Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. 3. Aufl. Bd. 1. Nordhausen, 1740.

Bild:
<< vorherige Seite

S[o] [v]iel ists Messieurs, sagte hier der Capitain
Wolffgang,
als ich euch vor dießmahl von meiner
Lebens-Geschicht erzehlet haben will, den übrigen
Rest werdet ihr bey bequemerer Gelegenheit ohne
Bitten erfahren, geduldet euch nur, biß es erstlich
Zeit darvon ist. Hiermit nahm er, weil es allbereit
ziemlich spät war, Abschied von den andern, mich
aber führte er mit in seine Cammer, und sagte: Mer-
cket ihr nun, mein Sohn, Monsieur Eberhard Ju-
lius!
daß eben diese Gegend, welche ich itzo als ein
irrdisches Paradieß gerühmet, dasjenige Gelobte
Land ist, worüber euer Vetter, Albertus Julius,
als ein Souverainer Fürst regieret? Ach! betet
fleißig, daß uns der Himmel glücklich dahin führet,
und wir denselben noch lebendig antreffen, denn den
weitesten Theil der Reise haben wir fast zurück ge-
legt, indem wir in wenig Tagen die Linie passiren
werden. Hierauf wurde noch ein und anderes zwi-
schen mir und ihm verabredet, worauf wir uns bey-
derseits zur Ruhe legten.

Es traff ein, was der Capitain sagte, denn 5.
Tage hernach kamen wir unter die Linie, allwo
doch vor diesesmahl die sonst gewöhnliche excessive
Hitze nicht eben so sonderlich war, indem wir
unsere ordentliche Kleidung ertragen, und selbige
nicht mit leichten Leinwand-Kitteln verwechseln
durfften. Unsere Matrosen hingegen vergassen bey
dieser Gelegenheit ihre wunderlichen Gebräuche
wegen des Tauffens nicht, sondern machten bey
einer lächerlichen Masquerade mit denenjenigen
so die Linie zum ersten mahle passirten, und sich

nicht

S[o] [v]iel iſts Meſſieurs, ſagte hier der Capitain
Wolffgang,
als ich euch vor dießmahl von meiner
Lebens-Geſchicht erzehlet haben will, den uͤbrigen
Reſt werdet ihr bey bequemerer Gelegenheit ohne
Bitten erfahren, geduldet euch nur, biß es erſtlich
Zeit darvon iſt. Hiermit nahm er, weil es allbereit
ziemlich ſpaͤt war, Abſchied von den andern, mich
aber fuͤhrte er mit in ſeine Cammer, und ſagte: Mer-
cket ihr nun, mein Sohn, Monſieur Eberhard Ju-
lius!
daß eben dieſe Gegend, welche ich itzo als ein
irrdiſches Paradieß geruͤhmet, dasjenige Gelobte
Land iſt, woruͤber euer Vetter, Albertus Julius,
als ein Souverainer Fuͤrſt regieret? Ach! betet
fleißig, daß uns der Himmel gluͤcklich dahin fuͤhret,
und wir denſelben noch lebendig antreffen, denn den
weiteſten Theil der Reiſe haben wir faſt zuruͤck ge-
legt, indem wir in wenig Tagen die Linie paſſiren
werden. Hierauf wurde noch ein und anderes zwi-
ſchen mir und ihm verabredet, worauf wir uns bey-
derſeits zur Ruhe legten.

Es traff ein, was der Capitain ſagte, denn 5.
Tage hernach kamen wir unter die Linie, allwo
doch vor dieſesmahl die ſonſt gewoͤhnliche exceſſive
Hitze nicht eben ſo ſonderlich war, indem wir
unſere ordentliche Kleidung ertragen, und ſelbige
nicht mit leichten Leinwand-Kitteln verwechſeln
durfften. Unſere Matroſen hingegen vergaſſen bey
dieſer Gelegenheit ihre wunderlichen Gebraͤuche
wegen des Tauffens nicht, ſondern machten bey
einer laͤcherlichen Masquerade mit denenjenigen
ſo die Linie zum erſten mahle paſſirten, und ſich

nicht
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0100" n="88"/>
        <p>S<supplied>o</supplied> <supplied>v</supplied>iel i&#x017F;ts <hi rendition="#aq">Me&#x017F;&#x017F;ieurs,</hi> &#x017F;agte hier der <hi rendition="#aq">Capitain<lb/>
Wolffgang,</hi> als ich euch vor dießmahl von meiner<lb/>
Lebens-Ge&#x017F;chicht erzehlet haben will, den u&#x0364;brigen<lb/><hi rendition="#aq">Re&#x017F;t</hi> werdet ihr bey bequemerer Gelegenheit ohne<lb/>
Bitten erfahren, geduldet euch nur, biß es er&#x017F;tlich<lb/>
Zeit darvon i&#x017F;t. Hiermit nahm er, weil es allbereit<lb/>
ziemlich &#x017F;pa&#x0364;t war, Ab&#x017F;chied von den andern, mich<lb/>
aber fu&#x0364;hrte er mit in &#x017F;eine Cammer, und &#x017F;agte: Mer-<lb/>
cket ihr nun, mein Sohn, <hi rendition="#aq">Mon&#x017F;ieur Eberhard Ju-<lb/>
lius!</hi> daß eben die&#x017F;e Gegend, welche ich itzo als ein<lb/>
irrdi&#x017F;ches Paradieß geru&#x0364;hmet, dasjenige Gelobte<lb/>
Land i&#x017F;t, woru&#x0364;ber euer Vetter, <hi rendition="#aq">Albertus Julius,</hi><lb/>
als ein <hi rendition="#aq">Souverain</hi>er Fu&#x0364;r&#x017F;t regieret? Ach! betet<lb/>
fleißig, daß uns der Himmel glu&#x0364;cklich dahin fu&#x0364;hret,<lb/>
und wir den&#x017F;elben noch lebendig antreffen, denn den<lb/>
weite&#x017F;ten Theil der Rei&#x017F;e haben wir fa&#x017F;t zuru&#x0364;ck ge-<lb/>
legt, indem wir in wenig Tagen die <hi rendition="#aq">Linie pa&#x017F;&#x017F;ir</hi>en<lb/>
werden. Hierauf wurde noch ein und anderes zwi-<lb/>
&#x017F;chen mir und ihm verabredet, worauf wir uns bey-<lb/>
der&#x017F;eits zur Ruhe legten.</p><lb/>
        <p>Es traff ein, was der <hi rendition="#aq">Capitain</hi> &#x017F;agte, denn 5.<lb/>
Tage hernach kamen wir unter die <hi rendition="#aq">Linie,</hi> allwo<lb/>
doch vor die&#x017F;esmahl die &#x017F;on&#x017F;t gewo&#x0364;hnliche <hi rendition="#aq">exce&#x017F;&#x017F;ive</hi><lb/>
Hitze nicht eben &#x017F;o &#x017F;onderlich war, indem wir<lb/>
un&#x017F;ere ordentliche Kleidung ertragen, und &#x017F;elbige<lb/>
nicht mit leichten Leinwand-Kitteln verwech&#x017F;eln<lb/>
durfften. Un&#x017F;ere <hi rendition="#aq">Matro&#x017F;en</hi> hingegen verga&#x017F;&#x017F;en bey<lb/>
die&#x017F;er Gelegenheit ihre wunderlichen Gebra&#x0364;uche<lb/>
wegen des Tauffens nicht, &#x017F;ondern machten bey<lb/>
einer la&#x0364;cherlichen <hi rendition="#aq">Masquerade</hi> mit denenjenigen<lb/>
&#x017F;o die <hi rendition="#aq">Linie</hi> zum er&#x017F;ten mahle <hi rendition="#aq">pa&#x017F;&#x017F;ir</hi>ten, und &#x017F;ich<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">nicht</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[88/0100] So viel iſts Meſſieurs, ſagte hier der Capitain Wolffgang, als ich euch vor dießmahl von meiner Lebens-Geſchicht erzehlet haben will, den uͤbrigen Reſt werdet ihr bey bequemerer Gelegenheit ohne Bitten erfahren, geduldet euch nur, biß es erſtlich Zeit darvon iſt. Hiermit nahm er, weil es allbereit ziemlich ſpaͤt war, Abſchied von den andern, mich aber fuͤhrte er mit in ſeine Cammer, und ſagte: Mer- cket ihr nun, mein Sohn, Monſieur Eberhard Ju- lius! daß eben dieſe Gegend, welche ich itzo als ein irrdiſches Paradieß geruͤhmet, dasjenige Gelobte Land iſt, woruͤber euer Vetter, Albertus Julius, als ein Souverainer Fuͤrſt regieret? Ach! betet fleißig, daß uns der Himmel gluͤcklich dahin fuͤhret, und wir denſelben noch lebendig antreffen, denn den weiteſten Theil der Reiſe haben wir faſt zuruͤck ge- legt, indem wir in wenig Tagen die Linie paſſiren werden. Hierauf wurde noch ein und anderes zwi- ſchen mir und ihm verabredet, worauf wir uns bey- derſeits zur Ruhe legten. Es traff ein, was der Capitain ſagte, denn 5. Tage hernach kamen wir unter die Linie, allwo doch vor dieſesmahl die ſonſt gewoͤhnliche exceſſive Hitze nicht eben ſo ſonderlich war, indem wir unſere ordentliche Kleidung ertragen, und ſelbige nicht mit leichten Leinwand-Kitteln verwechſeln durfften. Unſere Matroſen hingegen vergaſſen bey dieſer Gelegenheit ihre wunderlichen Gebraͤuche wegen des Tauffens nicht, ſondern machten bey einer laͤcherlichen Masquerade mit denenjenigen ſo die Linie zum erſten mahle paſſirten, und ſich nicht

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

1731 erschien die Erstausgabe. Die zweite Auflage… [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata01_1740
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata01_1740/100
Zitationshilfe: Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. 3. Aufl. Bd. 1. Nordhausen, 1740, S. 88. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata01_1740/100>, abgerufen am 01.11.2024.