Schmidt, Johann Georg: Die gestriegelte Rocken-Philosophia, oder auffrichtige Untersuchung derer von vielen super-klugen Weibern hochgehaltenen Aberglauben. Bd. 2. Chemnitz, 1705.Weibern hochgehaltenen Aberglauben. es Tröpfflein Blut; allein es sind/ wie gedacht/nichts anders als Eyergen gewisser Würmer/ die sich vielleicht unter oberwehnten Kräutern auffhalten/ und solche Eyer an die auff dem lu- ckern Sande liegende Wurtzeln solcher Kräu- ter anhängen. Es wollen einige davor halten/ ob wären die aus denen Eyergen gekrochene Würmlein nichts anders als die bey denen Schönfärbern bekannte Coccionillie/ welche Meynung ich zwar dahin gestellet seyn lasse/ weil sie mit der Gestalt der Coccionillie (als wel- ches auch nichts als Würmlein sind) ziemlich gleich kommen. Jedoch weil sie nicht so häuffig können gesammlet werden als wie die Coccionil- lie/ so halte ich davor/ daß es zwar eine solche Art/ aber doch nicht eigentlich die rechte seyn mag. Es sey aber wie es wolle/ so ist es doch gewiß/ daß es kein Johannis-Blut ist/ und auch nicht nur am Johannis-Tage/ gefunden wird/ welches ei- nen gnugsamen Beweiß giebt/ daß solchem nach die eingebildete Hülffe die es leisten solle/ auch oh- ne Grund seyn wird. O närrscher Wurm! du suchst Johannis- Blut/ Und denckst dabey/ es sey vor vieles gut: Weißt aber nicht/ daß du nur Würmer kriegst/ Damit du dich in deinem Wahn be- trügst. Das
Weibern hochgehaltenen Aberglauben. es Troͤpfflein Blut; allein es ſind/ wie gedacht/nichts anders als Eyergen gewiſſer Wuͤrmer/ die ſich vielleicht unter oberwehnten Kraͤutern auffhalten/ und ſolche Eyer an die auff dem lu- ckern Sande liegende Wurtzeln ſolcher Kraͤu- ter anhaͤngen. Es wollen einige davor halten/ ob waͤren die aus denen Eyergen gekrochene Wuͤrmlein nichts anders als die bey denen Schoͤnfaͤrbern bekannte Coccionillie/ welche Meynung ich zwar dahin geſtellet ſeyn laſſe/ weil ſie mit der Geſtalt der Coccionillie (als wel- ches auch nichts als Wuͤrmlein ſind) ziemlich gleich kommen. Jedoch weil ſie nicht ſo haͤuffig koͤnnen geſammlet werden als wie die Coccionil- lie/ ſo halte ich davor/ daß es zwar eine ſolche Art/ aber doch nicht eigentlich die rechte ſeyn mag. Es ſey aber wie es wolle/ ſo iſt es doch gewiß/ daß es kein Johannis-Blut iſt/ und auch nicht nur am Johannis-Tage/ gefunden wird/ welches ei- nen gnugſamen Beweiß giebt/ daß ſolchem nach die eingebildete Huͤlffe die es leiſten ſolle/ auch oh- ne Grund ſeyn wird. O naͤrrſcher Wurm! du ſuchſt Johannis- Blut/ Und denckſt dabey/ es ſey vor vieles gut: Weißt aber nicht/ daß du nur Wuͤrmer kriegſt/ Damit du dich in deinem Wahn be- truͤgſt. Das
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Weibern hochgehaltenen Aberglauben.
es Troͤpfflein Blut; allein es ſind/ wie gedacht/
nichts anders als Eyergen gewiſſer Wuͤrmer/
die ſich vielleicht unter oberwehnten Kraͤutern
auffhalten/ und ſolche Eyer an die auff dem lu-
ckern Sande liegende Wurtzeln ſolcher Kraͤu-
ter anhaͤngen. Es wollen einige davor halten/
ob waͤren die aus denen Eyergen gekrochene
Wuͤrmlein nichts anders als die bey denen
Schoͤnfaͤrbern bekannte Coccionillie/ welche
Meynung ich zwar dahin geſtellet ſeyn laſſe/
weil ſie mit der Geſtalt der Coccionillie (als wel-
ches auch nichts als Wuͤrmlein ſind) ziemlich
gleich kommen. Jedoch weil ſie nicht ſo haͤuffig
koͤnnen geſammlet werden als wie die Coccionil-
lie/ ſo halte ich davor/ daß es zwar eine ſolche Art/
aber doch nicht eigentlich die rechte ſeyn mag.
Es ſey aber wie es wolle/ ſo iſt es doch gewiß/ daß
es kein Johannis-Blut iſt/ und auch nicht nur
am Johannis-Tage/ gefunden wird/ welches ei-
nen gnugſamen Beweiß giebt/ daß ſolchem nach
die eingebildete Huͤlffe die es leiſten ſolle/ auch oh-
ne Grund ſeyn wird.
O naͤrrſcher Wurm! du ſuchſt Johannis-
Blut/
Und denckſt dabey/ es ſey vor vieles gut:
Weißt aber nicht/ daß du nur Wuͤrmer
kriegſt/
Damit du dich in deinem Wahn be-
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