiß am<lb/>
mei&#x017F;ten gelegen i&#x017F;t. &#x2014;</hi> </hi> </p><lb/>
              <p> <hi rendition="#et"> <hi rendition="#aq">Die Academie, auf der der Verfa&#x017F;&#x017F;er<lb/>
lehrt, hat die&#x017F;en Vorzug vorzüglich,<lb/>
und hat &#x201C;als Lehrbücher betrachtet, in<lb/>
den mei&#x017F;ten Wi&#x017F;&#x017F;en&#x017F;chaften die be&#x017F;ten ih-<lb/>
rer Art.</hi> </hi> </p><lb/>
              <p> <hi rendition="#et"> <hi rendition="#aq">I&#x017F;t die franzö&#x017F;i&#x017F;che Declamation nach<lb/>
die&#x017F;em Schnitte eine <hi rendition="#i">nützliche</hi> Neuigkeit?<lb/>
gewinnen oder verlieren un&#x017F;re Lehr&#x017F;tüh-<lb/>
le, wenn &#x017F;ie &#x017F;tatt Vorle&#x017F;ungen <hi rendition="#i">Reden,</hi><lb/>
und &#x017F;tatt Lehrbücher zierliche <hi rendition="#i">Feuerwer-<lb/>
ke</hi> von Lu&#x017F;t&#x017F;chwærmern bekommen?</hi> </hi> </p><lb/>
              <p> <hi rendition="#et"> <hi rendition="#aq">Und nun wie anders, wenn aus die&#x017F;en<lb/>
Capiteln Declamation, Capitel voll Facta<lb/>
und Ge&#x017F;chichte (etwa im Ton <hi rendition="#i">Tacitus,</hi><lb/>
der doch auch kein Barbar war) gewor-<lb/>
den wæren &#x2014; wie anders! aber auch <hi rendition="#i">wie<lb/>
&#x017F;chwerer!</hi> wir nemen den Verfa&#x017F;&#x017F;er &#x017F;elb&#x017F;t<lb/>
zum Zeugen, wie <hi rendition="#i">&#x017F;chwerer</hi> &#x2014;.</hi> </hi> </p><lb/>
              <p> <hi rendition="#et"> <hi rendition="#aq">Nun i&#x017F;ts ja aber ein zu alter Kun&#x017F;tgriff,<lb/>
daß wenn der <hi rendition="#i">Kleinmei&#x017F;ter</hi> dem Ge&#x017F;præch</hi> </hi><lb/>
                <fw place="bottom" type="sig">A a</fw>
                <fw place="bottom" type="catch"> <hi rendition="#aq">nicht</hi> </fw><lb/>
              </p>
            </quote>
          </cit>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[369[145]/0165] Wo pœdagogiſche Treue? “Zweck und Würde eines academiſchen Lehrers? Soll derfür ſeine Zuhörer! — Schüler! — Kin- der! — ſo glœnzen wollen? Antitheſen ſuchen, und Schaumblaſen ſieden, und Linſenkörner ſpieſen — ſoll ers? lohnts der Mühe? iſts nützlich und würdig? Wir Deutſche haben bisher den Vor- zug gehabt, daß unſre Lehrbücher bei aller Magerkeit und Dürre, wenigſtens Richtigkeit, Beſtimmtheit gehabt haben, an der dem Lehrlinge auch gewiß am meiſten gelegen iſt. — Die Academie, auf der der Verfaſſer lehrt, hat dieſen Vorzug vorzüglich, und hat “als Lehrbücher betrachtet, in den meiſten Wiſſenſchaften die beſten ih- rer Art. Iſt die franzöſiſche Declamation nach dieſem Schnitte eine nützliche Neuigkeit? gewinnen oder verlieren unſre Lehrſtüh- le, wenn ſie ſtatt Vorleſungen Reden, und ſtatt Lehrbücher zierliche Feuerwer- ke von Luſtſchwærmern bekommen? Und nun wie anders, wenn aus dieſen Capiteln Declamation, Capitel voll Facta und Geſchichte (etwa im Ton Tacitus, der doch auch kein Barbar war) gewor- den wæren — wie anders! aber auch wie ſchwerer! wir nemen den Verfaſſer ſelbſt zum Zeugen, wie ſchwerer —. Nun iſts ja aber ein zu alter Kunſtgriff, daß wenn der Kleinmeiſter dem Geſpræch nicht A a

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schloezer_universalhistorie02_1773
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schloezer_universalhistorie02_1773/165
Zitationshilfe: Schlözer, August Ludwig von: August Ludwig Schlözers [...] Vorstellung seiner Universal-Historie. Bd. 2. Göttingen u. a., 1773, S. 369[145]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schloezer_universalhistorie02_1773/165>, abgerufen am 01.11.2024.