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Schmidlin, Johann Gottlieb: Ueber öffentliche Kinder-Industrie-Anstalten überhaupt, und insbesondere in Württemberg. Stuttgart, 1821.

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und moralisch-nachtheilige Ausgelassenheit ausartet,
besonders an solchen Orten unterlassen werden, wo ir-
gend ein redlicher, der Anstalt geneigter, sorgfältiger
Vater dadurch abgehalten werden könnte, mit gutem
Gewissen und ungetrübter Lust seine Kinder daran An-
theil nehmen zu lassen.

§. 57.

Manche fürchten zwar, durch solche Jndustrie-
Schulen möchte der bisher gewöhnliche Elementar-
Schul- und Religions-Unterricht Noth lei-
den,
und nahmentlich möchten manche Eltern glau-
ben, sie hätten ihre Schuldigkeit gethan, wenn ihre
Kinder nur abwechslungsweise bald in die Arbeits- bald
in die Lehrschule befördert werden. -- Allerdings wäre
es zweckwidrig, wenn man aus übertriebener Vorliebe
für die Jndustrie-Schulen diese auf Kosten der bishe-
rigen Elementar-Schulen begünstigen wollte. -- Allein
dieß ist ja auch durchaus nicht nöthig. An den mei-
sten Orten, wo in Württemberg schon Jndustrie-Schu-
len bestehen, sind die gewöhnlichen Schulstun-
den
bis jezt ganz unverändert geblieben, und der
Jndustrie-Unterricht beschränkt sich lediglich auf die
von dem gewöhnlichen Elementar-Unter-
richte freyen Stunden.
Es ist zwar schon be-
hauptet worden, der leztere fülle, besonders an Orten,
wo die Kinder weit, zuweilen bis auf 11/2 Stunde in
die Schule zn gehen haben, die ganze, im Winter oft
so kurze Tageszeit aus, und es würde daher keine
schickliche Zeit zum Jndustrie-Unterricht ausgemittelt
werden können. Allein es bleibt ja noch der Sonn-
tag, es bleiben die beyden sogenannten Vacanz-Täge,
an welchen des Nachmittags keine Schule gehalten

und moraliſch-nachtheilige Ausgelaſſenheit ausartet,
beſonders an ſolchen Orten unterlaſſen werden, wo ir-
gend ein redlicher, der Anſtalt geneigter, ſorgfaͤltiger
Vater dadurch abgehalten werden koͤnnte, mit gutem
Gewiſſen und ungetruͤbter Luſt ſeine Kinder daran An-
theil nehmen zu laſſen.

§. 57.

Manche fuͤrchten zwar, durch ſolche Jnduſtrie-
Schulen moͤchte der bisher gewoͤhnliche Elementar-
Schul- und Religions-Unterricht Noth lei-
den,
und nahmentlich moͤchten manche Eltern glau-
ben, ſie haͤtten ihre Schuldigkeit gethan, wenn ihre
Kinder nur abwechslungsweiſe bald in die Arbeits- bald
in die Lehrſchule befoͤrdert werden. — Allerdings waͤre
es zweckwidrig, wenn man aus uͤbertriebener Vorliebe
fuͤr die Jnduſtrie-Schulen dieſe auf Koſten der bishe-
rigen Elementar-Schulen beguͤnſtigen wollte. — Allein
dieß iſt ja auch durchaus nicht noͤthig. An den mei-
ſten Orten, wo in Wuͤrttemberg ſchon Jnduſtrie-Schu-
len beſtehen, ſind die gewoͤhnlichen Schulſtun-
den
bis jezt ganz unveraͤndert geblieben, und der
Jnduſtrie-Unterricht beſchraͤnkt ſich lediglich auf die
von dem gewoͤhnlichen Elementar-Unter-
richte freyen Stunden.
Es iſt zwar ſchon be-
hauptet worden, der leztere fuͤlle, beſonders an Orten,
wo die Kinder weit, zuweilen bis auf 1½ Stunde in
die Schule zn gehen haben, die ganze, im Winter oft
ſo kurze Tageszeit aus, und es wuͤrde daher keine
ſchickliche Zeit zum Jnduſtrie-Unterricht ausgemittelt
werden koͤnnen. Allein es bleibt ja noch der Sonn-
tag, es bleiben die beyden ſogenannten Vacanz-Taͤge,
an welchen des Nachmittags keine Schule gehalten

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[73/0083] und moraliſch-nachtheilige Ausgelaſſenheit ausartet, beſonders an ſolchen Orten unterlaſſen werden, wo ir- gend ein redlicher, der Anſtalt geneigter, ſorgfaͤltiger Vater dadurch abgehalten werden koͤnnte, mit gutem Gewiſſen und ungetruͤbter Luſt ſeine Kinder daran An- theil nehmen zu laſſen. §. 57. Manche fuͤrchten zwar, durch ſolche Jnduſtrie- Schulen moͤchte der bisher gewoͤhnliche Elementar- Schul- und Religions-Unterricht Noth lei- den, und nahmentlich moͤchten manche Eltern glau- ben, ſie haͤtten ihre Schuldigkeit gethan, wenn ihre Kinder nur abwechslungsweiſe bald in die Arbeits- bald in die Lehrſchule befoͤrdert werden. — Allerdings waͤre es zweckwidrig, wenn man aus uͤbertriebener Vorliebe fuͤr die Jnduſtrie-Schulen dieſe auf Koſten der bishe- rigen Elementar-Schulen beguͤnſtigen wollte. — Allein dieß iſt ja auch durchaus nicht noͤthig. An den mei- ſten Orten, wo in Wuͤrttemberg ſchon Jnduſtrie-Schu- len beſtehen, ſind die gewoͤhnlichen Schulſtun- den bis jezt ganz unveraͤndert geblieben, und der Jnduſtrie-Unterricht beſchraͤnkt ſich lediglich auf die von dem gewoͤhnlichen Elementar-Unter- richte freyen Stunden. Es iſt zwar ſchon be- hauptet worden, der leztere fuͤlle, beſonders an Orten, wo die Kinder weit, zuweilen bis auf 1½ Stunde in die Schule zn gehen haben, die ganze, im Winter oft ſo kurze Tageszeit aus, und es wuͤrde daher keine ſchickliche Zeit zum Jnduſtrie-Unterricht ausgemittelt werden koͤnnen. Allein es bleibt ja noch der Sonn- tag, es bleiben die beyden ſogenannten Vacanz-Taͤge, an welchen des Nachmittags keine Schule gehalten

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Zitationshilfe: Schmidlin, Johann Gottlieb: Ueber öffentliche Kinder-Industrie-Anstalten überhaupt, und insbesondere in Württemberg. Stuttgart, 1821, S. 73. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schmidlin_kinderindustrie_1821/83>, abgerufen am 14.06.2024.